Peter Grimm / 25.01.2018 / 14:30 / 11 / Seite ausdrucken

Hamidullah fühlte sich danach leichter

Wer einer schweren Straftat überführt wurde und sich vor Gericht dafür verantworten muss, versucht verständlicherweise zumeist, sich und die Tat so darzustellen, dass viel Schuld an den Umständen und damit möglichst wenig an ihm selbst hängen bleibt. So altbekannt und alltäglich das sein mag, diese Geschichten aus dem Gerichtssaal sind auch deshalb immer wieder als eine Art Seismograph interessant, weil sie die Erwartungen von Angeklagten zeigen, womit sich das Maximum an Nachsicht erreichen lässt.

Hamidullah lässt beispielsweise über einen Gutachter eine bemerkenswerte Weltsicht verbreiten. Der junge Mann glaubt offensichtlich, dass ein schweres „Flüchtlingsschicksal“, gepaart mit der Notwendigkeit, den Islam gegen den Abfall vom Glauben zu verteidigen, hilfreich sein können. So liest sich zumindest der Gerichtsbericht über den Prozessauftakt gegen den 29-jährigen afghanischen Asylbewerber wegen des Mordes an Farimah S.

Die 38-Jährige wurde von Hamidullah im April vor den Augen ihrer Kinder in einem Supermarkt erstochen. Sechszehn Messerstiche trafen Farimah nur aus dem Grund, weil sie zum Christentum konvertiert war. Für radikale Muslime ist der Abfall vom Glauben todeswürdig.

Das schwere Leben in Deutschland

Der Gerichtsreporter vermeldet vom Auftritt des jungen Afghanen im Gerichtssaal:

Vor dem Schwurgericht in Traunstein sagt der abgelehnte afghanische Asylbewerber Hamidullah M. (30) selbst nichts. Stattdessen klagte er zuvor beim psychologischen Sachverständigen Dr. Stefan Gerl (59) über sein schweres Leben in Deutschland. Der Gutachter erzählte von seinen Gesprächen mit dem Täter. In denen schimpfte Hamidullah: „Und diese Frau hat die Situation noch verschlimmert.“

Die grauenvolle Tat: Farimah S. hatte mit zweien ihrer Söhne (fünf und elf Jahre) gerade im Lidl-Markt in Prien am Chiemsee eingekauft, als der afghanische Landsmann Hamidullah M. ihr mit einem 19,5 Zentimeter langen Messer auflauerte.

Das schwere Leben in Deutschland, dass ihm die Konvertitin noch schwerer machte, vermochte den Staatsanwalt allerdings nicht zu überzeugen.

Das Motiv hält der Staatsanwalt für „besonders verachtenswert und auf tiefster Stufe stehend“: Das Opfer habe ihn zu einem früheren Zeitpunkt gefragt, ob er nicht wie sie auch zum Christentum konvertieren wolle. Staatsanwalt Mößner: „Dies belastete den Angeklagten schwer, weil es mit seinem Glauben als Muslim nicht vereinbar war.“

Dem Gutachter hat Hamidullah allerdings eine Lebensgeschichte erzählt, die Mitgefühl wecken muss, auch wenn sie, wie die meisten Asylgeschichten, kaum nachprüfbar sein dürfte. Nach eigenen Angaben wuchs der Afghane als Sohn eines wohlhabenden Viehhirten und Militär-Befehlshabers im Norden Afghanistans auf.

Schon mit fünf Jahren sei er in Hubschraubern mitgeflogen, habe miterlebt, wie Mutter und Schwester getötet wurden. Mit 14 habe er deren Mörder ein Metallrohr über den Kopf geschlagen. Für diese Tat wiederum habe ihm ein verfeindeter Stamm im Dorf eine Kalaschnikow auf den Kopf geschlagen und seinen Bruder getötet.

Er habe erst in den Iran, dann nach Deutschland fliehen müssen.

„Sie hat den Kopf kaputt gemacht“

Die Frage, warum ein Mann wie Hamidullah, der so sehr darunter leidet, wenn Menschen nicht an Allah und seinen Propheten glauben wollen, ausgerechnet nach Deutschland „fliehen“ musste, klingt ja in heutiger Zeit beinahe unanständig. Schade, dass solche Fragen nicht mehr gestellt werden, wo doch offenbar für Hamidulllah hierzulande ein Leidensweg begann:

Hier habe er sehr darunter gelitten, dass er keinen Schulunterricht bekommen habe. Die Probleme hätten begonnen, als er 2013 in der Diakonie in Prien auf das spätere Opfer getroffen sei: „Diese Frau hat meinen Kopf kaputtgemacht, weil sie mich aufforderte, meine Religion zu wechseln“, sagte Hamidullah M. dem Psychiater nach seiner Festnahme. Farimah S. habe ihm versprochen, wenn er heirate und Christ werde, dann bekomme er einen Pass. „Ich bat sie, kein Wort mehr zu sagen. Meine Eltern sind Muslime, ich bleibe Moslem. Ich sagte, lieber verlasse ich Deutschland.“

Hätte er das nur getan, dann würde Farimah noch leben. Doch statt Deutschland den Rücken zu kehren, suchte er andere Wege, um nicht auch in die Versuchung geführt zu werden, vom wahren Glauben abzufallen:

Der Gutachter schilderte, dass der Angeklagte in den Jahren danach die Stimme der Frau immer wieder im Kopf gehört habe. Das habe ihn wütend gemacht. Mit Jack Daniels und Haschisch habe er versucht, sich zu beruhigen. Am 29. April habe er die Frau, die ihn zuvor immer wieder habe missionieren wollen, vor dem Lidl bemerkt. Dann habe er das Messer von zu Hause geholt. Dann sei der Stress weg gewesen und er habe sich leichter und glücklicher gefühlt.

Wie schön für Hamidullah. Deutschland musste er dafür nicht extra verlassen und auf Haschisch und Whisky kann er nun auch verzichten. Über den Gutachter soll Hamidullah um die Todesstrafe gebeten haben. Ob er dies in der Gewissheit tut, dass es in Deutschland keine Todesstrafe gibt, ob er unter einer psychischen Erkrankung leidet oder diese attestiert bekommen wollte, oder ob er hofft, eine Hinrichtung für die Ermordung einer todeswürdigen Konvertitin würde ihn ins Märtyrer-Himmelreich führen, bleibt reine Spekulation.

Das Urteil wird am 9. Februar gesprochen und egal, wie es ausgeht, Hamidullah kann sich sicher sein, in den nächsten Jahren in Deutschland menschenwürdig versorgt zu werden. Hätte er zuvor Deutschland verlassen, wäre das keineswegs so sicher.

Der Text erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Leserpost

netiquette:

alexander meyer / 25.01.2018

“War doch nur ein Einzelfall,und die Gedanken der Offiziellen sind ganz bei den Hinterbliebenen !”

Olaf Metzger / 25.01.2018

wenn er so strenger Moslem ist, das er sogar dafür tötet, dürfte er ja garnicht zu Hasch und Alkohol greifen egal was “seine stimmen” ihm sagen reine schutzbehauptung

Wilfried Cremer / 25.01.2018

Unseren Kirchenfürsten bleibt das Schicksal Faramahs erspart. Wenn es nur leicht brenzlig wird, verstecken sie die Kreuze, vom verbalen Zeugnis ganz zu schweigen.

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