Chaim Noll / 30.05.2023 / 12:00 / Foto: Harald Bischoff / 52 / Seite ausdrucken

Fürsprecher für die Funktionärin

Nachdem beherzte jüdische Jugendliche Staatsministerin Claudia Roth auf einer Kulturveranstaltung in Frankfurt ausgepfiffen hatten, sahen sich kürzlich 50 jüdische Intellektuelle bemüßigt, einen Brief zur Verteidigung ihrer Gönnerin zu schreiben. Ein Vorgang von unjüdischer Unterwerfung, von schnöder Simplizität.

Als Staatsministerin für Kultur gebietet Claudia Roth über die Geldmittel, die der deutsche Staat in den Bereich Kunst, Kultur und Medien investiert. Sei es zur Unterhaltung oder Meinungsbildung der Deutschen, sei es zur Selbstdarstellung als Kulturnation gegenüber dem Ausland. Wer als Künstler oder Kultur-Manager in Deutschland Erfolg haben oder seine Projekte im Ausland gefördert haben will, muss sich mit Claudia gut stellen, sonst bekommt er nichts ab. So einfach ist das. Leider.

Damit ist auch gesichert, dass sich immer ein paar öffentliche Fürsprecher für die dubiose Grünen-Funktionärin finden, die den staatlichen Geldbeutel verwaltet. Solche, die ihr für frühere Zuwendungen zu Dank verpflichtet sind, ihr vielleicht die Existenz oder den Erfolg verdanken, oder solche, die sich auf diese Weise für kommende Fördermittel empfehlen wollen. Pecunia non olet. Die meisten Künstler arbeiten „freiberuflich“, viele sind von solchen Förderungen abhängig. Und es gibt in Deutschland nicht, wie anderswo, eine Fülle privater Sponsoren, die – unabhängig und unkontrolliert vom Staat – ihr Geld für Kunst, Unterhaltung oder Forschung spenden, sondern in erster Linie den Staat und seine Kultur-Staatsministerin. Es liegt nicht zuletzt am antiquierten deutschen Steuersystem, das Freiberufler benachteiligt, Sponsoren nicht ermutigt, lieber möglichst alles für die Staatskasse einzieht, wo dann oft inkompetente, durch Parteien-Kungelei ins Amt gespülte Beamte die Millionen verpulvern dürfen – ein System, das Existenzen wie Claudia Roth begünstigt. 

Das Leben im deutschen Kunst- und Kulturbetrieb kann hart und bitter sein. Viele Künstler, Schauspieler, Schriftsteller, Regisseure, Film-Produzenten, Verleger oder Event-Manager kämpfen um ihr Überleben. Ich habe selbst viele Jahre meines Lebens „freiberuflich“ gearbeitet und weiß, wovon ich spreche. Ich habe den Untergang von Verlagen und Zeitschriften miterlebt, denen – nicht selten aus politischen Gründen – die Geldmittel entzogen wurden. Ich weiß, wie wunderbar es ist, wenn einem in dieser Lage jemand hilft. Die Kunst besteht darin, genau hinzusehen, mit wem man sich einlässt. Es kann leicht die oder der Falsche sein. Doch im zentralistischen Kulturbetrieb Deutschlands bleibt einem keine große Wahl. Da heißt es, loyal zur jeweiligen Regierung sein, den vorlauten Mund halten und sich Hilfe vom Staat verdienen: durch Wohlverhalten.

Sie fallen den jungen Juden in den Rücken

Daher kann es nicht wirklich überraschen, wenn 50 jüdische Intellektuelle einen Brief zur Verteidigung ihrer Gönnerin Claudia Roth veröffentlicht haben. Er kam wie bestellt. Am 19. Mai haben beherzte jüdische Jugendliche die gewichtige Geldgeberin, Mullah-Freundin und aktive Israel-Gegnerin auf einer Kulturveranstaltung in Frankfurt ausgepfiffen. Das war mutig und ein Zeichen der Hoffnung. Für geistige Unabhängigkeit und rebellische Regungen. Der Impetus Israels war „Rebellion“, schrieb der Marxist Ernst Bloch in seinem berühmten Buch „Das Prinzip Hoffnung“, der Aufstand richtete sich gegen die Unterdrückung im ägyptischen Staat. Der Brief der 50 Begünstigten dagegen ist feige und deprimierend. 50 in Deutschland lebende Juden, von den Staatsmedien „Prominente“ oder „Promis“ genannt, fallen den jungen Juden in den Rücken, um weiter gut angeschrieben zu sein – ein Vorgang von unjüdischer Unterwerfung, von schnöder Simplizität.

Die jungen deutschen Juden können hier lernen, wie man sich anbiedert und lieb Kind macht, wie man es zu etwas bringt im Staat der Staatsministerin Claudia Roth. Ein Blick auf die Liste der Unterzeichner genügt, um das traurige Gesetz solcher „offenen Briefe“ zu verstehen. Meron Mendel beispielsweise wäre ohne diese Frau ein Nichts. Keine der Einrichtungen, deren Direktor, Professor, Vorsitzender etc. er sich nennen darf, könnte ohne staatliche Zuwendungen einen Tag existieren. Igor Levit hat kürzlich, im Alter von nur 34 Jahren, das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen, solche Ehren verpflichten natürlich. Hochschullehrer wie Susan Neiman oder Moshe Zimmermann wissen besser als jeder andere, wie sehr ihre steilen „wissenschaftlichen“ Thesen – nicht selten mit anti-israelischem Einschlag – staatsministerlichen Wohlwollens bedürfen. Grünen-Politiker Jerzy Montag oder Claudias Amtsvorgänger Michael Naumann können nicht wirklich überraschen. Daniel Cohn-Bendit – geschenkt. Und der Spiegel kann stolz vermelden: „Jüdische Promis nehmen Claudia Roth in Schutz“.  

In diesen Tagen um Shavuot, das jüdische Fest der Offenbarung des Gesetzes in der Wüste, stelle ich mich nochmals nachdrücklich hinter die jungen jüdischen Rebellen von Frankfurt. Der Exodus aus Ägypten, schrieb Bloch, war „ein Akt der Befreiung“. Ihr habt euch eurer Vorväter würdig erwiesen. Spukhafte Figuren wollen euch darin beirren. Al titnu laseh lishagea etchem, würde man hebräisch sagen, zu deutsch etwa: „Lasst euch davon nicht meschugge machen.“

Chaim Noll wurde 1954 unter dem Namen Hans Noll in Ostberlin geboren. Seit 1995 lebt er in Israel, in der Wüste Negev. Chaim Noll unterrichtet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit an der Universität Be’er Sheva und reist regelmäßig zu Lesungen und Vorträgen nach Deutschland. In der Achgut-Edition ist von ihm erschienen "Der Rufer aus der Wüste – Wie 16 Merkel-Jahre Deutschland ramponiert haben. Eine Ansage aus dem Exil in Israel“.

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holger milde / 30.05.2023

Es ist nicht nur der Gestank von Latrine und Pestilenz, die an diesem ReGIERungs & Handgeld hängen, sehr geehrter Herr Noll, daran klebt iwSdW. auch das Blut von Israelis, egal ob jung ob alt, jüdische, muslimische, christliche und/oder atheistische, die dem Terror, der auch von unserer BuntreGIEReung, und damit von der GRÜNEN Claudia Roth mitfinanzierten “palästinenschen” Mördertruppe & Komplizen ausgesetzt sind. Zuletzt waren es nmK. 340 mio €uronen von Kanzler CumEx Scholz an “Palästinenserpräsident” auf Lebenszeit(!) Abbas übergeben, nach dessem Vorwurf Israel habe >50(!) Holocausts an den “Palästinensern”  begangen. P.S. Hier im besten Deutschland das es jemals gab, scheint sich auch ein ganz besonderer heißer Sommer zusammen zu brauen, schaunmermal?

Günter Wagner / 30.05.2023

Es ist schon Jahre hat, da bin ich unverhofft zu einem großartigen Wochenende gekommen. Die Stadt, in der ich damals tätig war, hat ihre ehemaligen jüdischen Mitbürger, soweit sie noch am Leben waren eingeladen und ich durfte eine bejahrte Dame an diesem Wochenende betreuen und begleiten, die im hohen Alter diese Reise auf sich genommen hatte. Sie hatte Unvorstellbares zu berichten und sie war von eine großmütterlichen Güte und Großherzigkeit, die atemberaubend war. Selten in meinem Leben habe ich auf so wohltuende Art und Weise eine Weitung meines Bewusstseins erlebt. Ich bin dankbar für diese Tage! Umso schäbiger empfinde ich das, was in unserem Land in zunehmendem Maße an Antisemitismus zu Gange ist und entsetzt bin ich über den anmaßenden Weg, den links-grün und woke gepolte Vertreter des Polit- und Kulturbetriebs an den Tag legen. Kassel, und die Beschäftigung dieser “Künstler”  als Dozenten, die Unfreiheit, die Neuhinzugekommene und deren Glorifizierung für Mitbürger jüdischen Glaubens bedeuten und die Umetikettierung des palästinensischen Ungeistes zu höchstem Gutmenschentum lässt einen erschaudern. Lieber Chain Noll, Sie sind mit jedem ihrer Sätze ein mediales Bollwerk gegen diese beiden Linien, dem Neo-Antisemitismus und dem importierten Merkel’scher Willkommenskultur, gepaart mit dem sich Darüberfreuen der Göhring-Es und der schleiertragenden Roths. Ich danke Ihnen aufrichtig dafür!

Ilona Grimm / 30.05.2023

Haben wechselnd große Teile des jüdischen Volkes sich in seiner mehrtausendjährigen Geschichte nicht immer wieder genau bei den falschen Leuten (und Göttern!) angebiedert? So unjüdisch scheint mir solche Schleimerei keineswegs zu sein. Zum Trost: Schleimerei (als „Opportunismus“ beschönigt; mit „Arschkriecherei“ - engl. “brownnosing”  - zutreffender bezeichnet) ist ein global verbreitetes Übel. Im Falle der deutschen „Kulturstaatsministerin“ mit dem vielen antijüdischen und antizionistischen Dreck am Stecken ist es allerdings besonders übel. Und diejenigen, die die talentlosen Schmarotzer füttern, dürfen sich nicht einmal beklagen, weil sie sonst den Staat „delegitimieren“.

Sabine Heinrich / 30.05.2023

Pfui Teufel! Widerlich! Am meisten erschüttert hat mich, dass der von mir bislang so geschätzte Daniel Barenboim zu den Unterzeichnern gehört. Levit? Geschenkt! - Wie müssen sich nur die jungen Juden jetzt fühlen, denen ihre eigenen Glaubensleute in den Rücken gefallen sind? Verachtung ist wohl das Mindeste…Meine Verachtung gegenüber solchen Schleimspurrutschern, die nur nach unserem Geld gieren, ist jedenfalls grenzenlos! Schade, dass es diese charakterlosen Gestalten jedweden Geschlechts weder interessiert, noch trifft. - Sehr geschätzter Herr Noll, nun sind Sie gefordert! Unterstützen Sie die jungen Leute, schreiben Sie einen entsprechenden Brief und versuchen Sie, dafür viele, viele Unterzeichner zu finden! Das muss doch machbar sein! - Und von Achgut wünsche ich mir die Veröffentlichung der vollständigen Unterzeichnerliste.

Katharina Fuchs / 30.05.2023

Bücklinge und Speichellecker, Mitläufer, die ihr Fähnchen immer schön in den Wind hängen und stets im Auge haben, wer derzeit am längeren Hebel sitzt, die immer wissen, auf welcher Seite das Brot gebuttert ist und wo es etwas zu holen gibt - die existieren überall und in jedem Volk. Die Juden sind davon auch nicht ausgenommen. Wie sagte Brecht so schön? “Erst kommt das Fressen, dann die Moral.”

Burkhard Mundt / 30.05.2023

“Jude, sitz!”. Und 50 setzten sich. Wuff.

Thomas Holzer, Österreich / 30.05.2023

Und ich wollte schon von den bekannten “üblichen Verdächtigen” schreiben. Na, wenigstens scheint einem Großteil der jüdischen Jugend noch - oder wieder- der Widerstandsgeist innezuwohnen, welcher der deutschen (und natürlich auch österreichischen) Jugend definitiv nahezu vollkommen abhanden gekommen ist.

Moritz Cremer / 30.05.2023

50 “prominente” Antisemiten?!?...

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