Ich weiß nicht mehr, ob ich lachen oder weinen soll. Es ist noch nicht lange her, dass Peter Tauber auch parteiinternen Kritikern am liebsten die Grundrechte entziehen wollte, weil sie ihm zu „rechts“ sind. Letzte Woche hat die Partei nachgelegt, wenngleich auch mit einer harmloseren Variante. Im Konrad-Adenauer-Haus wurden Päckchen mit Sonnencreme verteilt, die den Slogan tragen: „Nur nicht rot werden“. So berichtete die WELT am 13. August in der Druckausgabe.
Mir kommen bei diesem Slogan ganz bestimmte Gedanken in den Sinn. Erst recht anlässlich des Tages des Mauerbaus. Doch befassen wir uns zunächst mit der CDU-Version: Die Sonnencreme, Schutzfaktor 25, soll Parteimitglieder symbolisch davor schützen, aus Wut über die parteiinterne Gruppierung „Werte-Union“ rot zu werden. Elmar Brok giftete:
„Ich kenne in der CDU keine Gruppe, die weniger Werte hat als die Werte-Union.“
Darauf muss man erst einmal kommen. Denn die Werte-Union vertritt weitgehend genau jene Werte, die die Unionsparteien einst groß gemacht haben – bis sie glaubten, sie als lästigen Ballast einfach über Bord werfen zu können. Mit dem Ergebnis, dass sie seitdem die schlechtesten Wahlergebnisse ihrer Geschichte einfahren.
Und nun zu meinen Gedanken, die mir bei dem Slogan sofort durch den Kopf gingen. Ehrlich, ich finde die Idee super, aber aus ganz anderen Gründen. Gut zwei Wochen vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg hat der schleswig-holsteinische Ministerpräsident seinen Parteifreunden nämlich empfohlen, sich auf eine Koalition mit der mehrfach umbenannten, tiefroten SED einzulassen, die heute unter dem unverdächtigeren Namen „Die Linke“ firmiert. Daniel Günther fand schon vor einem Jahr, man müsse sich dieser Partei endlich „pragmatisch“ nähern und auf „Scheuklappen“ verzichten. Auf gut deutsch: Leute vergesst endlich die verbrecherische Vergangenheit dieser Partei – und, das möchte ich hinzufügen, vergesst auch, dass diese Partei nach wie vor ein anderes System, ein anderes Deutschland will.
Der Vorsitzende der WerteUnion Alexander Mitsch findet zu diesem Ansinnen deutliche Worte:
„Die CDU war vor 30 Jahren die Partei der Deutschen Einheit schlechthin. Es wäre doch völlig absurd vor allem in den Augen vieler CDU-Wähler im Osten, wenn wir jetzt mit der ehemaligen SED gemeinsame Sache machen würden, die für Teilung, Verfolgung und die Mauer stand.“
Und:
„Sehr viele aus der Union würden dann sagen: das war’s. Es gibt eine große Zahl von Mitgliedern, die sozusagen mit geballter Faust in der Tasche geblieben sind. Selbst geduldige Leute kämen dann zu dem Schluss: jetzt hat die CDU ihre Prinzipien endgültig verloren. Selbst eine Koalition mit den Grünen würden viele unserer Wähler schon nicht akzeptieren, selbst das könnte die CDU schon zerreißen.“
Die Mehrheit der Unionswähler wünscht sich übrigens laut Insa-Meinungstrend eine stärkere Berücksichtigung der Positionen der WerteUnion: 77 Prozent. Und dann sagt ein CDU-Bundestagsabgeordneter, „Die Werte-Union schadet der Union“? Glaubt die CDU wirklich, mit ihrer schamlosen Anbiederung an rotgrünlinke Träume im dreißigsten Jahr der Friedlichen Revolution endlich wieder traumhafte Wahlergebnisse einfahren zu können?