Dirk Maxeiner / 25.11.2020 / 06:15 / Foto: Anthony Letmon / 175 / Seite ausdrucken

Coronapolitik: Die Daten werden zur Provokation

Es ist eine seltsame Vorstellung, die dem verängstigten Publikum in Deutschland geboten wird. Da sind auf der einen Seite wild gewordene Regierende und Parteikader, die sich quasi stündlich neue Corona-Verbote einfallen lassen. So wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs heute über eine Verlängerung der Kontakt-Beschränkungen entscheiden. Und da sind auf der anderen Seite zahlreiche hochdekorierte Ärzte und Wissenschaftler, die dieses Treiben kopfschüttelnd verfolgen und sich mittlerweile auch an die Öffentlichkeit trauen. Sie führen unter anderem reale Krankenhauszahlen und Klinik-Statistiken an, aus denen hervorgeht, dass die willkürlichen Maßnahmen der Regierung schlicht keine rationale, evidenzbasierte Grundlage haben.

Die schlichten Fakten gelten deshalb inzwischen als Provokation. Dr. Gunter Frank berichtete beispielsweise gestern auf Achgut.com in seinem Bericht zur Corona-Lage vom 24.11.2020 über eine Studie der Initiative für Qualitätsmedizin, einem Zusammenschluss von 421 deutschen und schweizerischen Kliniken. Das Ergebnis will so gar nicht zum von der Bundeskanzlerin ausgerufenen Notstand passen: Es gab 2020 weniger stationär behandelte schwere Atemwegsinfektionen als 2019 und zwar inklusive Covid-19. Auch Francesco De Meo, CEO der Helios-Kliniken, bezieht sich in seinem persönlichen Blog  auf diese IQM-Studie und darüber hinaus auf die Erkenntnisse aus dem eigenen Klinikbetrieb.

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe weiterer Untersuchungen und Stellungnahme von anerkannten Experten, die in die gleiche Richtung weisen. Und – das kann man gar nicht hoch genug bewerten – diese Stimmen finden mittlerweile auch in den großen etablierten Medien Verbreitung, öffentlich-rechtlichen Sender mitunter eingeschlossen.

Dazu nur zwei aktuelle Beispiele. So berichtet der NDR über eine Gruppe von Experten und Ärzten, zu der auch der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel gehört und die sich offen gegen die aktuelle Corona-Politik stellt. Achgut.com hatte schon im Oktober über die Gruppe berichtet, die sich mit verschiedenen Thesenpapieren an die Öffentlichkeit gewandt hat. Soeben ist ein neuerliche Stellungnahme veröffentlicht worden, die vom NDR in vollem Wortlaut hier als PDF „Thesenpapier 6.1“ zur Verfügung gestellt wird. Die elementaren Kritikpunkte sind unverändert, und sie sind vor dem Hintergrund der sogenannten Infektionszahlen von ganz besonderer Bedeutung. Die Verfasser schreiben dazu: 

„Im Kern zeigt sich deutlich, dass die derzeit zur Steuerung verwendeten Zahlen weder valide noch reliabel zu bestimmen sind und auch fernab aller Erreichbarkeit (Umsetzbarkeit) liegen. Das derzeitige Umgehen mit der Thematik widerspricht daher den Erkenntnissen einer erfolgversprechenden Risikokommunikation“. 

Zusammengefasst lauten ihre Hauptkritikpunkte:

1. Die verwendeten Grenzwerte (Wochen-Inzidenz von 50 je 100.000) sind kompletter wissenschaftlicher Humbug und als Zielgröße völlig ungeeignet und auch nicht erreichbar.

2. Der asymptomatische Infektionsweg in Verbindung mit der sporadischen Ausbreitung macht eine Kontrolle der Infektion allein durch Kontaktvermeidung und -nachverfolgung unmöglich. An der zentralen Forderung eines Strategiewechsels in Richtung spezifischer Präventionsangebote für die verletzlichen Gruppen der Bevölkerung führt daher kein Weg vorbei.

3. Angesichts der extrem hohen Dunkelziffer läuft die Epidemie insbesondere in den nicht getesteten Populationen, so dass eine Eindämmung allein durch Kontaktbeschränkung und Kontaktnachverfolgung der Infizierten praktisch ausgeschlossen ist.

4. Insbesondere in städtischen Zentren muss bereits vor Aufnahme der Impfprogramme mit einer hohen Durchseuchung und damit natürlichen Immunität gerechnet werden.

5. Die Corona-Sterblichkeit nimmt seit dem Frühjahr deutlich ab. Es wird auch aus wissenschaftlicher Sicht daher immer plausibler, sich auf den Schutz der Risikogruppen und der Hochbetagten zu konzentrieren. 

Leiter des interdisziplinären Teams, das das Thesenpapier verfasste, ist Medizin-Professor Matthias Schrappe (65), von 2007 bis 2011 Vize-Chef des von der Bundesregierung berufenen Sachverständigenrats für Gesundheit. Er kam unter anderem bei zdf-heute zu Wort. Auch In der Bild-Zeitung lässt er auf der Titelseite kein gutes Wort an der Corona-Politik der Bundesregierung. Die Bundesregierung verfolge mit einem sogenannten Inzidenzwert von unter 50 pro 100.000 Einwohner ein „völlig irrationales Ziel“.

"Wir werden das in den Wintermonaten nicht erreichen“, erklärt der Mediziner. Und ein nicht erreichbares Ziel auszugeben, sei keine gute Politik, so Schrappe in Bild. „Die Bevölkerung wird in einen Dauer-Schockzustand versetzt.“ Er hält auch das Bild einer „zweiten Corona-Welle“ für falsch. „Es ist keine Welle, die man brechen kann, es ist ein kontinuierliches Anwachsen“, so Schrappe. Deshalb sei auch ein Wellenbrecher-Lockdown wirkungslos. „Der Lockdown bewirkt nur ein vorübergehendes Abflachen. Aber sobald wieder gelockert wird, setzt sich der Anstieg fort.“ Statt irrationalen Vorgaben und Zielen hinterherzulaufen, solle man sich endlich auf einen konsequenten Schutz der Risikogruppen konzentrieren.

Die Bundesregierung hält es offenbar nicht für nötig, sich mit der zunehmenden und immer offenkundigeren Kritik auseinanderzusetzen. Auf die Frage eines Journalisten in der Bundespressekonferenz, ob man denn evidenzbasierte Daten für die Begründung des Lockdowns vorweisen könne, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums: „Eine evidenzbasierte kausale Zuschreibung, wie Sie es beschrieben haben, ist aufgrund der Komplexität des Infektionsgeschehens nur ganz eingeschränkt möglich“.

Die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung bewegen sich damit zügig von einer faktenbasierten Politik hin zu einer politisch erwünschten Endlosschleife von Angst- und Panikmache, viele Medien agieren dabei wie die funktionelle Hintergrundmusik im Kaufhaus zwecks Verkaufssteigerung. Die offene Frage ist, wie lange und ob es den Verantwortlichen noch gelingt, die Lufthoheit über die öffentliche Meinug zu verteidigen.

Wie groß die Angst ist, die Deutungshoheit zu verlieren, zeigt beispielsweise ein Aufgebot, das gestern Abend in der ARD-Tagesschau in Stellung gebracht wurde. Der Beitrag und die ehemals der Stasi verpflichtete Anetta Kahane von der Amadeo Antonio Stiftung lud zu folgender gedankliche Kette ein: Skepsis gegen Corona-Massnahmen ist gleich Verschwörungstheorie. Verschwörungstheorie ist gleich Antisemitismus. Skepsis gegen Corona Massnahmen ist somit gleich Anti-Semitismus. Siehe hier tagesschau.de ab Minute 3:39. Wie groß muss die argumentative Verzweiflung sein, um so etwas am Vorabend des Treffens von Angela Merkel mit den Länderchefs in der Hauptnachrichtensendung des Landes laufen zu lassen? Was hat das noch mit Corona und Gesundheitsbelangen der Bevölkerung zu tun?

Der Nachschub an virologischer Beunruhigung dürfte übrigens über viele Jahre nicht ausgehen. Der Chefvirologe der Berliner Charité Christian Drosten plant laut der Zeitschrift „Capital“ seine Rückkehr ins Labor, wenn die aktuelle Corona-Pandemie unter Kontrolle sei. „Wenn der Rummel jetzt vorbei ist, dann werde ich mit einer kleinen Arbeitsgruppe ein neues Thema aufbauen“, kündigte Drosten im Gespräch mit Capital (Ausgabe 12.2020) an. Die Zeitschrift schreibt: Ins Zentrum seiner Forschung will der Wissenschaftler dann nicht mehr das aktuelle Coronavirus (SARS-CoV-2) stellen, sondern die MERS-Viren". MERS sei der nächste Pandemie-Kandidat, sagte Drosten laut Capital...

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Th. Wagner / 25.11.2020

Ich habe schon in meiner Schulzeit das GG auf Konsistenz geprüft und mit vielen in der Zwischenzeit diskutiert. GG-Verstöße kann man nur beim Bundesverfassungsgericht einklagen. Da das Urteil aber keine Sanktionierung nach sich zieht, kann man es so machen wie die Regierung Merkel schon einmal, man übergeht das Urteil und ignoriert es. Es gibt keine Möglichkeit ein Urteil des BVerfG zu vollstrecken. Beamte, die mehr das tun, was die Regierung (Merkel) will und gegen das GG verstoßen, gegen die können Sie nichts machen. Umgekehrt aber ist es ein leichtes, für die Regierung jemand auch im Beamtenapparat kalt zu stellen (Versetzung in ein nutzloses Fachgebiet/Referat/Abteilung).———Ich bin der Meinung, dass das GG nicht konsequent gedacht war und ist. Man hat zwar immer behauptet, sowas wie die Machtergreifung 1933 ist nicht möglich, das stimmt aber so nicht.—- Außerdem sitzen in BVerfG auch Menschen, die anderen etwas schulden oder meinen sie sind anderen etwas schuldig. Also gibt man der Person seines Vertrauens nach. Gesprochenes Recht ist nie neutral. Auch Richter sind Menschen (mit Familie), damit beeinflussbar, steuerbar oder schlimmeres.

T. Schneegaß / 25.11.2020

@Volker Kleinophorst: Mir stellt sich bei den Ausführungen von Herrn B. Müller auch die Frage, wieso eigentlich Anwälte nicht selbst als Bürger klagen können? Der Beruf kann doch nicht darüber entscheiden, ob ich klagen darf.

Marc Greiner / 25.11.2020

Ehemaliger KGB-Agent ist Präsident eines Landes. Ehemalige Stasi-Mitarbeiterin als Verteidigerin der Regierung. Ehemaliger IM rettet das SED-Vermögen und ist/war Anwalt und Politiker. Ehemalige Agitprop-Studentin ist Kanzlerin. Wieviel Stasi, HVA usw. gibt es noch unter uns und wie lange wollen wir uns noch von denen was sagen lassen? Tina Krone: “Sie haben so lange das Sagen, wie wir es dulden.”

Thomas Taterka / 25.11.2020

Der Matador siegt, weil er eine Strategie hat, die den Stier schwächt. Der hat nur seine konfuse Wut auf die ” Muleta “. Dann kommen die ” Picadores” , die ihm den Rest geben. - Es ist eine widerliche Vorstellung der Waffenungleichheit , wie auf einer Protestversammlung kindlicher Menschen, die kopflos ist und - wahrscheinlich auch bleibt. ( Was will man zum Beispiel im Dunkeln im Dickicht? Zeichen setzen ? Sich prügeln ? Und was sollen die bescheuerten Symbole und die Flaggen ? Es sind alles Geschenke an den Gegner. Man wird mehr Anheizer und Gewalt reintragen von außen und fertig ist der neue Rechtsradikalismus, das Verbot ist dann nur eine Fingerübung . Alles tausendmal geübt, erprobt von ” Berufsdemonstranten “)

Volker Kleinophorst / 25.11.2020

@ T. Schneegaß Es wird/wurde doch geklagt. Über 1000 mal, aber die Klagen wurden alle abgewiesen, unbegründet, Majestätsbeleidigung… Merkel steht über dem Gesetz.

Ilona Grimm / 25.11.2020

@Bernd Müller vs. HaJo Wolf: Falls richtig ist, was Sie gegenüber HaJo Wolf ausführen und es keine Möglichkeit gibt, verfassungswidrige Regierungsarbeit vor Gericht zu bringen, frage ich mich, wozu wir ein Bundesverfassungsgericht und Verfassungsgerichte in den Bundesländern haben. Wie war das nochmal mit den Verfassungsklagen, die in der Vergangenheit von mutigen Personen der Zeitgeschichte angestrengt worden sind? EpochTimes vom 29. Oktober 2020 dazu: »Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) prophezeit Verfassungsklagen gegen die neuen Lockdown-Regeln, weil das Parlament nicht beteiligt wird. „Wird nicht gehandelt, sind das laufende Verfassungsverstöße“, schreibt der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum in einem Gastbeitrag für die „Welt“. Das Umgehen der Parlamente sei eine Angriffsfläche für diejenigen, die gegen diese Politik sind. „Sie werden nach Karlsruhe gehen“, so Baum. Grünen und FDP warf er vor, nicht entschieden genug für eine stärkere Parlamentsbeteiligung in Bund und Ländern zu streiten. „Corona gehört nicht nur in den Bundestag, sondern in die Landtage – wo bleiben die Initiativen derjenigen, die in Berlin opponieren, aber in den Ländern mitregieren“, so Baum.«——Also muss doch entgegen Ihren Ausführungen Klagemöglichkeit bestehen, Herr Müller. Oder sehe ich das falsch?

T. Schneegaß / 25.11.2020

@Dr. Rene Brunsch: Sie sagen es, auch ich finde inwischen die DDR-Restriktionen als völlig harmlos gegenüber den heutigen alltäglichen Terror gegen Alle. Man wusste: was heute nicht geht, geht auch morgen nicht und umgedreht. Man konnte sich darauf einstellen. Das wissen wir heute, was z.B. Weihnachten betrifft, noch nicht, Herr Brunsch. Das avisierte großzügig gewährte Verlassen der Zelle ist ein Hinhaltemanöver, wie wir es vom “November-Lockdown” kennen, der ja nächste Woche endet, um verschärft zu werden. Und Zusammenkünfte von Menschen zum Feiern wurden nie beschränkt, höchstens “unauffällig” beobachtet. Maskenball auf allen Wegen wurde nie verordnet, trotz Grippewellen. Und innerhalb der DDR und den sozialistischen Bruderländern durfte man bis auf wenige Ausnahmen reisen und sogar Urlaub machen, aus touristischen Zwecken übernachten und Restaurants besuchen, auch wenn man “platziert” wurde. Zum Glück lässt man die Werktätigen aus der Zelle, um sich mit einer unbegrenzter Anzahl von Hausständen zu treffen. Dadurch kann ich jetzt wenigstens mein Feierabendbier vor der Glotze trinken.

A. Iehsenhain / 25.11.2020

“...ein neues Thema aufbauen” - diese Formulierung ist irgendwie mehr als suspekt. Oder sollte man am Ende fragen - Szenario oder Züchtung? Und Frau Kahane hat gerade noch gefehlt - das ist in etwa so, wie wenn man einem Schmutzige Bomben-Bauer vorgibt, in welche Richtung bei der Detonation die Nägel fliegen sollen.

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