Die zweifellos ambitionierteste, aber auch wirklichkeitsfernste dieser megalomanen Visionen großflächigen Umbaus der Erde im technikseligen 20. Jahrhundert aber war Herman Sörgels berüchtigte Vision “Atlantropa”. Der Münchner Architekt und Schriftsteller wollte wohl Goethes “Faust” (“Der kleine Gott der Welt”) und Jules Verne gleichzeitig übertrumpfen, als er 1927 Pläne für die partielle Austrocknung des Mittelmeers und die Bewässerung des Kongos entwarf. Mit Hilfe eines gigantischen Staudamms an der Meerenge von Gibraltar sollten 600 000 Quadratkilometer Neuland gewonnen werden. Gewaltige Turbinen hätten Strom erzeugt… Doch so aberwitzig und in seinen Konsequenzen nicht abschätzbar Sörgels Plan sich auch heute darstellt: Im Kern folgt er einem Muster, welches heute wieder sehr aktuell ist - vielleicht aktueller denn je. Denn die Phantasien des 20. Jahrhunderts - von denen ja nicht wenige auch realisiert wurden, wie man an Städten wie Magnitogorsk im Südural oder Projekten wie dem Drei-Schluchten-Damm am Jangtse sieht - verdanken sich allesamt einer teleologischen Geschichtsauffassung (griech. “telos”, das Ziel). Es geht um die Überzeugung, dass die Zukunft jetzt schon beherrschbar sei oder ohnehin schon feststehe; dass sich der Lauf der Zeit zwangsläufig in eine bestimmte Richtung entwickeln werde.