Felix Perrefort / 24.08.2020 / 15:00 / Foto: achgut.com / 87 / Seite ausdrucken

Die es nicht wissen wollen

Einmal mehr hat sich Angela Merkel in merkwürdigen Metaphern verirrt. „Man muss die Zügel anziehen, um bei Corona nicht in ein Desaster reinzulaufen“, sprach die Reiterin im Kanzleramt, die sich die Bevölkerung nun also nicht mehr als etwas vorstellt, dem es nach gefährlichen Diskussions-„Orgien“ gelüstet, sondern als ein Pferd, das mit straffer Hand durch schwere Zeit geritten werden muss. Wer vier Monate nach Ende der Epidemie nichts dabei findet, dass seine Grundrechte noch immer eingeschränkt sind, der fühlt sich wohl auch nicht von der Kanzlerin totalitärer Sprache erniedrigt. Der Weg vom Bürger zum Untertanen war stets nur eine Grippe-(ähnliche) Welle entfernt. 

Einen Realitätsbezug im Sinne einer tatsächlichen Gefahrenlage hat das ganze Corona-Spektakel nicht. Bedenkt man, dass derzeit gerade einmal 244 Corona-Patienten auf Intensivbetten legen (siehe zur aktuellen Datenlage auch hier), seit Mitte Mai der Anteil der positiven Testergebnisse an der Gesamtmenge der Tests unter 2 Prozent liegt (Wikipedia), die Sterblichkeit in allen Altersgruppen der einer Grippe entspricht und man den Viren-Befall von anderen Organen auch bei Influenza kennt, muss man wohl mit Adorno zu dem Schluss kommen, dass das Corona-„Wahnsystem zur vernünftigen Norm in der Welt, die Abweichung zur Neurose gemacht“ worden ist.

Offenbar befinden wir uns nun vollends im postfaktischen Zeitalter. Mit der Corona-Politik haben sich die Herrschenden – noch deutlicher als in Sachen Migration und Klima erkennbar – von jeder Objektivität verabschiedet. Was postmoderne Theoretiker noch als philosophische Zeichen- und Medien-Theorie ausgaben – zum Beispiel Baudrillard mit seiner „Hyperrealität“ als „Generierung eines Realen ohne Ursprung in der Realität“ –, ist Modus Operandi einer Politik geworden, die Grundrechte einschränkt und die zwischenmenschlichen Beziehungen existenziell neuordnet. 

Die „Pandemie“ endet mit der Überwindung des kollektiven Angstzustands

Fakten fungieren dabei quasi als „frei flottierende Zeichen“, die weder rechtfertigen können, was sie sollen, noch auf das verweisen, auf was sie verweisen sollen: Selbst ein „richtig positives“ Testergebnis steht keineswegs für eine Neuinfektion oder für Infektiosität, geschweige denn für eine Erkrankung; es weist lediglich einen Teil des Virus-Genoms auf der Schleimhaut nach (Genaueres hier), kann demnach ebenso gut das Überbleibsel einer längst überstandenen Infektion sein. Dennoch sind es hauptsächlich solche als „Neuinfektionen“ ausgegebene „Fakten“, auf die sich die Bundeskanzlerin in ihrem apokalyptischen Geraune bezieht und die dem Gesundheitsminister dazu gereichen, im August den Karneval für 2021 absagen zu wollen. Es ist nur noch lächerlich. 

Auch gegen diesen Wirklichkeitsverlust wenden sich die Massenproteste. Ulrich Schödlbauer schrieb kürzlich auf Achgut.com:  

„Wer das neue Buch des Mikrobiologen Bhakdi (Platz 1 auf der SPIEGEL Bestseller-Liste) in den Händen dieser Leute gesehen hat, der ahnt, dass hier eine neue Volksbibel umläuft, deren Leser darauf bestehen werden, in einer naturwissenschaftlich informierten und faktenbasiert entscheidenden Republik zu leben und nicht in einem angstflatternden Hühnerstall.“ 

In diesem wird Mitte August noch deklariert, wir befänden uns „mitten in der Pandemie“, die für Team Merkel erst dann endet, wenn ein Impfstoff oder ein Medikament da ist. In Wahrheit endet die „Pandemie“ mit der Überwindung des kollektiven Angstzustands, den sie ausgelöst hat. Nichts würde passieren, wenn man die Masken absetzt, die Stadien wieder öffnet, die Plexiglasscheiben im Supermarkt entfernt und die Abstandsgebote ad acta legt. Nichts beziehungsweise „nur Gutes“ (Bhakdi). 

Stattdessen erleben wir die Rückkehr des Ordnungs- und Obrigkeitsstaats. Der Bundespräsident markiert öffentlich Sündenböcke. Bußgelder, für welche die Kanzlerin „dankbar“ ist, werden gegen „Maskenmuffel“ verhängt, Kinder werden – für jedermann voraussehbar – in ihrer Entwicklung nachhaltig gehemmt und beschädigt sowie dauerhaft neurotisiert, indem man ihnen nicht nur einen komplett irrationalen Hygienefimmel vorlebt, sondern ihnen obendrein noch stundenlang Masken und damit ein ständiges Krankheitsbewusstsein aufherrscht (s.a. hier). Mediziner warnen, doch wen juckt’s. Ein bisschen schwarze Pädagogik hat Oma und Opa schließlich auch nicht geschadet. 

Auf dem Spielplatz lässt man die kleinen Racker keinen Augenblick aus den Augen, aber wenn Spahn und Co. ihnen im Dienste der Volksgesundheit stundenlang notwendig verunreinigte Lappen ins Gesicht hängen, dann wird das schon seine Richtigkeit haben. Helikopter-Eltern hin oder her, Hauptsache keine Virus-Leugner. Zu sehen, wie all das mitgetragen wird, löst in mir ehrlich gesagt nur noch Fremdscham und Ekelgefühle aus. 

Keine falsche Bescheidenheit 

Alles, was man benötigt, um die derzeitige Lage und die vergangenen Monate realitätsgerecht zu beurteilen, ist für Laien zugänglich und verständlich: Es gibt ausreichend renommierte Wissenschaftler, deren plausible Argumentationen man nachvollziehen kann, „Laien-Texte“, die beweisen, dass man von Anfang an zu triftigen Urteilen kommen konnte, und die Sitzungen des Corona-Ausschusses: Juristen, die hochprofessionell Woche für Woche durch Interviews unterschiedlichster Experten die letzten Monate aufarbeiten, wobei kaum eine Frage offen bleibt. Es ist kein Hexenwerk: Auch die Generation Pisa hat es geschnallt. Der Irrsinn ist so offenkundig, man könnte ihn sich per Podcast beim Einschlafen begreiflich machen. Vielleicht passt nicht jedes der hier verlinkten Puzzlestücke zu allen anderen, doch das Bild, das sie ergeben, ist klar erkennbar. 

Wer sich immer noch in falscher Bescheidenheit kein Urteil anmaßt oder die Regierungslinie gutheißt, der will es eben nicht besser wissen. „Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen“, meinte bekanntlich Kant. Oder muss man mit Hannah Arendt und mit Verweis auf die katastrophalen Folgen der Politik und die „neue Normalität“ noch pathetischer werden? „Kein Mensch hat das Recht, zu gehorchen.“ Die Verantwortung für Fragen, die Grundrechte betreffen, ist niemals an eine Experten-Elite auszulagern. Es ist eine staatsbürgerliche Pflicht, seinen gesunden Menschenverstand einzusetzen und Farbe zu bekennen. Wie das aussehen kann, macht der Lehrer, Autor, Video-Blogger und Ehrenmann Gunnar Kaiser vor

Wenn Grundrechte dauerhaft und fernab jeder rationalen Begründung eingeschränkt werden, kann man nicht mehr sagen, dass dies mit Totalitarismus überhaupt nichts zu tun hat. Ein Freund von mir drückte es so aus: Der Faschismus kommt dann, wenn der Ausnahmezustand nicht mehr zurückgenommen wird.

Haben wir schon Faschismus?

Nun, eine Gesellschaft, in der man nicht einmal am Wochenende tanzen gehen kann, da sich nicht nur Merkel im verstetigten Katastrophenmodus befindet, ist noch keine Diktatur.

Doch es ist – mit Verlaub – eine Scheiß-Gesellschaft. 

Foto: achgut.com

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Wolfgang Richter / 24.08.2020

Wenn der “Spahn” von NRW namens Laumann in der Illner-Quatschbude vom letzten Donnerstag neben anderen Eingeständnissen in etwa auf Frage zur Maskenspflicht für Schüler im Unterricht erklärte, daß es sich um Symbolpolitik handelt, so wundere ich mich eigentlich nur darüber, daß es keinerlei Aufschrei unter Eltern derart drangsalierter Kinder gibt, kein Gezeter der sonst bei jeder Gelegenheit hyperventilierenden selbst ernannten Wahrer der Kinderrechte und auch keine Statements von erpörten Anwälten und sonstigen Juristen. Statt Fakten zu nennen benennt der zuständige Landesminister die Einschränkung von Rechten der persönlichen Freiheit und Unversehrtheit von Kindern als “Symbolpolitik”. In meinen Augen hat er eingestanden, daß hier Teile der Bevölkerung bewußt mindestens genötigt werden, ggf. auch Körperverletzung vorliegt. Das sind Straftaten, über die sich niemand aufregt? Irgendetwas läuft hierzulande grundlegend schief. Und weil es so läuft wie es läuft, fühlen sich die Politdarsteller sicher und machen munter weiter, was sie wollen. Auch heute bei den Öffis schön zu sehen, wiem Maskenverweigerer munter zur Zahlung von Bußgeldern zur Kasse gebeten werden, so dargestellt, als ob sie vor Ort zu zahlen hätten, kein Wort dazu, daß alternativ der Rechtsweg offen steht. Nach dem Fehlen von Aufregung zum Thema “Schulkinder” vermute ich fast, daß mehrheitlich auch brav gezahlt wird. Lämmer danken ihren Metzgern und deren Erfüllungsgehilfen.

Richard Loewe / 24.08.2020

danke. Danke vor allem fuer das pathetische Hannah-Arendt-Zitat und den letzten Satz.

Markus Knust / 24.08.2020

Tanzen gehen kann man in China, dem Staat dem Habeck nacheifert und vor dem die Regierung der Unberührbaren ständig warnt und mahnt. Aber das ist auch ganz besonders böse, wie ich letztens im Staatsfernsehen zufällig sah. Gleich darauf übrigens ein Bericht über Demos in Weißrussland, wo kaum jemand Maske trug. Völlig unproblematisch natürlich. Womit wir beim Deutschen und was dieser darf wären : Maskenlos demonstrieren, solange er dabei “Black live matters brüllt” oder andere linke Ziele verfolgt! Der Regierung zujubeln ist wahrscheinlich ebenfalls erlaubt!

toni Keller / 24.08.2020

@ F Johnson, Schnupfen ist von der Liste der Corona Symptome verschwunden (einfach mal googlen) wurde durch “Müdigkeit” ersetzt!

Dieter Weingardt / 24.08.2020

Meine neue Lieblingstheorie: das Ganze ist eine Verschwörung der Veganer, nicht umsonst ist CORONAVIRUS ein Anagramm von CARNIVOROUS. - nur Spaß, das Sprießen der Verschwörungstheorien ist dem seit 2015 grassierenden Vertrauensverlust Gesicht und Namen geben (oder andichten), eine Art Fieberthermometer des Zerfalls des viel beschworenen „Gesellschaftlichen Zusammenhaltes“, mehr nicht.

Roland Müller / 24.08.2020

Ignazio Silone, der viele Jahre das zweifelhafte Vergnügen mit Mussolini hatte, hat es richtig voraus gesehen. Der nächste Faschismus tarnt sich als Antifaschismus.

toni Keller / 24.08.2020

Sehr guter Artikel, aber er hilft genauso wenig wie die Kommentare hier und anderswo! Als der ganze Coronairrsinn begann, hieß es das Ziel sei die Auslastung der Intenivbeatmungsbetten zeitlich zu strecken, “to flatten the curve” hieß das damals. Und um das zu erläutern wurden überall Plakate aufgehängt die dazu aufforderten, via Masken, Abstand usw, den “Verlauf der Infektion zu verlangsamen!” Es ging, auch das wurde im Frühjahr noch gesagt, darum eine Herdenimmunität zu erreichen und das aber zeitlich zu strecken, damit die schweren Fälle nicht geballt aufträten. All das bedeutete, im Umkehrschluss, man ging damals davon aus, dieses Coronavirus befällt sowieso jeden und das soll es auch! Unter den Gesichtspunkten vom Frühjahr müsste man sich über die Zunahme positiv Getesteter doch eigentlich freuen! Warum? Nun es ist immer nur die Rede davon, dass da Leute positiv getestet wären. Keine Rede ist davon, dass da irgendwelche Leute ernsthaft erkrankt wären. Daher bedeuten die positiven Tests nur: entweder sind es falsch positive, also eigentlich ein falsches Ergebnis, oder die Leute haben sich irgendwann einmal angesteckt und das Immunsystem ist locker damit fertig geworden! Selbst die WHO (bitte googeln) ist um Abwiegeln bemüht Ich zitiere:  “Die meisten infizierten Menschen entwickeln leichte bis mittelschwere Symptome und werden ohne Krankenhausaufenthalt wieder gesund.”  Ja bitte wo ist da denn die ultimative Killerseuche wegen der schon über den nächsten Lockdown nachgedacht wird? P.S gleichzeitig werfen unsere Politiker mit Geld um sich da ist alles zu spät (nachgedacht wird über ein bedingungsloses Grundeinkommen und die SPD will die Schuldenbremse der EU endlich lösen) und das wo angeblich die Killerseuche wütet, ich frage mich ernsthaft was die da in Berlin nehmen? Oder noch mal anders, wir sind es ja mittlerweile gewohnt, dass unsere Politiker ihr Geschwätz von gestern nicht mehr interessiert, aber warum werden die immer noch gewählt?

h.ewerth / 24.08.2020

Der größte Schaden entsteht durch die schweigende Mehrheit, die nur überleben will, sich fügt, und alles mitmacht. Widerstandskämpferin Sophie Scholl, gegen das NS Regime (1921 – 1943)

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