Lieber Herr Bonhorst! Das Alter bringt eine merkwürdige Sicht auf die Zeit, sie vergeht immer schneller und verdichtet sich auch zur Vergangenheit hin. In diese missliche Lage bringt mich mein Schicksal immer unerbittlicher hinein. ‚Wie konnte es geschehen?’ so fragten sich viele unserer Generation, manche ernsthaft, manche rein rhetorisch, um mit großer Empörung sichtbar zu machen, dass sie nie zu jenen gehört hätten. In der Causa Wulff erleben wir das Schicksal eines Menschen, den der Politikbetrieb und Medien nach oben gespült haben und der – aus welchen wirklichen Gründen auch immer – zur Unperson gemacht und wieder zu Fall gebracht wurde. Zwei Akteure, die den Daumen senkten sind bekannt, die anderen Wadenbeißer fanden sich schnell. Eine Entschuldigung der beiden Akteure würde das Bild weiter verschmutzen, das immer mehr Menschen von Politik und Medien haben. Der Sumpf ist zu groß geworden - und die Trockenlegung von Sümpfen entspricht nicht mehr dem Zeitgeist. Wulff hätte gern mehr Anstand und Ehrlichkeit in den Medien – aber gerade da hat die Umerziehung nach dem Krieg versagt. Die Art und Weise, wie dem Volk Bilder des Schreckens gemalt werden ist geblieben, nur die Wörter wurden ausgewechselt - und die Ziele. Und Wadenbeißer gibt es immer noch.
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