Marcus Ermler / 26.06.2020 / 11:00 / Foto: Tomaschoff / 10 / Seite ausdrucken

Das Doppeldenk der Recherche- & Informationsstelle Antisemitismus

Der österreichische Linksliberale Ferdinand Kronawetter hat einmal so schön gesagt, der Antisemitismus sei nichts anderes „als der Socialismus des dummen Kerls“. Seinerzeit bezog Kronawetter dies auf antisemitische Strömungen im kaiserlichen Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts. 

Heute kann man diese Aussage auch anders interpretieren. So ist der Antisemitismus der „Socialismus“ von staatlich subventionierten linken Antisemitismus- und Nazi-Jägern. Und wie es sich für einen ordentlichen Sozialisten gehört, ist die milde Nachsicht - manch weniger wohlgeneigte Zeitgenosse würde es auch kategorische Blindheit nennen - gegenüber Auswüchsen von linkem Antisemitismus diesem „Socialismus“ systemimmanent. 

Judenhasser können doch nur die Rechten sein. Oder jeder, den man für einen Rechten, Rechtspopulisten oder Nazi hält. Meist macht sich schon derjenige als „Rechter“ verdächtig, der nicht in den Chor des allgegenwärtigen „Socialismus“ einstimmt. Denn, wie es der große Genosse Stalin ja bereits verkündete, fängt dieses „Rechts“ unmittelbar bei den „Sozialfaschisten“ der deutschen Sozialdemokratie an. 

Da ist es in diesem „Socialismus“ nur folgerichtig, dass Henryk M. Broder in den Augen der Recherche- & Informationsstelle Antisemitismus, kurz RIAS, sich in seinem Text „Der überaus sensible Herr Kuhn“ einer „Verharmlosung und Instrumentalisierung des historischen Antisemitismus“ befleißigte.

„Seid ihr bescheuert?" 

Broder versuche sich hiermit als Teil einer „marginalisierte[n] Gruppe zu inszenieren“, die selbst jedoch „Jüdinnen_Juden nicht als Teil der Gesellschaft“ sehen und deren „Wahrnehmung unsichtbar“ machen wollte. „Antisemitelt“ es hier eigentlich schon selbst beim RIAS? Aber das nur am Rande gefragt.

Das sozialistische RIAS störte sich dabei übrigens einzig an Broders Aussage, dass „Stuttgart seine kleine Kristallnacht erlebt[e]“. Eigentlich muss man dazu gar nicht viel mehr sagen als das, was Benjamin Weinthal einen Tag zuvor den Grünen ins Stammbuch schrieb und dabei zielgenau deren kategorische Blindheit gegenüber linkem Antisemitismus reflektierte:

Seid ihr bescheuert? Ihr versteht die polemische Art von Henryk Broder nicht. […] ich frage mich, warum Du zum Antisemitismus von @Die_Gruenen schweigst? Volker [Beck] macht nix dazu. Siehe [auch] die antisemitische BDS-Arbeit [von] Omid Nouripour.“

Eigentlich könnte man den Text an dieser Stelle beenden und sich fragen, ob das RIAS nicht besseres zu tun hat, als in Polemiken nach Antisemitismus zu suchen. Zu Hengameh Yaghoobifarahs „Satire“ hat man sich bekanntlich dort auch nicht ausgelassen, obwohl es in der Herabwürdigung einer ganzen Menschengruppen zu „Müll“ tatsächlich zu einer „nationalsozialistische[n] Markierungspraxis“ kam, wie es das RIAS jetzt nun Broder vorwirft. Wenn das RIAS nichts zu Yaghoobifarahs „Satire“ sagt, soll sie bei Broder Polemik lieber schweigen.

Nichts als Ablenkung, Schweigen und Doppeldenk

Bedenklich wird es, wenn man sich die Reaktion des RIAS zu linkem Antisemitismus beziehungsweise Holocaust-Relativierungen vergegenwärtigt. Ende März und Anfang Mai 2020 dokumentierte ich hier auf Achgut.com in meinen Artikeln „‚Seebrücke‘ vergleicht Migrationskrise mit Holocaust“ beziehungsweise „Holocaust-Relativierung von Seenotrettern am 8. Mai“ die Shoah-Verharmlosungen zweier (linker) Flüchtlingsorganisationen, der "Seebrücke" sowie von „Mission Lifeline“. 

Während sich das RIAS zum ersten Fall komplett ausschwieg, obwohl dort Flüchtlinge und Migranten als neue Juden dargestellt wurden, konnte man sich immerhin im zweiten Fall, bei dem die Flüchtlingslager die neuen Konzentrationslager wären und die EU-Flüchtlingspolitik den „Rassenhass“ der Nazis fortsetzen würde, zu folgendem Statement bemüßigen:

Bezüglich dieses Tweets würden wir gerne auf diesen Beitrag des @HolocaustMuseum hinweisen: ‚Why #Holocaust Analogies Are Dangerous‘.“

Das war es dann auch schon. Eine butterweiche, wenn man es überhaupt so bezeichnen kann, „Kritik“, die auf die „Gefahr von Holocaust-Analogien“ verweist. Von einer Relativierung des Holocausts durch „Mission Lifeline“ wird überhaupt nicht gesprochen. 

Keine eigene, sorgsam ausgearbeitete Rezension der Shoah-Relativierung und des Antisemitismus von linken Flüchtlingsorganisationen, obwohl diese ihre Holocaust-Verharmlosungen stetig wiederholen. Keine ausführliche Replik. Nichts als Ablenkung, Schweigen und Doppeldenk. Oder einfach erklärt: „der Socialismus des dummen Kerls“.

Foto: Tomaschoff

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Pauline Möllers / 26.06.2020

Tjaa, “der Druck”, die öffentlichen Gelder. Von RIAS wird berichtet, off the record, natürlich, dass man sich ab und zu auch gegen Vorschläge offizieller Seite wehren muss, doch auch mit einschlägig bekannten Vereinen wie Inssan (Muslimbruder-Verflechtungen, sagt der Verfassungsschutz) zusammenzuarbeiten, es geht ja um „Antidiskriminierung“, und da passen doch Antisemitismus und „antimuslimischer Rassismus“ zusammen wie … nein, jetzt keine Vergleiche. Auch hinter den Kulissen anderer Vereine rumort es, man weiß schon, dass mehrstündige Diskussionen zum Thema „Antisemitismus an Schulen in Deutschland”, bei denen der muslimischen Antisemitismus keine Erwähnung findet, wenig glaubwürdig sind. Es gibt noch mehr Beispiele für den Kuschel- bzw. Vermeidungskurs: das Berliner Anne Frank Zentrum, die Jüdische Gemeinde Berlin, das JFDA (bislang treuer Verbündeter des „#unteilbar“-Bündnisses), das Kompetenzzentrum ZWST Berlin, „Schalom Aleikum“ oder ELES, das jüdische Studienwerk, die beide Kübra Gümüsay feiern (Gümüsay, die KEINE Islamistin ist, das möchte ich betonen - denn das behaupten nur Rechte). Rechte Umtriebe sind bei allen im Fokus, alles andere wird dezent verschwiegen. Beispiele: “Antisemitismus an Schulen in Deutschland” Online-Buchvorstellung mit Prof. Julia Bernstein Veranstaltet von: Mideast Freedom Forum Berlin und „Bildungsbaustein Israel“ 23.06., 19 Uhr – Moderation Sigi Königsberg von der Jüdischen Gemeinde. ODER „Am 27. April von 17 bis 18 Uhr diskutieren Marina Chernivsky und Dr. Friederike Lorenz (Freie Universität Berlin) die zentralen Befunde der vom Kompetenzzentrum durchgeführten Studien „Jude als Schimpfwort” und „Umgang mit Antisemitismus im Kontext Schule” mit Prof. Dr. Barbara Schäuble (Alice Salomon Hochschule Berlin und Mitglied im Studienbeirat). Das Gespräch wird moderiert von Johanna Schweitzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Koordinatorin der Forschungsprojekte beim Kompetenzzentrum.“

Gudrun Meyer / 26.06.2020

“Antisemitismus” gehört zu den strikt an tatsächlich oder angeblich rechte Gruppen gebundenen Attributen. Als es einen Versuch gab, die “Allgemeine Erklärung 2018” im Bundestag zu besprechen, nachdem 160.000 Internetnutzer sie unterzeichnet hatten, erklärte die Integrativgrüne Filz Polat, die Forderung nach der Wiedereinsetzung des Rechtsstaates (auch) an den Grenzen sei antisemitisch. Das ist halt linker Anti-Antisemitismus. Für soviel Dummheit kann sie übrigens nichts. Gefährlicher als diese Art von “Argumenten” ist es, wenn die AfD steif und fest zur “antisemitischen” und “NSDAP-Nachfolge"partei erklärt wird, statt dass Vertreter der linken Parteien, also sämtlicher anderen, es mal den “Rechtspopulisten” nachmachten und gegen antisemitische Sprüche und Tendenzen in den eigenen Reihen vorgingen. Das Besondere an der AfD in Sachen Antisemitismus ist ja nicht, dass es da gar keinen gäbe, wohl aber, dass sie ihn auch bei sich selbst nicht duldet, statt ihn (fast) nur bei anderen anzuklagen. Genauso gefährlich ist es, die nat-soz. Markierungspraxis einer taz-Brüllwitzbeauftragten als “Meinungs”- und “Pressefreiheit” zu verteidigen. Was die taz da geliefert hat, war wirklich Volksverhetzung, für diesmal gegen “Bullen”. Seit 2011 gehört zu diesem Paragraphen auch die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Laut einer Juristin, die ich etwas kenne, ist dieser Teil des Paragraphen im Unterschied zu den älteren Teilen unscharf definiert - aber diesmal trifft er ins Grüne. Und der linke Antisemitismus ist ein Teil des Sozialismus. Der ist zwar nicht immer gleichermaßen extrem antisemitisch. Aber wenn er Gruppen unterstützt, die die israelischen Juden ins Meer treiben wollen, wird es sinnlos, den weltgemeinschaftlichen vom nationalen Sozialismus unterscheiden zu wollen. Nur die allermäßigsten, sozialistischen Ideologen begnügen sich mit einem mäßigen Antisemitismus. Wie einige Juden auf den Sozialismus hoffen können, verstehe ich nicht.

Elsa Meier / 26.06.2020

Weder das JFDA noch RIAS haben nach meiner Kenntnis über die palästinensischen Flaggenträger bei der “Großdemo” #unteilbar berichtet.  Demonstranten, die sich mit einer Israel-Flagge einreihen wollten, wurden jedoch lautstark von den Unteilbaren abgewehrt. Die Polizei sorgte dann eilig für die Entfernung dieser Person, er habe gestört,  Auf Nachfragen hieß es seitens der Polizei: “Naja, die können ja dann woanders für ihre Sache demonstrieren”. Aha. #unteilbar - “Gegen Rassismus und Antisemitismus”? _________ JFDA Selbstdarstellung: “Dies ist die Informationsplattform des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA). Seit 2012 sind wir ein gemeinnütziger Verein, der sich vor allem durch Bildungs-, Öffentlichkeits- und Kulturarbeit der Stärkung des demokratischen Staatswesens als auch dem Kampf gegen Antisemitismus widmet. Wir beraten bei antisemitischen Vorfällen und führen ein unabhängiges Monitoring durch. Das JFDA engagiert sich in der politischen Bildungsarbeit durch Projekte, Veranstaltungen sowie im interreligiösen Dialog und ist Ansprechpartner für Pressevertreter. Unsere Tätigkeiten: Monitoring Wir führen ein unabhängiges Monitoring über antisemitische, rassistische und homophobe Vorfälle durch. Wir analysieren und bewerten das aktuelle Geschehen, gesellschaftliche Debatten und Tendenzen. Wir weisen auf unsere Erkenntnisse hin, verfassen Pressemitteilungen, schreiben Artikel, organisieren Veranstaltungen und Kundgebungen und versuchen verschiedene Akteure für Gegenmaßnahmen zu gewinnen.”

pauline möllers / 26.06.2020

Tjaa, “der Druck”, die öffentlichen Gelder. Von RIAS wird berichtet, off the record, natürlich, dass man sich ab und zu auch gegen Vorschläge offizieller Seite, doch auch mit einschlägig bekannten Vereinen wie Inssan (Muslimbruder-Verflechtungen, sagt der Verfassungsschutz) zusammenzuarbeiten, es geht ja um „Antidiskriminierung“, und da passen doch Antisemitismus und „antimuslimischer Rassismus“ zusammen wie … nein, jetzt keine Vergleiche. Auch hinter den Kulissen anderer Vereine rumort es, man weiß schon, dass mehrstündige Diskussionen zum Thema „Antisemitismus an Schulen in Deutschland”, bei denen der muslimischen Antisemitismus keine Erwähnung findet, wenig glaubwürdig sind. Es gibt noch mehr Beispiele für den Kuschel- bzw. Vermeidungskurs: das Berliner Anne Frank Zentrum, die Jüdische Gemeinde Berlin, das JFDA (bislang treuer Verbündeter des „#unteilbar“-Bündnisses), das Kompetenzzentrum ZWST Berlin, „Schalom Aleikum“ oder ELES, das jüdische Studienwerk, die beide Kübra Gümüsay feiern (Gümüsay, die KEINE Islamistin ist, das möchte ich betonen - denn das behaupten nur Rechte). Rechte Umtriebe sind bei allen im Fokus, alles andere wird dezent verschwiegen. Beispiele: “Antisemitismus an Schulen in Deutschland” Online-Buchvorstellung mit Prof. Julia Bernstein Veranstaltet von: Mideast Freedom Forum Berlin und „Bildungsbaustein Israel“ 23.06., 19 Uhr – Moderation Sigi Königsberg von der Jüdischen Gemeinde. ODER „Am 27. April von 17 bis 18 Uhr diskutieren Marina Chernivsky und Dr. Friederike Lorenz (Freie Universität Berlin) die zentralen Befunde der vom Kompetenzzentrum durchgeführten Studien „Jude als Schimpfwort” und „Umgang mit Antisemitismus im Kontext Schule” mit Prof. Dr. Barbara Schäuble (Alice Salomon Hochschule Berlin und Mitglied im Studienbeirat). Das Gespräch wird moderiert von Johanna Schweitzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Koordinatorin der Forschungsprojekte beim Kompetenzzentrum.“

Michael Dost / 26.06.2020

Zu Thomas Rießinger: Zitat Anfang: ““Der Socialismus des dummen Kerls”: Andere gibt es nicht, Sozialisten müssen dumm sein, sonst wären sie keine Sozialisten.” Zitat Ende Zutreffend beobachtet.  Deshalb waren und sind Sozialisten (ja, auch jene heutigen mit z ) auch überwiegend latente oder offene Antisemiten. Auf Judenfresser wie Marx, Engels, Lenin und Stalin bezogen, nach dem Motto:  “Was Du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es um es zu besitzen.” ______________ Liebe Achsionäre des Guten:  Alles in Ordnung, kein Grund zur Veranlassung.  Schlimm wäre nur, würden die “dummen Kerle” Sie loben. D a m i t müsste man sich dann ernsthaft auseinandersetzen   “Sie”?  Als Pate darf ich doch sicher auch “Du” und “Ihr”sagen, oder? Nun bin ich allerdings gespannt, inwieweit die schreibenden nd talkenden Perlen des Mainstream-Journalismus und die pseudo-satirischen Hofnarren dieses Landes als “friends of henrik. m”  gegen den Angriff auf Meinungs- und Pressefreiheit durch die rufschädigende Verleumdung durch RIAS mit einem offenen Brief an die Kanzlerin reagieren werden.  Wie sich bereits zeigte ist diese ja in der Lage, so manches rückgängig zu machen, sollte die Demokratie solches erfordern.

T.Johannson / 26.06.2020

Ich bin der Überzeugung, daß man dem größten Teil der sogenannten NGOs, Initiativen und Projekten das Geld entziehen muß, wer dann noch was zu sagen hat wird sich zeigen. Und wer einen Nerv trifft wird möglicherweise auch genügend Spender finden.

Florian Bode / 26.06.2020

Ja, haha, in Deutschland bestimmen die NGOs, was Menschen jüdischen Glaubens zu meinen und zu fühlen haben, und was Antisemitismus ist und was nicht. Da Herr Broder aufmuckt, ist er in deren Augen auch ein Antisemit. Verfügten die staatsgepäppelten Mitarbeiter solcher “Informationsstellen” über intellektuelle Brillianz, dann hätten sie eine richtige Arbeit.

Volker Kleinophorst / 26.06.2020

Der größte Irrtum beim Sozialismus ist, dass die Leute denken, das hätte was mit Sozial zu tun. Es hört sich irgendwie gut an. Gutes Framing. Dass es allerdings immer noch greift nach der Blutspur. Unverständlich.

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