Quentin Quencher / 06.04.2024 / 12:00 / Foto: Pixabay / 38 / Seite ausdrucken

Die Coronamitläufer

Mitläufer sind Charaktere, die im Laufe der Geschichte immer wieder auftauchen. Ihre Merkmale? Blinder Gehorsam, mangelnde Selbstreflexion und fehlendes Schuldeingeständnis.

Unrecht ist in der Coronazeit geschehen, Verbrechen gar, und viele haben mitgemacht. Wie soll da eine Aufarbeitung geschehen? Die Akteure der Maßnahmen, der Verbote, der Drangsalierungen und Diffamierungen, die haben kein Interesse daran, es könnte ihnen an den Kragen gehen. Doch auch die Verführten, diejenigen, die sich täuschen ließen, werden sich zurückhalten, wollen nicht daran erinnert werden, mitgemacht zu haben.

Hatten die Mitläufer in der DDR ein Interesse daran, dass die Verbrechen des SED-Regimes aufgearbeitet werden? Nur dann, wenn sie sich als Opfer darstellen konnten. Mindestens aber wurde das Mitmachen heruntergespielt und davon gesprochen, dass man doch nichts dagegen machen konnte. Also gab es auch hier keine Aufarbeitung, die diesem Namen gerecht würde. Runde Tische kamen in Mode, wo es hätte Tribunale geben müssen, bei denen die Verbrecher Rede und Antwort gestanden hätten. Aber nein, das ging nicht, zu viele hatten mitgemacht oder haben es wenigstens widerstandslos erduldet.

Vergleiche hinken immer, auch dieser, aber dennoch gibt es Aspekte, die auf prinzipielle gemeinsame Verhaltensweisen hinweisen. Wir sollten deshalb die Mitläufer ein wenig in den Augenschein nehmen, wenngleich schon der Begriff „Mitläufer“ irreführend ist, eigentlich müssen sie „Mitgezogene“ heißen. Sie ertragen das Unrecht, wehren sich nicht, richten sich ein, versuchen lediglich, einigermaßen unbeschadet zu überleben.

Die Mehrheit der Deutschen

Unter jedem Regime, möge es wegen Corona oder der SED sein, ist ihr Verhalten gleich. Befehle werden befolgt, ohne dass diese in der Seele Verwundungen auslösen, ja, es ist wie das Verhalten von Soldaten. Unter Befehlsgewalt tun sie auf Anweisung Dinge, die sie eigenverantwortlich nie tun würden. Immer ist dann der Befehl die Rechtfertigung fürs Tun, vor allem als Rechtfertigung gegenüber sich selbst.

Ändern sich irgendwann die Befehle, so haben diese Mitläufer keinerlei Probleme, mit der neuen Situation klarzukommen, ihre Seele und ihr Gewissen waren nicht berührt, der Befehlsstachel hat sie nicht verletzt. Unter dem neuen Regime, mit anderen Befehlsgebern, richten sie sich genauso ein, wie sie es früher taten. Ihr Überlebensinstinkt leitet sie.

Erst wenn wir uns diese Mentalität und diesen Charakter genauer betrachten – und wir reden hier von einer Mehrheit der Deutschen – wird klar, warum sie keine Aufarbeitung haben wollen. Es würde die Mitläufer aus ihrer geistigen Bequemlichkeit reißen, ihre Selbstentschuldigung mit Berufung auf die Umstände, auf die Befehle, würde zusammenbrechen, dann müssten sie sich eingestehen, missbraucht worden zu sein. Wer dann noch ein bisschen tiefer im Selbst gräbt, dem geht vielleicht auf, wie bereitwillig er sich missbrauchen ließ.

Die Furcht vor der Masse

So weit will kein Mitläufer gehen, diese Selbstanklage, die aus diesem Eingeständnis erwachsen würde, wollen sie unbedingt vermeiden. Es würde ihnen aufgehen, dass sie Unrecht taten, sie sich schuldig machten, als sie Befehle befolgten. 1945 hatten wir diese Situation, und selbst da, nachdem das Nazi-Regime besiegt war und niemand mehr die Verbrechen entschuldigen konnte, gelang es den meisten, sich auf Befehle zu berufen.

Wahrscheinlich wird es also keine schonungslose Aufarbeitung der Coronazeit geben, bestenfalls ein paar runde Tische, an denen dann Menschen sitzen werden, die Vergebung einfordern, von denen, die keine Mitläufer waren. Doch wenn die nicht vergeben wollen, die Kränkungen nicht vergessen können, sondern ein Tribunal über die Hauptschuldigen fordern, dann werden sie als Spalter und Hardliner beschuldigt, möglicherweise als Verschwörungstheoretiker.

Wichtig wird sein, sie bei den Mitläufern als Außenseiter darzustellen, denn nichts fürchtet dieser mehr, als nicht mehr zur Masse zu gehören. Doch wird dem Mitläufer geschmeichelt, indem man ihn um Vergebung für den einen oder andern Fehler bittet, dann ist der ruhiggestellt. Dann geht es weiter in gewohnter Manier, bis zum nächsten Ausnahmezustand.

Auch auf Quentins Blog Glitzerwasser erschienen.

 

Quentin Quencher, geb. 1960 in Glauchau, Sachsen, wuchs in der ehemaligen DDR auf, die er 1983 verließ. Seine Heimat war es nicht, die er verlassen hat, er war nie heimisch dort. Auch der Westen oder das wiedervereinigte Deutschland wurde ihm nie ein Zuhause. Immer ist sein Blick der eines Außenstehenden. Hier wie dort, heute wie damals. So ist er ein Vagabund zwischen den Welten. Nach mehrjährigen Aufenthalten in Asien lebt er heute mit seiner Familie in Baden-Württemberg.

 

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Dr. Ralph Buitoni / 07.04.2024

@Michael Müller / Was Sie in ihrem Sermon über demonstrierende “Bööörgerliche” ablassen unterschlägt allerdings, dass die “ablachenden Studenten” in ihren “Demonstrationen” eben nicht friedlich auf die Straße oder ins Feld gingen, sondern schon immer bewaffnet - erzählen Sie mir nichts, in kenne den Steinhagel jeder Kreuzberger 1. Mai-Demo genau. Und diese selben “ablachenden Studenten” waren auch bei den Corinna-Demos dabei - allerdings feige hinter der Polizei versteckt, von wo sie die Demonstranten beschimpften und bedrohten. Diese feigen Visagen waren trotz ihrer Masken immer genau erkennbar. Und denen wir das Lachen in den kommenden Jahren, wenn die “Bööörgerlichen” endgültig tot oder im Ausland sind, noch tüchtig vergehen.

Dr. Ralph Buitoni / 06.04.2024

Die Mitläufer sind die schlimmsten - das habe ICH während Corinna gelernt. Schlimmer als die “Täter”. Die “Täter” wären ohne die Mitläufer völlig machtlos. “Der Größte Schaden entsteht durch die schweigende Mehrheit, die nur überleben will, sich fügt und alles mitmacht…” Sophie Scholl

Gabriele Klein / 06.04.2024

zu (1) letzter Kommentar: Ich würde mich nicht VOR dem BfV fürchten. Im BfV jedoch schon.  Also bei mir wären an einem solchen Arbeitsplatz, gerade als einfache “Schreibmamsel” da alle Alarmlampen an, vor allem wenn mein Chef kein (Voll)jurist wäre oder fast nur polizeilichen Hintergrund. Ich glaub ich würde mir da um mich zu schützen, sehr viel nur schriftlich geben lassen. Mit Sicherheit ginge von meinem Tisch (außer Osterkarten) kein mir zu Protokoll gegebenes Schriftstück mit meinem Diktatzeichen raus, das an Stelle d. Unterschrift d. fürn Inhalt Verantwortlichen den Vermerk trägt (ohne Unterschrift gültig)  oder “nach Diktat vereist…..” . Sollte man nun im Vorzimmer meines Vorzimmers meinen, ich vertraue Ihnen, sie dürfen meinen Brief selbst unterschreiben, würde ich sowas nur mit entsprechender “Vollmacht” tun deren Wortlaut ich vorher mit nem Anwalt prüfen würde. Denn, mir scheint, der Arbeitnehmer könnte, entgegen landläufiger Meinung empfindllich i. der Haftung landen (siehe d. interessanten Artikel auf HENSCHE Arbeitsrecht od. d. Artikel b.d. IHK Pfalz. Da, wie z.B. bei Hitlers T4 Aktionen auch,(s. E.Klee)  die Autorität des “Rechts"sich NICHT mit der Autorität des Befehls decken muss steht dann manch “blind” Gehorchender sowie sein Verhaltensforscher letztlich for der Frage warum gehorchte man eigentlich dieser Autorität u. nicht der andern?.Aber d. langen Schreibe kurzer Sinn, nachdem mir klar wurde, dass ich in den BfV eher nicht rein passe,  werde ich keine blinde Bewerbung fürs Sekretariat v. Herrn Haldenwang abschicken u. meine Alarmlampen in Sachen BfV bis auf Weiteres ausknippsen

Lutz Gütter / 06.04.2024

Ein großer Teil der Geimpften wurde genötigt, erpreßt oder einfach nur belogen. Ich kann und will diesen Leuten keinen Vorwurf machen, sie leiden oft täglich unter Selbstvorwürfen. Ich, “Ungeimpfter”, kenne viele dieser, manchmal bedauernswerten, Geimpften, die keinen ihrer ungeimpften Mitmenschen ausgegrenzt oder anderweitig diffamiert haben. Wir sollten allerdings mit jenen hart ins Gericht gehen, die uns Ungeimpfte ausgegrenzt und beschimpft haben. Das wären dann auch die, welche einen großen Teil der Geimpften genötigt, erpreßt und belogen haben.

Karl-Heinz Böhnke / 06.04.2024

Was unterscheidet den Mitläufer vom Standhaften? Diese Frage kam in einem Kommentar zum kürzlichen Beitrag von Jochen Ziegler auf. Charakter war eine Antwort, Obrigkeitsskepsis - eine Charaktereigenschaft - war eine andere, die dritte war Rebellentum - eine Folge der Obrigkeitsskepsis. Dem allem zugrunde liegt der erhöhte Drang zu Freiheit. Diese bedeutet die Befreiung vom Sog in die Herde, um die Vernunft als Fähigkeit, aufgrund des Bewußtseins zu denken, ein Übergewicht zu geben. Menschen, die eine solche Freiheit leben, werden von Mitmenschen, die dazu nicht in der Lage sind - auch nach fortgeschrittener Evolution und weitgehender Aufklärungsbemühungen -, jedoch beides sehr wohl erkennen, auf das Bitterste bekämpft. Letztere werden zu Mittätern, um sich ihr passives Sklavendasein als aktive Scheinfreiheit vorzumachen. Die Herrscher gehen nach wie vor, auch nach Jahrhunderten oder -tausenden, davon aus, daß diese stets die Mehrheit bilden. Aber es gibt auch Gegenherrscher.

A. Ostrovsky / 06.04.2024

@Peter Faethe : >>In der DDR waren mir Mitläufer stets wesentlich unsympathischer, als die wenigen überzeugten Kommunisten. Opportunismus und verminderte “bürgerliche” Moral wurde eher von Mitläufern vertreten.<< # Da sind wir wieder bei den Definitionen. Ich glaube, wenn Sie der 300%-igen Anetta K. begegnet wären, hätten Sie die für eine Mitläuferin gehalten. Und vielleicht waren die überzeugten Kommunisten, die Sie kennengelernt haben, gar keine. Das durch und durch Böse stellt sich als das Gute dar und wird im Laufe der Zeit immer perfekter. Während die Zweifler, denen der Antrieb zum Schaden fehlt, sich vielleicht in eine Scheinwelt retten, wo sie das Böse nicht sehen wollen. Die müssen sich nicht tarnen. Ich gebe Ihnen Recht, dass die, die nur aus Opportunismus das sagen, was man von ihnen verlangt, oftmals anderen Menschen gegenüber gefühllos und rücksichtslos sind. Der größte Trick Satans ist es doch, uns glauben zu machen, dass er nicht existiert. Deshalb ist es völlig ungeeignet, mit den Begriffen Mitläufer und Überzeugter zu hantieren. Weil Sie genau in diesem Punkt getäuscht werden. In der DDR verschwand die Akzeptanz der Stasi, weil der begründete Verdacht entstand, dass sich dieses System privat instrumentalisieren ließ, dass es sich vor den Karren einzelner Grundböser spannen ließ und dass es auch einigen “Überzeugten” innerhalb des Systems gar nicht um das ewige Himmelreich aller Werktätigen ging, sondern viel kleinlichere Egoismen. Ein wesentlicher Beitrag dazu war der offene Brief von Dieter Noll an Honecker, im Zusammenhang mit Biermann und seiner Ausbürgerung. Das war ein Anfangspunkt für schwere Zweifel, der gerade auch einige “Überzeugte” befallen hat. Man hat da plötzlich genauer hingeschaut, sah plötzlich, dass Schalck-Golodkovski Steuervergehen konstruierte, um an Antiquitäten zu kommen und dann sah man auch, wie die Bonzensiedlung faktisch im Westen lebte. Die Lüge flog auf. Die DDR endete, weil die Täuschung sichtbar war.

A. Ostrovsky / 06.04.2024

@Michael Müller : >>Aber lustig und schön war die Corona-Zeit irgendwie auch, wenn ich allein an die Klopapier-Rafferei denke. Was gab es sonst noch Schönes? Nun, ich denke daran, wie sich die Studenten, mit denen ich befreundet bin, vor Lachen geeimert haben, wenn sie auf You-Tube die Einsätze der Polizei gegen die demonstrationsuntüchtigen   Bürgerlichen angeguckt haben. Bis dahin hatten die Böörgerlichen in ihrem Leben ja immer nur Geld gezählt - und auf einmal waren sie wie verspätete 68er (die sie nie waren!!!) auf der Straße und lagen im Dreck.<< # Das mag ja alles so sein. Ihre Studenten behaupten da, dass sie mehr von der Welt wissen, als alle Studenten zusammen, die ich jemals kennengelernt habe. Aber eins passt gar nicht dazu: Sie können doch unmöglich behaupten, dass Ihnen die dritte “Impfung” nicht geschadet hat.

Bernhard Frank / 06.04.2024

Verehrter Herr Quencher, eine kleine Korrektur möchte ich mir erlauben. Weshalb ich mich als Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr, im Jahre 1985, verpflichtete war die Tatsache, daß der Soldat der alten Bundesrepublik eben k e i n reiner Befehlsempfänger war. Die Idee des Bürgers in Uniform, bezog sich auch und gerade auf die Erfahrungen mit dem Kadavergehorsam, im WK 2. Daher Gelöbnis und Eid auf das GG. Entscheidend war aber auch, daß wir nicht verpflichtet waren im Rahmen von Pflicht und Gehorsam, eine Straftat zu begehen. Zumindest hatte man früher versucht soweit als möglich Mitläufertum zu entkräften und diese Entschuldigung dem Befehl gefolgt zu sein zu eliminieren. Ansonsten gebe ich Ihnen vollkommen recht.

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