Ende Mai 2018 fand im Conne Island, einem linken, alternativen Kulturzentrum in Leipzig, ein Vortrag von Thomas Maul (Autor u.a. für Bahamas und Achgut.com) statt, der die Kritik des islamischen Antisemitismus und seine Bagatellisierung zum Thema hatte. Die Taz veröffentlichte mehr als eineinhalb Monate nach dem Vortrag (am 16.7.18 ) einen Artikel, in dessen Titel „Lieber rechts als gar kein Israel“ sich bereits ankündigt, denjenigen etwas „Rechtes“ anzuhängen, die Israelsolidarität gegenüber linken Befindlichkeiten priorisieren.
Der Autor Konstantin Nowotny behauptet darin Folgendes: Maul „plädierte für rigoros geschlossene Grenzen wie in Ungarn, wo ‚jüdische Einrichtungen nicht unter permanentem Polizeischutz‘ stehen müssten.“ Doch das hat Maul nie getan. Der Taz-Journalist behauptete dies trotz Kenntnis des Vortragsmanuskripts, das im Conne-Island-Newsletter bereits publiziert worden war. Die von Maul persönlich gewährte Möglichkeit, in den unveröffentlichten Audiomitschnitt von Vortrag und anschließender Diskussion hineinzuhören, schlug er aus. Man soll sich seine These schließlich nicht kaputt recherchieren.
Selbst der Presserat räumt Distanzierung ein
Der von Maul gegen die Taz und Neues Deutschland angerufene deutsche Presserat konnte an dieser Art journalistischer Berufsauffassung nichts Rügenswertes finden. Das ist insofern bemerkenswert, als sowohl der ND-Journalist Fabian Hillebrand als auch der Taz-Autor den Beleg für ihre Behauptungen bis heute schuldig bleiben.
Auf diesbezügliche Nachfrage eines Diskutanten auf seiner öffentlichen Facebook-Präsenz, wo er gegenüber Maul auftrumpfend die Entscheidung des Presserats verkündete, kann er keine Stelle angeben, an der Maul für rigoros geschlossene Grenzen plädiert hätte – weil es keine gibt. Im Gegenteil. Selbst der Presserat räumt ein, „dass Herr Maul nicht explizit für rigoros geschlossene Grenzen wie in Ungarn plädiert“, „sich“ vielmehr „direkt von der Politik Orbans distanziert.“
Dem Vortragsmanuskript lässt sich entsprechend entnehmen, dass Maul zwar meint, dass man über „restriktivere Grenzkontrollen“ und „Abschiebung von bestimmten Personengruppen“ auch „diskutieren könnte, ohne automatisch sogenannte Nazi-Diskurse zu bedienen“, doch sei dies seine Sache nie gewesen. Sondern: „Der einzige realpolitische Vorschlag, in den meine Islamkritik immer nur gemündet ist, war und ist das Kopftuchverbot für Schülerinnen bzw. ein Kopftuchverbot in allen staatlichen Behörden.“
Kurioserweise liest der Presserat in Passagen wie diese hinein, „dass Herr Maul indirekt die ungarische Flüchtlingspolitik mit ihren geschlossenen Grenzen durchaus positiv bewertet“, womit aus Nowotnys falscher Tatsachenbehauptung „eine presseethisch zulässige Interpretation" wird. (Nachlesbar hier.)
Die gekränkte linkseuropäische Seele
Anders als das Neue Deutschland und die Taz verhielt sich die Junge Welt, die ebenfalls sachlich falsch über Mauls Vortrag berichtete. Sie veröffentlichte die von Maul geforderte Gegendarstellung umstandslos (eingelassen in den inkriminierten Online-Artikel), womit für ihn die Angelegenheit augenscheinlich erledigt war – und im Falle der anderen beiden Zeitungen wohl auch hätte erledigt sein können. Während die Taz an der Falschaussage festhielt, versuchte man beim Neuen Deutschland die Sache unter den Teppich zu kehren: Eine Gegendarstellung lehnte man dort ab, da diese formalen Kriterien nicht entsprochen hätte; den beanstandeten Artikel aber nahm man vorsichtshalber vom Netz. Weil er um jeden Preis Recht behalten will gegen einen „Rechten“ wie Maul, wirft dieser linke Journalismus seine Berufsstandards schneller über Bord, als Pegida-Befürworter „Lügenpresse“ schreien können.
Doch wie kommen diese Journalisten nun dazu, Maul ein Plädoyer für beziehungsweise Lob von Viktor Orban zu unterstellen? Maul brach ein linkes Tabu, indem er Viktor Orbans Ungarn zwar indirekt, aber tatsächlich positiv erwähnte – allerdings in einem antisemitismuskritischen Kontext. Wie genau, wird egal, wo linke Selbstgerechtigkeit auf freies Assoziieren setzt, also auf das, was der deutsche Presserat für eine „Interpretation“ (seitens der Taz) bzw. „Beurteilung“ (seitens des ND) hält. Mauls Vergehen war, auf die in Sachen öffentlich gelebtes Judentum freundlicheren Zustände in „osteuropäischen Ländern“ (!) – also indirekt auch in Ungarn – zu verweisen, was für Linke, die sinnerfassendes Lesen durch moralines Aufplustern ersetzen, zusammenfällt mit der Verteidigung der dortigen Regierungspolitik. Es muss die linkseuropäische Seele schon arg kränken, dass nicht dort, wo sie die Verhältnisse mitentscheidet, sondern im „rechten“ Osteuropa die Juden einigermaßen sicher leben können.
Das Recht zu beleidigen
Es ist offenkundig, dass die Taz dem Pressekodex nicht nachgekommen ist, der dazu verpflichtet, „Informationen in Wort, Bild und Grafik [...] mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben“. Immerhin dämmerte dem Taz-Journalisten noch in der Diskussion unterhalb seines öffentlichen Postings, dass die Berichterstattung zu Mauls Vortrag eine „Farce“ war, „inklusive“ der seinen. Das hinderte Nowotny jedoch nicht daran, sich schließlich als gekränktes Opfer zu inszenieren, dem Maul den Anwalt in der Hoffnung, „man könne der freien Presse vielleicht doch das Maul verbieten“, auf den Hals gehetzt hätte.
Das Recht, jemanden zu beleidigen, etwa als „AfD-Fanboy“, „Rassisten“ oder „Frauenfeind“ zu titulieren, war und ist den hier kritisierten Akteuren von niemandem streitig gemacht worden. Geht es aber um Tatsachenbehauptungen, die diesen Beleidigungen Glaubwürdigkeit verschaffen könnten, ist auf Wahrheit zu insistieren – gegebenenfalls auf institutionellem Wege. Ob sich Taz und ND beziehungsweise deren Berichterstatter, an deren Namen diese Geschichte nun haftet, wirklich über ihren Presserats-„Sieg“ freuen sollten, ist zweifelhaft: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er die Wahrheit spricht.“ Was sie als Kinder wohl noch wussten, vergaßen sie mit ihrem Beruf.
Eine längere Version dieses Beitrags mit vielen weiteren Informationen finden Sie hier. Außerdem hat Marcus Ermler die Ereignisse um Mauls Vortrag auf Achgut.com thematisiert.