Anabel Schunke / 03.09.2019 / 14:00 / Foto: Achgut.com / 155 / Seite ausdrucken

Hilfe, jung und gebildet hat AfD gewählt!

Kaum sind die Wahlen in Sachsen und Brandenburg gelaufen, betreibt man bei den Altparteien erneut Ursachenforschung. Dabei sollte man meinen, dass die Gründe für die herben Verluste der Etablierten, vier Jahre nach der Grenzöffnung durch Angela Merkel, nicht erst seit Sonntag klar auf der Hand liegen. Wer sich trotz aller Verwerfungen und Abgründe, die sich in den letzten vier Jahren aufgetan haben, immer noch einer kritischen Auseinandersetzung mit den Themen Asyl und Islam entzieht – oder, was noch viel schlimmer ist, in den absurden Auswüchsen einer unkontrollierten Migration eine Welt voll bunter Vielfalt sieht – der braucht sich über eine starke AfD jedenfalls nicht wundern. Dies gilt insbesondere für die ehemals konservative CDU.

84.000 Wähler hat sie allein in Sachsen an die AfD verloren. Bei 645.000 CDU-Wählern entspricht das einem Anteil von 13 Prozent. Genauso hoch ist der prozentuale Anteil in Brandenburg, wo man 29.000 Wähler an die AfD verloren hat. Keine andere Partei musste mehr gegenüber der AfD einbüßen. Während in Brandenburg gerade einmal 47,6 Prozent der CDU-Wähler von 2014 auch 2019 ihr Kreuz bei Schwarz machten, kommt die AfD hier auf einen Wert von 74,2 Prozent. In Sachsen sieht es mit 60,5 Prozent zu 78,6 Prozent, trotz der Mühen von Ministerpräsident Michael Kretschmer, nur unwesentlich besser aus (Quelle hier). Im Osten gäbe es, anders als im Westen, keine allzu große Parteienbindung, heißt es hierzu bei Anne Will. Der AfD scheint sie dennoch ganz gut zu gelingen. 

Über den Hauptgrund des Erfolges der Blauen schweigt man sich dennoch aus und fabuliert stattdessen lieber über „Ostthemen“, die man stärker besetzen müsse. Plötzlich ist er wieder da: der „abgehängte Ossi“, der sich zurückgesetzt fühlt und aufgrund von Perspektivlosigkeit und fehlender Bananen AfD wählt. Dass die Mauer seit 30 Jahren nicht mehr steht und die Mehrheit der Bürger im Osten mit ihrer Situation ziemlich zufrieden ist, das interessiert die Anwesenden nicht. „Der typische AfD-Wähler“, schreibt der Tagesspiegel, „ist ein Mann jüngeren oder mittleren Alters, er verdient gut und gehört zum eher gehobenen Bildungsdurchschnitt. Ihn treiben vorrangig nicht wirtschaftliche oder soziale Sorgen um, sondern die sogenannten SOS-Themen – Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit“. Wirtschaftliche Faktoren würden für ihn keine Rolle spielen. Ihm ginge es eher um immaterielle Begriffe wie Identität, Heimat, Abendland, Gemeinschaft. 

Man kann sich sicher sein, dass dies nicht die „Ostthemen“ sind, die Manuela Schwesig und Rainer Haseloff bei Anne Will meinten. „Identität, Heimat, Abendland, Gemeinschaft“, das sind Begriffe, mit denen man sich bei den Etablierten schwer tut. Das gesellschaftliche Klima ist über die Jahre hinweg dermaßen nach links gerückt, dass jedes Bedürfnis von Teilen der Bevölkerung nach Identität und einer Art gesundem Patriotismus sofort nach „Nazi“ klingt. Und Nazi möchte man bei den Altparteien noch weniger sein als Wahlverlierer. Also diskutiert man in den Talkshows lieber weiter über Ursachen, die keine sind und überlegt, wie man den Ostdeutschen wahlweise beleidigen oder noch ein bisschen mehr den Kopf tätscheln kann. Dass es neben der Verweigerung gegenüber kritischen Themen, wie der Asyl- und Islampolitik, genau diese Herabwürdigung des Wählers ist, die Stimmen kostet, will man leider immer noch nicht einsehen.

Wider besseres Wissen keine klare Problembenennung 

Wo wir bei der Frage angelangt sind, was eigentlich schlimmer ist: eine aus ideologischer Ignoranz, Naivität und intellektuellem Unvermögen resultierende Bankrotterklärung, die es den Politikern und einer Mehrheit der hiesigen Medienvertreter unmöglich macht, die Gründe für den Erfolg der AfD klar zu benennen oder ein bedauernswerter selbstauferlegter politisch korrekter Zwang, der wider besseres Wissen eine klare Problembenennung unmöglich macht. Letzteres wäre in der Tat ein Grund, den eigenen Gemütszustand von wütend auf mitleidig zu ändern. 

Denn es muss schon tragisch sein, ständig in Talkshows zu sitzen, Interviews geben zu müssen und so zu tun, als wüsste man nicht ganz genau, worum es den Wählern eigentlich geht. Sicherlich mag unter den AfD-Wählern auch der ein oder andere „abgehängte Modernisierungsverlierer“ sein. Die Verluste der Linken an die AfD, die sonst den Ruf der Kümmerer-Partei im Osten genoss, sprechen dafür. Und ja, auch der ein oder andere Neonazi wird sicherlich AfD gewählt haben. Das erklärt jedoch mitnichten einen Zuwachs von 17,8 Prozent an Wählerstimmen in Sachsen und 11,3 Prozent in Brandenburg.

Es ist unschwer zu erkennen, dass die ewige Mär des rechten, abgehängten Ossis nicht ausreicht, um die Gründe für den Erfolg zu beschreiben. Zumal die „Abgehängten“ einer jeden Gesellschaft zumeist dazu neigen, bei Wahlen zu Hause zu bleiben. Dass die AfD unglaubliche 246.000 Nichtwähler mobilisieren konnte, spricht also nicht für die These des „abgehängten Ossis“. Sie widerlegt sie. Es sind die Überzeugten, die Protestler, die überdurchschnittlich gebildeten und wirtschaftlich gut aufgestellten Bürger, die Blau wählen.

Es sind in hohem Maße diejenigen, die eine Abkehr von der derzeitigen unkontrollierten Asylpolitik und der bedingungslosen Toleranz gegenüber dem strengen Islam fordern. Die sagen: Wir haben auch ein Anrecht auf Identität, auf Verteidigung unserer freiheitlichen Werte, und wir fühlen uns in diesen Ansichten von den anderen Parteien nicht mehr ausreichend vertreten. Es sind dies die Forderungen, die im Osten stärker ausgeprägt sind als im Westen. Nicht, weil man keine Erfahrungswerte mit „Ausländern“ hat, sondern weil man am Westen sieht, wie schlimm es noch werden kann. Weil „der Ossi“ aufgrund seiner DDR-Vergangenheit kritischer als der „Wessi“ ist, wenn es um totalitäre Ideologien und auferlegten Zwang geht. 

„Nein, wir wollen das nicht mehr“

Nein, die AfD ist sicherlich nicht die ultimative Antwort auf alles, aber sie ist für viele das einzig verbleibende Mittel geworden, um der derzeitigen Politik eine klare Absage zu erteilen. Zu sagen: „Nein, wir wollen das nicht mehr.“ Und es sollte die Altparteien aufhorchen lassen, dass nicht einmal ein unappetitlich auftretender Andreas Kalbitz die nötige abschreckende Wirkung entfaltet. Dass all die Versuche, eine „demokratische“ Front gegen die AfD aufzubauen, nichts genützt haben.

Es ist an der Zeit, zu erkennen, dass man mit dem üblichen Geschwafel nicht mehr weiterkommt. Dass es nicht vorrangig darum geht, wie viele Hausbesuche jemand macht und ob er sich um die „Ostthemen“ bemüht, sondern um eine Abkehr von der derzeitigen Asyl- und Migrationspolitik. Um einen funktionierenden Rechtsstaat, um Sicherheit, Verteilungsgerechtigkeit, um gute Bildung, mehr Netto vom Brutto und eine gute Infrastruktur.

Um alles, was in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt wurde, weil es den Etablierten wichtiger war, auch jene zu alimentieren und unkontrolliert ins Land zu lassen, die kein Anrecht auf Schutz und Hilfe haben. Ob die AfD es besser machen würde, steht auf einem anderen Blatt. Aber sie wirbt damit, etwas zu stoppen, was ein wachsender Teil der Bevölkerung nicht mehr will. Darum geht es letztlich und um nichts anderes. 

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Eugen Richter / 03.09.2019

Und nicht das Programm der AfD zur Energiepolitik und Euro vergessen. AfD ist mehr als nur der Wunsch nach Identität und gesunden Patriotismus.

Gertraude Wenz / 03.09.2019

Es ist in meinen Augen vollkommen ausgeschlossen, dass unsere Mainstreampolitiker und Medien die wirklichen Gründe für den Stimmenzuwachs, den die AfD überall einheimst, nicht kennen. Natürlich wissen sie um die Gründe. Die pfeifen ja sogar die Spatzen von den Dächern. Ich halte unsere Politiker weder für gebildet noch für intelligent, aber so dumm, den rosa Elefanten nicht zu sehen, sind sie nicht. Es ist viel interessanter zu überlegen, warum sie dennoch so tun. Dazu müsste man wie ein Profiler von der Kripo vorgehen. Das Ganze hat für mich sowieso schon was von einem Kriminalfall. Wir müssen nach dem Motiv suchen., dazu nach den Merkmalen, die einen Politiker auszeichnen, die ihn dazu befähigen, so zu lügen oder sich selbst etwas wider besseren Wissens einzureden. Politiker wollen Macht. Einen so kapitalen Fehler zuzugeben,, wie es die Grenzöffnung war, kommt einem politischen Todesurteil gleich. Also heißt es auf Teufel komm raus, das Gesicht zu wahren und niemals eine Fehleinschätzung zuzugeben. Der Verlust der Macht heißt auch Verlust der Pfründe und damit eine Beeinträchtigung in den gewohnten komfortablen Lebensverhältnissen. Viele sind Berufspolitiker und können auf andere Weise ihren Lebensunterhalt nicht verdienen. Das Hemd ist nun mal näher als der Rock. Man kann sich unter Gleichgesinnten zuweilen auch die Wunschvorstellung so einreden, dass sie für den Betreffenden zur fiktiven Realität wird und die wirkliche Realtät als blinder Fleck nicht mehr wahrgenommen wird. Ausschlaggebend sind für mich bei diesen Politikern ein gnadenloser Egoismus, eine kaltblütige “Nach uns die Sintflut”- Haltung und eine grenzenlose Angst, eines Tages zur Rechenschaft gezogen zu werden. Sie kommen mir inzwischen wie in die Enge getriebene Tiere vor, die sich mit Parolen und Propaganda Mut machen müssen und einer echten Auseinandersetzung, die sie nur verlieren würden, nur aus dem Weg gehen können. Man könnte fast Mitleid mit ihnen kriegen, aber nur fast.

B. Kurz / 03.09.2019

@B. Jacob ... Falls Sie wirklich nicht wissen, wofür die bejubelte Kanzlerin den 17. Titel bekommen hat, hier der Brüller: Für ihren Führungsstil !!! Diese Absurdität treibt mich seit Tagen so um, dass ich mir die Gelegenheit jetzt nicht entgehen lassen konnte.  Frau Lagarde lobte dann noch ihre “Ausnahmepersönlichkeit”, was ja doch in gewisser Weise hinkommt.  // Zur sehr treffenden Analyse von Frau Schunke kann ich nur sagen: Was nutzt es, wenn über ein Viertel der Sachsen (wie auch ich) die derzeitigen Verhältnisse abwählen will, aber der Wählerwille einfach ignoriert wird. Auf der immer wieder beschworenen Demokratie trampeln diese “Eliten” dermaßen herum, dass man nur noch fassungslos ist. Komplett am Wählerwillen vorbei, wird etwas zusammengeschustert, was keinerlei Legitimation hat, Hauptsache nicht AfD.

Rolf Lindner / 03.09.2019

Es ist doch seltsam, wenn in den Dokumentationssendern des ÖR in Berichten über andere Länder deren Festhalten an Traditionen und Idendtitäten hervorgehoben und bejubelt wird, während den Deutschen ihre Identität als brauner Sumpf madig gemacht wird.

Ilse Polifka / 03.09.2019

Bevor man sich in Vermutungen stürzt, könnte man natürlich auch das Parteiprogramm der Afd lesen. Richtig bemerkt wurde hier in den Leserbriefen schon “warum sollte ein Neonazi Afd wählen”. Leider auch im Artikel der Hinweis auf mögliche Nazis die Afd wählen. Aufgefallen sind mir in der letzten Zeit aber vorallem selbsternannte Demokraten mit Aussprüchen und Vorschlägen, die mit dem besten Willen nicht als demokratisch bezeichnet werden können. Um die machen Sie sich aber keine Sorgen. Und zum Islam: es gibt keinen strengen und weniger strengen Islam. Das müßten Sie wissen.

W.Schneider / 03.09.2019

Vollkommen richtig, Frau Schunke, nur können die Altparteien nicht öffentlich eingestehen, dass sie mindestens in den letzten vier Jahren eine völlig verfehlte Politik, insbesondere der sog. Asylpolitik, mit gravierenden Folgen in Sicherheitsfragen, der Geldpolitik, der Wohnungssituation etc. gemeinsam vertreten haben. Was soll die Öffentlichkeit dann zu einem solchen Eingeständnis sagen? Lieber hoffen die Politiker, dass man sich irgendwie durchwurschteln und mit der Weltenrettung alles erledigen kann.

Heinz Gerhard Schäfer / 03.09.2019

Sehr geehrte Frau Schunke, - Sie haben mit Ihrem Artikel absolut recht! Nach den Wahlergebnissen von Sachsen und Brandenburg schöpfe ich wieder Hoffnung für Deutschland. Mit beginnender Rezession, wegbrechenden Steuereinnahmen und daraus resultierenden Problemen in der sozialen Umverteilung und der “Weltrettungsthemen” werden die Blockparteien weitere Wähler an die AfD verlieren.

Herbert Müller / 03.09.2019

Die Deutschlandabschaffer von SPD, Grünen, Linken und Merkelhörigen haben nichts kapiert. Der Großteil der Deutschen will nicht in einer islamisierten Villa Kunterbunt mit Scharia leben, obwohl diese im Endeffekt gar nicht mehr so vielfältig bunt sein wird. Der Nazibonus ist bei Beschimpfungen mittlerweile aufgebraucht, und die schon länger in diesem “Land” Lebenden merken wohin die Reise in dieser “Republik” geht. Das Wort ” Deutschland” verursacht bei einigen Grünen schon Schnappatmung. Die Eliten müssen sich eine neue Strategie ausdenken. Auch permanente Antifaaktionen bringen nicht den gewünschten Erfolg, um Andersdenkende auszuschalten. Ratlosigkeit ist allenthalben sichtbar. Vielleicht ist es doch so, dass die Eliten das Problem sind und nicht das Volk, und das Volk - oder zumindestens doch große Teile davon - noch seinen klaren Verstand bewahrt hat. Der deutsche Michel scheint so langsam aufzuwachen.

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