René Zeyer, Gastautor / 25.01.2020 / 06:15 / Foto: Martin Kraft / 72 / Seite ausdrucken

„Hey Boss, ich brauch mehr Geld”

Gunter Gabriel wird Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank. Mit seinem Lied „Hey Boss, ich brauch mehr Geld" hat er sich in die Herzen der Bankführung gesungen. 

Pardon, ich sehe gerade, Gunter Gabriel ist tot. Peinlich. Mindestens so peinlich ist, dass Sigmar Gabriel tatsächlich in den Aufsichtsrat der Deutschen Krisenbank berufen wurde. Was hat da ein Genosse, ein früherer SPD-Chef zu suchen?

Nun ja, Gabriel war auch mal Ministerpräsident, Vizekanzler, Außenminister, Wirtschaftsminister und bis November letzten Jahres Bundestagsabgeordneter. Da läppert sich zwar ein schönes Ruhestandsgehalt zusammen. Andererseits: Gabriel hat in zweiter Ehe zwei noch sehr junge Töchter, seine Frau ist zwar Zahnärztin, aber einen gewissen Lebensstandard ist man sich natürlich schon gewohnt.

Vor allem aber Wichtigkeit, Bedeutung. Schwarze Limousine, Leibwächter, Blaulicht, Achtung, hier kommt Gabriel. Das wäre ohne diesen Coup alles weggefallen, denn der Sprung an die Spitze des Autolobbyverbands VDA gelang nicht, und ein paar Posten als Politikberater und als Vorsitzender der Lobbytruppe Atlantik-Brücke, das bringt zwar Geld, aber keine Reputation, keine großen Auftritte.

Wie kommt denn Gabriel zu dieser "großen Ehre", wie er selbst ehrfürchtig sagt? Warum bleibt ihm das Schicksal als Frührentner mit 60, Hausvater und Memoirenschreiber erspart? Hat der Mann denn Sachverstand? Aber sicher doch, den hat er. Und wie. Er war von 2005 bis 2009 im Aufsichtsrat der KfW, zeitweise auch als Vorsitzender des Gremiums.

„Deutschlands dümmste Banker“ 

Was, Sie kennen die immerhin drittgrößte Bank Deutschlands nicht? Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist sogar international die größte staatliche Förderbank überhaupt. Wie ihr Name schon sagt, wurde sie 1948 gegründet, um den Wiederaufbau der westdeutschen Wirtschaft zu finanzieren. Später regulierte sie die Finanzflüsse der deutschen Entwicklungshilfe und schluckte 1994 die ehemalige Staatsbank der DDR.

Ihr Führungspersonal war traditionell ein Abklingbecken für abgehalfterte Politiker. Auf einen Schlag berühmt wurde die KfW am 12. September 2008. Da überwies sie noch schnell 320 Millionen Euro an die US-Investmentbank Lehman Brothers. Die am gleichen Tag Bankrott erklärte. "Bild" fasste das in die knackige Schlagzeile: "Deutschlands dümmste Banker". Diesem Schimpfwort erwiesen sich die KfW-Banker durchaus als würdig, so verbrieten sie in der ebenfalls im Zuge der damaligen Finanzkrise in Schieflage geratenen IKB hunderte von Millionen Euro. Daraufhin legte Ingrid Matthäus-Maier, im vorherigen Leben im SPD-Bundesvorstand und im Bundestag, ihr Amt als Vorstandssprecherin der KfW nieder.

Sie war 1999, nachdem sie aus dem Bundestag ausgeschieden war, in den Vorstand der KfW gerutscht. Das macht ihr nun Gabriel, ziemlich genau 20 Jahre später, bei der Deutschen Bank nach. Qualifiziert hat er sich dafür offenbar als einer der "dümmsten Banker" Deutschlands, wie "Bild" meinte. Vielleicht hat die Führungscrew der Deutschen Bank eine Seelenverwandtschaft gespürt. Schließlich waren es damals auch nur noch "the stupid Germans", die fröhlich in den Hyposchrottmarkt in den USA investierten, als cleveren Teilnehmern schon klar war, dass die Sache demnächst implodieren wird. Damals gab es auch, nun sagen wir bemerkenswerte Deals zwischen der IKB und der Deutschen Bank. Und so schließt sich dann der Kreis.

Aber mal im Ernst, warum ist Gabriel in das höchste Gremium der immer noch größten deutschen Bank berufen worden? Man kann pragmatisch sagen, weil der eigentlich für diesen Posten vorgesehene Schweizer Jürg Zeltner von den Aufsichtsbehörden abgelehnt wurde. Den hatten sich die Scheichs von Katar ausgeguckt, denen die Deutsche Bank zu 6 Prozent gehört. Nun ist Zeltner aber auch CEO bei der Luxemburger KBL, die seit Januar 2020 Quintet Private Bank heißt – und sich zu 100 Prozent im Besitz der Kataris befindet.

Was bringt er dann als Assets mit?

Da sah selbst die sonst zahnlose deutsche Aufsichtsbehörde Bafin einen möglichen Interessenskonflikt, weil Zeltner auch in der Quintet Bank investiert ist, also nicht nur als CEO, sondern auch als Unternehmer tätig. Also zog sich Zeltner nach nur zwei Monaten von seinem Posten bei der Deutschen Bank zurück. Peinliche Klatsche für das schlingernde Geldhaus, das soll sich nicht wiederholen.

Gabriel kann man nun keine speziellen Kontakte mit arabischen Herrschern nachsagen. Seine Performance im Finanzbereich ist überschaubar. Dass es die verbliebenen SPD-Genossen nicht gerne sehen, wenn Genossen sich in den Sold von großen Unternehmen stellen, ist auch bekannt, seit sich Gerhard Schröder den Lebensabend mit einem Mandat beim lupenreinen Demokraten Putin versüßt. Also wird auch Gabriel kräftig beschimpft werden. Was bringt er dann als Assets mit, wie man in Bankenkreisen sagt?

Ganz einfach: sein Adressbuch. Genauer: sein Telefonverzeichnis. Angesichts seiner langjährigen Karriere als Minister in verschiedenen Funktionen hat er natürlich fleißig Kontakte gesammelt. Und wer die Handy-Nummern von führenden Politikern und Firmenlenkern weltweit hat, ist schon mal was wert. Nun ist es aber so, dass solche Telefonate eher schnell beendet wären, wenn er sich so melden würde: "Hallo, hier ist Sigi, bin gerade unterwegs zur Kita, um meine Tochter abzuholen. Wollte nur mal fragen, wie’s denn so geht."

Aber wenn sich "Hier Gabriel, Vorstand der Deutschen Bank" meldet, dann dürften ihm seine Kontakte durchaus zuhören. Schließlich versteht sich Gabriel auch als überzeugter Europäer. Und da, im Gegensatz zu den USA, in Europa noch jede Menge Zombie-Banken herumwanken, die nur deswegen nicht die Bücher deponieren müssen, weil sie Staatsanleihen zu absurd hohen Werten und mit absurd kleinem Kapital unterlegt in den Bilanzen halten können, dürften sich die Kontakte von Gabriel durchaus auszahlen. Für ihn und für die Deutsche Bank. Genauer, für die Bonus-Etage der Bank.

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Leserpost

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Helmut Bühler / 25.01.2020

Wir wollen aber auch nicht vergessen, dass Herr Gabriel ein treuer Freund aller Muslime und insbesondere von Katar ist, dem größten Anteilseigner der Deutschen Bank. Die Palästinenser und seinen Freund Abbas hat er vor den israelischen Imperialisten in solidarischen Schutz genommen und Katar vor Anfeindungen wegen Ausbeutung von Bauarbeitern am WM-Stadion. Auch als die Saudis und diverse Golfstaaten böse zu den rechtgläubigen Kataris waren, hat Gabriel warme Worte gefunden. Einen besseren Interessenvertreter hätten sie gar nicht finden können. Er wird sich Katar und nicht etwa der Deutschen Bank verpflichtet fühlen.

Claudius Pappe / 25.01.2020

Das die Deutsche Bank nicht mehr in die schwarzen Zahlen kommt liegt aber zu über 50 % an der Null-Zins Politik der EZB-auf Merkels und Schulzes Betreiben hin. Das unsere private Altersvorsorge enteignet wird liegt an Gabriel, Dreizentner Merkel und CO. Damit hat die Deutsche Bank absolut nichts zu tun.

dick.hendrix / 25.01.2020

wuerde Gabriel sich so melden, wie es im letzten Absatz heisst, wuerde er luegen; er geht in den Aufsichtsrat - nicht in den Vorstand

H. Schmidt / 25.01.2020

Ich habe ein paar Deutsche Bank Aktien (im Minus, was sonst?) Mit Gabriel, dem Antikapitalisten im Aufsichtsrat, ist die Deutsche Bank so tot wie ein geschlachtetes Sparschwein. Aber was solls. Ist doch momentan Hype, sich selbst und in jeder Beziehung die Zecken ins Haus zu holen. Warum es juckt, weiß inzwischen niemand mehr. Wo kein Hirn, da keine Erkenntnis. Lass jucken Baby :-(

Peter Holschke / 25.01.2020

Diese Typen sind doch Bestens vernetzt. Erinnert sich noch jemand an die SPD-Großaufgabe “Deregulierung der Finanzmärkte” unter Schröder? Monatelang wurde das als “alternativlos” getrommelt. Das ist vollständig dem kollektiven Vergessen anheim gefallen. Ja, das Volk ist saudumm. Die Schlagworte waren: Erhalt von Arbeitsplätzen, das Verhindern des Anschlusses an die Globalisierung, Abwanderung von Kapital ins Ausland, Gefahr der Rückgang der Investitionen. SPD.

Jochen Brühl / 25.01.2020

Mit der EZB als Absicherung, die bei Bedarf sogar angenuckelte Zigarettenkippen aufkauft, kann eine Deutsche Bank auch von einem Genossen beaufsichtigt werden.

Günter H. Probst / 25.01.2020

Selbstverständlich ist Herr G. kompetent: Die Erfahrungen bei der Abwicklung seiner Partei SPD kann er jetzt in die Abwicklung der schlechtesten Deutschen Bank einbringen.

B. Kurz / 25.01.2020

@Uwe Schäfer ... Ich stimme Ihnen ja zu, aber nur zu 99,9%, denn eine “Scham über sich selbst” können Sie von diesen Hasadeuren nicht erwarten!

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