Dirk Maxeiner / 22.12.2019 / 06:26 / Foto: Pixabay / 20 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Mehr Traktor wagen!

Ich gebe es s ja zu, ich bin ein Auto-Prepper. Und sammle Fahrzeuge für den Day After. Der Eintrag unter Wikipedia lautet: „Prepper bezeichnet Personen, die sich mittels individueller Maßnahmen auf jedwede Art von Katastrophe vorbereiten....“. Also beispielsweise eine schwarzgrüne Bundesregierung. Der Einmarsch der russischen Armee durch das Strategische Kommando West ist eine geradezu wünschenswerte Angelegenheit dagegen. Man muss also Vorbereitungen treffen. 

Vor 1989 zusammengeschraubte, also mindestens 30 Jahre alte Fahrzeuge, dürfen mit einem sogenannten „H-Kennzeichen“ als historisches Kulturgut angemeldet werden. Da wird sich die schwarzgrüne Armee-Fraktion als Letztes dran trauen, wegen Bestandsschutz und so. Außerdem geht’s um meine Geschlechtsidentität. So heißt es auf dieser hervorragenden Informationsseite: „Es gibt viel mehr als nur zwei Geschlechtsidentitäten! Nicht alle Menschen sind Männer oder Frauen. Diese Personen bezeichnen sich zum Beispiel als nicht-binär oder genderqueer.“ Richtig, richtig, ich bin nämlich ein halbes Auto und benötige zum Pinkeln eine Arbeitsgrube, in der ich nicht-binär das Öl ablassen kann. 

Ich achte darauf, dass meine Geschlechtsgenossen nur über rudimentäre Elektronik-Anteile verfügen, damit mich der datensammelnde Feind nicht orten kann. Ein alter VW oder Benz aus den 70er-Jahren ist so undercover wie eine israelische Drohne im Anflug auf Teheran. Wer weiß, vielleicht müssen wir Achgut.com eines Tages mit einem Matritzendrucker  im Fond einer Mercedes S-Klasse der Baureihe 116 produzieren und die Beiträge nachts heimlich unter der Haustür der Leser durchschieben. 

Meine Untermieter haben das Insektensterben verpasst

Ich habe mir deshalb einen kleinen Vorrat von autobinären Ü30-Geschlechtsgenossen angelegt, kostet ja so gut wie nix, man braucht nur eine Garage. Eine davon befindet sich auf einem versteckten Bauernhof in Schwaben. Auf diese Art und Weise habe ich nebenbei Kontakt zur Landbevölkerung. Das sind Leute, die Kartoffeln anbauen, anstatt sich zu welchen machen zu lassen.  

Auch zur Natur als solcher pflege ich ein inniges Verhältnis. In meiner großen Holzgarage siedeln im Sommer Wespenschwärme in riesigen Nestern. Ich muss noch nicht mal abschließen, da traut sich keiner rein. Meine Untermieter haben irgendwie das Insektensterben verpasst und sind putzmunter. Ich bin nett zu den Tierchen und versuche sie sanft zu einem Umzug zu bewegen. Zu ihrer Orientierung habe ich einen Zettel mit der Flugroute nach Berlin und den Koordinaten des Kanzleramts an die Wand genagelt.

Letzte Woche bin ich hinausgefahren, um die Jahresmiete zu übergeben, es war aber niemand da. Statt dessen parkte der riesige John Deere-Ackerschlepper des Hofeigners vor dem Garagentor und ich konnte nicht rein. Ein Anruf bei seinem Besitzer ergab, dass dieser gerade auf einer Bauernhochzeit weilte und weder willens noch fähig war, nach Hause zu eilen. Die Schwarzwälder Kirschtorte wurde gerade mit einer herumgereichten Flasche Korn in ein zündfähiges Gemisch transformiert. Deshalb durfte ich den Traktor per Ferninstruktion wegfahren, der Schlüssel steckte nämlich. 

„Den Indianer-Überfall haben wir zurückgeschlagen."

Hoch oben im Steuerstand kam ich mir vor wie der Käpt’n des Traumschiffes beim Verlassen des Hamburger Hafens. Ich war baff wie sanft mehrere hundert Pferdestärken schnurrten und wie easy so ein Elefant bewegt werden kann. Um dem Bauer meinen erfolgreichen Fahrversuch zu dokumentieren, hielt ich das Mobiltelefon in die Höhe und betätigte die Hupe. Es ertönte eine Kompressor-Fanfare ähnlich dem Nebelhorn eines Passagierdampfers. Bei geschlossenen Augen könnte es auch eine Dampflokomotive auf dem Weg nach Carson-City gewesen sein, dessen Horn erfreut verkündet: „Den Indianer-Überfall haben wir zurückgeschlagen."

Das passt dazu, was Achgut.com-Autor Gerd Held in seinem Jahresrückblick „Die Wahrheit ist auf dem Platz“ über den Traktor schreibt: 

„Die große Bauern-Demonstration am 26. November in der deutschen Hauptstadt hat vor allem durch ihre physische Wucht und die prosaische Knappheit ihrer Sprache beeindruckt. Den Berlinern sind dabei vor allem die 8.600 Traktoren im Gedächtnis geblieben: ihre Größe, ihre gewaltigen Räder, ihre bulligen Motoren, ihre dröhnenden Hupen und ihr Warnleuchten-Gewitter. Mit den Bauern trat eine Kraft auf, die eine bestehende und täglich durch Arbeit erneuerte Realität hinter sich wusste. Eine Realität, die in unseren heutigen Großstädten völlig verdrängt ist und der sie fremd gegenüberstehen.

Mit der Traktor-Demonstration, die die Innenstadt und die großen Zufahrtsachsen in Beschlag nahm, bekamen die Berliner wieder einen Eindruck von den Gewichten und Gewalten, die in den Arbeitsprozessen draußen im Lande bewegt werden müssen, damit ihre „Urbanität“ jeden Tag überhaupt auf die Beine kommt. Ja, der Ton war rauh, aber hier war nicht irgendeine demonstrativ-kreischende Wut zu hören, sondern man spürte den festen, unbeirrbaren Zorn von Menschen, die wissen, was sie leisten. Und die sich auch nicht von irgendwelchen rhetorischen Mätzchen beeindrucken lassen.

Kann ich nur bestätigen. Die Spezies des Bauern bevorzugt eher robuste Kommunikationsformen. Und der Traktor spielt dabei mitunter eine entscheidende Rolle. So fuhr ich an einem sonnigen Herbsttag auf ein abgeerntetes Stoppelfeld. Ich hatte mir in der Landmetzgerei eine Brotzeit gekauft und wollte eine entspannte Mittagspause einlegen. Allerdings hatte ich die Rechung ohne den Besitzer der Latifundie gemacht. Er fuhr mit seinem Schlepper auf den Acker, ließ den Pflug hinab und zog eine wunderbare kreisrunde Furche um mich herum. Dann entschwand er grußlos. 

Vielleicht spannen die Bauern bei ihrem nächsten Berlin-Besuch ja den Pflug ein.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Andreas Rochow / 22.12.2019

@ Eugen Richter - Dass zu einem solchen Bekenntnis mittlerweile Mut gehört, macht es zu einem Ruf aus der Dystopie. Ich schließe mich an und genieße das allfällige gouvernantenhafte “Schämt euch” der Oberraute und ihrer Abriss-Aktivisten.

Werner Martin / 22.12.2019

@Heiko Stadler: wenn die Bauern merken, dass ihre Proteste im Sande verlaufen, wird/muß der Güllewagen zu Einsatz kommen. Den im nächsten Jahr geplanten Bau eines Wassergrabens im den Reichstag könnte man dann ab und zu befüllen.

Manfred Knake / 22.12.2019

@Heiko Stadler: “… auch ein Güllewagen am Traktor hätte eine größere Wirkung als stundenlange Reden.” Wie meinen? Nicht nur EIN Gülleanhänger am Traktor hat in Deutschland durchschlagende und “nachhaltige” Auswirkung auf das Grundwasser, das aufwendig als Trinkwasser aufbereitet werden muss. Für viele kommt das Wasser eben nur aus dem Wasserhahn. Nur will Bauer eben mit Gülle weitermachen wie bisher, wehrt sich gegen Auflagen, hält die Hand aber immer rechtzeitig auf, wenn die Fördertöpfe sprudeln und macht mit überdimensionierten Traktoren “en masse” medialen Eindruck.  Google hilft, Stichworte “Nitrat, Grundwasser, Karten”.

Andreas Müller / 22.12.2019

Außerordentlich anregend, dieser Artikel, auch in Bezug auf die Geschlechtsidentität, wenn man ein halbes Auto ist. Wer bin ich, wenn der Vater ein halbe Giulia war und die Mutter ein halber Kadett ? Ich bin ein Viertel Corolla und fordere meine eigene Toilette. Was passiert, wenn Daffodil Habeck und Isetta Roth von dieser Realität erfahren ?

Karl Dreher / 22.12.2019

“... sammle Fahrzeuge für den Day After ... achte darauf, daß ...  nur ... rudimentäre Elektronik-Anteile ... der datensammelnde Feind nicht orten kann.” Das überzeugt! Ich werde meinen 15 Jahre alten 6Zylinder Daimler behalten. Er ist super in Schuß, wird regelmäßig von der (freien) Werkstatt meines Vertrauens fachmännisch gewartet und gerne für gelegentliche längere Fahrstrecken aus der Garage geholt. Einfach schön, wenn dann die Maschine mit dem großen Hubraum schnurrt und schnurrt ... Da kann kein schissiges E-Auto, in der Umweltbilanz insgesamt (von der Batterieherstellung und Fahrzeugfertigung über [Batterie-] Stromgewinnung bis zur Entsorgung) deutlich schädlicher als so ein guter alter “Verbrenner”, mithalten. Und das satte Geräusch eines 6Zylinder-Motors ist Musik in der Ohren ... was kann da schon ein E-Auto bieten? Von geräuschlosem Fahren bis zu künstlich erzeugten Fahrgeräuschen ... einfach lächerlich!

Christa Born / 22.12.2019

Ja, her mit den Pflügen! Unterm Pflaster, liegt der Strand. Gilt insbesondere für Berlin. Alles Sand. Von der kürzlichen Eiszeit. Noch zwei Meter tiefer kommt der Sumpf. War bestimmt mal eine schöne Gegend. Wachsen gute Kartoffeln dort.

Lisa-Karin Leigenbruch / 22.12.2019

Ich rate den Bauern. Organisiert eigene Absatzwege und vermarktet eure Produkte direkt nach Asien. Kümmert euch nicht um die deutschen Städter.

Stefan Lanz / 22.12.2019

Ja, den Traktor könnte man auch bei der Polizei gut brauchen. Inzwischen Spielball von Politik, Justiz und (Wut-)Bürger, wird die Polizei mit Doppelbestrafung und der weiten Auslegung des Beamtenrechts immer kleiner gehalten. Die Führung federt nichts mehr ab, die Polizei-Gewerkschaften sowieso nicht, da diese entweder den grossen 2 linken Gewerkschaften angehören oder von sich aus die Realität bereits schon vor langem aus den Augen verloren haben und mit den Nöten auf der Strasse gar nichts mehr am Hut haben, weil sie zu den besseren Herren gehören, da Kriminaler. Immer weniger auf der Strasse und immer Jüngere (rufen sie mal in München die Polizei und schauen, wer da kommt). Die Alten verpissen sich ins Büro, haben bereits innerlich aufgeben und warten auf ihre Pensionierung. Als neuestes Mittel zur Förderung der (meist jungen) Polizei-Beamten in München wurde beschlossen, die begünstigte Staatsbediensteten Wohnung mit einem geldwerten Vorteil zu belegen und der gleich einmal mit dem Weihnachtsgeld verrechnet wurde. So geht geht also Wertschätzung eines Polizisten heute… Aber die Kohlen aus dem Feuer holen, die die hippe Stadtgesellschaft erst geschaffen hat, natürlich absolut pc, sonst ist man ja gleich rechts und wird schneller von Bürger, Justiz, Medien und der Politik gemassregelt, als man Polizei sagen kann. Es wird Zeit, sich auch bei der Polizei zu emanzipieren und auch hier den Trekker rauszuholen.

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