Parteiencheck Arbeitsmarkt Teil 3: AfD und DIE LINKE

Im dritten und letzten Teil dieser Kolumne befasste ich mich mit der AfD und der Partei DIE LINKE. Nachdem mich weder die selbsternannte Partei der Arbeit, SPD, noch Grüne, CDU und die FDP auch nur ansatzweise überzeugen konnten, erhoffe ich von den beiden übriggebliebenen Programmen wenn schon keine Zustimmung, dann immerhin Kontroverse. 

Beginnen möchte ich mit der AfD und ob sie ihrem „A“, also „Alternative“, auch wirklich gerecht wird. Zunächst eine Wohltat für den Rechercheur: Die Partei ist die bisher einzige Partei, die ihr großes Wahlprogramm nicht nur per pdf anbietet, wo man sich seine Punkte via Suchfunktion herauspicken muss. Sie bieten dem Leser ferner den Service, dass auch in der ausführlichen Version die einzelnen Themen separat in extra URLs aufgeführt sind. Das spart Zeit und sieht gut aus. 

Doch es soll ja um den Inhalt gehen. Die AfD separiert das Thema „Arbeit“ in zwei unterschiedliche Kapitel, wobei in „Arbeits- und Sozialpolitik“ der für mich relevante Teil niedergeschrieben wurde. 

Weniger Sanktionen bei Hartz IV

„Der gesetzliche Mindestlohn ist mit dem Wesen der Sozialen Marktwirtschaft eng verbunden (…) Er schützt sie auch vor dem durch die derzeitige Massenmigration zu erwartenden Lohndruck.“. So weit, so verständlich. Doch um welche Höhe handelt es sich? Bleibt die aktuelle Handhabe mit einer Art Mindestlohnkommission bestehen? Hier ist das Programm vage. Und dass Migration Auswirkungen auf das Lohnniveau haben kann, ist kein Geheimnis. Hier wünschte ich mir mehr Präzision. Aber immerhin ist die AfD die erste Partei, die die offenkundige Kausalität der beiden Faktoren erkennt und benennt. 

„Die AfD setzt sich für eine Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I in Abhängigkeit von der Dauer der Vorbeschäftigung ein. Der Selbstbehalt bei der Berechnung von Arbeitslosengeld II ist sanktionsfrei zu erhöhen“, heißt es weiter. Auch wenn ich beiden Punkten kritisch gegenüberstehe: Man bekommt eine Idee, warum Arbeiter weniger die SPD und und vermehrt die AfD wählen. Kritisch insofern, da ein sanktionsloses ALG II falsche Anreize setzt. Meiner Erfahrung nach ist „Hartz IV“ bereits mit den jetzigen Sanktionsmöglichkeiten sehr attraktiv. 

Senkung der Abgabenlast und vager Fokus auf Behinderte

Wohltuendes lese ich einen Punkt weiter: „Der Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung soll abgesenkt werden“. Wie auch die FDP hat die AfD erkannt, dass die hohen Lohnnebenkosten nicht nur den Arbeitgeber, sondern vor allem den Arbeitnehmer belastet. Wie die Senkung des Beitrages im Bezug auf die Verlängerung von ALG I finanziert ist, erfahre ich leider nicht. Wie alle anderen Parteien hält es auch die AfD nicht für nötig, zumindest theoretische Rechenbeispiele zu nennen. Weiterhin möchte die AfD, dass weniger Verdienst an den Hartz-IV-Satz angerechnet wird. Sehr schön. Aber auch hier fehlen die Zahlen. 

Immerhin: Nach der FDP ist die AfD die zweite Partei, der Behinderte im Arbeitsmarkt einen Absatz wert sind: „Um echte Teilhabe für behinderte Menschen am Arbeitsleben zu verwirklichen, fordert die AfD die Schaffung von Anreizen in Form eines Bonussystems für alle Arbeitgeber für die Einrichtung von mehr Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung, gekoppelt mit einer fairen Entlohnung.“ Klingt gut, aber Sie kennen meine Antwort: wenig konkret. 

Die Partei „DIE LINKE“ will aus dem 6-Prozent Umfrage-Ghetto heraus. Ob sie mit dem Thema Arbeitsmarkt punkten kann? „Zeit zu handeln!“, schimpft sich das Programm und ich bin gespannt.

Marxismus 2.0

Zunächst zur Stilistik: Auch DIE LINKE packt ihr ausführliches Programm in eine praktische URL-Version. Allein das spart mir 10 bis 15 Minuten. Und gleich im ersten Punkt prescht die ehemalige PDS mit meinem Thema nach vorne. Leider, ich hatte es fast vergessen, nicht ohne eine marxistisch müffelnde Floskeleinleitung.

„DIE LINKE kämpft dafür, dass alle erwerbstätigen Menschen von ihrer Arbeit gut und sicher leben können.“ Der Kampf geht also weiter. Und weiter: „Wir wollen Arbeitsplätze und Tarifverträge verteidigen und die Tarifbindung ausbauen, das Hartz-IV-System als Druckinstrument auf Löhne abschaffen, Entlassungen stoppen und die Arbeitswelt vom Kopf auf die Füße stellen.“. 

Das ist die Identität dieser Partei. Im Frust um Hartz IV fusioniert und seit jeher regelmäßig in den Bundestag gewählt. Ob die immer gleichen Worthülsen und stets dieselben Forderungen für die Wahl 2021 reichen, ist fraglich. Und falls Sie sich fragen, warum ich solche Floskeln nicht aus dem AfD-Programm zitiert habe, so ist die Antwort simpel: Die AfD verzichtet weitestgehend auf ellenlange Vorträge ideologischer Prägung. 

Recht auf alles 

Was folgt, ist das, was man erwartet. Niedriglohnsektor abschaffen, 30 Stunden Woche, Mindestlohn auf 13 Euro – na klar, die Konkurrenz in grün und rot haben nachgezogen –, Leiharbeit, die eigentlich Arbeitnehmerüberlassung heißt, wollen sie abschaffen. DIE LINKE will einen Rechtsanspruch auf Vollzeit für alle, Obergrenzen für „Manager*innen“ – endlich wird auch in der ehemaligen SED gegendert, was sicher auch dem Ehepaar Honecker gefallen hätte. 

Ich könnte beliebig weitermachen: Höchstarbeitszeit pro Woche auf 40 Stunden, ein Recht auf alles: Recht auf Homeoffice, ein Recht auf Auszeiten, Recht auf familiengerechte Arbeitszeiten, ein Recht auf Arbeitszeitverkürzungen, ein Recht auf weniger Stress (Antistressverordnung) und vieles mehr. 

DIE LINKE möchte offenkundig mit Befehl und Gehorsam dem Arbeitnehmer eine Arbeitswelt vorgeben, die er vielleicht gar nicht möchte und selbst wenn. Diese neue Arbeitswelt hat zwar alles durchgeplant, aber eines lässt sie vermissen: Arbeitsplätze selbst. Daran ist jedes sozialistische Experiment gescheitert, und daran wird auch Deutschland mit Rot-Rot-Grün scheitern. 

Fazit AfD und DIE LINKE

Die beiden Programme überzeugten im Gegensatz zu den anderen. Vor allem DIE LINKE spart, wenn man die sozialistischen Standardsätze abzieht, an großen Allgemeinplätzen und kommt recht schnell zur Sache. Inwieweit, wenn man von den Mindestlohnhöhen absieht, sich das Programm von 2005 unterscheidet, bleibt mir verborgen. Ferner erinnert der autoritäre Ton an alte SED Zeiten.

Das AfD-Programm ist immerhin etwas konkreter als die der anderen Parteien (abzüglich DIE LINKE). Dennoch fehlen mir konkrete Anwendungsbeispiele und wenigstens grobe Rechenmodelle. Von einer Partei, die immer noch einen gewissen professoralen Unterbau vorweisen kann, hätte ich mehr erwartet. Inhaltlich sind die Konflikte beider Flügel in der Partei spürbar. So reiht sich das Programm, was das Thema Arbeitsmarkt angeht, irgendwo zwischen FDP und SPD ein. Beiden hat sie immerhin zwei Dinge voraus: Sie ist unverbraucht und ihre Forderungen sind immerhin etwas konkreter.

Gesamtes Fazit

In nun drei Teilen (siehe unten) befasste ich mich mit allen mir relevant erscheinenden Parteien, was das Thema Arbeitsmarkt angeht. Das Ergebnis war ernüchternd. Fast alle Parteien verzichteten auf wirklich Konkretes. Datenmaterial ihrer luftigen Forderungen konnte keine Partei liefern. 

Die FDP klingt mutlos und halbliberal. Die CDU tut so, als stellte sie nicht seit 16 Jahren den Kanzler. Die SPD verabschiedet sich endgültig vom Label der Arbeiterpartei. Die Grünen sind ein schlechteres Abziehbild der SPD. Die Linke immerhin bleibt konsequent und macht den Weg frei in das nächste zum Scheitern verurteilte sozialistische Experiment. 

Die AfD ist tatsächlich der Zyklop unter den Blinden. Auch wenn ich, neben der FDP, von der Alternative für Deutschland mehr erwartet hätte, ist es das einzige Programm mit Ansätzen, die dem Arbeitsmarkt in Deutschland guttun könnte. 

Dennoch hätte ich von der AfD, vor allem aber von den anderen Parteien, viel mehr erwartet. Meine Erwartungshaltung waren konkrete Beispiele, Berechnungen. Was ich bekam, waren in aller Regel Floskeln, die die Politikverdrossenheit immer weiter manifestieren.

Parteiencheck Arbeitsmarkt Teil I – Union und FDP hier

Parteiencheck Arbeitsmarkt Teil 2 – SPD und Grüne hier

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Neomarius hier

Foto: 20Th Century Fox

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Ralf.Michael / 10.09.2021

Herr Plutz, Freibier für Alle, bedingungslos…..Sie wissen aber schon, dass nach Einführung des Sozialismus in der Sahara ganz schnell der Sand knapp würde ??

Gert Köppe / 10.09.2021

Im Prinzip bin ich mir nicht so sicher ob die Parteien immer vorab so konkret ihre Programme formulieren können. Die werden sicher auch erst einmal Bilanz des Ist-Zustandes ziehen müssen. Wer weiß schon ganz genau welche “Leichen” die Altparteien noch so im Keller haben. Ich meine damit, was evtl. in der bleiernen Merkel-Zeit noch so an verschwiegenen Realitäten an’s Licht kommt. Gelogen, verschleiert und getäuscht hat die bisherige Regierung ja reichlich. Das hatte schon Volkssport-Charakter. Erst müssen die Karten offen auf den Tisch, dann kann gezielt gerechnet und geplant werden. Deshalb sehe ich das noch nicht ganz so eng. Ehrlich gesagt traue ich der AfD, alleine auf Grund ihres Fachpersonals, noch am Ehesten zu irgendwas zu verbessern. Der Altparteien-Clique jedenfalls nicht, denn die haben uns, in den 16 Merkel-Jahren, erst in diese Situation gebracht, wo wir uns jetzt befinden. Dilettanten, Stümper und karrieregeile Fachidioten quer durch alle Reihen, vor Allem die der Parteispitzen. Die müssen erst einmal ihr gesamtes Personal auswechseln, während in der AfD nur einzelne Personen fehl am Platz sind. Ein “weiter so” mit den “Einheitparteien” ist garantiert ein “mit Vollgas an die Wand”. Hier steht nur noch das kleinere Übel zur Wahl. Ansonsten wird das hier sehr düster für die Zukunft.

Rolf Mainz / 10.09.2021

Der Autor beurteilt also die Positionen der AfD als relativ am besten. Trotzdem wiederholt die Bemerkung, mehr von dieser Partei erwartet zu haben. Von der AfD wohlgemerkt, die wie gesagt am relativ besten abschnitt. Entsprachen also die weiteren Parteien diesbezüglich der Erwartung des Autors?

Petra Wilhelmi / 10.09.2021

Danke für den Vergleich AfD-Linke. Aber: Zitat: “Das AfD-Programm ist immerhin etwas konkreter als die der anderen Parteien (abzüglich DIE LINKE). Dennoch fehlen mir konkrete Anwendungsbeispiele und wenigstens grobe Rechenmodelle.” Ohne zu wissen, wie es mit den Finanzen aussieht, wie der Zustand des Staates wirklich ist, kann man auch keine Rechenmodelle vorstellen. Das wäre so, als ob man in die Kristallkugel schauen würde. Zuerst müsste ein Kassensturz für ALLE Bereiche dieses Landes gemacht werden. Es müsste ehrlich das aufgearbeitet werden, was in Deutschland unter den Teppich gekehrt worden ist. Die Lage der Wirtschaft müsste auch ehrlich analysiert werden. Nur dann, kann man als Regierung konkret mit Zahlen arbeiten, vorher nicht, denn wäre es Wählerverarxxxe.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com