Noch etwas. Selbstverständlich bin auch ich dafür, Personen jeglicher Coleur hier zu Wort kommen zu lassen. Nur so bekommt man Einsicht in deren Gedankenwelt. Und die ist zuweilen halt sehr ernüchternd um nicht zu sagen schlicht.
@ Archi W Bechlenberg Ich setze noch einen drauf. Vor Ewigkeiten fiel mir im Bundesarchiv zur Pressezensur im „Vormärz“ ein Dokument in die Hände, das mich zum Schmunzeln brachte. In einer Berliner Gazette sollte eine herzzerreißende Geschichte gedruckt werden, die der Vorzensur zum Opfer fiel. Worum ging es? Eine preußische Postkutsche war in der Kurve umgekippt, was wegen des ungünstigen Scherpunktes der Gefährte und der miserablen Straßenverhältnisse nicht selten geschah. In Folge der Katastrophe, bei der übrigens niemand ernsthaft zu Schaden kam, lernten sich zwei Insassen der Kutsche, Mann und Frau, näher kennen und lieben, schnell wurde geheiratet. Der Zensor ließ das nicht durchgehen. Begründung: Gefahr des Verlustes der Staatsraison! Überall können Postkutschen umfallen, aber nicht in Preußen, denn hier herrscht Ruhe und Ordnung. Wenn bekannt würde, dass in Preußen Postkutschen kippen können, kippt als Nächstes gar die Monarchie.
@Bernd Große-Lordemann - Hallo Herr G.-L. Sie schreiben: -“Die Einteilungsspezialisten der Volksbildung, kurz WDR 1-5, geben bekannt, dass sich heute in Dortmund wieder die gleichen Aluhüte, Klima- und Coronaleugner, Impfgegner und verschisstischen Unbelehrbaren zu einer Zusammenrottung verabredet haben wie neulich in Berlin. Entgegen der Einschätzung der Organisatoren, die von bis zu tausend Teilnehmern sprechen, erwartet der Sprecher der Polizei etwa 20- 30 Demonstranten und mehrere tausend Gegendemonstranten.” - Ich komme gerade aus Dortmund. Es war eine sehr friedliche Veranstaltung; es waren an die 3000 Menschen da. Ich habe nicht einen Gegendemonstranten gesehen. Die erste Rede hielt ein 57jähriger Kriminalhauptkommissar. Sein Mut und der Inhalt seiner Rede haben mich sehr beeindruckt. Er kenne weltweit keine Demokratie in der man nicht seine Meinung sagen dürfe und wenn man seine Meinung nicht mehr sagen dürfe dann trage die Staatsform den Namen Diktatur. Ihm war völlig klar, dass er mit disziplinarischen Maßnahmen zu rechnen habe. Vorher noch hatte er seine Polizeikollegen schon aufgerufen, in das Lager “für Frieden und Freiheit” herüber zu wechseln. // Nach diesem Tag heute, glaube ich nun doch, dass es dieser Regierungs- und Medienjunta nicht mehr möglich sein wird, diese Bewegung für Freiheit und gegen die Übernahme privater Zuständigkeiten durch den Staat noch aufzuhalten. Ich klopfe auf Holz.
@ Archi W Bechlenberg Zur Zensur der Presse, auch der Selbstzensur, will mir immer wieder die Zeit der „Karlsbader Beschlüsse“ im „Vormärz“ einfallen. Unübertroffen karikiert von Theodor Hosemann in seiner Zeichnung von 1847. Bei Google eingeben: „Theodor Hosemann die Hamburger Zensoren“, Bildersuche.
Es weht ein neuer Wind. Ich sage es ganz offen und auf die Gefahr hin, nun Vorurteile zu schüren: Kürzlich wurde ich bei der Welt gesperrt. Ich erhielt eine Mail mit meinem letzten Kommentar, in dem absolut nichts steht, was gegen eine Netiquette verstoßen könnte, der allerdings nicht besonders der Regierung zugeneigt war. Vor einer Woche nun bekam ich keinen einzigen Kommentar bei Focus mehr durch, nach gut 1000 angenommenen, “Erfolgs”-Quote bei mir mindestens 90 %. Ich fühlte mich fast schon wie ein Mitarbeiter. Vor drei Tagen nun wurde mein Zugang gesperrt. Das Besondere daran ist, ich erhielt weder eine Verwarnung noch eine Mail, daß ich gesperrt sei. Das nenne ich eine schweigende Kaltstellung. Welches “Verbrechen” ich begangen haben soll, ist mir vollkommen unerklärlich. Im Übrigen fand ich immer, daß meine Wortwahl deutlich moderater ist als die anderer Kommentatoren bei Welt und Focus. Irgend etwas ist da im Gange.
Ein Vorteil: Arschlöcher sind jedenfalls immer in der Mitte. Die Rechtsdiskussion ist somit entbehrlich.
Vor einiger Zeit schrieb ich für das ef Magazin eine Glosse über das Erlebnis eines Freundes, der, unverbesserlich, noch immer die WELT las und, schlimmer noch, dort ab und zu kommentierte. Bzw. versuchte zu kommentieren. Er hatte mir folgendes erzählt: Ein Restaurantchef in NRW hatte zu Beginn des Coronazeitalters, also etwa März 2020, Wellen in den Medien geschlagen, dadurch, dass er chinesischen Gästen den Zutritt verwehrte. Schon etwas dämlich, aber darum geht es nicht. Empörung allenthalben, natürlich auch in der WELT. Mein Freund schrieb daraufhin einen ironischen Kommentar, der aus genau einem Satz bestand, in dem er vorschlug, dass auf der Karte des Gourmettempels zur Strafe zukünftig nicht mehr “Kaviarschaum über glasierten Ziegenklöten” oder ähnlich Blumiges stehen dürfe, sondern “Die Nummer 23”, als scherzhafte Anspielung auf die Karten chinesischer Restaurants. Er wurde daraufhin lebenslang bei der WELT gesperrt. +++ Nein, fragen Sie mich nicht, wieso man dafür gesperrt wird. Mein Freund hingegen verstand die Welt nicht mehr, war erbost und hakte bei der Redaktion nach. Die blieb dabei, natürlich ohne konkrete Erklärung (außer “verstößt gegen Bla Bla”) . Ich gratulierte ihm zu der nun gewonnenen Zeit und dem Geld, dass er durch die Abokündigung spart. +++ Wenn ich bedenke, wie ich mich mit meinen Altvorderen (Vater, Onkel) vor 50 Jahren über deren WELT-Abos zoffte (damals war ich ähnlich drauf wie Schmid; wer auch nicht in der Sturm- und Drangzeit?), könnte mich die evidente Verlumpung des Blattes in der Merkelokratie aufregen. Tut es aber nicht. Alphonso und Henryk kann ich zwar nicht lesen, aber das nehme ich in Kauf. Dafür fällt mir der ganze Rest ringsum auch nicht in die Finger. So wenig, wie ich das Katzenklo mit der gedruckten WELT auswischen würde, so wenig will ich deren Sch… vor Augen und im Kopf haben. Ich kann das nur jedem zwecks seelischer Hygiene empfehlen.
Ein Nachtrag, bitte um Entschuldigung! - @ Hrn. R. Niersberger: Aus Ihrem Kommentar schlußfolgere ich, daß Sie stets auf einen Flecken Erde gelebt haben, auf dem Sie 40 Jahre postfaschistische (Stalinismus etc.) Diktatur nicht erleben durften. Ihnen könnten somit bestimmte Verhaltens- und Überlebensszenarien unter jenen Bedingungen nicht Teil Ihrer Lebenserfahrung sein. Gleichwohl, ich erkenne an, daß diejenigen, die auf den fahrenden Zug angewiesen sind, keine besonders gute Karten haben. Aber, ‘Wir haben immer eine Wahl, und sei es die, sich denen sich nicht zu beugen, die sie uns nahmen.’ - schrieb einmal sinngemäß der Lyriker R. Kunze. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich nicht in den Zug setzen, er kann ja aussteigen, ein wenig eigene Sicherheitsgrundlage braucht es allerdings. Wie auch immer, wenn sich ein bis dato politisch unbescholtener bekannter Fußballer dazu hinreißen läßt, auf einer verruchten Demo seine Meinung dahingehend zu äußern, daß es einer neuen Partei bräuchte, weil das bekannte Establishment nicht mehr wählbar sei, so ist diese ungeheuerliche Tat doch zumindest ein Hinweis darauf, daß es anscheinend auch im gut situierten Old Germany einigen langsam zu dämmern scheint, was die Glocke schon seit langem geschlagen hat! Auch darf man sich nicht von Prozentzahlen täuschen lassen. Selbst wenn die hellsehenden Arschlöcher nur 5 % ausmachten, so ist doch der Rest nicht automatisch in die Kategorie ‘Blindgänger’ einzuordnen, täuschen Sie sich nicht. Ein Teil mag sicherlich dumpe Manipulationsmasse sein, die mal auf dem einen und danach auf dem anderen Bein tanzt. Ein m. A. n. nicht unerheblicher Teil sagt jenes, was seinem Fortkommen nicht abträglich sein kann. Sagen und Denken sind zweierlei Dinge, denn, ‘Der Feind hört mit’!
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