Julian Marius Plutz, Gastautor / 13.03.2024 / 12:00 / Foto: Kuebi / 91 / Seite ausdrucken

Campino: Regierungspunk mit Gastprofessur

Der Sänger Campino darf demnächst statt auf einer Bühne an einer Uni auftreten – er qualifiziert sich vor allem durch politische Korrektheit und Regierungstreue.

Wenn die Satire von gestern heute zur Realität wird und die Dystopie von vorgestern übermorgen sich Gegenwart nennt, dann ist die Chance hoch, dass Sie sich in Deutschland befinden. Am 2. April wird Campino, der Sänger der Band „Die Toten Hosen“, einen Vortrag an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf im Rahmen der Heinrich-Heine-Gastprofessur halten.

Campino ist laut Rektorin Anja Steinbeck einer der bekanntesten Sänger des Landes, wie auch einer der engagiertesten und politischsten Musiker überhaupt. “Und wir sind überaus glücklich darüber, dass er diesen Ruf an der Universität seiner Heimatstadt untermauern wird,“ heißt es auf der Internetpräsenation der Universität. Mehr Begründung gab es nicht und ist scheinbar auch gar nicht nötig. Wozu auch? Denn die Vita des Musikers, der von Punk in etwa so weit entfernt ist wie Elon Musk vom Hungertod, spricht für sich. Seine Qualifikation ist sein Wort, und sein Wort das klingt nicht nur nach „Regierungssprecher“, es ist nichts anderes als Regierungssprech.

So wurde er von der Westdeutschen Zeitung gefragt, was er von der damaligen Kanzlerin und den Koalitionsgesprächen rund um Jamaika hält. „Ich kann sehr gut damit leben, dass Frau Merkel weiter Kanzlerin bleiben soll.“ Zwar hält er es für anstrengend, CDU, CSU, FDP und Grüne „unter einen Hut zu bringen“, er wünsche aber „der Frau einfach nur stabile Nerven.“ Am Nervenkostüm von Merkel lag es nicht, eher an einer lichten Stunde von Christian Lindner, dass er Jamaika verhinderte, freilich, um vier Jahre später Rot-Grün möglich zu machen. Doch das ist für Campino egal. Überhaupt die damalige Kanzlerin zu beschimpfen, ist für den Sänger „inakzeptabel“. Punk pur, eben.

Natürlich pro Covid-Impfung

Das ist für Campino alles kein Problem. Der Brexit dagegen schon: „Ich bin sehr enttäuscht und niedergeschlagen. Es war völlig unnötig, dem Land diese Frage zu stellen“, betonte er in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Unnötig, demokratische Fragen zu stellen? Das scheint für Campino zusammenzugehen. Die Systemkritik, immanent im Punk, scheint für den Düsseldorfer, der laut einem Interview im Greenpeace-Magazin die Grünen wählt, ganz im Gegensatz zu seinem britischen Kollegen Johnny Lydon (Sex Pistols) kein Teil seines Musikerverständnisses zu sein.

Auch in Sachen Außenpolitik mahlt Andreas Frege, wie er bürgerlich heißt, die großen Kreise. Zwar hat er den Kriegsdienst 1983 verweigert, doch wahrscheinlich würde er das heute nicht mehr tun. „Gerade lernen wir doch eindrücklich, warum eine Identität als Europäer so wichtig ist und warum wir eine Wertegemeinschaft sein müssen. Das hat dann leider auch etwas mit Aufrüstung zu tun.

„Wir können es uns nicht leisten, völlig wehrlos gegenüber Despoten zu sein, wie Putin einer ist, der alte Machtfantasien auslebt.“ Davon abgesehen, dass es im dritten Jahr des Ukraine-Krieges durchaus erlaubt ist, zu fragen, wie lange das Töten noch in dieser Art weitergehen soll, bin ich überzeugt, dass Campino der ohnehin schon schrottreifen Bundeswehr gut zu Gesicht stehen würde.

Und natürlich war Campino, ganz der Punk, auf Staatslinie, als es um die vermeintliche Impfung gegen Covid ging. So veröffentlichten „Die Toten Hosen“ ein Foto, auf dem der Sänger ein Bad in der Fanmenge nimmt, darunter die Aufschrift „Impfen schützt“. Und was er von der AfD hält, brauche ich Ihnen wohl nicht mitzuteilen.

Alle sind Punk

Egal, wie regierungskonform es sein sollte, Campino tat den herrschenden Herrschaften den Gefallen und sprang ihnen bei. Wenn das Punk ist, dann ist Angela Merkel Punk, Olaf Scholz, Ricarda Lang und Boris Pistorius auch Punk. Regierungspunk, der den Politsound für die Regenten abspielt. Traumschön.

Wer wirklich Punk war, war der Namensgeber der Hochschule und der Gastprofessur, die Campino antreten darf. Heinrich Heine verspottete neben Kollegen mit Vorliebe die Mächtigen. So widmete er dem bayerischen Kaiser, König Ludwig, folgende Zeilen:

„Das ist Herr Ludwig von Bayerland.

Desgleichen gibt es wenig;

Das Volk der Bavaren verehrt in ihm

Den angestammelten König“

Zeilen, die Campino nicht über die Lippen kommen würden. Und im April, wenn er dann Gastprofessor in Düsseldorf ist, ist er Teil der gestrigen Dystopie, die sich heute Realität nennt.

 

Julian Marius Plutz, 1987 geboren, betreibt seinen eigenen Blog neomarius.blog. Ferner erscheinen seine Texte auf TheEuropean.de, in der Jüdischen Rundschau und Junge Freiheit. Hauptberuflich arbeitet er im Personalbereich.

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Alex Micham / 13.03.2024

Dafür gibt’s die Konformistenmedaille in Gold am Band. Glückwunsch, Punk!

Hans-Peter Dollhopf / 13.03.2024

Ausbaufähig auf Studentenpartys, da bleibt kein Höschen ganz trocken. Was tun staatliche Bildungseinrichtungen nicht alles zur Anlockung Nachzucht von “Fachkräften”, Betreuungsangebot im Kinderhort “Campinopus” besagter Universität sicherlich inklusive.

Johannes Schumann / 13.03.2024

Ich habe von solchen ohnehin nie etwas gehalten. Deren Musik ist scheußlich. Arrivierte geben sich die Attitüde, Widerständler zu sein. Das ist so grün und verlogen.

Michael Hinz / 13.03.2024

Den Verschissmus in seinem Lauf halten weder Tote noch Hosen auf.

Sigrid Leonhard / 13.03.2024

“Auch in Sachen Außenpolitik mahlt Andreas Frege, wie er bürgerlich heißt, die großen Kreise. Zwar hat er den Kriegsdienst 1983 verweigert, doch wahrscheinlich würde er das heute nicht mehr tun.” Klar sagt er das, denn jetzt ist er garantiert nicht mehr wehrdiensttauglich und kann sich auch noch einschleimen beim MS - winwin sozusagen. Ich frage mich nur, wie so gratismutige Opportunisten wie er es schafften, damals die juristischen Entscheider überzeugen zu können, dass er aus Gewissensgründen leider verweigern muss.

Regina Lange / 13.03.2024

Mit diesem noblen Salon -“Punk” konnte ich noch nie etwas anfangen! Ein Möchtegern-Rebell, der es sich artig im Hinterteil der Ampeligen bequem gemacht hat! Je älter der wird, desto arroganter und anmaßender wirkt der auf mich! Er ist halt ein Ampelmännchen und ziemlich unwichtig!

Moritz Cremer / 13.03.2024

was waren das für Zeiten, als ich Ende der 80er mit campino Arm in Arm auf der Bühne stand & dann mit einem großen Sprung ins Publikum gehechtet bin, grandios! Heute schäme ich mich, diesen weichgespülten loser jemals berührt zu haben…

Franklin Meissner / 13.03.2024

Punk fand ich schon immer beschissen. Außer vielleicht “Abwärts” mit dem leider vor kurzem verstorbenen Sänger Frank Ziegert. Das Album” Ich seh die Schiffe den Fluss herunterfahren” ist wirklich hörenswert und beschreibt meiner Meinung gut die Staatskünstler wie Ärzte und Tote Hosen, die sich so peinlich an den Mainstream ranwanzen. Die meisten Punks standen sich immer selber im Wege, gehör(t)en auch zur Mehrwertabschöpfungskette. In den 80ern standen sie Nachmittags am U-Bahnhof rum. Wenn ich mit meiner Lehrlingswerkzeugtasche die Rolltreppe hochfuhr. “Haste mal ne Maak?!” Wir Hardrocker/ Heavy Metals wollten Freiheit: Also Lehre zu Ende bringen, erstes Auto, dann von Berlin nach Hamburg ins “Grünspan” zum feiern. Unterwegs liefen Songs wie Highway Star von Purple oder Ballcrusher von W.A.S.P. (wäre heute richtig politisch unkorrekt). Doch heutzutage ist es so, daß man sich vor Leuten in Acht nehmen muss, die kein Sinn für Ironie und Sarkasmus haben.

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