Gastautor / 12.04.2023 / 12:00 / Foto: Pixabay / 94 / Seite ausdrucken

Fachkräfte: Goodbye Deutschland

Von Matthias Weik.

Der Personalmangel in Deutschland wird immer problematischer. Es fehlt an hochqualifizierten Fachkräften, die für Wertschöpfung und Wohlstand sorgen. Doch sie kommen nicht nach Deutschland, sie verlassen das Land.

Der Personalmangel in Deutschland verschärft sich kontinuierlich. Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen hat Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer geht davon aus, dass in Deutschland rund zwei Millionen Arbeitsplätze vakant bleiben, und das bei über 2,6 Millionen Arbeitslosen. Bereits 2022 fehlten in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – kurz: MINT – mehr als 340.000 Arbeitskräfte. Dem Branchenverband Bitkom zufolge fehlt für die Digitalisierung der Wirtschaft immer mehr Personal.

Branchenübergreifend fehlen IT-Fachkräfte. Anfang 2022 berichtete Bitkom von 96.000 offenen Stellen in diesem Bereich. Ende 2022 waren es Statista zufolge bereits 137.000 IT-Fachkräfte. Die Boston Consulting Group erwartet unter Bezugnahme auf den Future of Jobs-Report, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 rund 1,1 Millionen Fachkräfte in Informatik und Mathematik fehlen werden. Ohne Fachkräfte gibt es keine Energiewende und obendrein droht ein massiver Wirtschaftseinbruch, ein Verlust an Wertschöpfung und Wohlstand.

Deutschland benötigt dringend Fachkräfte, doch um eben diese ist ein globaler Wettbewerb entbrannt. Verlassen global gefragte hochqualifizierte Expertinnen und Experten ihre Familie, ihren Freundes- und Kulturkreis und ihre Heimat, dann machen sie dies vorwiegend, um Geld zu verdienen und ihren Familien ein bestmögliches Umfeld zu ermöglichen.

Ein Land, dessen Sprache sie zumeist nicht sprechen und in dem ein leistungträgerfeindliches und international nicht wettbewerbsfähiges Steuersystem herrscht. Hohe Arbeitskosten machen den Wirtschaftsstandort Deutschland für Arbeitgeber unattraktiv – und niedrige Nettoeinkommen der Arbeitnehmer für dringend benötigte Fachkräfte aus dem Ausland ebenso. Deutschland hat heute bereits mit die höchste Steuer- und Abgabenlast weltweit. Während in Deutschland der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent liegt und bereits für Einkommen über 55.961 Euro pro Jahr anfällt und Einkommen ab 274.613 Euro pro Jahr mit 45 Prozent besteuert werden, sieht der Sachverhalt beispielsweise in den USA grundlegend anders aus.

In den USA nur halb so viel Steuern

In den USA werden zum Beispiel die Einkommen von Singles von über 89.075 bis 170.000 US-Dollar mit 24 Prozent, Einkommen über 170.050 bis 215.949 US-Dollar mit 32 Prozent und über 539.899 USD mit 35 Prozent besteuert. Der Spitzensteuersatz von 37 Prozent greift erst ab 539.900 USD. Gegenwärtig verdienen Informatiker in der Schweiz und den USA doppelt so viel oder auch oftmals noch wesentlich mehr als in Deutschland bei wesentlich geringerer Steuerlast.

Ein Land mit einem schlechteren Forschungsumfeld als beispielsweise in den USA, der Schweiz oder Australien? In ein Land, welches sich nicht durch Unternehmer- und Gründerfreundlichkeit auszeichnet. Ein Land mit einer zermürbenden und ungenügend digitalisierten Bürokratie (bei der Digitalisierung des öffentlichen Dienstes schneidet Deutschland schlechter als Griechenland ab), die Jobs vernichtet und neue Technologien und Innovationen verhindert. Kurzum, die den Standort Deutschland unattraktiv macht. Warum sollten sie in ein Land einwandern, das auf dem globalen Kriminalitätsindex nur den 43. Platz belegt, in dem Polizei und Rettungskräfte angegriffen werden, in dem sich noch ein Drittel der Frauen und 60 Prozent der Männer nachts ohne Begleitung im öffentlichen Personennahverkehr „sehr sicher„ oder „eher sicher“ fühlen, in dem Freibäder von Securities bewacht und die Eingänge von Weihnachtsmärkten von Pollern geschützt werden müssen.

Warum sollten sie ihr Land verlassen und in ein Land einwandern, das bildungstechnisch den Anschluss verpasst hat, in dem der Anteil Jugendlicher ohne grundlegende schulische Fähigkeiten dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung zufolge bei 23,8 Prozent liegt, in dem weniger als 44 Prozent der Schulleiter ihre Lehrkräfte für technisch und pädagogisch kompetent halten, um neue Technologien sinnvoll in das Unterrichtsgeschehen zu integrieren und in dem sich keine einzige Universität unter den 49 besten Universitäten der Welt befindet?

Welche global gefragte Expertin und Experte beabsichtigt, in ein Land einzuwandern, in dem das Gesundheits- und Altenpflegesystem auf Kante genäht ist und in Zukunft der Pflegekollaps in Krankenhäusern und Altenheimen droht. Ein Land, in dem in den letzten Jahrzehnten Millionen un- und geringqualifizierte Menschen einwanderten, während hunderttausende Hochqualifizierte auswanderten – drei Viertel der Auswanderer aus Deutschland haben eine Hochschulausbildung.

Deindustrialisierung von nie da gewesenem Ausmaß

In einem Land, dessen „Energiewende“ seinen Bürgern und der Wirtschaft jahrelang mit die höchsten Strompreise weltweit beschert und dem Wirtschaftsstandort Deutschland geschadet hat – mit dem Resultat, dass im November und Dezember 2022 der meiste Strom durch die als „CO2-Dreckschleudern“ bekannten Kohlekraftwerke erzeugt wurde.

Ein Land, das im Vergleich mit seinen großen Wirtschaftskonkurrenten USA und China immer teurer wird und kontinuierlich an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit verliert und dem eine Deindustrialisierung von nie da gewesenem Ausmaß droht. Ein Land mit maroden Straßen, Brücken, Schienennetzen, Weichen, Wasserwegen, Schleusen, schlechten Internetanbindungen, unpünktlichen Zügen, und aus dem Ende 2022 kein einziges der wertvollsten 100 Börsenunternehmen mehr stammte. 62 stammen aus den USA mit acht Unternehmen unter den Top 10. 15 stammten aus China. Alle Länder Europas kommen zusammen ebenfalls auf 15 Unternehmen. Fünf davon kommen aus Frankreich, vier aus Großbritannien, drei aus der Schweiz und je eines aus Dänemark, Irland und den Niederlanden. Warum sollen sie nach Europa kommen, einen Kontinent, der 2007 noch die dominierende Weltregion an den Börsen war und der seinen Zenit längst überschritten hat.

2007 kamen 46 der 100 größten Unternehmen der Welt aus Europa, aus den USA waren es lediglich 32 und aus Asien nur 17. Weshalb sollen sie in ein Land immigrieren, dessen Kaufkraft seiner Währung sukzessive schwindet und die Sparguthaben und Altersvorsorge seiner Bürger tagtäglich pulverisiert. Deren Notenbank ihren Kernauftrag der Geldwertstabilität nicht einmal ansatzweise erfüllt. Allein in den letzten fünf Jahren hat der Euro gegenüber dem US-Dollar und Schweizer Franken 14 Prozent verloren. Dessen Währung zusehends zu einer Weichwährung verkommt, während der US-Dollar nach wie vor unumstritten die dominierende Währung auf dem Weltmarkt für Gas, Öl und zahlreiche weitere Waren ist. Für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland bedeutet ein schwacher Euro dementsprechend importierte Inflation.

Ein Land, in dem ideologische Denkweisen in der Politik oftmals rationales Denken und Realitätssinn verdrängt haben und in dem zahlreiche Politiker von der Vision beseelt sind, die Welt zu retten und mit moralisch erhobenem Zeigefinger versuchen, ebendiese zu bekehren, ohne zu erkennen, dass die deutsche Energie-, Steuer-, Digitalisierungs- und Migrationspolitik im internationalen Kontext längst nicht mehr als richtungsweisend wahrgenommen wird.

Somit ist es nicht verwunderlich, dass Deutschland unter ausländischen Fachkräften als nicht attraktiv gilt. Ferner fühlen Fachkräfte sich in Deutschland nicht sonderlich wohl. Laut einer Umfrage des größten globalen Expat-Netzwerks InterNations von Ende 2022 zufolge belegt Deutschland weit abgeschlagen den 42. von 52 ausgewiesenen Rängen.

Die dringend benötigten hoch- und höchstqualifizierten Fachkräfte werden mit Sicherheit nicht in hoher Anzahl nach Deutschland kommen. Obendrein werden auch zukünftig bestens ausgebildete junge Menschen Deutschland den Rücken kehren. Deutschland ist einerseits attraktiv für un- und niedrigqualifizierte Menschen, und andererseits unattraktiv für hoch und höchstqualifizierten Fachkräfte. Sollte die Politik in puncto Migrations-, Energie-, Digitalisierungs- und Bildungspolitik weiter wie bisher agieren und sollte Deutschland ein Hochsteuerland bleiben, so wird sich das Problem des Fachkräftemangels – übrigens nicht nur im besonders zukunftsträchtigen IT-Bereich – mit Gewissheit nicht lösen lassen.

Den ersten Teil dieses Beitrages finden Sie hier.

Dies ist ein Auszug aus „Die Abrechnung – Das einzige Buch, das Ihr Erspartes vor Umverteilung und Krisen rettet" von Matthias Weik (www.matthias-weik.com) Matthias Weik befasst sich seit über zwei Jahrzehnten mit dem Thema Finanzen. Er zählt seit Jahren, mit fünf Bestsellern in Folge zu den verlässlichsten Bestseller-Autoren im Bereich Wirtschaft und Finanzen. 

Foto: Pixabay

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Wolfgang Kolb / 13.04.2023

Dem kann ich nur zustimmen! Ich habe 2012 Deutschland in Richtung Australien verlassen und muss sagen, ich bereue es nicht! Lohn ist in der IT sehr gut, Stellen gibt es viele, Wohnen ist (nicht viel) teurer als in Deutschland. Ein Drei-Schlafzimmer, drei Baeder-Haus in der Grossstadt mit ca. 160qm Wohnflaeche kostet kalt ca. 450 Euro pro Woche - das mag sich viel anhoeren, aber die Steuern sind niedrig, Lebenshaltungskosten auch, die Rente zahlt komplett der Arbeitgeber, ebenso die zusaetzliche private Krankenversicherung. Oeffentlicher Nahverkehr ist puenktlich und guenstig. Heizen im Winter oft nicht notwendig, da immer warm. Benzin ca. 1.6 Euro pro Liter. So bleibt am Monatsende entsprechend viel uebrig. Man wird hier aufs herzlichste willkommen geheissen und als Fachkraft auch entsprechend behandelt. Ich kann nur jedem empfehlen, die Moeglichkeit ins Auge zu fassen!

Werner Pfetzing / 13.04.2023

Schon Frau Baerbock hat -bevor die Ampel an den Regierungsdrücker kam - sich dafür eingesetzt, dass unqualifierte (!) Migranten nach Deutschland kommen sollen. Es läuft alles nach Plan !

Jeab.Vernier / 12.04.2023

@ Andreas Giovanni Brunner;  merke:  nicht der Wähler/der Wahlzettel ist entscheidend für das Wahlergebnis, sondern der/die Zähler !

Wolfgang Richter / 12.04.2023

Immerhin bekommen wir doch gerade derzeit wieder reichlich Fachkräfte geschenkt, auf die sich KGE und andere diebisch freuen, Fachkräfte für monetäres, wie Sozialgelder abgreifen, dies auf den verschiedenen Ebenen, mal in Amtsstuben, mal in Fußgängerzonen oder auch mittels Wohnungsbegehung ohne Einladung. Paßt doch.

Michael Hinz / 12.04.2023

Peter Bernhardt - Was, lieber Herr Bernhardt, haben Theodor W. Adorno, Walter Benjamin, Erich Fromm, Siegfried Kracauer, Leo Löwenthal, Herbert Marcuse mit der illegalen Massenmigration heute zu tun? Antwort: Rein gar nichts. Deshalb für Sie zum Nachdenken: # Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen.# (Th. W. Adorno) -  Wünsche Ihnen Glück bei der Lösung dieser Aufgabe.

Hans-Peter Dollhopf / 12.04.2023

Ein Staatsapparat, der echte Fachkräfte wie Ballweg nach einem halben Jahr zusätzlich noch einmal für viele weitere Monate in Untersuchungshaft wegsperrt und zeitgleich “westasiatische” Vergewaltiger minderjähriger Töchter Einheimischer auf gutem Wege sieht, der ist am Ende. Der Letzte macht das Licht aus.

Ottmar Zittlau / 12.04.2023

Biologische Bezeichnung des Menschen “Homo sapiens sapiens”, was haben die grünen Ideologen daran nicht verstanden?

Chr. Kühn / 12.04.2023

Ich bin ein Naturwissenschaftler aus dem Allgäu, noch mit dem guten teutschen Tiplom, und in Kanada gerade noch zum Ende der vor-woken Zeiten promoviert worden. Anfang 2015 wieder in die Heimat zurückgekehrt. Das Timing hätte nicht “badder” sein können…die spätere Suche nach “Ausfahrten” blieb bis jetzt erfolglos, wobei ich sagen muß, daß ich seit 2021/22 doch recht froh bin, nicht mehr in Trudeaus Kanada zu sein. Mithin…Regen, Traufe, in beidem ich ersaufe. Und wenn ich als mittelalter teutscher Mann schon zu nichts mehr kommen werde in diesem Land und Leben, will ich wenigstens auch nichts mehr dafür tun müssen. Man mag das fatalistisch und/oder duckmäuserisch nennen, dem werde ich nicht widersprechen. Habe ich wenigstens endlich die Gelegenheit, die Zahl der nicht gelesenen Bücher zu verringern und mir weiter unnützes Wissen anzueignen, was mir aber viel Spaß macht…

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