Dirk Maxeiner / 07.08.2022 / 06:15 / Foto: Pixabay / 72 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Du bist nicht allein

Sie sind nicht allein, ganz und gar nicht. Und jetzt die schlechte Nachricht: Die vielen, die gar nicht alleine sind und es nur glauben, wissen nix voneinander, sonst würden sie es ja nicht glauben.

Zu den Privilegien eines Achgut-Autors zählt der angenehme Umstand, von seinen Lesern stets auf dem Laufenden gehalten zu werden. Manche nutzen uns als so eine Art Kummerkasten, in den man in einem unbeobachteten Moment einen Zettel einwirft, um seine Sorgen wenigstens mal loszuwerden. Manche sehen in Achgut.com einen Feuermelder, bei dem man eine Glasscheibe einschlägt, um den roten Knopf zu drücken. Andere betrachten uns als Babyklappe, in die man neu gewonnene Erkenntnisse legt, damit sich jemand darum kümmert, weil man selbst keine Zeit hat. Für ganz viele haben wir auch eine sozialtherapeutische Funktion, sie haben das Gefühl, durch Achgut.com mit ihren Gedanken und Ansichten nicht gänzlich allein zu sein (manchmal gilt dies übrigens auch umgekehrt).

Letzteren möchte ich hier zunächst einmal eine sonntägliche frohe Botschaft überbringen: Sie sind nicht allein, ganz und gar nicht. Und jetzt die schlechte Nachricht: Die vielen, die gar nicht allein sind und es nur glauben, wissen nix voneinander, sonst würden sie es ja nicht glauben. Falls Sie am heutigen Sonntag einen Gottesdienst besuchen und vom frommen Gewölbe mal wieder der politisch-ideologische Kalk herunterrieselt wie der stete Tropfen in einer mittelalterlichen Folterkammer, dann wärmen Sie sich bitte mit folgendem Gedanken: Wenn einer aufstehen würde, um höflich kundzutun „Ich höre mir diesen Stuss nicht mehr an", wäre er höchstwahrscheinlich nicht mehr allein, denn andere würden sich plötzlich auch was trauen. Vielleicht sogar der Herrgott. Aber keiner sagt was, weil jeder denkt, er sei allein. Das ganze nennt sich Schweigespirale, und ist die in der Bundesrepublik präferierte Verhütungsform.

Deshalb versuchen die Herzchen auf der Regierungsbank und ihre Entourage ja mit allen Mitteln, Demonstrationen gegen Regierungshandeln als Ansammlung finsterer Kräfte zu stigmatisieren. Es besteht im mentalen Führungsbunker die begründete Befürchtung, dass der Mensch in größeren Ansammlungen bemerkt: Ich bin nicht alleine und vollkommen normal. Bricht sich diese Erfahrung Bahn, ist die Lufthoheit darüber, was gesagt und gedacht werden darf, rasch dahin.

Doch zurück zur frohen Botschaft: Achgut.com hat immerhin rund eine Million Leser, die sich fälschlicherweise alle allein fühlen. Eine Million: Das würde womöglich sogar für ein, zwei Sitze im Europaparlament reichen, siehe Martin Sonneborn und Die Partei. Satire können wir schließlich auch. Und zwar indem wir einfach nur darüber berichten, was in diesem Lande so passiert. Besonders natürlich in Berlin, wo gerade wieder ein hübscher Schwank aufgeführt wird. Wer kommt schon auf die Idee, mitten in einem dicht bewaldeten Berliner Naherholungsgebiet und gleich neben der Stadtautobahn einen Sprengplatz für Bombenfunde und Feuerwerkskörper zu unterhalten? Das wäre nicht einmal Ephraim Kishon für eine seiner Geschichten aus Tel Aviv eingefallen.

Insgesamt handelt es sich um eine schöne Metapher. Die Politik in Berlin glaubt ja schon länger, Sprengsätze unter Kontrolle halten und beim Bürger ablagern zu können, etwa Migration, Lockdown, Impfschäden oder die Vernichtung der Kraftwerks-Infrastruktur, euphemistisch Energiewende genannt. Auch Feuerwerkskörper wie Karl Lauterbach werden fahrlässig in den Verkehr gebracht. Naturgemäß werden auch die Betroffenen irgendwann zum Explosivkörper. Und man darf sich nicht wundern, wenn die Chose in die Luft fliegt. Da helfen dann keine Wasserwerfer mehr. Weder im Grunewald noch vor dem Brandenburger Tor.

Vielleicht sollte die Achse Versicherungen verkaufen

Bei der Europawahl gibt es in Deutschland etwa 65 Millionen Wahlberechtigte, von denen rund 60 Prozent zur Wahl gehen dürften, das macht 39 Milllionen Wähler. Ein Prozent davon sind 390.000 Wähler. Wahrscheinlich will das Europaparlament deshalb jetzt eine 3,5-Prozent-Hürde für Länder wie Deutschland einführen (gab es bislang nicht). Aber selbst die 3,5 Prozent liegen nicht außerhalb unserer Reichweite. Wir arbeiten dran und haben bei einem gemeinsamen Besuch in Brüssel schon mal die Cafés inspiziert und das wirklich hervorragende belgische Bier und die ausgezeichneten Fritten probiert. Die nächste Europawahl wird übrigens im Frühjahr 2024 abgehalten. Mit unserer Idee befinden wir uns auf der gleichen Linie wie die SPD, die bekanntlich ebenfalls ein erfolgreiches Medienhaus ist, mit angeschlossener, weniger erfolgreicher Partei.

Eine Wahlkampfparole fällt mir auch ein, inspiriert von Bauhaus: „Weil's gut werden soll!" Alternativ „Mach Dein Ding" (Hagebaumarkt) oder „Es gibt immer was zu tun" (Hornbach). Das ist in jedem Fall schön ungefähr, und wir können danach praktisch machen, was wir wollen –  „Ohne Scheiß, wir sind total offen" (Toom). Ich denke da an irgendwas mit gehobenem Unterhaltungswert. Zum Beispiel politische Entscheidungen auf der Basis von Fakten zu treffen. Das wäre der Brüller, da bin ich mir sicher. 

Aber zurück zu den Zahlen: Das größte Kreuzfahrtschiff der Welt („Wonder of the Seas") fasst 7.000 Passagiere, das Münchner Olympiastadion 70.000 Zuschauer, Frankfurt hat rund 750.000 Einwohner. Andererseits: Der ADAC hat 21 Millionen Mitglieder, obwohl er eigentlich nur Reisen und Versicherungen verkauft. Da ist also noch Luft nach oben.

Vielleicht sollte die Achse nicht nur ins Europaparlament einziehen, sondern auch Versicherungen verkaufen. Politiker verticken ja auch nichts anderes als Versicherungen, die ihnen erstaunlicherweise immer noch abgekauft werden. Merke: Zwischen CDU, SPD, FDP und HUK gibts nur graduelle Unterschiede. Der Wesentlichste heißt: Im Schadensfall geht bei der HUK noch einer ans Telefon, bei den Parteien befinden sich die Verantwortlichen im Ruhestand oder wie Norbert Blüm – Gott habe ihn selig – auf einer Wolke. Dort läuft ein Anrufbeantworter mit der verbindlichen Auskunft „Die Rente ist sicher". Wer das nicht glaubt, der sollte für seine Altersversorgung lieber zur ADAC- oder AvD-Pannenhilfe greifen. Die schicken, wenn es so weit ist, wenigstens einen Abschleppwagen.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Pixabay

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T. Schneegaß / 07.08.2022

“Satire können wir schließlich auch. Und zwar indem wir einfach nur darüber berichten, was in diesem Lande so passiert.” So sehe ich das auch. Deshalb bewundere ich ehrlich, das ist jetzt keine Satire, auch die relativ vielen Kommentatoren, die zumindest versuchen, gegen diese Bande, die dieses Land okkupiert hat, und deren Verbrechen ernsthaft zu argumentieren. Mir fällt das schwer, weil ich glaube, dass man mit Ideologen keinen ernsthaften Dialog führen kann. Bei Ideologen ist das Hirn verkapselt, da dringt nichts mehr ein und das was drin ist, ist tot. Satire hilft allein zwar auch nicht aus dem Dilemma, aber sie beruhigt insofern das eigene ich, indem sie deutlich macht, dass eben nicht alle der beabsichtigten Verblödung anheim fallen. Das ist sicher auch ein wesentlicher Grund dafür, dass der Sonntagsfahrer eine der beliebtesten Rubriken auf der Achse ist, wie man den Kommentaren entnehmen kann.

Claudius Pappe / 07.08.2022

” Lasst endlich das Jammern sein! Uns geht es großartig! ” titelt heute die grünrote Ruhrnachrichten in ihrer Online Ausgabe. Der Schreibende ( Journalist kann er ja nicht sein ) der Ruhrnachrichten scheint dem Foto nach schon Ü 60 zu sein und leidet offensichtlich an Wahrnehmungsstörungen .

Thomas Szabó / 07.08.2022

Ich lese gerade einen brillanten alten Artikel (Gefährlicher Tanz mit der Toleranz / Spiegel 2008) von Herrn Broder: “...Die Aufhebung von Privilegien, wie dem Zugang zur Öffentlichkeit, führt nicht automatisch zu einer Demokratisierung des öffentlichen Diskurses, sondern zu dessen Analphabetisierung. Dieser Prozess wird durch die Egalisierung der Kulturen auf Kosten der Zivilisation beschleunigt. Kultur ist, wenn Sie Ihrem Nachbarn den Kopf abschlagen und daraus eine Blumenvase machen. Zivilisation ist, wenn Sie dafür ins Gefängnis müssen und nie wieder rauskommen. Während “Kultur” und “multikulturell” hoch im Kurs stehen, wird “Zivilisation” verachtet, weil sie kulturelle Unterschiede zugunsten zivilisatorischer Disziplin aufhebt. Wird der “kulturelle Hintergrund” oft als mildernder Umstand herangezogen, äußert sich der zivilisatorische Fortschritt darin, dass es verbindliche Regeln für alle gibt. Egal, ob Sie ein anatolischer Bauer oder ein rheinischer Philosoph sind, Sie bekommen keinen Bonus und keinen Malus, wenn Sie sich an Ihrer Tochter vergreifen. Deswegen kann es den Begriff “multizivilisatorisch” nicht geben. Es gibt nur “multikulturell”. ...” Herr Broder, Herr Sarrazin und andere Autoren der Achse wären großartige EU-Parlamentarier, die durch ihre intellektuelle & rhetorische Brillanz und ihre Redlichkeit die anderen Parlamentarier überstrahlen würden. Stanisław Lem schrieb, dass die Spiegelung der Sterne in einer dreckigen Pfütze umso heller erstrahlt. Werfen wir unsere Perlen vor die Parlamentarier!

Hans-Peter Dollhopf / 07.08.2022

Herr Maxeiner, es gibt im Lexikon von Juraform im Internet unter dem Stichwort “Fraktion” einen schönen Satz: “Freilich sind auch im Europäischen Parlament fraktionslose Abgeordnete aktiv.” Und ich stelle ihn hier lediglich zur Schau, weil darin endlich einmal das “fränki"phone Adverb freilich zu bewundern ist, welches sonst überwiegend nur mündlich und lokal begrenzt frank und frei verwendet wird. Aber nebenbei fragt man sich freilch schon, welche der vorgegebenen Fraktionen im EU-Parlament denn mit der Partei “Die Achse” verträglich sein könnten.

Rudi Hoffmann / 07.08.2022

Wenn die Schlauen sich nicht angagieren ,  werden die Dummen sie regieren !

Walter Erbert / 07.08.2022

Lieber Herr Maxeiner, der Sprengplatz im Grunewald ist entstanden, als Berlin noch eine Insel war. Damals war er das einzige Gebiet in Westberlin, dass abgelegen von Wohnbebauung und Industrie lag. Das ein Sprengplatz notwendig wurde, lag an der zahlreichen Fundmunition. Wir erinnern uns: Berlin wurde während des Zweiten Weltkrieges heftig bombardiert und am Ende des Krieges tagelang heftig umkämpft. Dafür, dass er nach dem Mauerfall dort verblieben ist, gibt es auch gute Gründe. Man fährt nämlich nicht gerne mit Muntion, die nicht mehr handhabungssicher ist, größere Strecken. Und ein Entschärfen bzw. Sprengen vor Ort ist eben nicht immer möglich oder erwünscht. Zudem ist die Lage im Grunewald so verkehrt nicht: Bevölkerung gibt es (so gut wie) keine, Infrastruktur nur wenige (die Autobahn und die S-Bahn müssen während der Sprengungen aus Sicherheitsgründen gesperrt werden, werden aber nicht zerstört), und die Bäume des Grunewaldes wirken als Dämmung für die Druckwelle und Splitter einer unkontrollierten Explosion.

Markus Kranz / 07.08.2022

Wir haben eine konservative Mehrheit. In Deutschland. Der einzige Grund, warum diese nicht regiert, ist, weil eine solche Koalition mit massiver Gewalt, brennenden Innenstädten, Fake News und Morden verhindert werden würde. Das Problem ist nicht der IS, die Energiekrise, die Wirtschaftskrise oder die illegale Einwanderung. Das Problem sind die Linken.

Rudi Knoth / 07.08.2022

Das Thema Schweigespirale ist ja alt und stammt ja aus den 70er Jahren. Und es hat sich im gewissen Sinne nicht geändert. Eine “lautstarke” Minderheit versucht sich als “de Zivilgesellschaft” darzustellen und abweichende Meinungen als “rechts” etc abzustempeln und sogar die Menschen, die diese vertreten, als “unzivilisiert” darzustellen. Dabei ist es nach meiner Meinung umgekehrt. Diese Minderheiten sind eher die “Unzivilisierten”.

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