Wolfram Weimer / 04.05.2019 / 06:25 / Foto: Mmz khan / 43 / Seite ausdrucken

Das wohlfeile Bayer-Bashing

Werner Baumann ist so etwas wie der Martin Schulz der deutschen Wirtschaft – ein grotesk Abstürzender. Der Bayer-Vorstandsvorsitzende hat eine rechnerische Kapitalvernichtung von 60 Milliarden Euro an Börsenwert in nur zwei Jahren zu verantworten. Noch nie wurde einem Dax-Vorstandschef auf der Hauptversammlung das Vertrauen entzogen und die Entlastung verweigert. Seine Monsanto-Übernahme droht zum Spektakel-Debakel der deutschen Industriegeschichte zu werden – 13.400 Klagen gegen Glyphosat stehen an, milliardenschwere Entschädigungen drohen, die schiere Existenz des Traditionskonzerns mit seinen 117.000 Beschäftigten steht scheinbar auf dem Spiel.

Die Medien überschlagen sich mit Kritik, Aktionäre wüten, Öko-Aktivisten baden in Häme. Dabei wird Bayer in die seltene Zange aus enttäuschten Kapitalisten, US-amerikanischer Justiz und rächenden Umwelthütern genommen. Der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert gleich den Rücktritt des gesamten Vorstands. Doch am Ende könnte den rasenden Kritikern der Schaum vor dem Mund noch trocknen.

Denn im lauten Bayer-Bashing werden drei wichtige Dinge übersehen: Erstens ist Bayer – auch inmitten der Monsanto-Krise – einer der erfolgreichsten Life-Science-Konzerne der Welt. Hochinnovativ, außergewöhnlich erfolgreich auf den Weltmärkten und auch moralisch durchaus achtbar unterwegs. Wenn der Hunger der Welt immer erfolgreicher bekämpft wird, hat Bayer zentralen Anteil daran, genauso, wenn neue Medikamente Millionen Patienten helfen, ja diese retten. Bis 2022 will Bayer 35 Milliarden Euro investieren – davon mehr als zwei Drittel in Forschung und Entwicklung. Der Konzern ist das größte Agro-Techunternehmen der Welt, ein Erfinderleuchtturm, stabil und solide verankert in vielen Geschäften, ein in aller Welt respektiertes Paradeunternehmen des deutschen Modells einer sozialen Marktwirtschaft.

Kein Nachweis, dass Glyphosat krebserregend ist

Zweitens ist die Klagewelle gegen das Monsanto-Glyphosat zwar ein großes Risiko. Bislang aber gibt es keinen Nachweis, dass Glyphosat tatsächlich krebserregend ist. Die Massenklagen dürften daher bei höheren Gerichtsinstanzen (und also bei Berufsrichtern) der USA kritisch geprüft und kein Selbstläufer werden. Aber selbst wenn Bayer am Ende allen 15.000 Klägern eine ähnlich hohe Entschädigung wie im jüngsten Fall Xarelto zahlen würde, etwa um sich zu vergleichen, es wären 500 Millionen Euro. Und auch wenn sich die Summen noch verzehnfachen würde, wären es 5 Milliarden. Selbst das würde die Bilanz des Unternehmens leicht verkraften.

Denn drittens laufen die Geschäfte bei Bayer nicht gut, sie laufen glänzend, insbesondere auch wegen Monsanto. Alleine im ersten Quartal 2019 stieg der Konzernumsatz nominal um 42,4 Prozent (!) auf rund 13 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Sondereinflüssen erhöhte sich um 44,6 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro, und das, obwohl negative Währungseffekte das Bayer-Geschäft sogar belasteten. Das heißt: Bayer verdient derzeit alle drei Wochen eine Milliarde Euro.

Die Klagen und die ersten Urteile zu Glyphosat lasten zwar schwer auf Bayer und ihrem Vorstandsvorsitzenden. Das öffentliche Meinungsklima ist desaströs, zumal grüne Politiker die missliche Lage auch noch negativ befeuern. Doch der wahre Wert des Unternehmens spiegelt sich weder in den Börsenkursen noch im aktuellen Ansehen wider. Wenn es Bayer gelingt, sich in den Berufungsverfahren erfolgreich zu verteidigen und den Schaden zu begrenzen, würden die Börsenwertmilliarden schnell zurückkommen und Baumann könnte sein Comeback erleben. Wenn nicht, dann wird er wohl tatsächlich wie weiland Martin Schulz binnen Jahresfrist zurücktreten müssen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf The European.

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Leserpost

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Gottfried Meier / 04.05.2019

@Sabine Schönfeld: Die Maismonokulturen zur Erzeugung von Energie sind eine Errungenschaft der Ökos. Wenn genau die jetzt über Pflanzenschutzmittel lamentieren, dann hat das schon was Schizophrenes.

Claudius Pappe / 04.05.2019

Das Handelsblatt mach in Politik und Klimaschutz. Die Achse in Wirtschaft und Börse. Schuster-Journalisten-bleibt bei euren Leisten.

Claudius Pappe / 04.05.2019

So kann man falsche Managerentscheidungen entschuldigen. Bayer hat ein toxisches Unternehmen zu einem deutlich überhöhtem Preis gekauft. Der Autor sollte sich besser informieren.

Werner Geiselhart / 04.05.2019

@Karla Kuhn. Sie dürfen halt die Unkrautvertilgungsmittel nicht essen. Selbst Salz ist giftig, wenn Sie mehr als ein paar Gramm davon verspeisen, mehr als drei Liter Wasser sind auch nicht gesund. Bei ordnungsgemäßer Anwendung ist Glyphosat das sicherste Herbizid, nach ein paar Monaten nicht mehr nachweisbar, da von Bakterien verarbeitet. Die Bauern sind natürlich daran interessiert, G. ordnungsgemäß, d.h. sparsam einzusetzen. Und jetzt der Hammer: Biobauern dürfen viel härtere Mittel einsetzen, z.B. Kupfersulfat, ein starkes Boden- und Gewässergift, welches unter sämtlichen Mikroorganismen radikal aufräumt. Die dürfen das übrigens einsetzen, weil es in der Natur vorkommt. Mit solch lächerlichen Ansätzen wird in der Bio-Landwirtschaft gearbeitet. Ein weiteres Beispiel sind Bt- oder Eisenpräparate, einfach mal googeln. Glyphosat ist mithin bei normaler Anwendung das ungefährlichste und umweltfreundlichste Herbizid überhaupt.

Julian Schneider / 04.05.2019

Ich finde es erstaunlich, wie viele Leser der Achse sogar der linksgrünen Propaganda aufgesessen sind. Versucht mal mit der Hacke ohne die Errungenschaften der modernen Chemie 8 Milliarden Menschen zu ernähren. Wollen wir wie im Mittelalter wieder Ernteausfälle haben, die zehntausende Menschen verhungern lassen? Mir geht diese grüne Weltfremdheit bei gleichzeitiger kompletter wissenschaftlicher Ahnungslosigkeit und beseeltem Weltverbesserungsdrang dermaßen auf den Zeiger. Das ist wohl die Pest unserer Zeit.

Frank Volkmar / 04.05.2019

@sabine schönfeld “.....das muss man vermutlich nicht extra erklären, oder doch?” von Sabine Schönfeld Erklären Sie doch einmal, warum es immer noch Honig gibt bei stabilen Preisen, wenn es denn ein Bienensterben per se geben sollte ?

Micha Motzer / 04.05.2019

Karla Kuhn / “Glyphosat ist ein Unkrautvernichtungsmittel und die sind GESUNDHEITSSCHÄDLICH.” Sie sollen weder davon trinken noch darin baden. In erster Linie ist das Mittel “gesundheitsschädlich” für das Unkraut und daher wird es eben gegen jenes verwendet. Nagellack beispielsweise ist ebenfalls gesundheitsschädlich… “Ob Glyphosat krebserregend/krebserzeugend ist, wird sich wie bei vielen Krebsarten wahrscheinlich erst nach Jahren herausstellen. ” Glyphosat wird schon seit nunmehr Generationen in der Landwirtschaft als Unkrautvernichter verwendet und ist somit auch immer wieder Gegenstand von Untersuchungen, die abklären sollen, ob davon eine Gefahr für den Menschen besteht. Bislang ist das zu Verneinen.  Im Übrigen sind Krebserkrankung medizinisch nicht sicher einer einzigen Ursache zuzuschreiben, das wissen wir allerdings sicher. “Genauso ist es mit den Transfetten, die die Adern verstopfen, auch das dauert viele Jahre aber dann treten verheerende Folgen ein.” Das ist m. M. n. völlig haltlos, s.O. “Ich habe leider im Bekanntenkreis mehrere solcher Folgen erlebt, der harmloseste war eine Beinamputation.” Wenn eine Beinamputation das Harmloseste war, was gab es denn dann noch so? Hirnamputation? Das Anton Hofreiter “immerhin” ein abgeschlossenes Biologiestudium hat, ist für einen Grünen natürlich die Ausnahme, aber es befähigt ihn natürlich nicht, ihm ideologisch zuwiderlautende Studien zu diesem Thema als wissenschaftlich widerlegt zu erklären. Ich bin übrigens auch Laie, aber so kritisch sollte man sein, dass man Ideologie von Wissenschaft zu trennen weiß.

Dieter Sadroschinski / 04.05.2019

BAYER kann weder durch die USA noch durch irgendwelche Gerichte zerstört werden. BAYER kann nur durch die Machtergreifung durch Hofreiter und ähnliche grüne Narren zerstört werden. Siehe die deutsche Elektrizitätswirtschaft.

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