Elisa David, Gastautorin / 05.07.2019 / 06:15 / Foto: Gary Dee / 134 / Seite ausdrucken

Abitur geschafft. Schule rum. Und jetzt die Abrechnung

Ich bin seit ein paar Tagen nun offiziell keine Schülerin mehr. Ich habe mein Abitur und eine orangene Rose in die Hand gedrückt bekommen und dem alten Schulgebäude den Rücken zugedreht. Somit habe ich meine Karriere als Gymnasiastin erfolgreich beendet. Und doch, oder gerade deshalb, fühle ich mich schon fast gezwungen, Kritik an unserem Bildungssystem zu üben.

Fakt ist, dass unser Bildungssystem viel zu wenig auf Fortschritt und Erfolg ausgelegt ist. Dafür, dass wir in einem Land leben, das über keine Ressourcen verfügt, ist das verheerend. Deutsche Erfindungen und Forschungen haben die Welt in der Vergangenheit mehr als einmal verändert. Robert Koch erfand die Bakteriologie, Karl Benz und Gottlieb Daimler das Automobil. Die Röntgenstrahlung, das Aspirin, die Zahnpasta, das Tonband, das Düsentriebwerk, der Hubschrauber – alles deutsche Erfindungen. Die Kernspaltung, der Scanner und der Computer kommen auch aus Deutschland. Was ist aus dem Land der Dichter und Denker geworden? Welcher bedeutende Erfinder kommt heutzutage noch aus Deutschland? Und wenn mal jemand dabei ist, wie viele von ihnen bleiben auch tatsächlich hier, statt nach Amerika, Japan oder Südkorea auszuwandern – dahin, wo ihre Fähigkeiten gefördert und angemessen gewürdigt werden?

In meiner Schulzeit war der Unterricht immer nur darauf ausgelegt, uns irgendwie durch zu bringen. Es ging nie darum, ob der Klassenschnitt gut war, sondern dass er ausreichend war. Zielstrebigkeit wurde uns von den Lehrern nahezu aberzogen, genauso wie der Spaß am Lernen, sofern der denn vorhanden war. Wenn der Lehrer selbst schon kein Interesse am eigenen Fach hat, weil er es nur studiert hat, weil es dafür keinen NC (numerus clausus) gab, dann hält sich die Motivation der Schüler auch in Grenzen. Wenn ein Lehrer seine Schüler verständnislos anschaut, wenn die sich über eine Note drei ärgern, weil sie nicht so ehrgeizig sein sollten, weiß man, warum die Schüler so gleichgültig sind.

Man hat mit pubertierenden, aufmüpfigen Kreaturen zu tun

Viele unserer Lehrer waren gar nicht kompetent genug. Als Lehrer sollte man eine grundlegende Sozialkompetenz aufweisen können. Man darf nicht vergessen, dass man hauptberuflich mit pubertierenden, aufmüpfigen Kreaturen zu tun hat, die in erster Linie mit sich selbst beschäftigt sind. Und mit denen muss man nicht nur klarkommen können, nein, die muss man auch noch dazu überzeugen, irgendwelche Lateinvokabeln in sich rein zu prügeln, wenn sie doch nichts lieber täten, als zu schlafen. Dafür sollte von Lehrern erwartet werden können, dass sie in der Lage sind, als Respektspersonen auftreten zu können. Wenn ich mir meine Lehrer so anschaue, scheint das allerdings zu viel verlangt. 

Meine ehemalige Englischlehrerin war zum Beispiel nicht in der Lage, zu der ganzen Klasse zu sprechen. In unserer Sitzordnung gab es in der Mitte des Klassenraumes einen Durchgang – in den stellte sie sich mittig rein, drehte sich zu einer Hälfte und drehte der anderen für den Rest der Stunde den Rücken zu. Sprach man sie darauf an, reagierte sie gereizt, bewegte sich zurück zum Pult, nur um innerhalb von nur wenigen Sekunden wieder auf ihre ursprüngliche Position zurückzukehren.

Von einer Frau, die Englisch studiert hat, sollte man vielleicht auch erwarten können, dass sie gut Englisch sprechen kann. Doch ihre Aussprache und ihre Grammatik waren sogar schlechter als unsere, und wir mussten sie oft verbessern. Außerdem war sie nicht in der Lage, uns frei zu unterrichten und auf Zwischenfragen einzugehen. Das hat man immer dann gemerkt, wenn der Unterrichtsverlauf mal ein bisschen vom Plan abgewichen ist. Und wenn ich Plan sage, meine ich das wörtlich. Denn die gute Frau hatte immer einen Stapel Zettel dabei, auf dem sie alles, was sie sagte, in ganzen Sätzen vorher aufgeschrieben hat und den sie auch Wort für Wort vorlas. Wenn auf ihre vorgeplanten Fragen eine Antwort kam, mit der sie nicht gerechnet hat, dann stellte sie sich entweder taub, oder beantwortete ihre eben gestellte Frage einfach selbst, um weiter vorlesen zu können. Wie sollen wir eine Lehrerin ernst nehmen, die vor uns steht, um uns zu belehren, wenn wir ihr noch etwas beibringen könnten? Einen Text vorbereiten und vorlesen kann so ziemlich jeder, dafür muss man nicht lange studieren und dann teuer von Steuergeldern bezahlt werden. 

Schüler mittels Notengebung mundtot machen

Das Schlimmste an so unfähigen Lehrern ist, dass man so ziemlich gar nichts gegen sie tun kann – sind sie erst einmal verbeamtet, wird man sie nicht mehr los. Wir hatten eine kommunistische Geschichtslehrerin, die allen, die nicht Stalin verehrt haben, das Abitur versaut hat. Die einzige Konsequenz war, dass sie nicht mehr in der Oberstufe unterrichten durfte. Dass sie aber verfassungsfeindliches Material verbreitet hat, blieb ohne Konsequenzen, dabei war das an unserer Schule jedem bekannt.

Dass bei unserer Chemielehrerin von sechs Prüfungen fünf genehmigt werden mussten, war auch egal. Und Genehmigungen sind eigentlich der absolute Härtefall; es bedeutet, dass die Klausurergebnisse im Schnitt bei allen ungewöhnlich schlecht ausgefallen sind, die Schulleitung sie aber trotzdem zulässt und die Noten regulär ins Zeugnis fließen. Ansonsten müsste die Arbeit wiederholt werden. Ein Referendar an unserer Schule, der vorher schon durch zwei Prüfungen durchgefallen ist, konnte seine Prüfung in Mathe nochmal versuchen – und durfte dafür unsere Klasse unterrichten, die in der Einführungsphase vor dem Abitur stand. Unsere nachfolgenden Mathelehrer hatten danach große Mühen, die Lücken wieder aufzuarbeiten. An diesen Fällen kann man doch ganz gut erkennen, dass Lehrer sich kaum rechtfertigen müssen, weil sie auch kaum kontrolliert werden und keine Konsequenzen zu erwarten haben.

Das Bildungssystem bietet den Lehrkräften auch Möglichkeiten, Schüler mittels Notengebung mundtot zu machen. Das fängt beispielsweise mit den mündlichen Noten an. Die mündlichen Noten geben den Lehrkräften eine immense Macht, die nicht wenige von ihnen ausnutzen. Denn die zählen in den meisten Fällen zwischen 60 und 70 Prozent der Zeugnisnoten und können – da für sie von Seiten der Lehrer keinerlei Beweise erbracht werden müssen – fast vollkommen willkürlich vergebenen werden. Der Lehrer darf im Grunde machen, was er will. Das gibt Schülern nicht nur das Gefühl, unfair behandelt zu werden, es nimmt ihnen auch die Motivation. 

Der „pädagogische Spielraum“, der den Lehrern zur Verfügung steht, würde nur Sinn ergeben, wenn Lehrer tatsächliche Pädagogen wären. Um noch einmal auf meine Englischlehrerin zurückzukommen – wie soll sie sich ein vernünftiges Bild von jedem einzelnen Schüler in der Klasse machen, wenn sie die Hälfte gar nicht sieht, weil sie ihr den Rücken zudreht? Außerdem ist das Problem bei dieser Art der Bewertung, dass sie nur einem Typ von Schüler in die Hände spielt. Denn diejenigen, die in unserem Bildungssystem profitieren, sind die aufmüpfigen, selbstbewussten Schüler, die keine Angst haben, etwas Falsches zu sagen.

Und natürlich haben diejenigen, die eine rege mündliche Beteiligung aufweisen, auch eine gute mündliche Note verdient. Aber dafür, dass die mündliche Note sich mit zum Beispiel selbstbewusstem Auftreten zu einem ausschlaggebendem Anteil aus Faktoren zusammensetzt, die nichts mit der schulischen Leistung zu tun haben, zählt sie im Endergebnis eindeutig zu viel. Im schriftlichen Teil geht es um Fakten, im mündlichen um Auftreten – man braucht sich über die gegenwärtige politische Stimmung im Land nicht zu wundern, denn sie wird geradezu herangezüchtet. 

Lange keinen Klassenraum mehr von innen gesehen

Als nächster Faktor wirken die Lehrpläne. Die werden scheinbar von Leuten geschrieben, die lange keinen Klassenraum mehr von innen gesehen haben. Da der Lehrplan bindend ist, können unsinnige Umstellungen schwere Folgen haben. In meinem Profil ist das Hauptfach Biologie gewesen, der Lehrplan hierfür wurde zu Beginn meiner Oberstufe geändert. Statt erst Genetik durchzunehmen und dann Evolution, wurde beides umgedreht. Das führte dazu, dass alles durcheinander unterrichtet wurde. Obwohl wir die Genetik erst später haben sollten, mussten einige Dinge schon nach vorne gezogen werden, da man die Wirkung der Evolution nicht verstehen kann, wenn man nicht weiß, was überhaupt passiert ist. Am Ende verloren unsere Lehrer den Überblick, und wir lernten einige Sachen doppelt und manche gar nicht. Da allerdings alles, was im Lehrplan steht, abiturrelevant ist, mussten wir uns viele Sachen selbst beibringen. 

Auf der anderen Seite ist der Lehrplan für manche Fächer trotzdem sehr weit auslegbar. Ein kleines Beispiel: Meine Deutschlehrerin in der Mittelstufe hat es geschafft, ein ganzes Jahr lang um den Lehrplan herum zu unterrichten. Ein komplettes Schuljahr über hat sie mit uns Jugendsprache behandelt. Nur waren wir dabei eher die Versuchskaninchen als die Schüler, denn sonderlich viel konnte eine fünfzig Jahre alte Frau einem Haufen Jugendlicher nicht über eine Sprache erklären, die diese selbst gestaltet haben. Doch das hielt die Gute nicht davon ab, mit uns alberne Adoleszenzromane zu lesen und die „Bravo“ zu analysieren. Es war eine wirklich grauenhafte Zeit, die mir doch die eine oder andere Gehirnzelle raubte.

Nun stand im Lehrplan zwar, dass sie gezwungen ist, von uns ein Gedicht als Leistungskontrolle abzufragen – „Gedicht“ war nur leider Gottes nicht näher definiert, und so kam sie auf eine der brillantesten Ideen ihrer Karriere. Während es uns natürlich auch freistand, Gedichte von Goethe oder Schiller vorzutragen – was allerdings nicht gern gesehen war –, durften wir auch einen deutschen Rap wie ein Gedicht vortragen, den wir zuvor analysiert haben. Ich stand dort also mit meinem Schiller, den ich vortrug, wie man Gedichte eben so vorträgt. Dann kamen die ganzen Mädchen dran, die sich auf den Rap gestürzt hatten. Darin ging es, grob gesagt, um ein drogensüchtiges Paar – die Frau ist bei einem Unfall gestorben und der Mann „singt“ darüber. Eine sehr emotionale Angelegenheit also. Keine von ihnen hielt das ganze Lied durch, denn sie fingen alle nacheinander an zu heulen und bekamen ihre Note 1 mit Sternchen – alle anderen, die sich in ihrer Freizeit dem Handschuh oder dem Zauberlehrling gewidmet haben, wurden aufgefordert sich an diesen Darstellungen ein Beispiel zu nehmen.   

Solche Lehrpläne führen zu immensen Bildungslücken – ich bin, wie gesagt, in Lübeck zur Schule gegangen. Das Buddenbrookhaus war in der Nähe, trotzdem haben wir in der gesamten Schulzeit nicht einmal Thomas Mann behandelt – hätte ich keine außerschulische Allgemeinbildung, wüsste ich gar nicht, wer das ist. Die deutschen Dichter und Denker, die wir behandelt haben, kann ich an einer Hand abzählen.

Dass das Bohrsche Atommodell schon seit Jahrzehnten überholt ist, hindert die Physik- und Chemielehrer nicht daran, ihren gesamten Unterricht bis ins Abitur hinein darauf aufzubauen. Wo sollen die Fortschritte der Naturwissenschaften denn herkommen, wenn die Professoren ihren Studenten erstmal erklären müssen, wie so ein Atom überhaupt aufgebaut ist. Der Name Hayek ist im Wirtschaftsunterricht nie gefallen, dafür wurde Keynes uns als Heilsbringer vermittelt. Die Hälfte meiner Klasse weiß nicht mehr, wie Prozentrechnung funktioniert, weil wir das seit der Unterstufe nicht mehr gemacht haben, dafür können wir ganz tolle Hüte aus Zeitungspapier und Kleister basteln. 

Innerhalb der letzten drei Jahre insgesamt 24 Lehrerwechsel

Aber selbst wenn wir die kompetentesten Lehrer und die besten Lehrpläne gehabt hätten, wäre unser Wissensstand noch nicht ausreichend gewesen. Das liegt ganz einfach daran, dass wir sehr viel Ausfall und viel zu viele Lehrerwechsel hatten. In einer Informationsveranstaltung für die Oberstufe hatte sich der Oberstufenleiter vor uns gestellt und versprochen, dass wir in den letzten drei Jahren keine Lehrerwechsel mehr haben werden. Die Lehrer, an die wir uns in der Einführungsphase gewöhnen sollten, würden uns auch durchs Abitur führen. Nun, wir hatten als Klasse innerhalb der letzten drei Jahre insgesamt 24 Lehrerwechsel. Und natürlich sind Krankheiten, Todesfälle und meinetwegen auch Schwangerschaften nicht vorhersehbar.

Aber wenn sich eine Schule einen Lehrer nur für ein Jahr ausleiht, kann ich ihn nicht als Klassenlehrer in die Oberstufe stecken. Wenn ein Lehrer in anderthalb Jahren in Rente geht, kann man ihn nicht in die Oberstufe stecken. Wenn eine Lehrerin schon schwanger ist, kann man sie nicht in die Oberstufe stecken. Wenn ein Lehrer nicht ausreichend qualifiziert ist, um Abiturprüfungen abnehmen zu dürfen und die Klasse ihn deshalb kurz vor eben dieser Prüfung abgeben muss, kann man ihn – oh Wunder – nicht in die Oberstufe geben.

Außerdem müsste man, zumindest an unserer Schule, den Unterricht gar nicht schwänzen, um Freitags demonstrieren zu gehen – denn der ist schon von alleine ausgefallen. Hier kommt es natürlich auch sehr auf den Lehrer an. Mütter zum Beispiel sind immer doppelt so oft krank. Dazu kommen die ganzen unproduktiven Fach- und Wandertage, Lehrerfortbildungen, die man natürlich nicht in die Ferien legen kann, und zwei Wochen vor der Zeugnisausgabe wird bei den meisten schon kein Unterricht mehr gemacht, sondern gespielt und gefrühstückt. Für das unsinnige G8-Experiment ist schon viel Unterrichtszeit verloren gegangen. Aber ich glaube, dass noch mindestens ein halbes Jahr mehr nur allein durch Freistunden draufgegangen ist, wenn man die alle zusammenzählt.

Zusammenfassend würde ich sagen, dass man wahrscheinlich das komplette Schulsystem überarbeiten müsste, wenn man jemals zu den anderen Ländern aufschließen möchte. Vielleicht sollten auch zumindest die weiterführenden Schulen ein Stück weit aus der Hand des Staates genommen werden. Dass man die Bildung durch Steuergelder finanziert, ist vielleicht keine schlechte Idee, aber dass die Lehrpläne und Schulsysteme mit jedem Regierungswechsel geändert werden, ist ganz sicher falsch.

Außerdem sollte das Ziel des Unterrichts nicht sein, die Schüler auf Prüfungen, sondern auf das Leben vorzubereiten. Welche Schichten ein Vulkan hat, vergisst ein Siebtklässler innerhalb von wenigen Wochen. Doch dass Zehntklässler glauben, dass Deutschland eine freie Marktwirtschaft ist, ist eindeutig weltfremd. Die Politik müsste mehr in die Bildung investieren, statt für viel Geld irgendwelche Gadgets anzuschaffen. Was bringt mir AppleTV und eine hochmoderne Sprechanlage in jedem Klassenraum, wenn man nicht einmal eine Tafel hat, weil die falsch eingebaut wurde? Wenn unser Land eines Tages nur noch aus Gender-Studies-Professoren und Musik-Studenten besteht und keiner mehr die Steuern zahlen kann, weil wertschaffende Arbeit langsam aber sicher unmöglich gemacht wurde und auch von jungen Leuten nicht mehr angestrebt wird, wird es zu spät sein. Zum Glück hab ich das ganze Kapitel Schule erstmal hinter mir! 

 

Elisa David ist 18 Jahre alt, stammt aus Lübeck und hat gerade Ihr Abitur gemacht (Wir gratulieren!). Dieser Beitrag erschien gestern auch auf dem Jugend und Schülerblog Apollo-news.

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Leserpost

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Claudius Pappe / 05.07.2019

Den Zauberlehrling im Deutschunterricht durchzunehmen dürfte in der heutigen Zeit schon ein Grund sein vom Lehrerberuf ausgeschlossen zu werden. Die, die ich rief, die Geister werd ich nicht mehr los………………………...…..

Th.F.Brommelcamp / 05.07.2019

Gut getroffen. Lübeck gilt im gesamten Schulbereich noch als konservativ. Die Stadtstaaten und NRW ist der Unterricht ideologisch stärker ausgerichtet. Die richtige Haltung bringt den Schülern Vorteile aber kein Wissen. Das dünnt die berufliche Kompetenz stark aus, werden aber mit Quote und Haltung ausgeglichen. Dadurch wird Leistung durch ideologische Anpassung am jeweiligen Mainstream (z.Z. Klimawandel) ersetzt. In der Politik aber auch Wirtschaft(Siemens, VW…..) wird dies heute schon sichtbar.

Rainer Hanisch / 05.07.2019

“Was ist aus dem Land der Dichter und Denker geworden” Es ist nach wie vor ein Land der Dichter und Denker, aber in einem völlig anderen Sinne! Man dichtet sich zusammen, was man so für gut und richtig hält. Mit Realität hat das meistens nicht viel zu tun, mit Verstand schon gar nicht. Ja und am Ende denken die Dichter, die reine Wahrheit gefunden zu haben und unternehmen alles, jedem ihren Unsinn schmackhaft zu machen. Und das “Volk” ? Findet alles gut und richtig. Ohne einmal darüber nachzudenken, das überlässt es einer “Expertenelite”. Die denken aber nur an ihre einträglichen Posten und Pöstchen. Andererseits bestätigt dieser Artikel die Befürchtungen eines alten Lehrers (ex-DDR), der Anfangs der 1990er prophezeit hatte, dass Deutschland einem Bildungsnotstand entgegen geht. Darüber sollten sich alle mal Gedanken machen, statt einen schwachsinnigen “Klimanotstand” auszurufen! Ich habe 1971 nach 12 Schuljahren in der DDR mein Abi “gebaut”; auch mir gefiel manches nicht. Aber: es gab einheitliche Lehrpläne, die Lehrer konnten qualifizierten Unterricht erteilen. Vieles, was Unis und Hochschulen an Wissen voraussetzten, wurde uns bis zur 12. Klasse beigebracht; da bedurfte es keiner “Aufbaukurse”.  Und jemand, der in Rostock ein sehr gutes Abi geliefert hat, hätte das auch in Dresden so hinbekommen. Ohne Computer und Internet! Petitionen gegen “zu schwere Aufgaben”? Undenkbar! Jedenfalls schockiert mich dieser Artikel einer Abiturientin schon, erklärt mir anderseits aber auch, warum ein diplomierter Elektronikingenieur nicht in der Lage ist, Leitungsvorgänge in einer Halbleiterdiode zu erklären! Der Elisa wünsche ich für ihren Start in’s Erwerbsleben viel Erfolg und hoffentlich nicht mehr so viel Frust, wie in der Schule!

H. Merx / 05.07.2019

Wenn auch meine eigene Schulzeit schon einige Jahrzehnte her ist, kann ich vieles nachvollziehen (auch dank meiner Kinder, die z. B. mehrere Rechtschreibreformen mitmachen mussten). Es lebe die Politik und die (davon abhängige) Ministerialbürokratie. Junge Leute, die solche Artikel schreiben, sollten Hoffnung machen - aber ich fürchte, davon gibt es zu wenige. Deshalb: Bitte nicht entmutigen lassen und weitermachen.

Werner Rosenthal / 05.07.2019

Der Beitrag macht etwas ratlos. Was will uns die Autorin so rigide sagen, die ihren Beitrag gleich mit Ich beginnt. Es ist ein Schulerlebnis, ganz subjektiv. Das spürt man in fast jedem Satz. Gerade die Fähigkeit zur mündlichen Präsentation und angemessenen Diskussion wird heute weltweit immer stärker verlangt. Was ist am Trainieren dieser Fähigkeiten schlecht? Die Autorin zeigt doch selbst an Beispielen, daß es hier auch bei Lehrern teilweise mangelt. Schriftlich ist das pure Faktenkopieren doch kein Ausweis des tieferen Verständnisses von Zusammenhängen und Strukturen. Was mir sehr deutlich auffällt in dem Beitrag, ist ein gewisser Mängel an Selbstbescheidung, eine zu starke Verallgemeinerung mit generalisierenden Schlußfolgerungen. Und das sehe ich, z.B. bei Friday for Future, als eine etwas ungesunde Tendenz junger Welterklärer, das Weltklima in fünf Worten auf einem Demoplakat einhundert Prozent wasserdicht erklärt. Widerspruch wird nicht zugelassen. Abiturienten sollten ernst genommen werden. Sie sollten sich aber auch realistisch einschätzen können.

Achim.Kaussen / 05.07.2019

Hallo Frau David, an solchen Analysen wie die Ihre sieht man, das die Jugend nicht verloren ist. 1995 gabt es eine Konferenz zum Thema Industriegesellschaft, auf der Brzeziński den Begriff “Tittytainment” gepraegt haben soll. Die These war, das mittelfristig 20% der Bevoelkerung genuegen (Automatisierung und KI), den Laden am laufen zu halten, der Rest muss irgendwie beschaeftigt werden. Danach kam dann das Privatfernsehen :=). In diesem Kontext muss man das Bildungswesen sehen. Das Weltwissen ist heutzutage im Netz gratis verfuegbar, dafuer braucht es keine Lehrer mehr. Ob man sich Katzenvideos oder Vorlesungen ueber Quantenmechanik reinzieht, bleibt jedem selber ueberlassen. Solange sich eine Elite von ca. 10-20% gegen Katzenvideos entscheidet, ist D nicht verloren. Noch was zum Thema Bohrsches Atommodell. Das entspricht zwar nicht der Realitaet, mit diesem Modell lassen sich aber z.B. fast alle Vorgaenge in der Chemie beschreiben. Damit hat das Bohrsche Atommodell auch heute noch seine Berechtigung. Man sollte aber als Lehrer erwaehnen, das es eben nur ein Modell ist und nichts mit der Realitaet zu tun hat. In der Realitaet sind das quantenmechanische Konstrukte, die sich niemand mehr plastisch vorstellen kann, sowas kann man nur noch mathematisch beschreiben. Leute, die Physik studieren, werden sich damit beschaeftigen muessen. Gruss

Julian Schneider / 05.07.2019

Schön zu sehen, dass es noch kritisch denkende junge Menschen gibt. Ich habe mein Abi 1973 gemacht und damals klappte es noch einigermaßen mit dem Erziehen zu kritischen Menschen statt zu Mitläufern (aka “Haltung zeigen”). Und nein: wir hatten damals keinen einzigen “Nazi”-Lehrer, obwohl nach heutigem Denken damals doch alle Lehrer braun waren. Was es seitdem gab: gefühlte 200 Schulreformen. Und die zielten nicht etwa auf kritisches Denken oder bessere Bildung ab, sondern stets auf eines: Möglichst noch mehr möglichst schlechte Schüler mit durchzuziehen. Es sollten ja zunehmend “alle gleich” sein.

Günter Schaumburg / 05.07.2019

Ich ging von 1949-1957 in die Grundschule eines Dorfes Nähe Erfurt. Wir waren im Schnitt 13 Schüler in einer Klasse und Lehrerwechsel kannte ich nicht. Das, was ich in diesen 8 Jahren lernte, meine nächst höhere Bildungsstufe erreichte ich in der Abendschule, hat mich für mein folgendes Leben perfekt vorbereitet. Lebensläufe Goethe und Schiller, Die Bürgschaft, Der Zauberlehrling oder den Osterspaziergang kann ich heute noch perfekt aufsagen. Gram- matik geht nur mit ständigem Üben, aber wenn sie sitzt, bleibt sie hängen. Es wurde sehr viel gelesen, dadurch entwickelte sich das Textverständnis. Zum Leben gehört ebenso die Mathe- matik. Integral- und Differentialrechnung, Vektorrechnung und was noch zur höheren Mathe- matik gehört, soll der Interessierte lernen. Ich habe das alles vergessen, weil ich es nie brauchte. Gebraucht habe ich Bruch- und Prozentrechnen, Rauminhalte, Flächen, Längenmaße, Zins- rechnung und natürlich die Grundrechenarten. Großer Wert wurde auch auf Kopfrechnen ge- legt. Insgesamt bin ich mit dem, was mir in den 8 Jahren Dorf-Grundschule beigebracht wurde, sehr, sehr zufrieden und meinen Lehrern danke ich noch immer. Ohne sie hätte ich nicht drei Berufe, davon einen mit Fachschul- und einen mit Hochschulabschluß geschafft.

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