Dirk Maxeiner / 01.09.2019 / 06:29 / Foto: Pixabay / 36 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Runter kommen wir immer!

Die Welt ist manchmal ein bisschen ungerecht. Während Greta kohlendioxidfrei über den Atlantik segelte und damit internationales Aufsehen erregte, blieb die ökologische Pioniertat zweier technologischer Trendsetter aus Deutschland weitgehend unbemerkt. Am Donnerstag, 22. August, schrieben sie ein neues Kapitel im kohlendioxidfreien Gütertransport. In einem weltweit einmaligen Experiment gelang es ihnen, insgesamt 1.900 Tonnen mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h über fast 100 Kilometer zu transportieren – und dies ohne jeglichen Kohlendioxidausstoß. Dies eröffnet für die deutsche Verkehrswende ungeahnte neue Möglichkeiten.

Im Gegensatz zur von der Bundesregierung favorisierten E-Mobilität nutzten die beiden die auf jeden im Bereich der Gravitation eines Himmelskörpers, besonders der Erde, befindlichen Körper wirkende Kraft, die sich aus der Gravitationskraft des Himmelskörpers und der durch dessen Rotation bewirkten Zentrifugalkraft zusammensetzt. Sie kombinierten das vereinfachend „Gravitation“ oder auch „Schwerkraft“ genannte Phänomen mit einer ausgeklügelten Versuchsanordnung. 

Zunächst wurde ein Güterzug mit dem natürlichen Rohstoff Holz (1.100 Tonnen) beladen, mit insgesamt zwei Lokomotiven und 19 Waggons konnte ein Gesamtgewicht von 1.900 Tonnen erreicht werden. Als ideale Versuchsstrecke wurde eine Bahnlinie durch Oberfranken und die Oberpfalz ausgewählt, die von Norden nach Süden Richtung Donau hinab führt.

Der Vorzug von Schienen liegt darin, dass der Rollwiderstand im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln minimal ist. Dies bedeutet, dass ein Gefälle von weniger als einem Prozent ausreicht, um einen Zug rollen zu lassen. Bei der Strecke, in Richtung Schwandorf, so fanden die Öko-Pioniere heraus, handelt es sich um einen Gleisabschnitt mit mehreren Gefällen, die einen fahrenden Zug immer wieder auf Tempo bringen und ihm über flache Abschnitte oder gar Steigungen hinweghelfen.

Die Erwartungen wurden weit übertroffen

Zum Start vertauschten die beiden wagemutigen Erfinder auf dem Scheitelpunkt der Versuchstrecke die Bremsschläuche zwischen Lokomotive und Zug, so dass die störenden Bremsen außer Funktion gesetzt wurden. Um Bedenkenträgern keine Chance zu geben wurde das Experiment den zuständigen Fahrdienstleitern erst nach Antritt der Fahrt mitgeteilt, woraufhin diese die Strecke auf einer Länge von 100 Kilometern komplett für die Versuchsfahrt sperrten.

Die Erwartungen der beiden Mobilitäts-Forschenden wurden dabei weit übertroffen. In rasender Fahrt ging es vorbei an den Schildern „Willkommen in Marktredwitz“, „Willkommen in Wiesau“, „Willkommen in Weiden/Oberpfalz“. Noch nie wurden 1.900 Tonnen zukünftige Hackschnitzel schneller durch Deutschland verschickt als an diesem historischen Donnerstag, 22. August 2019. Der Zug kam dann erst kurz vor der (nach der gleichnamigen Oper benannten) Station Irrenlohe zum Stehen und rollte zwischen Nabburg und Schwarzenfeld aus. Er legte damit 70 Kilometer mehr zurück als bis zum ursprünglich angepeilten Ziel in Wiesau.

In den Bahnhöfen an der Strecke wunderten sich Reisende ein wenig über die neuen Hochgeschwindigkeits-Güterzüge der Bahn, ahnten aber nicht, dass sie Zeugen eines ebenso historischen wie absolut kohlendioxidfreien Momentes waren. Die begeisterten Schlagzeilen der Regionalpresse lauteten nach Bekanntwerden der wegweisenden Fahrt „Güterzug rast nahezu ungebremst 100 Kilometer durch Nordbayern“ oder auch „Geisterzug fährt ungebremst durch die Oberpfalz“. 

Das Experiment ist für Deutschland von enormer Bedeutung, weil es unter Beweis stellt, dass der Weg nach unten nicht nur schwungvoll, sondern auch absolut umweltschonend möglich ist. Erstmals gelang eine perfekte Symbiose von „Runter kommen sie immer“ und „Wir schaffen das“. Eindrucksvoll wurde gezeigt, welches Potenzial noch in unserem Bahnsystem im Speziellen und in Deutschland im Allgemeinen schlummert. Inzwischen treten erwartungsgemäß die ersten Nörgler auf den Plan, die kleinliche Fragen stellen: etwa die, wie der Zug denn nun wieder kohlendioxidfrei die Strecke hinauf kommen solle. Auch das haben die beiden Pioniere mit Greta gemeinsam, die ja auch nicht weiß, wie sie von den USA kohlendioxidfrei wieder nach Hause kommt. Bleiben wir also optimistisch und betrachten die ungelösten Fragen als eine Herausforderung für Jugend forscht.

 

Aus gegebenem Sonntagsfahrer-Anlass noch ein Hinweis in anderer Sache:

Die Werbung für mein Buch Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers“ wurde ganz wesentlich von Rockette el perro Morton, dem "King of Los Angeles" bestritten. Hier sehen Sie den kleinen Hund in meinem Schleichwerbe-Video und hier bei seinem täglichen Rundgang. Vor 14 Tagen geschah nun Dramatisches. An einem Sonntag erkrankte Rockette in San Pedro/Los Angeles lebensbedrohlich und Laurie Steelink, sein Frauchen raste mit ihm in die einzige geöffnete private Tierklinik. Rockette konnte mit einer Sofortoperation gerettet werden. Laurie ist Malerin – und Künstler sind meistens nicht sehr wohlhabend – trotzdem ließ sie die in USA extrem teure OP durchführen – wohl wissend, das sie diese nicht so ohne weiteres würde bezahlen können. Manche Dinge im Leben sind eben nicht verhandelbar. Jetzt hat sie den "Rockette el perro Morton Recovery Fund" aufgelegt bei dem Freunde helfen können, die Rettungsaktion zu bezahlen. Spender können auch einige ihrer Bilder erwerben. Hier gehts zur Spendenseite und hier erfahren Sie mehr über Rockette und Laurie.

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Leserpost

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Bernhard Krug-Fischer / 01.09.2019

Lieber Herr Maxeiner, es gab immer wieder Erfindungen, die durch Fehler oder Zufall entstanden sind. Hier vielleicht auch?? Aber eines hat doch dieses “Experiment” gezeigt: die Kommunikationsstrecken bei der Bahn sind noch funktionstüchtig! Nur so konnte die Strecke geräumt werden. Nicht auszudenken, wenn es es eine Kommunikationspanne gegeben hätte, und der Güterzug auf einen vollbesetzten Regionalzug aufgefahren wäre.

Roland Krast / 01.09.2019

“Nörgler auf den Plan, die kleinliche Fragen stellen: etwa die, wie der Zug denn nun wieder kohlendioxidfrei die Strecke hinauf kommen solle. “ Na, das ist doch ganz einfach. Es brauchen doch nur viele CO2 -vermeiden-wollende-Menschen zusammen an einer Seilzugkonstruktion zu ziehen. Das ist doch eine wirklich erfüllende, der Volksgesundheit ausgesprochen förderliche Tätigkeit. Machen die sicher freiwillig,weilsie sonst sowieso nichts zu tun hätten. Alternativ könnte das auch von einer Volksgruppe Neuzugewanderter übernommen werden. Dazu braucht man weder Schreiben noch Lesen zu können…....

K.H. Münter / 01.09.2019

Danke für den erhellenden Beitrag und das Foto mit “Lok im Nebel” trifft es sehr gut!

Dr. Joachim Lucas / 01.09.2019

Ich kenne noch ein paar Strecken wo man nur runterfahren muss. Z.B hat man ja schon im 18./19. Jh. ökologisch vorbildlich im Schwarzwald gelebt. Da hat man Baumstämme für kleines Geld die Flüsse runter bis zum Rhein und dann nach Holland treiben lassen. Ohne “ökologischen Fußabdruck”. Vorbildlich für unser zukünftige Restwirtschaft. Der Schwarzwald war dann zwar weitgehend abgeholzt aber die Holländer hatten ihre Handelsschiffe. Wo nix los ist, wie im Schwarzwald (“Steine gab’s und wenig Brot”) lebt es sich ökologisch dann prächtig. In der Lausitz können sich da jetzt die Leute eine Scheibe von abschneiden.

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