Dirk Maxeiner / 28.08.2019 / 06:15 / Foto: H.G.Lehmann / 48 / Seite ausdrucken

Nachruf Ferdinand Piëch: Der unkorrekte Weltverbesserer

Die Medien mochten Ferdinand Piëch Zeit seines Lebens nicht. Wenn man die gebotene Pietät mal abzieht, so zieht sich durch viele Nachrufe das Bild eines besessenen Schattenmannes, dem zur Durchsetzung seiner Ziele jedes Mittel recht war. „Am Ende blieb ihm nur das Geld“, ist ein Beitrag auf T-online wenig schmeichelhaft überschrieben. VW-Chef Herbert Diess teilte mit: „Vor allem hat Ferdinand Piëch Qualität und Perfektion bis ins Detail in den Automobilbau gebracht und tief in der Volkswagen-DNA verankert.“ Solcherart Wertschätzung hat gleichsam Tradition, Ferdinand Piëch war eigentlich schon immer mit dem Zeitgeist inkompatibel. 

Die kalte analytische Art des Ingenieurs und Technikers verstörte das in den 1980er Jahren aufkommende bundesrepublikanische Harmonie-Milieu, das heute die Schaltstellen der Macht verwaltet. Piëch dachte immer selbst – und meistens präziser, vor allem aber anders als die anderen. Er scherte sich einen Kehricht um Political Correctness und darum, was in irgendwelchen Zeitungen über ihn stand. Kurz gesagt: Er war das genaue Gegenteil der Manager heutiger Prägung.

Am Anfang der Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik stand der Eigentümer als Unternehmer, danach kamen die Manager, was viele bedauerten. Ferdinand Piëch changierte irgendwo dazwischen. Aktuell sterben sogar die Manager aus und werden durch einen neuen Typus von Wirtschaftsfunktionär ersetzt. Einem Ferdinand Piëch wäre es beispielsweise niemals eingefallen, sich mit wohlfeilem Trump-Bashing und dergleichen Mainstream-Dampf in Berlin einzuschleimen, wie etwa der Käser Josef von Siemens. Stattdessen erklärte Piëch General Motors den Krieg.

Piëch wusste um seine Macht und ließ das auch Politiker spüren, was ihm keine Freunde, aber Respekt einbrachte. Und der genügte ihm vollkommen, weitere Gefall-Sehnsüchte hatte er nicht. Als klassischer Verantwortungsethiker wusste Piëch, dass man viele kleine Grausamkeiten begehen muss, um die großen Grausamkeiten zu verhindern. Ohne ihn wäre der Volkswagenkonzern längst Geschichte. Ohne die Angst vor dem Alten wäre das Volkswagenreich in Diadochenkämpfen zerfallen wie Jugoslawien nach dem Abtritt von Tito. 

Aus dem David einen Goliath gemacht

Als Sohn der Tochter von Ferdinand Porsche, Louise Piëch, hatte er zwar den falschen Namen, aber die richtige Begabung, um ein ganz Großer in der Automobilgeschichte zu werden. Diverser Zwist innerhalb der Porsche-Stämme führte allerdings zu der salomonischen Entscheidung, dass sämtliche Sprösse des Hauses Porsche die Geschäftsleitung verlassen mussten. Piëch war schon als technischer Geschäftsführer bei Porsche durch – sagen wir mal – unkonventionelle und einsame Entscheidungen aufgefallen. So präsentierte er 1969 eine Serie von 25 Rennwagen des Typs 917 mit Zwölfzylindermotor und machte aus dem David Porsche kurzerhand einen Goliath. Das ökonomisch hasardeurhafte Verfangen war ein Baustein für den Weltruf von Porsche. Über viele Jahre gewann der Porsche 917 alles, was zu gewinnen war und schuf damit ein unbezahlbares Image. Piëch dachte in langen Zeiträumen und setze das als angestellter Manager fort. Audi beförderte er von Spießermobil zum Mercedes- und BMW-Konkurrenten, aus VW machte er ein kleines Weltreich. Und ganz nebenbei revanchierte er sich für die bei Porsche erlittene Schmach, indem er den ganzen Laden später kurzerhand aufkaufte.

In seinen jungen Jahren habe ich Ferdinand Piëch mehrmals getroffen, respektive begleitet. Und das fand er gar nicht gut. Als Fahrer des Erlkönigjägers Hans G. Lehmann war ich Piëch ständig auf den Fersen, denn er legte Wert darauf, jedes neuentwickelte Auto (damals Audi) eigenhändig auf der Straße zu testen, bevor es auf den Markt kam. Diese Testfahrten fanden stets unter großer Geheimhaltung in entlegenen und extremen Gegenden der Welt statt. Hitzetests etwa in der algerischen Oase El Golea oder in Death Valley in Kalifornien, Kältestests im finnischen Munio oder dem norwegischen Röros.

„Wenn Lehmann uns fotografiert, riskiert er sein Leben“, ließ Piëch verlauten, was uns ein Ansporn war und ihm Anlass für eine gepflegte Hassliebe. Er sorgte unter anderem dafür, dass wir eine Zeit lang in einem algerischen Knast schmoren mussten, wir schickten ihm dafür immer Erinnerungsfotos, mit denen er nicht gerechnet hatte. Das Aufmacherbild oben zeigt Piëch in geheimer Mission und aus großer Entfernung geschossen, wie er am Polarkreis mit seinem Koffer einen VW-Privatjet vom Typ HS125 Hawker Siddeley besteigt. 

Einmal sprach ich ihn gleichsam aus dem Hinterhalt an der Rezeption eines kleinen Hotels im tiefen finnischen Norden an und bat um ein Interview. Der Volkswagen-Sicherheitsdienst hatte daraufhin sehr schlaflose Nächte. Das Interview wurde mir später tatsächlich für den „Stern“ gewährt. Ich besuchte ihn in seinem Büro in Ingolstadt, Piëch sprach furchtbar leise und ließ sich viel Zeit, bevor er antwortete. Ich hatte im Gespräch außerdem den starken Verdacht, dass er mich mehr interviewte als ich ihn. Er wollte unbedingt rausfinden, was ich weiß, wovon er nichts weiß. Sprich: Er vermutete in seinen Reihen eine undichte Stelle, die uns Dinge zuflüsterte. 

Millionenfach mehr CO2 eingespart als alle deutschen Windrädchen 

Viele kamen mit seiner misstrauischen Art und darwinistischen Lebenseinstellung nicht zurecht. Er hatte nach letztem Stand 13 Kinder mit verschiedenen Partnerinnen und soll als Begründung dafür einmal gesagt haben, diese Anzahl steigere die Wahrscheinlichkeit, dass ein geeigneter Nachfolger darunter sei. Demografisch hat er damit für Österreich und Deutschland sein Soll übererfüllt. Volkswirtschaftlich hat er mehr Menschen in Brot und Lohn gebracht und gehalten als jeder andere deutsche Wirtschaftsführer. Die Zahl der direkten Mitarbeiter der VW-Konzerns liegt bei über 600.000 Menschen weltweit. Auch ökologisch darf der Mann aufrecht vor den Herrgott treten: Seine genialen Dieselmotoren haben millionenfach mehr Kohlendioxid eingespart als sämtliche deutschen Windrädchen zusammen. Getreu dem Motto „Die Ingenieure retten die Welt, nicht die Ideologen“ müsste man ihm eigentlich ein Denkmal setzen, was ja womöglich auch geschieht. Ich vermute aber eher in Japan oder China.

Der Journalist Johannes Winterhagen schrieb einmal in der FAZ: „Der Ingenieur ist ein kritischer Geist. Das Wort ‚Wunder‘ löst in ihm bestenfalls den Willen aus, den Dingen genauer auf den Grund zu gehen. Denn er hat gelernt: Man muss nur lange genug schrauben und nachdenken, dann entpuppt sich jedes vermeintliche technische Mirakel als Apparatur, die allein den Gesetzen der Physik gehorcht“. Nachdem die Gesinnungsethiker die Macht übernommen haben und die Gesetze der Physik etwa für die Energiewende außer Kraft gesetzt wurden, sind solche Einsichten allenfalls noch willkommen, um die Müllabfuhr zu organisieren. Ein „kalter“ Techniker wie Piëch kommt der Generation Greta garantiert nicht als Weltverbesserer in den Sinn, zumal man landläufig inzwischen der Meinung ist, die Guten müssten reden wie Bischof Bedford-Strohm und dich duzen wie Ikea. Mit beidem konnte Ferdinand Piëch nicht dienen.

Selten läßt sich der Unterschied zwischen Gutmeinen und Gutmachen übrigens so plastisch durchdeklinieren wie anhand der beiden Manager Daniel Goeudevert und Ferdinand Piëch, die beide eine Zeitlang Volkswagen-Chef waren. Im Jahr 2000 schrieb ich sozusagen einen Vergleichstest zwischen den beiden, den ich hier noch einmal anfüge, weil er nichts von seiner Aktualität verloren hat:

Good guy und bad guy

Sowohl Ferdinand Piëch als auch Daniel Goedevert erlebten ihren Aufstieg in der Automobilindustrie und drangen bis in die oberste Etage des Volkswagen-Konzerns vor. Und dort kam es schließlich zum Showdown: Piëch drängte Goeudevert 1993 raus (aber nicht nur diesen, sondern alle Vorstände, die er bei seinem Amtsantritt in Wolfsburg vorfand). Die von Piëch eiskalt durchgezogene Exekution Goeudeverts verfestigte die öffentliche Wahrnehmung der beiden Manager-Typen, denen dabei geradezu prototypische Rollen zufallen: Good guy und bad guy.

Auf der einen Seite der sympathische und trotz seiner Kugelstoßer-Statur irgendwie knudellige Franzose, der als philosophisch beschlagener Querdenker verortet wird. Laut seinem autobiographischen Bestseller fühlte er sich während seiner Karriere „wie ein Vogel im Aquarium“. Selbst Greenpeace feierte ihn als „Vordenker“ mit „ökologischen Reformideen“. Auf der anderen Seite der hagere und stets leise, fast stockend sprechende Österreicher Piëch, ein finsterer und eiskalter Machtmensch. Piëch hält nichts davon, sich in autobiographischen Bestsellern selbst darzustellen, sondern errichtet einen bedrohlich wirkenden Schutzwall des Schweigens und der Macht um sich herum. 

Der Mann ist geradezu eine Einladung zur Dämonisierung, die von der Öffentlichkeit dankend angenommen wird. Greenpeace führte den Porsche-Spross und Milliardär auf Großplakaten als verschlagenen „Klimakiller“ vor, weil der VW-Polo angeblich zuviel Sprit verbrauche (und übersah dabei geflissentlich, dass Vorgänger Goeudevert dieses Auto zu verantworten hatte). Doch Piëch hat keine Freunde im Kreise der Gutmeinenden. Selbst um Objektivität bemühte Zeitgenossen attestieren ihm eine „oft erschreckende Rigorosität“. „Charme“, sagt Piëch, „ist mir nicht gegeben. Ich muß mit dem zurechtkommen, was mir angeboren und anerzogen ist. Menschen mit Charme tun sich viel leichter.“ Doch machen sie es auch besser? 

Werfen wir daher zunächst einmal einen Blick auf die Verdienste des charmanten Daniel Goeudevert. Im Verlauf seiner Karriere hüpfte der 58jährige munter zwischen den Automobilkonzernen Citroën, Renault, Ford und Volkswagen auf und ab, meistens aber auf. Der Jobhopper gilt als begabter Autoverkäufer und verdankt seinen Aufstieg nach eigenen Worten dem Talent, „Kunden dazu zu bringen, gegen ihren Willen ein Auto zu kaufen“. Solch kritische Selbstreflexion erweist sich im Verlauf seiner kometenhaften Karriere als Bestandteil eines noch entscheidenderen Talents, sich selbst zu verkaufen. Aufsichtsräte waren von Goeudevert auch dann tief beeindruckt, wenn die wirtschaftlichen Ergebnisse eher trübselig wirkten. Die Aura des Quer- und Vordenkers wurde durch nachdenkliche Äußerungen befördert, in denen er alsbald „lineares Wachstum“ geißelte oder Verkehrssysteme forderte, „die im Einklang mit der Natur stehen und nicht gegen sie wirken“.

Tief im dunklen Wald der Visionen

In seiner obengenannten Biographie erliegt er der Versuchung, sich selbst als „Visionär“ zu verorten, „der die entscheidenden Ideen fünf Minuten vor den anderen hat“. Auf der Suche nach Goeudeverts entscheidenden Ideen gibt seine Autobiographie dann unter anderem folgendes her: Beim Ford Fiesta II hatte der Ford-Vorstandsvorsitzende Goeudevert die Idee, „stärker die Bedürfnisse von Frauen zu berücksichtigen“, scheiterte aber mit seinem Vorschlag, den Make-up-Spiegel auch „in die Sonnenblende über dem Fahrersitz zu installieren“. 

Tief im dunklen Wald der Visionen trifft der Visionär und Naturliebhaber Goeudevert dann einen wesensverwandten Visionär und Naturliebhaber: den Biologen, Biokybernetiker und Systemdenker Frederic Vester. Dieser erstellt für den Ford-Boss Goeudevert eine aufsehenerregende Mobilitätsstudie, die sich später in einem 500-Seiten-Wälzer des Professors niedergeschlagen hat. Titel: „Ausfahrt Zukunft“. Wer die zentrale Aussage herauskondensiert, hält schließlich folgenden „biokybernetischen Denkansatz“ in den Händen: Die Autoindustrie soll nur noch ganz kleine Autos bauen. Die sollen für längere Strecken auf die Bahn verladen und mitgenommen werden. Das war es. Ehrlich. 

Auch bei Volkswagen hinterließ der charismatische Daniel Goeudevert einen guten Eindruck, aber nicht die Spur eines neuen Verkehrssystems. Statt dessen blieben unter seiner Mitverantwortung Verluste in Höhe von zwei Milliarden Mark jährlich zurück. „Die Berufung des schwierigen, aber effizienten Porsche-Enkels Ferdinand Piëch an die Spitze des Volkswagenkonzerns, sogar mit den Stimmen der IG-Metall, signalisiert einen Bewußtseinswandel“, schreibt der Wirtschaftsjournalist Günther Ogger und führt weiter aus: „Wenn schon die VW-Aufsichtsräte den knochenharten Techniker Piëch, der sich und seinen Leuten das Letzte abverlangt, einem Schönredner wie Daniel Goeudevert vorziehen, dann könnte das ein Indiz dafür sein, daß die Zeit der Nieten in Nadelstreifen abzulaufen beginnt.“

Inzwischen lebt Goeudevert in der Schweiz und hat dort kapitalismuskritische Visionen. Manche davon nähren den Verdacht, der Vogel befinde sich nicht nur im Aquarium. „In unserer Shareholder-Value-Gesellschaft kommt immer erst die Rendite, dann die Moral“, lässt er uns wissen und geißelt den „Turbokapitalismus“ und die Entwicklung zu immer schnelleren „High-Tech-Produkten für eine finanzielle Elite“. Die Arbeitslosigkeit hält Goeudevert für die „größte zivile Katastrophe des Jahrhunderts“. Auf die Idee, dass die seinerzeit bei Volkswagen gefährdeten Arbeitsplätze auch etwas mit ihm zu tun haben könnten, kommt er erst gar nicht. Außerdem fordert der Ex-VW-Vorstand, „dass derjenige, der solche Mammutunternehmen führt, auf seinem Ausbildungsweg so vorbereitet wird, dass er Effizienz mit einer Weltanschauung verbinden kann, in der Gerechtigkeit, einen hohen Stellenwert hat“.

"Ich habe die Absicht der Sieger zu sein"

Solche Persönlichkeiten gibt es allerdings bereits. Beispielsweise einen gewissen Ferdinand Piëch, dessen Gerechtigkeitsgefühl ihm sagte, es sei an der Zeit, Sie Daniel Goeudevert, hochkantig rauszuschmeißen. Dabei haben Sie eigentlich noch Glück gehabt, ein anderer Vorstand erhielt nämlich das unwiderstehliche Angebot, VW-Werksleiter in Schanghai zu werden. Ich gebe durchaus zu, daß Piëch Taktgefühl ganz und gar vermissen lässt. 

Mit seiner Political Correctness ist es ebenfalls nicht weit her. Während einer Auseinandersetzung mit der Konkurrenz von General Motors um Industriespionage sagte er: „Wir befinden uns in einem gnadenlosen Krieg, immer wenn es um Krieg geht, sind am Ende weniger vorhanden, und es gibt immer Verlierer und Gewinner, und ich habe die Absicht, mit unseren Partnern, die VW in der gesamten Welt hat, der Sieger zu sein.“ Öffentlichkeitsarbeiter und PR-Berater rangen angesichts der peinlichen Fernsehauftritte von Piëch mit der Fassung. Piëch gab den hässlichen Deutschen respektive Österreicher, Klaus Kinski hätte diese Rolle nicht besser spielen können. Piëch dachte auch nicht daran, sich irgendwie zu entschuldigen oder den Zerknirschten zu mimen. Der Mann ist, wie er ist: Besser geht's nicht. Mitarbeiter berichten, in seinem Büro gingen sogar die Grünpflanzen umgehend ein. Man möchte ihn nicht zum Vorgesetzten haben, aber gegenüber dem Unternehmen, den Arbeitern am Fließband und der Gesellschaft beweist er Verantwortungsbewußtsein und soziale Kompetenz. Aus welcher Motivation heraus dies geschieht ist letztendlich herzlich egal.

Piëch schaffte es in kurzer Zeit, dass die meisten Arbeitsplätze in Wolfsburg wieder halbwegs sicher waren. Zusammen mit Betriebsräten und Gewerkschaften führte er die Viertage-Woche ein und sorgte dafür, dass niemand entlassen werden musste. Das Unternehmen machte zur Jahrtausendwende dank erfolgreicher neuer Modelle und harter Rationalisierungsmaßnahmen wieder gute Gewinne. Neben Volkswagen sanierte er auch die Tochter Seat (Spanien) und Skoda (Tschechien). In der Industrie beispielgebend legte Volkswagen 1998 auch einen privaten Hilfsfonds für seine ehemaligen Zwangsarbeiter auf. 1999 gründete VW als erster deutscher Großkonzern einen Pensionsfonds, in den Mitarbeiter steuerfrei in Form sogenannter Zeitwertpapiere einzahlen. Volkswagen veröffentlichte als erster Automobilhersteller einen Umweltbericht, das VW-Werk in Emden unterzog sich als erstes Werk der Branche einem sogenannten „Öko-Audit“. Im Herbst 1998 präsentierte der „Klimakiller“ Piëch der neuen rotgrünen Regierung diabolisch lächelnd das erste Dreiliterauto der Welt. 

Piëch ist Leistung, er lebt Leistung, er reduziert sich konsequent auf das Prinzip Leistung. Kaum ist eine Aufgabe gelöst, schon wird das nächsthöhere noch ehrgeizigere Ziel in Angriff genommen. Und deshalb sagt er Sachen wie diese: „Wir brauchen das Dreiliter- oder Zweiliterauto in schneller Folge. Wenn uns das Einliterauto gelingt, können wir ganz China motorisieren. Wollen wir die Chinesen auf dem Fahrrad sitzen lassen? Das geht doch nicht. Ich sag’ mal, ein Liter ist immer noch besser wie's Fahrrad.“ 

Daniel Goeudevert sieht das von der Höhe seines Schweizer Chalets ganz anders. „Da wird einem, der sein Leben lang zu Fuß gegangen ist, ein Auto angeboten“, sagte er in einem Interview mit dem Manager-Magazin, „aber wir fragen nicht, ob das zu seiner Kultur passt, zu seinen echten Bedürfnissen.“ 

Damit könnte Goeudevert heute wieder punkten. Die Piëchs machen sich allmählich rar, wir werden sie noch vermissen. Am vergangenen Wochenende starb Ferdinand Piech im Alter von 82 Jahren.

 

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Foto: H.G.Lehmann

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Uta Buhr / 28.08.2019

@Peter Uberig. Volltreffer,  lieber Herr Uberig. Ihre Aussage über Helge-Rainer Decke trifft ins Schwarze. Der Mann lässt in der Tat keine Gelegenheit aus, uns mit seinem inhaltlosen Geschwätz zu belehren und zu langweilen. Nachdem er sich eine uns wohltuende Auszeit bei der Achse genommen hatte, ist er wieder voll dabei und fühlt sich, wie er in seiner maßlosen Eitelkeit schon einmal verlauten ließ, als die Prise Salz, die das Forum benötigt. Ich sehe das allerdings etwas anders.

Paul Siemons / 28.08.2019

So sehr Piëch ein Macher war - beim Kindermachen kann ich ihn mir mit aller Fantasie nicht vorstellen. Dass er dennoch gleich dreizehnmal Vater wurde, deutet mir darauf hin, dass der Mann auch noch eine andere Seite hatte.

Lef Kalender / 28.08.2019

Ein guter Nachruf, aber immer noch sehr mainstreamig gefärbt. Mir fehlt die Verbindung zwischen geschäftlichem Erfolg und “Empathie” für die Käufer, und hier sollte auch mal der volatile Käufer thematisiert werden. Ein großer Vorwurf ist immer noch der “Dieselbetrugsskandal”. Man kann und sollte das mal einfach andersherum betrachten: Der Autoverkäufer (weltweit!) hat vor irgendwem eingeredet bekommen, dass ein Auto umweltfreundlicher sein sollte, statt energiesparend, gleichzeitig natürlich auch kostengünstiger, aber auchmöglist noch sprintiger, schneller sowieso, komfortabel auch. Der 3-Liter-Lupo wurde unter Piech entwickelt, der war vernünftig, aber erfolglos - aber eben deswegen, weil die Autokäufer nicht vernünftig sein wollten. Der angebliche “Dieselbetrug” war genau das, was die Käufer wollten: Schnelle, sparsame, komfortable Autos, aber leider ohne Umweltsiegel - das erfüllten nur die langsamen Dinger. Mit der Softwaremanipulation konnte auch “vom Amt” ein Umweltsiegel gekriegt werden - bis das aufflog. Aber es war kein “Betrug”, sondern der größte Wunsch der Käufer, der leider physikalisch nun mal nicht erfüllt werden kann. Jetzt kommt es ja noch viel schlimmer: Statt einzusehen, dass Vernunft und Fahrspaß nun mal nicht zusammen gehen können, werden Elektroautos gefordert, die nun wirklich wahnsinnig viel Energie verschwenden (3-5-mal mehr nach meiner rechnung, eher mal auch mehr) War es nicht Piech, der die E-Autos garnicht erst entwickelte, weil er ganz pragmatisch davon ausging (richtig!), dass E-Autos ökologischer Schwachsinn sind? Dirk Maxheimer, Sie sollten hierzu mal einen Artikel schreiben!! Da steckt jede Menge Humor drin, wie E-Autofahrer weltweit sich selbst betrügen!

Fritz Fuchs / 28.08.2019

@ Anders Dairie: “...  Der Stein war ein Opal, der hundert schöne Farben spielte, Und hatte die geheime Kraft, vor Gott Und Menschen angenehm zu machen, wer In dieser Zuversicht ihn trug ...” Das lässt Gotthold E. Lessing den weisen Nathan sagen. Zugegeben, Fritz Schiller hätte das auch hinbekommen, aber der Lessing hat eben Priorität.

FHWeber / 28.08.2019

Sehr gut auf den Punkt gebracht. Wenn man bedenkt, dass Audi eine kleine Klitsche für brave Langweiler-Autos war, ehe dort der Chef Dr. Habbel begann, seinem Techniker Piech freie Hand zu lasssen, und wie damals VW dastand, als man Piech endlich nach Wolfsburg holte .... Der verschlafene Wolfsburger Laden (jeder Mitarbeiter ein quasi lebenslänglicher “VW-Beamter”)  über dem jeden Morgen gewohnheitsrechtlich die Sonne auf- und abends routinemäßig auch dann wieder unterging, wenn man sich tagsüber kein Kopfzerbrechen über die Zukunft seines Arbeitsplatzes und der Marke gemacht hatte, wäre früher oder später den Bach runtergegangen.

Richard Loewe / 28.08.2019

Ein brillanter Beitrag. Wie die Biographie Churchills von Intimfeind Roy Jenkins, schafft es Herr Maxeiner einem ihm unsympathischen Menschen gerecht zu werden und ein lebendiges Bild zu zeichnen. Der Nachruf sagt genauso viel ueber Qualitaeten Dirk Maxeiners aus wie die des Verstorbenen.

herbert binder / 28.08.2019

[“Kommt, lasset uns anbeten…”] Ob mit oder ohne Herrn Piëch, die Erde hört nicht auf, sich zu drehen. Etliches wäre ohne ihn anders verlaufen, das ja - aber auch weniger erfolgreich? Kaum. Solche Menschen haben bei allem Können gleichzeitig etwas sehr Fragwürdiges. Vor allem eine kaum zu überbietende “Eitelkeit” (es gibt wohl bessere Begriffe) läßt weiteres Potential - das oft genug nicht als Möglichkeit, sondern als Bedrohung des eigenen Status wahrgenommen wird - verkümmern (was der aktuellen Erfolg aber meistens kaschiert). Vergleiche lassen sich somit nicht ziehen. Herr Piëch gehört ein Platz, kein Denkmal.

Siegfried Etzkorn / 28.08.2019

Man soll über Verstorbene nichts schlechtes sagen. Nur ist die im Artikel anklingende Lobhudelei für einen egozentrischen Menschen schier unerträglich. Ohne die enge Verbindung von Ferdinand Porsche zur NSDAP wäre Herr Piech niemals in die Positionen gekommen, die er innehatte. Er war wohl ein guter Ingenieur, aber ein Menschenfreund war er halt gerade nicht, der Fugenferdl. Friede seiner Seele, aber man sollte doch keine Geschichtsklitterung betreiben.

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