Peter Grimm / 10.08.2020 / 13:30 / Foto: Ville Miettinen / 94 / Seite ausdrucken

Jetzt rollt der Scholz-Zug

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte ja bereits zuvor frohlockt, dass die SPD als erste Partei noch in diesem Sommer einen Kanzlerkandidaten präsentieren werde. Heute nun war es soweit. Die Parteiführung, einschließlich des Vorsitzenden-Duos habe einstimmig für eine Kanzlerkandidatur von Bundesfinanzminister Olaf Scholz votiert, heißt es. Das ist immerhin insofern überraschend, weil doch gerade die beiden Vorsitzenden eher als innerparteiliche Scholz-Gegner galten. Saskia Esken twitterte deshalb auch an ihre Anhängerschaft: "Wir wissen, dass diese Entscheidung für einige eine unerwartete Wendung darstellt", doch sie bitte „um Vertrauen in unseren Weg. Wir sind entschieden, diesen Weg gemeinsam zu gehen." Vor allem aber ist die Vorsitzende begeistert: "Olaf hat den Kanzler-Wumms", schrieb sie. "Wir freuen uns auf einen großartigen und erfolgreichen Wahlkampf".

Würde es sich um eine beliebige 15-Prozent-Partei ohne eine solch große Parteigeschichte handeln, würde man wahrscheinlich nur schmunzeln über das Brimborium,  was die Partei und die geneigte Öffentlichkeit um diese Entscheidung veranstaltet. Immerhin gab es doch im derzeitigen SPD-Personal ohnehin keine andere Figur, die noch halbwegs Kanzler-Format darstellen könnte. Zum anderen würde man nur launisch kommentieren müssen, dass sich die Partei, wenn sie im Herbst des nächsten Jahres bei der Wahl auf den hinteren Plätzen eingelaufen sein wird, ja mit dem Gedanken trösten kann, immerhin als erste den Kanzlerkandidaten aufgestellt zu haben.

Vielleicht sollte jemand den Genossen erklären, dass nichts damit gewonnen ist, Nominierungs-Erster zu sein. Aber warum eigentlich? Sollen sie sich doch wenigstens eine kurze Zeit am „Kanzler-Wumms“ von Olaf Scholz erfreuen, so wie sich die Genossen vor der letzten Wahl am „Schulz-Zug“ berauschten, mit dem ihr Vorsitzender Martin Schulz als kurzzeitiger Umfrage-König ins Kanzleramt fahren wollte. Kommt nun also der Scholz-Zug?

Ein Ende mit Unterhaltungswert

Zugegeben, der Vergleich hinkt, denn Martin Schulz ist immerhin nach der Wahl zum Parteivorsitzenden ins Kandidaten-Amt gekommen. Scholz hingegen hatte es nicht geschafft, SPD-Vorsitzender zu werden. Dafür kann er ja nun seinen ganzen Wumms in die Kanzlerkandidatur stecken, denn um die schrumpfende Partei kümmern sich ja nun gleich zwei Vorsitzende. Bei einem solchen Trio wird man als älterer Beobachter deutscher Parteipolitik vom Scholz-Zug in einer kleinen Zeitreise ins Jahr eines legendären SPD-Führungstrios gefahren. 1994 hatte die Partei schon einmal versucht, mit einer Troika aus Spitzen-Genossen, in der sich hinter dem Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping die konkurrierenden Mitstreiter Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine versammelten, eine Bundestagswahl zu gewinnen. Sie haben es bekanntermaßen nicht geschafft.

Allerdings galten damals die 36,4 Prozent, die die SPD errang, trotz leichter Zugewinne als Niederlage. Heutzutage wagt schon kein Genosse mehr, von solchen Ergebnissen überhaupt zu träumen. Inzwischen ist die Partei ungefähr halb so stark und es steht zu befürchten, dass der Scholz-Zug, trotz seiner überpünktlichen Abfahrt zur Ankunft noch mehr enttäuschen wird, als 2017 der Schulz-Zug. Da wird auch kein Wumms helfen, denn der Wumms, mit dem Bundesfinanzminister Scholz zuvor antrat, allen Betroffenen der Corona-Maßnahmen wirtschaftlich unter die Arme zu greifen, besteht letztlich nur aus einem gigantischen Schuldenberg, den all jene abzutragen haben werden, die in künftigen Generationen an der hiesigen Wertschöpfung arbeiten müssen. Aber das ist ein eher unerfreuliches Thema. Widmen wir uns heute doch nur dem unterhaltsamen Teil der SPD-Kandidatenkür und stellen uns vor, wie es ausgehen wird, wenn der Scholz-Zug seine Fahrt mit einem Wumms beendet.

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Leserpost

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Wolfgang Nirada / 10.08.2020

Nix da!!! Armin Lutschet wird nächste Bundeskanzlerin…

Andreas Rochow / 10.08.2020

Im Ernst gefragt: Was spricht eigentlich gegen eine Doppelspitze als Kanzler*inkandidat*in? Eine*r allein scheint es sich ja nicht mehr zuzutrauen. Wenn die Kandidat*innen dann als Paar anträten, wäre auch gleich der Frauen-Quote Genüge getan. Und mal ehrlich: Wenn die Partei/Richtung schon bei Merkel keine Rolle spielt, sollte man in Zukunft bei der Parteizugehörigkeit des Kanzler*innenpaares auch nicht so kleinlich sein. Und ganz wichtig: Die Koalitionsaussage ist an einem Stichtag vor der Wahl festzuklopfen und darf nach der Wahl nicht mehr zurückgenommen werden. Es geht nicht an, dass sich nach der Wahl die Wahlverlierer zusammentun und die Regierung übernehmen, obwohl sie diese Koalition eben noch ausgeschlossen hatten. Wenn ich mich recht entsinne, hat auch die augenblicklich herrschende GroKo ihre Legislatur mit genau diesem handfesten Wählerbetrug begonnen, an dem sich der ehrenwerte Christian Lindner nicht beteiligen wollte. (Die Staatsmedien logen jubelnd: “Der Wähler wählte die Groko”, ohne zu wissen, dass das gar nicht möglich ist.) Das Prädikat “ehrenwert” hat Lindner später durch sein Agieren nach der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen radikal abgelegt. Soll das etwa das “neue Normal” in Merkel-D sein? Dann lege ich Wert auf die Feststellung, dass dieser schändliche und vorerst einmalige Akt lange vor Corona datiert. Merkel wird nicht nur in die Geschichte eingehen als - Wartenwirmalab. Aber im Duden ist schon ein Eintrag gebucht: “merkeln, merkelst, merkelte (v) eine demokratisch durchgeführte Wahl rückgängig machen, mit Herrschaftsanspruch undemokratisch u./o. rechtswidrig handeln”.

Rudolf George / 10.08.2020

Ich warte nur darauf, dass Helmut Schmidt posthum aus der Partei ausgeschlossen wird.

Wolfgang Kaufmann / 10.08.2020

Sasken favorisiert eine Koalition mit den Linken, Nowabo kokettiert mit den Grünen. Wäre ich die Union und im Umfrage-Hoch, würde ich auf der Stelle die Koalition platzen lassen.

u.witteck / 10.08.2020

Jetzt rollt der Scholz-Zug…..auf´s Abstellgleis! Wer sich mit der Nachfolgerpartei der SED, den Linken, ins Bett legt, die bekanntlich 1% der Reichen erschießen wollen oder zumindest ein Frei sein durch Arbeit garantieren, mit den Grünen, die Millionen Kobolde als Minijobber die Energie für 83 Mio. Menschen liefern lassen oder im Netz speichern und nie den Habeck´schen Hitzeplan beachten, werden die sehr schnell ausgebrannt sein. Spaß beiseite. Wer sehen möchte, was in Berlin unter RRG geschieht, (Landesantidiskriminierungsgesetz, was übersetzt heißt: die Landesregierung fällt der eigenen Polizei in den Rücken, Niklas Schrader, 38, innenpolitischer Sprecher der Linken: Ich fand das Vorgehen der Polizei martialisch“ bei der Räumung der Szene-Kneipe Syndikat bzw. legitimiert Gewalt von Linksextremisten u.v.m) wird sich umsehen, wenn diese Chaostruppe auf Bundessebene regieren wird - massive Steuererhöhungen inklusive.

Paul Siemons / 10.08.2020

Die SPD könnte schon ruhig mal über ihren Schatten springen und erstmals eine Frau in eine Spitzenposition hieven…

Robert Krischik / 10.08.2020

Vom Schulzzug zum Scholzzug. Irgendwie dreht sich doch alles ins Nichts.

Gottfried Meier / 10.08.2020

Die SPD kann aufstellen, wen sie will. Ich werde sie nicht wählen. Erstens ist mir die sozialistische Ausrichtung zuwider und zweitens möchte ich keinesfalls eine Regierung aus Rotrotgrün! Als ehemaliger Sozi und immer noch mit einer sozialdemokratischen Einstellung befinde ich mich bei der nächsten Wahl in einem echten Dilemma.

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