Felix Perrefort / 07.09.2023 / 06:15 / Foto: Pixabay / 45 / Seite ausdrucken

Gelddruckmaschine verkauft, weil sie nach Kohle riecht

Die öffentliche Hand hat den Kohleverbrenner STEAG („schwarzer Dinosaurier“), das fünftgrößte deutsche Energieunternehmen, verscherbelt wie eine heiße Eierkohle. Der Erlös soll in den Klimasschutz fließen. Klingt toll, ist aber irre: Kohlestrom ist dank Energiewende wertvoller als je zuvor.

Das fünftgrößte deutsche Energieunternehmen wird ins Ausland verkauft, im Inland jubelt man darüber. Der Steinkohlekonzern, der acht Steinkohle- und ein Raffineriekraftwerk in Deutschland betreibt, geht für 2,6 Milliarden Euro an spanische Infrastruktur-Investoren, die Asterion Industrial Partners. Erleichtert schreibt beispielsweise die Stadt Dortmund: 

„Die Dortmunder Stadtwerke AG (DSW21), mit 36 % größter Anteilseigner, erwartet voraussichtlich zwischen 600 und 700 Millionen Euro aus dem Verkauf“. Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD): „Der Verkauf ist eine gute Nachricht für Dortmund und – nach Jahren einer Achterbahnfahrt – auch für die STEAG“. Das Geld soll „insbesondere dafür verwendet werden, die Stadt Dortmund konsequent und effektiv auf dem Weg in Richtung Klimaneutralität zu begleiten.“

Der in der fossilen Energie verhaftete „schwarze Dinosaurier“ (Wirtschaftswoche) ist nun also endlich weg, der Erlös geht ans Klima. Ende gut alles gut? 2014 ging die STEAG vollständig in den Besitz der öffentlichen Hand: Ein Bündnis nordrhein-westfälischer Stadtwerke kaufte die verbleibenden 49 Prozent der Anteile, 2011 hatte man bereits 51 Prozent gekauft. Die Stadtwerke von sechs Kommunen – Dortmund, Duisburg, Bochum, Essen, Dinslaken, Oberhausen – hatten sich 2010 in der Kommunalen Beteiligungsgesellschaft (KSBG) zusammengeschlossen: „Sie kaufen die STEAG dem Chemiekonzern Evonik ab, insgesamt für rund 1,2 Milliarden Euro. Die Kohle, glauben sie, ist das Geschäft der Zukunft“, schreibt die Wirtschaftswoche

Was ist eigentlich mit „Rekommunalisierung“?

Doch spielten nicht nur ökonomische Erwägungen eine Rolle, es gab auch ein „progressives“ Vorhaben: Rekommunalisierung. Als „ein großes Ziel“, so Welt im Jahr 2014, war „zuletzt immer genannt worden, die STEAG zur einer kommunalen Erzeuger-Plattform auszubauen, die bundesweit Stadtwerke beliefert und diese unabhängiger von den großen Vieren macht“. Vor etwa zehn Jahren, unter rotgrüner NRW-Landesregierung, galt die Monopolisierung des Energiemarkts durch wenige Riesenkonzerne noch als Problem, unter schwarzgrüner Regierung ist davon nicht mehr die Rede. In einem „Thesenpapier Chancen und Risiken der Rekommunalisierung“, verfasst vom Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen, heißt es im Jahr 2011 sinnvoller Weise:

„Kommunalwirtschaft ist zudem wichtig für den lokalen Arbeitsmarkt. Kommunale Unternehmen tragen erheblich zur Steigerung der lokalen und regionalen Wertschöpfung bei, da sie regelmäßig stärker in die Region investieren als Private. Eine Vielzahl der Aufträge wird an die lokale Wirtschaft, insbesondere an das Handwerk und die Bauwirtschaft vergeben. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der mittelständischen Wirtschaft. Auf diese Weise werden indirekt Arbeitsplätze im regionalen Umfeld gesichert und Steuermehreinnahmen generiert.“

Kurzfristig gedacht 

Nichtsdestotrotz findet im Ruhrgebiet nun eine Reprivatisierung statt, bei der jedoch nicht der vorherige Zustand von vor 2011 wiederhergestellt wird, sondern Deutschland einen Teil seiner Energieversorgung aus der Hand gibt. Die Kohlekraftwerke werden freilich weiterbetrieben, nur das Geld wird woanders verdient.

Das war zuletzt eine ganze Menge. Die Energiewende und der Ukraine-Krieg haben dafür gesorgt, dass sich die Steinkohleverstromung der STEAG wieder richtig lohnt. „Putin verwandelt die STEAG in eine Gelddruckmaschine“, formulierte die Wirtschaftswoche. Der Rückgang der Stromproduktion aus Erdgas und der Ausstieg aus der Kernkraft verhalf der Kohlekraft zu einer Renaissance. „Auf dem Höhepunkt der Gaskrise“, meldete Tagesschau im März, „erlaubte die Bundesregierung den Versorgern, stillgelegte Steinkohlekraftwerke wieder an den Markt zu bringen.“ Vierzehn Anlagen wurden wieder in Betrieb genommen, darunter auch welche von STEAG, die „zumeist rund um die Uhr“ liefen.

Rund um die Uhr floss damit Geld in die Kommunalkassen. Das hätte so weitergehen können. Da „die Prinzipien, auf denen die Energiewende fußt, grundsätzlich mangelhaft sind“, wie Manfred Haferburg auf Achgut.com kürzlich festhielt, wird auch Kohlestrom weiterhin bedeutsam bleiben. Langfristig betrachtet, lägen hier lukrative Chancen, auch wenn sie wegen der Energiewende-Dogmen nicht gesehen werden wollen. 

Stattdessen entscheidet man sich kurzfristig für das viele Geld, versenkt es in der Klimapolitik und gibt darüber hinaus das energiepolitische Zepter ins Ausland. Denn in welche Technologien investiert werden soll, wie die STEAG aufgestellt werden soll, entscheiden nun spanische Investoren.

 

Felix Perrefort ist Redakteur und Autor der Achse des Guten. 

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Moritz Cremer / 07.09.2023

da gibt es sicher ordentlich kickback für die Kommuanalen… ;-)

Curt Handmann / 07.09.2023

Habe ich soeben “Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD)” gelesen? Ja. Wie jeder andere hier auch. Na dann sage ich jetzt schon mal “Tschüss, Westphal!”, mit Blick auf die nächste Kommunalwahl (ich würde Herrn Westphals Kontobewegungen mal genau im Auge halten). Über 5.700 STEAG-Mitarbeiter dürfen jetzt um ihre Zukunft bangen, und die “Kohle” geht jetzt sackweise in die Taschen der allseits heißgeliebten leistungslosen “Neuankömmlinge” und der lokalen Asylantenindustrie ... tja, liebe Dortmunder —- mal so richtig gut vom OB verarscht worden, was? Ein echter scholzmäßiger “Doppelwumms” eben, abba mitten auffe Zwöllf ... Mahlzeit, Kollegen!

Thomin Weller / 07.09.2023

Regionalen Wertschöpfung? Für die Grundlage und Existenz moderner Länder ist Heiz-/Elektrische Energie zwingend notwendig. Alleine die Tatsache das Energie 1. der Gewinnerzielung 2. zum Spekulationsobjekt geworden ist, zeigt die Verachtung der Politik unter dem Deckmantel der Globalisierung, nun mit einer CO2 Metaebene. In welchen Länder wurde die Energiegrundlage ihrer Existenz ebenso privatisiert und zum Spekulationsobjekt? 2009 war die Trinkwasserversorgung fast sämtlicher Großstädte ein US Spekulationsobjekt mittels CBL. Ist das immer noch so? Hedegefondsmanager zusätzlicher Jahresverdienst(Boni) 2013, David Tepper 3,5 Mrd. $, Steven Cohen 2,5 Mrd. $, John Paulson 2,3 Mrd. $, James Simons 2,3 Mrd. $ laut Statista. Tagesspiegel 19.07.2013—>“deutsche-investoren-verlieren-600-milliarden-euro-im-ausland-verzockt” “600 Milliarden Euro haben Deutsche seit 2006 verloren. Gleichzeitig wurde im Inland immer weniger investiert.”<—Und nun die Beschleunigung. Rette sich wer noch kann.

J. Braun / 07.09.2023

Ich finde die Verzinsung nicht schlecht. Vor zehn Jahren für 1,2 Milliarden ge- und jetzt für 2,6 Millarden verkauft ist eine beachtliche Hausnummer. Und die, die sich hier alle so über diese Sache beschweren—welche Parteien haben Sie in den letzten 20 Jahren mehrheitlich gewählt? Denn sozialistische Politiker, egal ob lokale, landes- oder bundespolitische fallen bekanntlich nicht vom Himmel. Das Volk in seiner Mehrheit will das so, also soll es das bekommen.

Klaus Keller / 07.09.2023

Stattdessen entscheidet man sich kurzfristig für das viele Geld, versenkt es in der Klimapolitik und gibt darüber hinaus das energiepolitische Zepter ins Ausland. +++ Da man dort vernünftiger ist, kann man von einer guten Entscheidung sprechen. Jetzt müssen die Deutschen nur noch Aktien ausländischer Versorger kaufen damit ein Teil des Geldes für höhere Strompreise über Kursgewinne und Dividenden zurückfließt. Vor einigen Jahren hatte ein MP in Stuttgart die Idee der EDF deren Anteil an EnBW abzukaufen. Großes Geschrei gab es damals. Heute gehört das Unternehmen zur Hälfte den Kommunen und zur Hälfte dem Land. Jetzt müsste man nur noch darauf achten keinen Unsinn zu machen wie hauptsächlich in Windkraftanlagen an der Nordsee zu investieren. RWE, früher im Besitz der Kommunen von NRW investiert dieses Jahr wohl das meiste Geld in Windkraftanlagen in den USA. Ich nehme an bei RWE arbeiten hauptsächlich Fachleute für kurzfristige Fördermittel. Wenn man in den USA einen anderen Präsidenten wählt, dürften die Jongleure wahrscheinlich Abschreibungen vornehmen.

F.Bothmann / 07.09.2023

Unser Vater hat in den 50iger Jahren bis in späten 80iger Jahren bei der STEAG gearbeitet und Kraftwerke mitgebaut. Er hat dort an der elektronischen Steuerung dieser riesigen Anlagen mitgewirkt und es wurde viel und günstig Strom produziert. Vier Kinder sind durch sein gutes Einkommen in gute Ausbildungen gelangt und gehören heute zum klassischen Mittelstand. Bei der nachfolgenden Generation sind nur noch ein Viertel in gute Ausbildung mit entsprechenden Verdienstmöglichkeiten gekommen. Als nächsten Schritt nach dem Verscherbeln der STEAG sehe ich nun die „Südafrikanisierung“ kommen mit zeitlichen Stromabschaltungen. Seit geraumer Zeit sage ich mir, wenn es soweit ist und wir es noch erleben, dann ist es Zeit dieses Land zu verlassen und keine Steuern mehr zu bezahlen weil so offensichtlich materielle und geistige Substanz zerstört wird.

Dr. Gerd Brosowski / 07.09.2023

Im Jahr 2018 wurde die letzte saarländische Kohlenzeche in Ensdorf, ein damals profitables Unternehmen, geschlossen, obwohl die wirtschaftlich förderbaren Kohlemengen noch für lange Zeit gereicht hätten. Grundlage war eine Richtlinie der EU. Inzwischen wurden einige der saarländischen Kohlekraftwerke wieder angefahren; die Kohle wird in der ganzen Welt zusammengekauft. Der Kohlepreis hat sich seit 2018 mehr als versechsfacht; man hat 2018 nicht nur eine Kohlegrube, sondern eine sprichwörtliche ‘Goldgrube’ dichtgemacht. Die bekannte deutsche Misere.

Thomin Weller / 07.09.2023

Sie können nicht mit anvertraugen Volksvermögen, Steuergelder umgehen. Rekommunalisierung ist das peinliche Wort und Deckmantel die CBL Verluste zu tarnen. Da alles dem Klimaterror unterstellt wird, wie wird der Kohleflözbrand in Indien Jharia der seit 100 Jahren ca. 41 Millionen Tonnen Kohle verbrannte, in der Klimaterrorbilanz Im-Export berechnet? Und das ist nicht der einzige Großbrand auf der Welt. Der SPD Beitrag zur Stabilisierung der mittelständischen Wirtschaft wird ausführlich in “Ans Anstageslicht”, Programm Next Media Accelerator NMA.VC Firma des SPD Nico Lumma, fetter Kumpel von 1Ximmel Andreas Dressel dargelegt. Die „Rote Filz“-Zeiten werden dank Corona Hilfen ausgebaut. Nix Mittelstandsförderung. Um die Vergabeverordnung zu umgehen, der Korruption förderlich, führen Politiker sogenannte Beschleunigungsgesetze ein. Operative Hektik ist die Folge geistige Windstille. P.S. Denke ich an Spanien, erinnere ich mich das ein spanisches Stahlwerk hektisch ca. 2005 verkauft werden musste! Damalige Spuren führten auch zu Scientology. Was sollte Jeanette Schweitzer noch machen, Bilanzen fälschen? Der Verkauf musste laut EU Kartellrecht rund um die Fusion VEBA-VIAG in Eon erfolgen. Apropos Kartellrecht… ach ich lasse es.

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