Hochrangige brasilianische Militärs betrachten offenbar Frankreich als die größte militärische Bedrohung ihres Landes. Das geht aus einem 45-seitigen Dokument des brasilianischen Verteidigungsministeriums hervor, über das „Folha de S.Paulo“ berichtet. Nach Angaben der Zeitung befragte das Ministerium 500 Angehörige der „brasilianischen Militärelite“ zu den größten strategischen Bedrohungen Brasiliens in den nächsten 20 Jahren. Das Dokument mit dem Titel „Verteidigungsszenarien 2040“ sei eine Vorarbeit, die in die laufende Überprüfung der nationalen Verteidigungsstrategie einfließen solle.
In dem Dokument wird laut „Folha de S.Paulo“ ein Szenario beschrieben, bei dem Frankreich im Jahr 2035 einen Antrag auf Intervention der Vereinten Nationen formalisiert, um die Emanzipationsbewegung des indigenen Volkes der Yanomami zu unterstützten. Zwei Jahre später mobilisiere Frankreich seine Streitkräfte und stationiere sie im dem französischen Überseedépartement Französisch-Guayana, welches an Brasilien grenzt. Nach Angaben von „Folha de S.Paolo“ wird nicht weiter ausgeführt, was passieren könnte, wenn die Streitkräfte der beiden Nationen in einem bewaffneten Konflikt aufeinandertreffen.
Brasilien und Frankreich, eigentlich politische und militärische Verbündete, waren im vergangenen Jahr aneinandergeraten, als der französische Präsident Emmanuel Macron angesichts der Brände in der Region Brasilien Untätigkeit vorwarf und die „Internationalisierung“ – sprich militärische Besetzung – des Amazonasgebiets vorschlug. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro sprach in diesem Zusammenhang von einer „kolonialen Mentalität“ und lehnte Hilfsgelder der G7-Staaten zur Bekämpfung der Brände empört ab.
Laut „Folha de S.Paulo“ werden in dem Dokument des Verteidigungsministeriums noch weitere militärische Szenarien beschrieben, etwa ein Konflikt mit dem sozialistischen Maduro-Regime in Venezuela oder eine Intervention in Bolivien zum Schutz brasilianischer Bauern. Einige Szenarien seien allerdings „Höhenflüge der Fantasie“, etwa ein biologischer Angriff mit dem Coronavirus auf das Musikfestival Rock in Rio durch „Ultranationalisten aus Südostasien“.