Stefan Homburg, Gastautor / 07.12.2023 / 14:00 / Foto: S.Homburg / 39 / Seite ausdrucken

Die Regentin

Alle Personen dieses Berichts sind frei erfunden, doch hat er leider einen wahren Kern. Um zu verstehen, was geschah, braucht es keine Verschwörung.

Regentin beim Frühstück: Meine Güte, wie schrecklich war es doch vor der Pandemie.

Ehemann: Was meinst Du?

Regentin: Erinnerst Du Dich, wie ich manchmal gute Ansätze hatte, Deutschland voranzubringen? Die Sorge vor Einwänden der „Parteifreunde“ hielt mich ab, sie zu lancieren. Die Opposition hätte meine Ideen ohnehin zerrissen. Und dann erst die Leitartikler mit ihren schmierigen Kommentaren – das Echo in der Öffentlichkeit wäre verheerend gewesen!  Also habe ich meist geschwiegen. Die Kritik an Banken- und Eurorettung, Kraftwerksschließungen und Grenzöffnung hat mir gereicht.

Ehemann: Und jetzt ist es besser?

Regentin: Aber hallo! Sämtliche Fraktionstreffen, Parlamentssitzungen und Pressekonferenzen sind abgesagt – aus Infektionsschutzgründen (kichert). Der Finanzminister hat mit seiner genialen „Bazooka“ Milliarden beschafft, die wir jetzt verteilen. Will gleich mal in mein Notizbuch schauen, wer sich in der Vergangenheit nett verhalten hat – ach, schon das erste Telefonat.

Intensivmediziner: Sie wollten mich dringend sprechen.

Regentin: Stimmt, es geht um die überfüllten Kliniken.

Intensivmediziner: Wir sind aber stark unterbelegt, rund 30 Prozent.

Regentin: Hören Sie mal gut zu: Sie erhalten so viel Geld für Ihre Stationen, wie Sie brauchen, aber dafür werden Sie den Fernsehsendern bestätigen, dass Sie an der Grenze angelangt sind, einverstanden?

Intensivmediziner: Deal! Ich fürchte nur, dass jeder die Lüge im DIVI-Intensivregister erkennen kann.

Regentin: Papperlapapp! Wer schaut denn ins DIVI-Intensivregister? Ein paar Twitternerds vielleicht, dieser @FrankfurtZack und ähnliche Typen. Verglichen mit meinen Sendern ist deren politische Relevanz gleich Null. Ich will dafür sorgen, dass Millionen vor der Kiste erschaudern. Der ÖRR hat alte Archivbilder von Intensivstationen besorgt, auf denen man ohnehin nicht erkennt, worum es geht. Wir werden jeden Abend Brennpunkte senden, bis auch der letzte Widerstand einknickt! Schönen Tag noch, es kommt gerade ein anderes Gespräch.

Fernsehdirektor: Guten Tag, das mit den Archivbildern haben wir arrangiert, wollen aber möglichst objektiv berichten, wenn es geht.

Regentin: Moment mal, von wem erhalten Sie Ihre Gebühren – zahlen die Zuschauer etwa freiwillig? Gefragt sind jetzt sind Solidarität und Engagement! Ich habe zwei Bitten an Sie. Erstens regelmäßige Interviews mit den Intensivmedizinern, damit die erzählen, wie krass die Kliniklage ist. Möglichst in Arztkitteln, das wirkt authentisch.

Fernsehdirektor: Ok, und zweitens?

Regentin: Holen Sie Virologen in die Studios.

Fernsehdirektor: Unsere Fachredakteure meinten, Experten wie Epidemiologen und Ärzte für Öffentliche Gesundheit wären besser geeignet.

Regentin: Nein, die habe ich schon abtelefoniert, die sind unkooperativ, halten die Maßnahmen für überzogen und faseln von Schweden. Die Zuschauer wissen doch nicht, dass Virologen keine Patienten haben, sondern im Labor stehen oder Biowaffen am PC kreieren. Also, bitteschön, viele Brennpunkte mit Virologen und Emotionen. Sie schaffen das.

Fernsehdirektor: Aber selbstverständlich!

Regentin beim Abendbrot: Insgesamt ein schöner Tag. Nur unwesentlich getrübt durch zwei Kabinettsmitglieder.

Ehemann: Wer schießt denn quer?

Regentin: Der Finanzminister sagt leider, wenn er die Bundestagswahl gewinnt, will er die Pandemie beenden.

Ehemann: Aber warum denn das – er profitiert doch auch vom Notstand?

Regentin: Er meint, wenn er keine Lockdowns mehr verhängt, behält er viel Geld im Topf, das er unter Umgehung der Schuldenbremse für Klimakram und ähnliches zweckentfremden kann.

Ehemann: Und der andere?

Regentin: Den Innenminister konnte ich nicht erreichen, er spielt wohl den ganzen Tag mit seiner Eisenbahn. Ich wollte ihn fragen, ob er für die Demos Hilfe von der Bundeswehr braucht. Schicke ihm morgen ein Fax. Technisch sind wir ja auf dem neuesten Stand.

 

Stefan Homburg ist Professor für Öffentliche Finanzen der Leibniz Universität Hannover im Ruhestand. Auf Twitter bzw. X folgen ihm unter @SHomburg über 120.000 Menschen.

Foto: S.Homburg

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Rainer Pflanz / 07.12.2023

Die Banalität des Bösen lauert überall in unterschiedlichen Dimensionen, so könnte es gewesen sein. Die Regentin zeigte hinter ihrer eitlen uneitlen Fassade eine beträchtliches Maß an Destruktivität. . Der grüne Anstrich, den sie sich verpasste gab ihr mediale Immunität.

Wilfried Cremer / 07.12.2023

Die Idee, ein Theaterstück zu machen, ist schon mal gut.

R. Matzen / 07.12.2023

#Steffen Huebner: Sie war im September 2019 in Wuhan. Sogar in diesem Labor. Da wird sie es schon gewußt haben was kommt.

Boris Kotchoubey / 07.12.2023

Ach, wenn es nur die Regentin wäre… In Russland ist es doch vorstellbar, dass sich die Politik ändert, wenn ein anderer Präsident an die Macht kommt. Aber in Deutschland ist der Name der konkreten Figur auf dem politischen Schachbrett völlig unbedeutend. Sie sind alle austauschbar. Mich persönlich würde daher viel mehr interessieren, nicht wem die Regentin welche Befehle gibt, sondern von wem sie welche Befehle bekommt.

Steffen Huebner / 07.12.2023

Nun, die “Sache” war weltweit konzertiert und sicherlich nicht allein Merkels Idee. Von jemanden muss das Merkel einige Zeit VORHER eine Order (aus der Hölle?!) per Telefon erhalten haben.

Uta Buhr / 07.12.2023

Gut getroffen. Im Geiste sah ich gnadenlos abgebissene Fingernägel mit blutigen Rändern vor mir, im Hintergrund eine hässliche bobonfarbene Mao-Klamotte. Unerträglich.

Rainer Niersberger / 07.12.2023

Abgesehen von dem leicht euphemistischere Begriff “Regentin’ koennte es in etwa so oder so aehnlich laufen. Nun gibt es ja ( vermeintlich) kritische Zeitgenossen, die mit der Vorstellung einer Verabredung oder auch von Anweisungen oder der ausdrücklichen Einforderung von Dankbarkeit oder auch der Korruption ein Problem haben. Der Vorteil an bestimmten Systemen, insbesondere bei langer Bewährung wie dem in Sch’land, wobei auch 16 Jahre lang genug sind, ist, dass es tatsaechlich keiner, im Zweifel sogar nachweisbaren oder vorhaltbaren Aussagen oder gar spaeter zu loeschenden Mails bedarf, weil jeder weiss, was er zu tun hat. Das hilft den Machthabern ungemein. Auch in grossen Unternehmen geht es nicht wesentlich anders zu, denn gerade der Maechtige muss seine weisse Weste behalten und geschützt werden. Gut moeglich, dass Merkel nicht mehr allzuviel sagen musste, im Zweifel haetten es ohnehin und nicht zufaellig Herr Braun oder Herr Altmeier “übernommen” , weil jeder der Dankbaren wusste, was zu tun ist.  Funktioniert ein System und ist es mit den passenden Figuren besetzt, was Merkel wie ihre Nachfolger natuerlich wusste und einrichtete, laeuft es ohne Spuren zu erzeugen. Erst recht natuerlich, der Idealfall, wenn man sich im System trotz unterschiedlicher Positionen einig ist.  Und wenn das auf ueber 80 % des Personals zutrifft, man sich darauf verlassen kann, dass auch “kritische” Geister das Kartell nicht verlassen, wegen “rechts”, steht einer ehrenwerten Gesellschaft nichts mehr im Wege. “Verrat” muss entsprechend streng geahndet werden, sollte aber qua Auswahl erst gar nicht vorkommen. In der Regel uebernehmen williger Helfer fuer die Machthaberin gerne das schmutzige Geschaeft. Pofalla, einer von vielen Prototypen dieses Systems, z. B bei Bosbach, andere bei Kemmerich usw.. Leider, aber verständlicherweise, ist ausserhalb der AfD niemand an der notwendigen Zerschlagung dieses Systems und des personellen Grossreinemachens interessiert.  Das ist verlässlich.

Silas Loy / 07.12.2023

So ähnlich wird’s wohl gewesen sein, die Parlamentarier*innen und Richter:innen, die Verbandspräsident:innen und Bischöf*innen informierten sich dann bei den Medienschaffenden quasi aus fast Erster Hand und die Institutsleitenden übten natürlich Solidarität mit der so geschaffenen Realitätssimulation. Regieren kann so einfach sein!

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