Gil Yaron
Der Islamische Jihad hatte erst in den Morgenstunden angedroht, dass er in „israelischen Städten zuschlagen“ würde. Aber nachdem die Islamisten in den Morgenstunden zwei Grad Raketen auf die Stadt Beer Scheba abgeschossen hatten, verstanden die Israelis die Warnung falsch. Sie dachten, es würden im Rahmen der Spannungen um Gaza weitere Raketen abgeschossen werden, doch dann traf es einen Autobus in der Stadt Jerusalem. Es war das erste Attentat im israelischen Regierungssitz mehr als zwei Jahren völliger Ruhe. Seit mehr als vier Jahren gab es keinen Anschlag mehr auf einen Bus. Noch hat niemand die Verantwortung für das Attentat übernommen.
In der ganzen Innenstadt Jerusalems hörte man die Detonation, als gegen 15:15 Uhr ein Sprengsatz neben einem Bus der Linie 74 an Jerusalems zentraler Busstation explodierte. Im Gegensatz zu vorherigen Attentaten, bei denen Selbstmordattentäter sich in Bussen in die Luft sprengten und dabei zig Menschen töteten, war der Sprengsatz diesmal neben einem Kiosk abgelegt worden. Laut ersten Berichten kam niemand ums Leben, mindestens 20 Personen wurden verletzt, drei davon schwer.
Dabei war Israels Aufmerksamkeit in den vergangenen Tagen auf den Gazastreifen im Süden gerichtet gewesen, wo die Scharmützel zwischen Israels Armee und palästinensischen Widerstandsorganisationen seit einer Woche eskalieren. Erst gestern waren insgesamt acht Palästinenser bei israelischen Bombardements ums Leben gekommen. Vier von ihnen waren Zivilisten, die in der Stadt Schadschaiyah in ihrem Haus von einer Granate getötet worden waren. Laut Angaben der Armee war die Granate von ihrem Kurs abgekommen. Israles Premier Benjamin Netanjahu und die Armeeführung hatten ihr „Bedauern“ über den Tod unschuldiger Zivilisten geäußert, machten jedoch die Hamas dafür verantwortlich, weil diese ihre Angriffe aus dicht bevölkerten Wohngebieten starte. Ziel des israelischen Beschusses war eine Zelle des Islamischen Jihads gewesen, die gerade den Abschuss einer Rakete auf ein israelisches Dorf vorbereitete. Neben der Familie kam im Beschuss ebenfalls einer der Jihadisten ums Leben. Der Islamische Jihad gestand, dass der getötete Kämpfer bereits vor einer Woche an dem Abschuss einer Rakete auf die Großstadt Beer Scheva (rund 200.000 Einwohner) teilgenommen hatte.
Am Samstag erreichte der Konflikt um Gaza einen neuen Höhepunkt, als die Hamas in den Morgenstunden mehr als 50 Geschosse auf israelische Ortschaften abfeuerte. Israel reagierte mit Luftangriffen. Angesichts der Eskalation hatte Israels Vizepremier Silvan Schalom, selber in Beer Scheva aufgewachsen, noch heute Morgen gesagt, dass die Regierung einen neuen Einmarsch in Gaza in Erwägung ziehen müsse, um wieder Ruhe herzustellen. Bei den Raketenangriffen am Morgen wurde ein Israeli verletzt, im Umkreis von hunderten Metern vom Einschlag konnte man Schäden erkennen. In den Ortschaften, die sich in Reichweite palästinensischer Raketen befinden, wurden vorerst die Schulen geschlossen. Die Bevölkerung wurde dazu angehalten, sich in der Nähe von Bunkern aufzuhalten. Bei dem Raketenangriff war unter anderem eine Synagoge beschädigt worden, die auf den Namen von Schaloms Vater benannt ist.
In Gaza rief die Hamas Alarmbereitschaft aus und hielt ihre Führung in Erwartung weiterer israelischer Vergeltungsschläge an, öffentliche Gebäude zu räumen und in den Untergrund abzutauchen.