Michael Wolffsohn, Gastautor / 23.11.2010 / 08:24 / 0 / Seite ausdrucken

Die Leere in der Lehre

Michael Wolffsohn

Die religiöse Entleerung des Judentums, seine „Entjudaisierung“ als christlich-jüdisches Gemeinschaftswerk schreitet voran: Bei der Zusammensetzung der deutschen Delegation, die zur feierlichen Erhebung von Erzbischof Reinhard Marx in den Kardinalsstand nach Rom reiste.

Selbstverständlich waren Vertreter der Geistlichkeit dabei. Erzbischof Zollitsch als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich – und Charlotte Knobloch, die Noch-Vorsitzende des Zentralrats der Juden.

Frau Knobloch ist eine ehrenwerte Dame. Doch als Präsidentin des Zentralrates ist sie nicht die geistlich-geistig-religiöse, sondern nur die politische Repräsentantin des deutschen Judentums. Sie als Vertreterin der katholisch-evangelisch-jüdischen Religionsdreiheit zu betrachten, zu behandeln, einzuladen, mitzunehmen oder zu nennen, wäre absurd.

Ebenso absurd ist es, wenn und dass die politische Spitze des deutschen Judentums dieses pseudo-geistliche Spiel mitspielt und damit das Judentum als Religion selbst nicht ernst nimmt oder gar abschafft.

Dieses pseudo-religiöse Spiel mit dem Judentum ist seit Jahrzehnten bundesdeutsche Tradition, und seit jeher ist sie ein christlich-jüdisches Gemeinschaftswerk. Politisch korrekt, religiös eine Katatrophe, denn das Signal ist eindeutig: Fürs Judentum ist die jüdische Politik zuständig, nicht die jüdische Geistlichkeit. 

Was Judentum ist, bestimmen Politiker, nicht Rabbiner. Heute (nicht mehr lange) Charlotte Knobloch, früher Werner Nachmann, Heinz Galinski, Ignaz Bubis oder Paul Spiegel. Sie waren und sind, nein, sie spiel(t)en zugleich „Kardinal“ und „Kanzler“ der deutschen Juden. Das ist vom Zentralrat gewollt. Er ist daher nicht Mitspieler, sondern Erfinder und Haupdarsteller der pseudoreligiösen Komödie, deren Pointen das wahre Leben liefert: Während Roms religiöse Juden in der Synagoge ihren Sabbatgottesdienst hielten, saß Frau Knobloch folgerichtig bei der Kardinalserhebung im Petersdom und war „richtig begeistert von der Vielfalt des Glaubens, die hier in einer einzigen Kirche zusammenkomme“.

Die deutsche Politik sowie die katholische und evangelische Kirche sind Mitspieler. Sie helfen dem jüdischen Zentralrat bei dessen religiöser Entleerung des Judentums durch Juden.

Wissen sie was sie tun? Konrad Adenauer wusste es. Er hatte sich geweigert, die geistliche Spitze der christlichen Kirchen und die politische Spitze der deutschen Juden gleichzusetzen. Er kannte die Jesus-Unterscheidung zwischen dem, „was des Kaisers“ und dem, „was Gottes“ ist. Adenauer ist lange tot, Jesus noch länger. Wenn der Zentralrat der Juden in Deutschland das Judentum als Religion ernst nimmt, sollte er sich an jenes Jesus-Wort erinnern.

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