Dirk Maxeiner / 03.07.2022 / 06:25 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 81 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Wokeholisierte Geisterfahrer

Der Graben zwischen jenen, die in den Autokonzernen das Geld verdienen und jenen, die es zum Fenster rauswerfen, war schon immer so breit wie der im Eisbären-Gehege des Berliner Zoos. Inzwischen liegt zwischen Ingenieuren und Woke-Aktivisten der Branche der Pazifik. Die einen lesen Achgut.com, die anderen wollen es plattmachen.

Wie Sie hier vielleicht gelesen haben, kam es in der letzten Woche zu einem versetzten Frontalcrash zwischen der Woke-Abteilung von Audi respektive VW und der Achse des Guten. Das weltweit erste Auto, das auf den versetzten Frontalaufprall ausgelegt wurde, war die Mercedes S-Klasse des Typs W 126. Die Fahrgastzelle bleibt dabei beim Aufprall stabil, der Vorderwagen baut die Energie flexibel ab. Wir wussten bei Achgut.com gar nicht, dass wir auf dem neuesten sicherheitstechnischen Stand sind, und doch scheint es so. Jedenfalls haben wir den wokeholisierten Geisterfahrer, der uns auf der A9 in Höhe Ingolstadt entgegen kam, heil überstanden.

Auch dank unserer Leser. Die haben die Warnwesten übergestülpt und Erste Hilfe geleistetet, psychologisch und finanziell, so dass wir uns jetzt wieder auf einer sicheren Fahrspur fortbewegen. Noch leicht benommen, melde ich mich daher zum Dienst zurück und sage einfach: DANKE! Es macht Spaß, hier weiter sonntagsfahren zu dürfen, auch wenn mir zwischendurch das Lächeln leicht verrutscht ist.

Der Mercedes W 126 wurde übrigens noch unter Werner Breitschwert entwickelt, einem versessenen Ingenieur an der Spitze von Mercedes. Die unter seiner Ägide gebauten Autos der Marke gelten heute noch als die besten ihrer Art. Danach kam Edzard Reuter, der sich nicht so sehr für Autos interessierte und lieber aufs moralische Pferd stieg. Er hatte zwar keine Strategie (beziehungsweise eine komplett falsche) für das Unternehmen, gab stattdessen aber Göttliches von sich. Der Herr Edzard ließ den Berg von einer Rauchwolke umhüllen, er sprach zur Belegschaft und gab ihr Gebote. Der Berg bebte, während er sprach: „Wir fühlen uns gleichrangig verantwortlich gegenüber den Kapitalgebern, gegenüber der Belegschaft und gegenüber der Umwelt und handeln danach“. Am Ende von Reuters Dienstzeit verbucht Daimler Milliardenverluste, 80.000 Menschen im Konzern verloren ihren Job. Die überdimensionierte Konzern-Zentrale in Stuttgart Möhringen ging als „Bullshit Castle“ in die Unternehmens-Geschichte ein, eine Ruine am Fuße des Berg Sinalco.

Mit Reuter ging es los. Inzwischen ist ein Wettbewerb um seine Nachfolge entstanden, bei der Volkswagen-Chef Herbert Diess und Daimler-Chef Ola Källenius sich ein Kopf-an-Kopf Rennen liefern. Diess wurde bei BMW von der Belegschaft mit dem Kosenamen „Dr. Death“ versehen, bevor er zu VW weggelobt wurde, um dort sein segensreiches Tun fortzusetzen. Beide begrüßten ausdrücklich das Vorhaben der EU, den Verbrennermotor ab 2035 zu verbieten, das heißt, sie sehen ihrer Selbstabschaffung zuversichtlich entgegen. Ich tippe mal, dass eine Menge technisches Know-how, sprich Mitarbeiter, den Weg zu anderen Ufern antreten, weil es ihnen in Diessland und Källeningrad zu untief geworden ist. Die sind dann mal weg.

Inzwischen liegt dazwischen der Pazifik

In den letzten Jahrzehnten ist der Gegensatz zwischen denen, die in den Autokonzernen das Geld verdienen und jenen, die es zum Fenster rauswerfen, immer größer geworden. Der Graben zwischen Facharbeitern und Technikern auf der einen Seite und Betriebswirten sowie Kosmetik-Abteilungen fürs Image auf der anderen Seite war schon immer so breit wie der im Eisbären-Gehege des Berliner Zoos. Inzwischen liegt dazwischen der Pazifik, also nur Wasser mit Ausnahme von Pearl Harbor, was auch kein rechter Trost ist. Das sieht man ganz einfach an Alexander B., einem für Audi tätigen VW-Mitarbeiter, der mit dem Gender-Getue „einfach in Ruhe gelassen“ werden will. Ein Prozess in Ingolstadt wird nun klären, ob er mit Arbeitsanweisungen leben muss, in denen Formulierungen dieser Art verbindlich sind: „Der_die BSM-Expertin ist qualifizierte_r Fachexpert_in“. Mehr dazu erzählte gestern Ulli Kulke in diesem Achgut.com Beitrag. Das Gericht kündigte vorsorglich an, dass es sich nicht um einen Musterprozess handele, sondern nur der Einzelfall entschieden werde, was für mich eher auf einen Erfolg des Klägers hindeutet, aber vor Gericht muss man stets auf Überraschungen gefasst sein wie auf der Nordschleife des Nürburgrings.

Um den grundsätzlichen Konflikt zwischen Anschaffern und Abschaffern verstehen zu können, sollte man ein wenig das Wesen eines Technikers oder Ingenieurs kennen. Ich habe in meinem früheren Leben als Brumm-Brumm-Journalist viel mit solchen zu tun gehabt, insbesonde im VW-Konzern. Und ich habe ihren spöden Charme immer geliebt, weil sie so rational und analytisch an die Dinge herangehen. Techniker sind nämlich Skeptiker, die die Sinnhaftigkeit einer Lösung stets anzweifeln und eine bessere finden wollen. Darin besteht das Wesen des Fortschritts. 

Techniker sind ausgebildete Selbstdenker und haben keine Zeit für „Gedöns“ wie Gerhard Schröder – es war nicht alles schlecht an ihm – während seiner Amtszeit grüne Kernanliegen zu bezeichnen pflegte. Inzwischen hat das Gedöns die Macht übernommen. Und die Techniker sollen gendern und an Lösungen tüfteln, die sie tief in ihrem Herzen nicht für der Weisheit letzten Schluss halten, etwa dem Elektroauto. Techniker hassen es, wenn man ihnen Lösungen vorschreibt statt Ziele vorzugeben, die sie erreichen sollen. Kein Wunder also, dass diese Spezies überdurchschnittlich häufig unter Achgut-Lesern anzutreffen ist und in den letzten Tagen so manche Patenschaft aus Wolfsburg oder Ingolstadt eintrudelte.

Das Phänomen von Fliehkräften, Schwerpunkt und Gierachse

Schon immer habe ich mich gern mit den Technikern und Ingenieuren unterhalten. Mit einem von ihnen bin ich sogar mal durch die Grand Galerie de l‘Évolution des Naturkunde-Museums in Paris spaziert, und er hat mir das Phänomen von Fliehkräften, Schwerpunkt und Gierachse anhand von Nashörnern, Raubkatzen und Gazellen erklärt. Danach hat er beim gemeinsamen Mahl in einem Bistro am Place de la Bastille eine Papiertischdecke mit Erläuterungen bekritzelt und die entsprechenden Naturgesetze mit der Geduld eines Nachhilfelehrers erklärt. Die Tischdecke habe ich mitgenommen. Irgendwann werde ich sie rahmen und ins Wohnzimmer hängen. Als Erinnerung an die gute alte Zeit, in der Physik noch als verbindliche Voraussetzung für den Fahrzeugbau galt. 

Und er hat mir dann noch einen Witz erzählt, der die zwei Planeten, auf der Ingenieure und Woke-Aktivisten leben, anschaulich macht. Er lautete ungefähr so:

Zwei Ingenieurstudenten schlendern über den Campus. Da sagt der eine: „Wo hast du das tolle Fahrrad her?“ Darauf der andere: „Als ich gestern ganz in Gedanken versunken spazieren ging, fuhr ein hübsches Mädchen mit diesem Fahrrad. Als sie mich sah, warf sie das Rad zur Seite, riss sich die Kleider vom Leib und schrie: ,Nimm dir, was du willst!'". Der erste Student nickte zustimmend: „Gute Wahl, die Kleider hätten vermutlich nicht gepasst!"

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Carlo Stronzo di Contadino / 03.07.2022

“In den letzten Jahrzehnten ist der Gegensatz zwischen denen, die in den Autokonzernen das Geld verdienen und jenen, die es zum Fenster rauswerfen, immer größer geworden. ” Mit diesem Satz könnte man auch den Zustand von Dummland beschreiben.

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