Peter Grimm / 30.11.2020 / 13:00 / Foto: Peter Gugerell / 26 / Seite ausdrucken

Hohe Schule der ideologischen Dialektik

An der Universität Köln können Liebhaber der hohen Schule ideologischer Dialektik bei der dortigen Forschungsstelle für interkulturelle Studien fündig werden. Doch zur Einstimmung liest man am besten die kurze Selbstdarstellung dieser wichtigen Einrichtung:

„Die Forschungsstelle für interkulturelle Studien (FiSt) wurde 1996 an der damaligen Erziehungswissenschaftlichen Fakultät (heute Humanwissenschaftliche Fakultät) der Universität zu Köln ins Leben gerufen. Ihre Gründung war eine Reaktion auf neue gesellschaftliche Herausforderungen, die sich im Zuge zunehmender Mobilität, Migration und Diversifizierung der Gesellschaft im Kontext fortgeschrittener Globalisierung herausgebildet haben. Diese Entwicklungen haben in kürzester Zeit zu einer nachhaltigen Transformation der Gesellschaft und zu neuen Bedingungen im urbanen Zusammenleben sowie in den unterschiedlichsten Feldern pädagogischer Praxis geführt.“

Diese Forschungsstelle erfreut die Liebhaber intellektueller Delikatessen nun mit einer Stellungnahme unter dem schönen Titel „Für Freiheit in Forschung und Lehre“. Was auf den ersten Blick daherkommt, als würde hier der einst akademische Normalfall im freien Westen verteidigt, entpuppt sich freilich schnell als eine nett formulierte Zensur-Anweisung nach ideologischen Prämissen. Denn im Fokus der Forschungsstelle stehen diejenigen, die sich darüber beschweren, im akademischen Betrieb des neuen Deutschland nicht mehr alles sagen zu dürfen:

„Nach wie vor werden die immer wieder gleichen, aber nur schwerlich zu vergleichenden Einzelfälle an unterschiedlichen Universitäten des Landes aufgegriffen, die behaupten, dass sich das Klima an Hochschulen verändert habe und die Freiheit der Lehre in Gefahr sei oder sogar 'zerstört' würde. Tenor der Artikel ist: Man dürfe nicht mehr alles an Universitäten sagen. Dabei sind mit 'alles' vor allem Aussagen gemeint wie: 'Der Islam gehört nicht zu Deutschland' oder 'Das Kopftuch ist ein Zeichen für Unterdrückung'. Aussagen wie solche diskriminieren soziale Gruppen und Mitglieder der Universität.“

Die Weltanschauung entscheidet

Damit ist die Richtung schon mal klar. Jedwede Art der Islamkritik wird von der Forschungsstelle zur Diskriminierung erklärt. Der Islam steht bei den Experten „für interkulturelle Studien“ offenbar unter besonderem Schutz. Wer nicht im Kopftuch, sondern beispielsweise in aufreizender Damenbekleidung ein „Zeichen für Unterdrückung“ erkennt, muss in den Augen der Forschunsstelle sicher nicht fürchten, „soziale Gruppen und Mitglieder der Universität“ zu diskriminieren. Aber wir wollen nicht von dieser anregenden Lektüre abschweifen. Genießen wir einen zukunftsfähigen Freiheitsbegriff:

„Gerade die Freiheit von Forschung und Lehre bedeutet eben vor allem, dass Wissenschaftler*innen bei der Wahl ihrer Themen für Forschung und Lehre darauf zu achten haben, dass die Grundsätze der Offenheit und Transparenz eingehalten werden.“

Genau! Freiheit gibt's nur, wenn bestimmte Grundsätze eingehalten werden. Und damit ist jetzt nicht jener uralte simple Grundsatz gemeint, wonach die eigene Freiheit dort enden sollte, wo sie die Freiheit eines anderen einschränkt. Stattdessen gelten die „Grundsätze der Offenheit und Transparenz“ und die müssen natürlich von entsprechenden Fachleuten definiert werden. Wo kämen wir hin, wenn zu allen Themen geforscht werden dürfte. Bei manchem Thema ahnt man ja schließlich, dass das Forschungsergebnis nicht zum Weltbild passen könnte und dann sollte man die Finger davon lassen. Nicht Wissenschaftlichkeit, sondern Weltanschauung entscheidet. Ja, ich weiß, das kann man schöner formulieren, beispielsweise so:

„Es muss darauf geachtet werden, dass bestimmte Aussagen nicht bestimmte Personengruppen diskriminieren; und diese Aussagen müssen mit dem Instrumentarium einer kritischen Rassismus- und Diskriminierungsforschung als 'rassistisch', 'rechtsextrem' oder 'menschenverachtend' zunächst eingeordnet werden, um ihnen dann zu widersprechen.“

Damit ist doch das Verhältnis von Wissenschaft und Weltanschauung schon mal geklärt. Und das unter der Überschrift „Freiheit von Forschung und Lehre“ zu formulieren ist doch eine intellektuelle Leistung, die in fast jede neue Normalität passt. Nur in den alten liberalen Westen nicht mehr.

Foto: Peter Gugerell via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Rolf Mainz / 30.11.2020

“Freiheit ist die Freiheit zu sagen, dass zwei plus zwei vier ist. Wenn das gewährt ist, folgt alles weitere.” George Orwell

Rainer Niersberger / 30.11.2020

Genaurr betrachtet handelt es sich hier nicht einmal um die (sozialistische) Dialektik, die man zumindest noch als eine Erfindung des Geistes bezeichnen koennte. Der der Flagge der Wissenschaftlichkeit hat nun auch, aber nicht nur, in den Gebilden, die wir nicht ganz korrekt Universitäten nennen, die Befindlichkeit oder genauer Empfindlichkeit, eine Form des affektiven Subjektivismus, Einzug gehalten. Entscheidend und Gegenstand der “Forschung” ist nicht die objekte Aussage oder These “Der Islam gehoert nicht….”, die man mit Argumenten und Beispielen be - oder widerlegen muesste, wobei das Ergebnis, die Synthese, bekannt ist, sondern das, was einzelne Muslime oder andere Individuen von behaupteten Opfergruppen dabei empfinden oder zu Empfinden behaupten. Das erste Gebot dieser kranken Landes lautet : Du darfst nichts sagen oder andeuten, wodurch sich irgendjemand (in der Welt) in irgendeiner Form betroffen fuehlen koennte, wobei die Behauptung dieser Betroffenheit ausreicht. Ausgenommen hiervon sind alle Menschen, die keinen wie auch immer gearteten Opferstatus fuer sich reklamieren koennen und duerfen. Die einen sind sakrosankt, die anderen vogelfrei. Dieses Gebot kann man auch als Auslegungsartikel fuer die Grundrechte und alle Tätigkeiten gleich an welcher Stelle voranstellen. Faktisch ist es bereits soweit. Damit sind mit einem Handstreich, ohne Gewalt und unter Begeisterung allzu Vieler Wissenschaft, Bildung, Freiheit( natuerlich bleibt die “Freiheit”, das “Richtige” zu sagen) und Recht, die Transformationshindernisse, weitgehend abgeräumt. Chapeau. So einfach war es vermutlich noch nie, kulturmarxistisch einen Totalitarismus einzuführen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com