Viele Jugendämter in Deutschland sind völlig überlastet. Über einen Grund dafür wird gern geschwiegen: die Aufnahme „unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge".
Neulich machte die Nachricht die Runde, dass Jugendämter aufgrund von Personalmangel und zu vieler zu bearbeitetender Fälle völlig überlastet sind. Meist wird allerdings verschwiegen, dass das zu einem großen Teil an den durch die Decke schießenden Zahlen „unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge", die amtliche Abkürzung ist UMF, liegt, die oftmals längst volljährig sind.
So meldete etwa die Tagesschau, dass der ständige Personalmangel bei zahlreichen Jugendämtern eine Gefahr für misshandelte Kinder und Jugendliche darstelle, weil es nicht genügend Mitarbeiter gebe, welche sich der jungen Sorgenfälle annehmen könnten. Die Rede war etwa von einer Sozialarbeiterin, die in einem Jugendamt in Berlin tätig ist. Aufgrund vieler kranker Kollegen habe sie oft ein Vielfaches ihres eigentlichen Arbeitspensums zu erledigen, oft 50 Fälle gleichzeitig.
Dies ist kein Einzelfall. Laut einer Umfrage von „Report Mainz“ gab fast jedes vierte der fast 600 Jugendämter in Deutschland zu, dass man mit Personalmangel und Überlastung zu kämpfen habe. Deswegen sei es im letzten Jahr (und auch davor schon) des Öfteren zur Gefährdung von Kindern und Jugendlichen gekommen. Lediglich 20 Prozent aller Jugendämter hätten ausreichend Kapazitäten, um sich um alle Fälle kümmern zu können.
Zitiert wird auch die Kinderschutzexpertin der Hochschule Koblenz, Kathinka Beckmann, welche sich erschüttert zeigt: „Das heißt, dass wir hier Kinder in absoluten Gefährdungslagen haben, denen gerade nicht geholfen wird, die zu Hause vergewaltigt werden, die zu Hause in Kellern gefangen gehalten werden, die mit Gürteln geschlagen werden." Da es jedoch nicht genügend Arbeitskräfte gebe, welche für Hausbesuche zur Verfügung stünden, bekäme davon niemand etwas mit.
Alles nur Personalmangel?
Ferner wäre es immer problematischer, passende Inobhutnahmestellen für hilfsbedürftige Kinder zu finden. 24 Prozent aller Jugendämter, welche auf die Umfrage von „Report Mainz" geantwortet hatten, gaben zu, dass die jungen Notfälle entweder direkt beim Jugendamt, bei Privatpersonen oder sogar bei den Mitarbeitern zu Hause übernachten mussten. Für Kathinka Beckmann ein Unding. „Dass jetzt Mitarbeitenden zugemutet wird, Kinder einfach in die eigenen privaten vier Wände mitzunehmen, ist unhaltbar", resümiert sie ganz genderkorrekt.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wollte sich zu diesen katastrophalen Verhältnissen nicht äußern, allerdings verriet ein Sprecher des Ministeriums dem ARD-Politikmagazin, dass die aktuelle Situation der Jugendämter „dem BMFSFJ sehr bewusst" sei. Man „sieht insbesondere bei der Fachkräftesicherung in der Kinder- und Jugendhilfe eine zentrale Herausforderung und steht dazu im Rahmen seiner Zuständigkeit in engem Kontakt mit den Ländern". Der Bericht der Tagesschau begründet die schlimme Lage der Jugendämter lediglich mit einem Personalmangel. Von einer wahren Flut an unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF), welche seit Jahren ins „gelobte Land" strömen, ist jedoch keine Rede.
Mit Sicherheit sind zu wenige Mitarbeiter – sei es in Folge von Krankheit, schlechter Bezahlung oder einem extrem hohen Stressfaktor – ein großes Problem. Doch wären die Arbeitsbedingungen besser und gäbe es nicht derart viele Fälle zu bearbeiten, hätten die Menschen auch mehr Anreiz, bei einem der vielen Jugendämter anzuheuern.
Doch bereits Ende 2022 tummelten sich fast 28.000 UMF und „junge Volljährige" (dies können „Flüchtlinge" bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres sein) in Deutschland, um die sich die Jugendämter kümmern mussten. Größtenteils kamen sie aus Afghanistan und Syrien – Länder mit einer Schutzquote von jeweils 98 Prozent. Sie alle werden vom Jugendamt in Obhut genommen und von einer Fachkraft betreut. Im Jahr 2023 kamen bis Ende September fast 11.000 unbegleitete Minderjährige dazu. Beim SWR gab man sich letzten Herbst etwas ehrlicher als bei der Tagesschau und machte kein Geheimnis aus der Überlastung, die die UMF für Deutschlands Jugendämter darstellen. Bereits letzten Herbst wussten Baden-Württembergs Jugendämter weder ein noch aus.
Problemverlagerung
Die Zahl der UMF stieg von Jahr zu Jahr. Im gesamten Jahr 2021 waren es nur etwas mehr als 1.000, im Jahr 2022 bereits fast 3.000 und allein bis Mitte September 2023 ließen sich bereits über 3.000 angeblich minderjährige „Hilfsbedürftige" im grün-schwarz regierten Ländle nieder. Besonders nach Freiburg zog es die jungen Neuzuwanderer, allein im August fanden hier 164 UMF Zuflucht, weshalb einige von ihnen zeitweise sogar in einer Schulturnhalle untergebracht werden mussten.
Doch auch in den anderen Stadt- und Landkreisen sei die Lage ähnlich, wie etwa im Ortenaukreis, wo die UMF in eine Pflegeschule einquartiert wurden. Aufgrund dieser katastrophalen Situation schlug der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) Maßnahmen zur Abhilfe vor. So gäbe es geflüchtete Jugendliche, die sich bereits seit Jahren auf der Flucht befänden und daher nicht unbedingt auf die komplette Hilfe der Jugendämter angewiesen seien. Auch käme eine geringere Altersgrenze infrage. So könne man doch auch schon Jugendliche ab 16 Jahren in Gemeinschaftsunterkünften unterbringen, so dass die Ämter entlastet würden.
Mentrup berichtet über Fälle, bei denen die Mitarbeiter des Jugendamtes völlig verzweifelt mit ihren zu betreuenden UMF auf Behördenfluren haben nächtigen müssen, da sie für die „Schützlinge" einfach keine passende Unterkunft mehr hätten finden können. Aktueller Stand ist, dass die jugendlichen Zuwanderer bundesweit verteilt werden, so dass sich andere Jugendämter um sie kümmern müssen. Die Probleme werden also lediglich verlagert, denn nicht nur Baden-Württembergs Jugendämter sind wegen des Migrantenansturms vollends überfordert.
Überlastung in Niedersachsen
Das Problem betrifft ganz Deutschland, zumindest den westlichen Teil. So müssen „minderjährige Schutzsuchende" auch in Niedersachsen in Hotels oder Sammelunterkünften untergebracht werden, zumindest kurzfristig – und das ohne passende Betreuung. Rund 4.000 UMF leben derzeit in Niedersachsen, 2022 waren es nur etwas mehr als die Hälfte.
Problematisch ist ferner, dass es im Gegensatz zu früher viel weniger Menschen gibt, die – anders als beim ersten Flüchtlingsansturm 2015/16 – bereit sind, sich der „Geflüchteten" anzunehmen. Deswegen schraubt man nun die Anforderungen an Mitarbeiter in Jugendämtern kräftig herunter. So beschloss etwa die Landesregierung Niedersachsen, die Fachkraftquote von 75 auf 50 Prozent zu senken, was allerdings immer noch nicht ansatzweise ausreichend ist.
Daher möchte man in Zukunft schon minderjährige Flüchtlinge ab 14 Jahren nicht mehr in Obhut nehmen. Diese müssten zukünftig regulär wie erwachsene Asylbewerber oder Minderjährige, welche mit ihren Eltern eingereist sind, untergebracht werden.
Erwachsene Minderjährige
Darüber hinaus darf man keinesfalls die Tatsache, dass „minderjährig" nicht gleich minderjährig ist, außer Acht lassen. Viele können sich noch an den seinerzeit angeblich 15-jährigen Abdul D. erinnern, der in Kandel seine damals tatsächlich 15 Jahre alte Ex-Freundin bestialisch ermordete. Oder auch an Hussein K., den Mörder der Freiburger Studentin Maria L., welcher sich eventuell sogar um 15 Jahre jünger ausgab, als er tatsächlich war.
Ob jemand wirklich unter 18 ist oder nicht, wird nämlich gar nicht richtig geprüft. Laut dem „BumF", dem „Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.", zufolge gehört die Altersfeststellung „in der Praxis zu den größten Herausforderungen für die beteiligten Fachkräfte und zu den gleichzeitig folgenreichsten Entscheidungen für die Betroffenen".
Weil sie meist ohne Pass kämen, „haben unbegleitete minderjährige Flüchtlinge deshalb selten die Möglichkeit, ihr Alter nachzuweisen". Deshalb wird es einfach geschätzt. Stufe man die „Hilfsbedürftigen" als zu alt ein, hätte dies „weitreichende Folgen für die jungen Menschen", denn das geschätzte Alter ist ausschlaggebend für den „Zugang zur kindeswohlgerechter Unterbringung, Unterstützung, Bildung, rechtlicher Vertretung und umfänglicher Gesundheitsversorgung". Bestünden Zweifel, „muss daher von einer Minderjährigkeit ausgegangen werden". Im Klartext heißt das also, wer behauptet, unter 18 zu sein, der ist es auch, selbst wenn er schon einen ergrauten Vollbart, lichtes Haar oder Falten aufweist.
Rückwärts alternde Flüchtlinge?
Selbst bei erheblichen Zweifeln am wahren Alter kommt es lediglich zu einer „qualifizierten Inaugenscheinnahme, bei der mindestens zwei „besonders geschulte pädagogische Fachkräfte" mit der Hilfe eines Dolmetschers und eventuell auch eines Psychologen ein aussagekräftiges Gespräch führen sollen, in dem unter anderem Fragen zur Familie, zu bisherigen Schulbesuchen, der Fluchtroute und anderen Biografiedaten gestellt werden. Fallen die Antworten des „Geflüchteten" widersprüchlich aus oder gibt es sonst Unstimmigkeiten bezüglich des angegebenen Alters, wird der Betroffene zwar damit konfrontiert, doch auch berechtigte Zweifel seitens der Interviewer „rechtfertigen noch nicht die Schlussfolgerung einer falschen Altersangabe".
Viel wichtiger sei der Umgang mit dieser Konfrontation. Denn selbst „ganz offensichtliche Widersprüche und ein kindlicher Umgang mit diesen" könnten Zeichen mangelnder Reife sein. Ob auch ein besonders reifes optisches Erscheinungsbild ein besonders starkes Indiz für Jugendlichkeit ist? Denn schließlich gibt es doch auch Menschen wie die Romanfigur Benjamin Button, welche rückwärts altern. Warum sollte es keine Flüchtlinge geben, denen es genauso ergeht?
Sind die Zweifel am wahren Alter des „Geflüchteten" aus unerfindlichen Gründen dennoch vorhanden, gibt es noch die Möglichkeit einer ärztlichen Untersuchung, allerdings nur „mit den schonendsten und soweit möglich zuverlässigsten Methoden von qualifizierten medizinischen Fachkräften", was Genitaluntersuchungen ausschließt. Abgesehen davon können die (vermeintlich) Minderjährigen solch eine medizinische Untersuchung ohnehin verweigern, was auch „nicht automatisch zur Annahme der Volljährigkeit und der Beendigung der Maßnahmen führen" darf. Auf gut deutsch heißt das also, wer angibt minderjährig zu sein, der ist es auch, basta.
Der Zustrom angeblich oder tatsächlich jugendlicher Asylbewerber geht ohne Unterlass weiter. Die Überlastung der Jugendämter wächst und das geht zu Lasten wirklich dringend schutzbedürftiger Kinder.
Beate Steinmetz, geb. 1989 in Frankfurt am Main und heute wohnhaft in Rheinhessen, ist studierte Politikwissenschaftlerin und Amerikanistin.