Thilo Schneider / 07.07.2019 / 06:25 / Foto: Timo Raab / 135 / Seite ausdrucken

Die Pflicht, sich verachten zu lassen

„Tower up, it’s those little things, make life interesting…“ – ABC, Tower of London 1985

„Man muss den Unmut besser verstehen“, sagt der Soziologe Lengfeld im Focus auf die Frage nach dem Grund für die Erfolge der AfD, „im Gespräch bleiben, aufklären, bilden – das ist jetzt wichtig.“ Denn der „typische AfD-Wähler“ ist das Thema, dass „alle Menschen gleich sind, dass es keine Rolle spielt, wo jemand geboren ist, welche sexuelle Orientierung er hat und dass unterschiedliche Lebensweisen anerkennungswürdig sind“, nie mitgegangen. Vielmehr wünscht sich der ach so gemeine AfD-Wähler „einen starken Staat, der souverän alle wichtigen Entscheidungen trifft, eine kulturell homogene Bevölkerung und eine Lebensweise, die der Standard ist und daher staatlich gefördert wird“.

Woher er das weiß? Na, der Mann ist schließlich Soziologe, die wissen so etwas. Natürlich könnte es auch einen ganz anderen Grund geben, warum so viele Menschen – übrigens auch Nicht-AfD-Wähler – von dem ganzen Multikultiklimbim die Nase voll haben. Da ich aber kein Soziologe bin, muss ich da raten und spekulieren und kann das eigentlich nur an meinen eigenen Erfahrungen und Gesprächen fest machen. 

Ich schätze, es ist nicht der fette Terroranschlag, der die Bürger AfD wählen lässt. Terror gab es früher schon, von Links, von Rechts und von total Verstrahlten, die irgendwelche Stimmen im Kopf hatten. Ich glaube eher, es hat mit der mangelnden Bereitschaft der „schon immer hier Seienden“ zu tun, pflichtschuldig jeden Tag „ihr Zusammenleben neu aushandeln zu müssen“, was ja, für mittlerweile Tausende im wahrsten Sinne des Wortes, „mitunter auch schmerzhaft“ ist, weil sich „nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, integrieren müssen“. Das Problem dabei ist, dass die „hier schon länger Zahlenden“ gar nicht zurückintegrieren dürfen, weil das wenigstens moralisch verwerflich, wahrscheinlich aber sogar strafbar wäre und zum Einhelikoptern des Bundesstaatsanwalts führen dürfte.

Immer wütender und frustrierter

Ansonsten dürften sich auch die „schon immer hier Grün-Wählenden“ nämlich auch zu 21 Hochzeitskorsos in einer Woche versammeln und/oder dabei fröhlich Schusswaffen gebrauchen. Die Presse bezeichnet derart überschwängliche Feiern gerne mit dem Adjektiv „ausufernd“. Garantiert nicht als „ausufernd“ würde dann auch der „Kampf auf dem grünen Rasen“ bezeichnet werden, wenn „schon länger hier Kickende“ sich die gleichen Angewohnheiten wie die „noch nicht so lange hier Zusammentretenden“ aneignen würden und selbst Kinderfußballspiele sicherheitshalber mit einem einsatzfähigen Messer besuchen. Gleichzeitig würde die Mit-Integration der „schon länger hier Nichtschwimmenden“ endlich den Einsatz von Security-Mitarbeitern in Schwimmbädern voll und ganz rechtfertigen. 

Es sind die kleinen Dinge, die einen Großteil der Bevölkerung immer wütender und frustrierter machen. Ob es das Angespuckt- oder Bepöbeltwerden ist, das Verdreschen des eigenen Nachwuchses in der Schule von Gruppen „nicht so gut Deutsch-Sprechender“ oder schlicht und ergreifend das ganze rücksichtslose und verächtliche Verhalten, weniger von Flüchtlingen, als vielmehr derjenigen, deren Großeltern „Deutschland wieder aufgebaut“ haben, weil die Deutschen doch bis zum Eintreffen des ersten Gastarbeiters in Höhlen hausten. Vielleicht, nur vielleicht, haben die finsteren AfD-Wähler diese ganze dämliche „Aushandelei“, die nichts anderes als die Pflicht, sich verachten zu lassen, meint, schlicht und einfach satt. Vielleicht empfinden es die offiziellen Falschwähler schlicht demütigend, wenn sie sich, so sie Fehlverhalten reklamieren, als Dank auch noch als „Nazis“ und „Rassisten“ von den Ewig-Morgigen beschimpfen lassen dürfen. Also, könnte ich mir jetzt so vorstellen. Könnte ja sein. Aber ich bin kein Soziologe. Ich rate da nur. 

Hinzu könnten dann auch für, freundlich gesagt, „Fehlverhalten“ läppische Strafen kommen, wenn der arbeitslose Erwin, dem das Sozialamt eben die 20 Euro gestrichen hat, weil er sich dummerweise beim Heckeschneiden des Nachbarn hat erwischen lassen, mitbekommt, wie „neu hinzugekommene Heckenschneider“ sich fröhlich grinsend 12 Identitäten zulegen und mit ein paar 10.000 Euro durch die Gegend ziehen, ohne dass dies irgendwelche Konsequenzen hätte. Oder sein Duisburger Nachbar sich fröhlich mit dem neuen SLK seinen Scheck bei der ARGE abholt. 

In der physisch und moralisch schlechteren Verhandlungsposition

Es sind die gleichen Dinge, die der furchtbare AfD-Wähler jeden Tag erlebt und sieht. Und er wählt AfD nicht wegen japanischen Studenten, chinesischen Investoren, indischen IT-Spezialisten oder griechischen Restaurantbesitzern. Er wählt AfD nicht, weil er nicht Pizzerien leiden könnte oder eine tiefsitzende Abneigung gegen Engländer, Amerikaner oder Franzosen, Schweden, Letten oder Finnen hätte. Er hat auch mit den Vorgenannten nie oder selten schlechte Erfahrungen gemacht.

Er wählt AfD, weil er plötzlich ein „Zusammenleben aushandeln muss“, bei der er immer in der physisch und moralisch schlechteren Verhandlungsposition ist. Und der sich als staatlichen Dank für seine nicht unbedingt niedrigen Steuern und Abgaben zur Finanzierung des ganzen lustigen Firlefanzes offiziell auch noch als „Köterrasse“ titulieren lassen darf.    

Also, wie gesagt, das ist jetzt reine Spekulation von mir. Ich bin kein Sozialarbeiter. Ich habe das nicht studiert. Und werde dafür auch nicht bezahlt. Es kann also sein, dass ich irre gehe oder bin.

Foto: Timo Raab

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Silas Loy / 07.07.2019

Es ist oft schon der David-Goliath-Effekt, der zur Unterstützung der AfD führt, denn an ihren Methoden kann man die Feinde der Demokratie und des einfachen Anstands erkennen und die richten sich eben massiv gegen die AfD. Jüngstes Beispiel ist die Entscheidung des Landeswahlausschusses in Sachsen. Abgesehen davon tun asoziale und antidemokatische Vorkommnisse wie die Beschlussfassung par ordre de mufti Claudia mit nur 100 Abgeordneten im Bundestag oder die Wählerinnen-, -*, und Wählerverarsche mit Spitzenkandiatendummies für die EU-Kommission ein übriges. Alles formal ganz korrekt natürlich! Im Gegensatz z.B. zur illegalen Massenimmigration im Wege der Verletzung geltendes Rechts und des Asylmissbrauchs oder der Aushebelung der Statuten der EZB.

U. C. Reichenbach / 07.07.2019

Herr Schneider, ich stimme Ihnen vollkommen zu! Eine genaue Beschreibung dessen, was viele satthaben. Doch sie dürfen es nicht satthaben, sie müssen es begrüßen und verstehen die Welt nicht mehr. Plötzlich sind sie der Underdog, der aber alles bezahlen muß und sich nicht wehren kann. Der ” falsch” ist in der neuen, schönen Welt des Multikulti. Es gäbe noch viel mehr anzuführen. Dieser Soziologe verbreitet halt das, was politisch gewünscht ist.

Gabriele Schäfer / 07.07.2019

Der wütende Deutsche registriert auch immer mehr Brände auf Bauernhöfen, Heuballen werden angezündet, Tiere verbrennen, Pferde werden geschändet und gequält ( gerade wieder ein neuer Vorfall, Pferd musste eingeschläfert werden), Häuser und Wohnungen brennen, sogar 6 ( sechs ) mal in einer Straße…Hat aber „ nichts mit nichts zu tun….kein Zusammenhang erkennbar…Die „ schrecklichen Räächten“ zerstören unsere Heimat….oder sind es Mitbürger, wie die Sorte, die „ auf Mallorca“ zugange“ waren….?  Ich bekomme allmählich Magengeschwüre….

Robert Jankowski / 07.07.2019

Die von Ihnen eröffnete Liste der Ungleichbehandlungen kann man noch massiv erweitern. Die Deutschen werden immer mehr zum Steuerzahler degradiert, welche den ganzen Mist finanzieren dürfen. Wie lange soll das noch so weitergehen? Bin ich Rassist weil ich die Degradierung der Frauen im Islam zu Gebährmaschinen als konträr zum europäischen Bild der Frau als selbstständige und selbstverantwortliche Person empfinde?

Wolfgang Defer / 07.07.2019

Sehr geehrter Herr Schneider, ihre Aufzählungen hier sind korrekt, wenn auch höchst unvollständig, wie bereits in den Kommentaren dargestellt. Was mich nun interessieren würde: Sarkasmus hin oder her, wem geben denn sie ihr Kreuz an der Urne? Der AFD ja wohl nicht, wie aus all ihren vorherigen Artikeln zu nehmen ist. Ich sehe es nun so, dass sämtliche andere Parteien (ausser vielleicht ein paar Kleinstparteien) die von ihnen dargestellten Zustände entweder zu verantworten haben, oder diese sogar noch weiter ausgedehnt wüssten. Offensichtlich ist es auch ihnen noch nicht Bunt genug, wenn ihnen ein paar schräge Vögel in der AFD so zusetzen, dass sie sich eben doch für die Altparteien entscheiden, oder zumindest hier öffentlich gegen die AFD wettern, statt hier einfach mal ganz klar anzuerkennen, dass diese die einzige rechtsstaatliche Partei ist, die sich klar gegen dieses unwürdige Schauspiel stellt und dafür aufs gröbste bekämpft wird, durch moralische Strohmänner wie auch auf physischer Ebene. Und sie machen sich regelmässig zum Handlanger ebendieser Moralapostel indem sie konservative Leser dieses Blogs davon abhalten, ihr Kreuz ebenda zu machen, wo diese Zustände wenigstens benannt und offen dargelegt werden und auch glaubhaft entgegengesteuert würde, hätten die Deutschen nicht so verdammt viel Angst davor, mal für ihre eigenen Interessen zu stimmen.

B.Kröger / 07.07.2019

Viele mögen Soziologie studiert haben, begriffen haben sie leider dennoch nichts! Studieren muss nicht automatisch zu mehr Begreifen/Verstehen führen.  Scheinbar hat das Studium bei Vielen, zu totaler, um nicht zu sagen totalitärer Verwirrung geführt. Dieser ausgeprägte Hang zum Totalitären. der sich auch im Mangel an und quasi Verbot von Diskussionsbereitschaft darstellt. Demokratisches Denken scheint gerade auch vielen Soziologen offensichtlich nicht vermittelbar.

Sabine Schönfeld / 07.07.2019

Vielleicht wussten viele AfD-Wähler auch schon 2015 genau Bescheid, was da auf uns zukommen wird und zwar gerade w e i l sie sich zuvor schon intensiv mit anderen Kulturen beschäftigt hatten, einschließlich der muslimischen Parallelkultur in Deutschland. Und w e i l sie zuvor schon in vom Islam geprägte Länder gereist waren, ebenso w e i l sie sich Menschenrechtsberichte aus islamischen Ländern genau angesehen haben. Auch w e i l sie sich mit der Studie über Haltungen und Lebenseinstellungen der Deutschtürken in dritter Generation beschäftigt haben. Diese untragbaren Zustände heute waren allesamt voraussehbar, auch wenn es dieser Soziologe noch immer nicht versteht, der offensichtlich seinen Beruf gründlich verfehlt hat. Auch die Soziologie ist keine Religion in einer Wünsch-dir-was-Tüte! Er müsste nur die hier entstehenden Verhältnisse mit denen der Ursprungsländer der muslimischen Migranten vergleichen, um zu verstehen, was aus Deutschland wird, wenn man dieser Entwicklung weiter buchstäblich Tür und Tor öffnet. Diese muslimischen Gesellschaften s i n d nämlich in der Regel weitgehend homogen und sie sind n i c h t tolerant und weltoffen, sondern genau das Gegenteil und mit ein klein wenig Hirn kann man das auch begreifen. Wie man also derartig dummes Zeug daherreden kann und auch noch der Meinung sein kann, damit intellektuell und moralisch überlegen zu sein und andere belehren zu dürfen, ist mir ein Rätsel. Es ist, als wollte ein Esel dem Löwen etwas über Antilopenjagd erzählen, es ist kaum zu fassen.

Frank Pressler / 07.07.2019

Und was den Unmut der AfD-Wähler ganz eventuell und vielleicht auch noch schüren könnte, ist, dass die Transformation dieses Landes ohne Zustimmung und Aufklärung der Menschen erfolgt, indem ihnen mittels übelster medialer und politischer Propaganda etwas von angeblichen gesetzlichen Pflichten, internationalen Regelungen, humanitären Notwendigkeiten, Klimaflüchtlingen etc. vorgelogen und ihnen damit suggeriert wird, dass sie bei dieser Thematik eh kein Mitsprache- und Gestaltungsrecht hätten.

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