Rainer Bonhorst / 20.01.2020 / 14:00 / Foto: Johann H. Addicks / 93 / Seite ausdrucken

Der schleichende Verfall des Gesundheits-Systems

Neulich in der Apotheke. Rezept vorgelegt. Die Antwort der Apothekerin: „Das Präparat haben wir leider nicht. Es kann auch nicht bestellt werden.“ Nächster Versuch. Die gleiche Antwort. Und ein spezieller Service. Die Apothekerin ruft bei der Vertriebsfirma an. Die Auskunft: „Wir können leider nicht sagen, wann wir das Medikament wieder liefern können.“ Da mir – und vielen anderen - das nicht zum ersten Mal passiert ist, drängt sich langsam die Frage auf: Steigt Deutschland auch in der Medizin-Versorgung still und leise zu den Entwicklungsländern ab?

Recherchen verschiedener Medien über den Medikamenten-Notstand haben ergeben, dass weit über zweihundert Produkte ganz oder vorübergehend vom Markt verschwunden sind. Es ist absehbar, dass der Mangel an Produkten bald die Dreihunderter-Marke erreichen wird. In meinem aktuellen Fall ging es um Antibiotika, einen einigermaßen verschmerzbaren Verlust. Ich versuch's halt mal mit Kräuter-Tee. Schlimmer sieht es bei Mitteln gegen Epilepsie und bei bestimmten Medikamenten gegen Depression aus. Auch an Narkose-Mitteln herrscht hier und da Mangel.

Wie bitte? Jahrzehnte lang ist es in unserem zivilisierten Land gelungen, Epileptiker einigermaßen vor den tückischen Folgen ihres Leidens zu bewahren. Und jetzt auf einmal nicht mehr? Und bei Depressionen? Da gibt es oft, aber keineswegs immer, Ersatzpräparate. Schauen wir also hilflos wie anno dazumal zu, wie unsere Bürger wieder von epileptischen Attacken heimgesucht oder unbehandelt in die Tiefen ihrer Depression absinken? Und wie sieht es bei Operationen in Zeiten mangelnder Narkose-Mittel aus? Soll eines Tages wieder 'ne Flasche Schnaps den Patienten auf den Eingriff vorbereiten? Ja, wo sind wir denn?

Im Zweifel hilft die Europa-Ausrede

Eigentlich hatten wir doch im Weltvergleich ein relativ gutes Gesundheitssystem, durchaus erschwinglich und mit der Zusage, dass jeder das bekommt, was er wirklich braucht. Wer hätte gedacht, dass auf einmal viele Medikamente bei uns so rar werden wie Bananen in der DDR. Wer ist verantwortlich? Und was unternimmt die Politik?

Die scheint mit wichtigeren Dingen beschäftigt zu sein. Zum Beispiel mit dem vor allem in Deutschland drohenden Weltuntergang durch Klimawandel. Und mit lebenserhaltenden Maßnahmen zur Rettung der moribunden GroKo. Im Zweifel hilft die Europa-Ausrede. Man müsse das Problem auf europäischer Ebene angehen, heißt es. Wunderbar. Da winkt der Sankt-Nimmerleins-Tag. Auch schwirrt die Idee herum, den Mangel durch konsequentere Warn-Listen transparenter zu machen. Tolle Idee. Das ist, als hätte man an den Läden der DDR-Schilder angebracht: Heute keine Bananen. Das Problem ist nicht der Mangel an Warnschildern, sondern der Mangel selber.

Und da haben wir leider das Problem, dass keiner verantwortlich ist. Die Krankenkassen waschen ihre Hände in Unschuld. Sie haben zwar durch ihre Erstattungssätze indirekten Einfluss auf die Preisgestaltung. Aber hallo, sie legen die Preise ja nicht fest.

Die Hersteller, die sich auch an den Vorgaben der Kassen orientieren, schauen – nicht nur deshalb – zu, dass sie ihre Ware so preisgünstig wie möglich herstellen. Und zwar möglichst weit draußen, wo es billig ist. Von Amerika über Indien bis China. Einige lassen bei der uninteressanten Preisgestaltung die Finger ganz von dem nicht lohnenden Geschäft. Wenn es dann mit der Lieferung nicht klappt: Kismet. In einigen Fällen gibt es ja Ersatzmedikamente, die den Erstattungsbetrag der Kassen weit überschreiten, also sauteuer sind. Aber einen Tod muss man wohl sterben. Oder findet da ein Preiskampf auf dem Rücken der Patienten statt? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Kurz und gut: Keiner will es gewesen sein, und der Politik fällt auch nichts rechtes ein. So sacken wir halt still und leise weiter ab. Wie weit? Man kann ganz schön runter rutschen, von der Profi-Liga bis in die Amateurklasse. Man muss sich nur nicht kümmern. Und das scheint immer noch die Devise zu sein. Denn noch gilt der Mangel offiziell nicht als bedrohlich. Also wird auch das nächste Medikament demnächst aus diesem Theater verschwinden. 

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Leserpost

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M. Haumann / 20.01.2020

Gerade eben erfuhr ich auch in der Apotheke, dass eine notwendige Dauermedikation meiner Mutter ” derzeit nicht zu erhalten” ist. Frage nach Gründen: weiss keiner so genau. Ein wirkungsgleiches Alternativpräparat gibt es nicht, sie kann aber für 150 € Zuzahlung das ursprüngliche Original kaufen. Absetzen wäre in ihrem Alter ev. lebensbedrohlich. Natürlich zahlen wir, sollen wir sie sterben lassen? Aber was ist mit den zahlreichen wirklich armen Rentnern? Oder wenn es gar keine schweineteure Alternative gibt? Wäre es nicht Zeit für die Anlage nationaler Reserven, Herr Spahn, bevor es Tote gibt? Und eine zügige systematische Analyse der Gründe für den Medikamentenmangel in Deutschland?

Siegrid Tiesler / 20.01.2020

Erschreckende Informationen. Marode Strukturen in ALLEN Bereichen. Wie in der DDR über die Jahre nichts investiert, gebaut, alles ausgesessen und schön gelogen wurde und dadurch in allen Bereichen der Mangel und Zerstörung folgten, so wird hier die gleiche Politik gemacht. Es riecht hier in allen Ecken nach DDR! Hier gibt es auch Gebäude, die schon sehr verfallen aussehen etc. Das Schlimmste ist, dass die Mitbürger ungerührt alle Einschränkungen hinnehmen. Das ist für mich unfassbar!! Ich versuche zu informieren wo ich kann. Und werde gemieden wie die Pest. Ausgesondert. Das verkrafte ich kaum. Vor längerer Zeit erhielt meine Freundin auch ein Medikament aus Mangel nicht. Ich sagte ihr, dass viele unserer neu Hinzugezogenen viele Medikamente ebenfalls beanspruchten und so der Mangel auch verständlich ist. Sie war unwirsch und stellte mich in die Ecke der (rächten) Willkommensverweigerer. Nein, darauf sei bestimmt kein Mangel zurück zu führen. . Immer habe ich etwas gegen die Menschen, die hier Schutz suchen. Vor ein paar Tagen war ich auf einem Amt. Eine nette Dame mittleren Alters erzählte stolz, man könne nur noch eine Partei wählen, die endlich etwas tut… Ich dachte, jetzt sagt sie, das sei die AFD…. Nein, es seien die Grünen! Sie wähle diese Partei, um etwas für ihre Kinder und Enkel etwas zu tun. Endlich täte jemand etwas für das Klima,  ja und was doch ein kleines Mädel bewirkt habe! Ja.. Und sie könne die Syrer verstehen, die hier herkämen.. So ein zerbombtes Land.. Sie würde sich auch auf den Weg machen.. Realitätsverweigerer!! Das Aufwachen wird bitter!! Dann ist alles zu spät. Medikamente nur noch nach langem Suchen unter der Ladentheke zu Schwarzmarktpreisen.

Cornelius Angermann / 20.01.2020

Wäre ich Zyniker, dann würde ich sagen, dass dies ein weiteres Instrument ist, mit dem der Internationalsozialismus die Deutschen abschaffen will. An Bluthochdruck, Infektionen und epileptischen Anfällen stirbt es sich trefflich, und die Selbstmorde unter Depressiven lösen zumindest deren Probleme und sind gesellschaftlich bei den Lebensverächtern der linken Politik sicher auch nicht ungern gesehen. Wer werdendes Leben abtreiben lässt, wer dies sogar bis in den 9. Monat hinein fordert - und das tun die linksgrünen - dem ist auch solche Perfidie zuzutrauen!

Thomas Fischer / 20.01.2020

Zumindest haben wir schon länger hier lebenden Ossis (oder Zonies) diese ganze Malaise schon einmal erlebt. Wieder segeln wir stramm Richtung Sozialismus. Die Symptome sind noch bekannt. Ein jeder Mensch datf sich vor Augen führen, daß nichts, aber auch gar nichts in Stein gemeißelt ist. Auch das satte und zufriedene Leben eines Großteils der Bundesbürger nicht. Die Einschläge kommen näher, erste Opfer sind bereits zu beklagen. Wehe, wenn hier nicht endlich wieder Vernunft einkehrt… .

Stefan Becker / 20.01.2020

Tja, in meiner Zeit als international tätiger Site Supervisor war ich noch Stolz auf mein Land, kam gerne zurück; nun 10 Jahre und 2 Herzinfarkten später, beobachte ich den Niedergang, persönlich betroffen und beschämt! Facharzttermin: essig, Medikamentenhersteller werden ständig gewechselt, mache Medikamente garnicht zu erhalten; Colchikum z.b. von 8 bis 10.2019, einzig wirksames Mittel gegen meine erwobene Gicht. Nur noch wenige Krankenhäuser wo ich den Ärzten tatsächlich vertraue,  Nachtritt gefällig?; bin froh nach totalen Internet Ausfall 4.kw posten zu können ;-)

Anders Dairie / 20.01.2020

Das Foto könnte aus einem Russenlazarett stammen, in dessen OP-Räume alles aus den Wänden, beim Abzug der Roten Armee, gerissen wurde, was zuhause mangels Masse versilbert werden kann.  Die Russenfreunde wissen das.  Ihr Verbrechen besteht darin, solche Mangelzustände vor naiven Deutschen zu verber-gen.  Für BRESCHNEW wurde im KREML erst eine Herzklinik gebaut und Aachener Spezialisten angeheuert, um ein paar Bypässe am Herz zu verlegen, Und das in einem Staat dssen Führer angeblich imperiale Ziele verfolgen.  Dabei mussten Kranke das Bettzeug selbst mitbringen und überall Schmiergelder zahlen, extra für Medikamente, die aus dem Westen kamen.  Man hatte dort nämlich fast nichts !

Harry Boh / 20.01.2020

Bei der ambulanten und stationären Breitenversorgung nimmt die Entwicklung in der Tat einen besorgnißerregenden Verlauf . Die Ursachen sind , wie so oft vielfälltiger Natur. im Mittelpunkt stehen jedoch Immer die gesetzlichen Kranken- kassen (GKV ) und ihre Komplizen im Bundesgesundheitsmysterium.Unter Berück- sichtigung internationaler Standards war die ambulante und stationäre Versorgung Westdeutschlands in den 80 er jahren sehr gut.Der Abstieg begann im stationären Bereich mit Umstellung von Tagespflegesätzen auf Fallpauschalen.Zwar wurden die Liegezeiten verkürzt , aber notwendige nachbehandlungen fanden nicht mehr statt , wurden wed-gespart(“blutige Entlassungen ” ). Heute entscheidet der medizinische Dienst der GKV (MDK) darüber ,ob eine stationäre Behandlung notwendig ist ,egal ob die KH-Einweisung vorher durch einen Facharzt erfolgte.Auf diese weise gibt es KK -  Rückforderungen an die Kliniken im Millionenbereich. In der ambulanten Medizin hat sich die Budgetierung der GKV und KV én als unerträgliches Terrorinstrument entwickelt. Die Vorgabe der KK einen festgelegten Anteil an Generika - Präparaten zu verordnen , bei gleichzeitiger Regressandrohung, hat dazu geführt, daß viele Medikamente in Deutschland nicht mehr hergestellt und vertrieben werden. Zur Erinnerung: Das Bundesgesundheits- ministerium ist seit Jahrzehnten in den Klauen von SPD und CDU. Es gab viele ” Reformen ” die nur die Lage verschlimmbessert haben.Am schlimmsten haben Seehofer und Schmidt gewütet( SGB V ). Der Fachkräftemangel im Pflegebereich ist unmittelbare Folge auf Umstellung stationärer Fallpauschalen-vergütung, unter U. Schmidt umgesetzt.Der Abstieg wird weitergehen, nicht nur bei der Medikamentenversorgung.Zwischzeitlich werden Nebenkriegsschauplätze zur Ablenkung eröffnet, z.b.Organentnahme.

N. Schoulten / 20.01.2020

Schade, daß dieser sehr informative Artikel gleich von den üblichen „Kommentaren „gekapert“ wird (Rückenschmerzen werden nicht mehr vom Hausarzt „weggespritzt“, weil es schlicht großen Schaden anrichten kann und nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entspricht, und Cholesterinsenker senken Cholesterin und verhindern erneute Infarktereignisse, auch wenn manche Nichtmediziner das anscheinend besser wissen). Bezüglich der Medikamentenknappheit reduzieren u.A. die Hersteller in D ihre Lagerhaltung, da sie in anderen Ländern schlicht bessere Konditionen vorfinden (Auskunft der lokalen Apotheken); die können sich -anders als z.B. Ärzte- besser gegen den aufkommenden Sozialismus wehren. Bekommen wie bestellt. Das Bashing der Personen, die den Mangel verwalten müssen, hilft da herzlich wenig. Grüße, ein Internist

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