Pistorius: Komplexe Antworten aus Hannover

In unserem gestrigen Beitrag „Die organisierte Verantwortungslosigkeit des Boris Pistorius“ berichteten wir über eine mündliche Anweisung des Innenministers von Niedersachsen an die Behördenleiter der Polizei. Gemäß der Weisung sollten politisch möglicherweise kritische Informationen nicht, wie zuvor und auch heute noch andernorts üblich, von den Behördenleitern unmittelbar und gegebenenfalls vertraulich dem Minister zur Kenntnis gebracht werden. Stattdessen sei eine solche Information dem Landespolizeipräsidenten mitzuteilen, der dann darüber entscheidet, ob der Minister einbezogen wird oder nicht. So habe Pistorius eine „Firewall“ gegen politisch heikle Vorkommnisse eingebaut, damit er stets Nichtwissen für sich reklamieren könne.

In diesem Zusammenhang leiteten wir dem zuständigen Pressesprecher und Referatsleiter im Innenministerium zwei einfache Fragen zu. Dort sah man sich allerdings nicht in der Lage, die Fragen bis zum Redaktionsschluss am Mittwoch Abend zu beantworten. Begründung:

„Aufgrund der Komplexität und des Umfangs Ihrer Anfrage ist eine so kurzfristige Antwort wie von Ihnen erbeten, leider nicht realisierbar."

Dies ließ eine komplexe Antwort erwarten, die dann gestern am Donnerstagabend auch in voller Komplexität eintraf.

Hallo Herr Maxeiner,

Auf ihre Fragen können wir Ihnen Folgendes antworten:

1. Trifft es zu dass, Minister Pistorius an die Behördenleiter der Polizei eine mündlichen Weisung herausgegeben hat, gemäß der politisch möglicherweise kritische Informationen nicht mehr wie bislang üblich von den Behördenleitern unmittelbar und gegebenenfalls vertraulich dem Minister zur Kenntnis gebracht werden sollen, sondern dass diese dem Landespolizeipräsidenten mitzuteilen seien und der dann über die Information des Ministers entscheide?

Nein. 

2. Laut Ihrer Antwort auf die parlamentarischen Anfragen der FDP vom 26.09.2019 zum Verbleib vermisster Akten sind derzeit noch 20 Verschlusssachen in der PD-Hannover in ihrem Verbleib ungeklärt. Trifft diese Zahl noch zu?

Ja. Derzeit sind 20 Verschlusssachen aus den Jahren 1989 bis 2002 in der PD Hannover in ihrem Verbleib ungeklärt.

Mit freundlichen Grüßen

Philipp Wedelich

Angesichts einer solchen Argumentationstiefe verwundert es vielleicht nicht, dass Achgut.com bei seiner Darstellung bleibt. Es ist offenbar nicht nur der Verbeib der Akten weiterhin ungeklärt, sondern auch der der Weisung von Innenminister Pistorius. Die weitere Entwicklung in dieser Sache wird sicherlich interessant und weiterhin komplex.

Foto: Wolfgang Wilde /Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Sabine Lotus / 15.11.2019

Es ist zwar nur ein schwacher Trost aber ich habe mittlerweile mächtig Spaß an der Visualisierung, wie denen jedesmal die Düse geht, wenn die Achse im Postfach aufploppt :)

Ilona Grimm / 15.11.2019

Diese verächtliche Antwort ist ein weiterer Beleg dafür, wie wenig die Politikerkaste das Staatsvolk schätzt. Das „System Pistorius“ (das sich aber nicht nur in Hannover findet) ist durch und durch verdorben, verrottet, verführt, geschändet = lat. corruptus. Was für ekelhafte Vorbilder.

Wolfgang Kaufmann / 15.11.2019

Hier drängt sich der Eindruck auf, das manch einer der Beteiligten seinen Peter-Punkt längst überschritten hat.

Rolf Lindner / 15.11.2019

Es scheint auf allen Ebenen der staatlichen sowie nichtstaatlichen (non-gouvernmental) Denkbetreuung Probleme zu geben, Fragen, auf die mit einfachen Tatsachenbenennungen zu antworten wäre, auch einfach zu beantworten. Das überlässt man den Populisten, vorwiegend den rechten. Greta konnte in einem Interview auch nicht einfach mit Ja oder Nein antworten und musste die Frage weitergeben. Erinnert mich an einen Sketch, in dem Strauss Kohl fragte, wie es dessen Familie geht. Nachdem Kohl eine Weile geschwafelt hatte, sagt Strauss: Also der Familie geht’s gut. Darüber hinaus ist es im Rahmen der Denkbetreuung üblich, Fragen prophylaktisch zu beantworten, bevor sie gestellt werden.        

Gerald Krüger / 15.11.2019

Genau das habe ich von den Mauermännern an der Leine erwartet: Hannöverscher Humor eben.

Wilfried Cremer / 15.11.2019

Nach der nächsten Landtagswahl ist eh Sense. Deshalb will man jetzt nicht noch groß beim Erarbeiten der Pensionsansprüche gestört werden. Schließlich kann nicht jeder bei einer Stiftung unterschlüpfen oder Intendant beim Staatsfunk werden.

Joerg Haerter / 15.11.2019

20 Akten verschwunden und es ist kein Verantwortlicher festzustellen? Glaube ich nicht. In der freien Wirtschaft hätte das direkte Konsequenzen. Ein Schelm, wer Arges denkt!

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