Walter Krämer / 28.04.2021 / 11:00 / Foto: pixabay / 10 / Seite ausdrucken

Unstatistik des Monats: Corona und der Regenwald

Unsere Unstatistik April ist wieder einmal ein Korrelationskoeffizient – der zwischen dem weltweiten Bestand an Regenwald und dem Vorkommen von tiergetriebenen (von Tieren ausgehenden oder durch Tiere übertragenen) Infektionskrankheiten wie der aktuellen Corona-Pandemie. Dieser Korrelationskoeffizient ist negativ: je weniger Regenwald, desto mehr Infektionskrankheiten. So eine in deutschen und internationalen Medien vielzitierte Studie der französischen Biomediziner Serge Morand und Claire Lajaunie. 

Die beiden Forscher hatten für 27 Jahre, von 1990 bis 2016, einen steten Rückgang der mit Regenwald bedeckten Erdoberfläche zusammen mit einem ebenso steten Anstieg von Infektionswellen an verschiedenen von Tieren ausgehenden Krankheiten konstatiert. Daraus wurde dann in einigen Medien ungeprüft und ohne weitere Indizien eine Kausalbeziehung hergeleitet. Beginnend im März, bis in den April hinein berichteten u.a. derstandard.de („Eindeutiger Befund: Abholzung fördert Ausbreitung von Infektionskrankheiten“), blick.ch („Waldrodung begünstigt Tierkrankheiten“) und tag24.de („Studie zeigt: Holzen wir weiter ab, wird es mehr Infektions-Krankheiten geben“).

Einige Berichte weisen auf die Notwendigkeit weiterer Studien zur Etablierung einer Kausalbeziehung hin, die meisten aber nicht. Eine solche Kausalbeziehung kann aus den Daten der zitierten Studie nicht abgeleitet werden (und wird von den Autoren auch nicht behauptet). Die möglichen negativen Effekte einer Abholzung von Regenwald auf Mensch und Umwelt wollen wir keinesfalls bestreiten. Allein die dadurch bewirkte Reduktion der Biodiversität ist für viele Missstände verantwortlich. Aber nicht alle Übel dieser Erde gehen auf den Rückgang des Regenwaldes zurück.

Der häufigste Grund für solche Nonsens-Korrelationen

Genauso könnte man beweisen, dass der verschwindende Regenwald für die Zunahme an Einbruchsdiebstählen in der Bundesrepublik oder die steigende Staatsverschuldung weltweit verantwortlich ist. Diese ungeprüften Rückschlüsse von Korrelation auf Kausalität gehören zu den häufigsten statistischen Fehlern überhaupt. So gibt es etwa bei Männern eine negative Korrelation zwischen dem Einkommen und der Anzahl der Haare auf dem Kopf: je weniger Haare, desto mehr Geld. Diese Korrelation entsteht dadurch, dass bei Männern im allgemeinen mit wachsendem Alter die Haare ausfallen und das Einkommen steigt.

Der häufigste Grund für solche Nonsens-Korrelationen sind gemeinsame Trends: Zwei Zeitreihen, die ganz gleich aus welchen Gründen in die gleiche Richtung gehen, sind immer automatisch hoch positiv korreliert. So gibt es etwa in Deutschland eine perfekte Korrelation zwischen den Apfelsinenimporten aus Portugal und den Belegungszahlen der bundesdeutschen Trinkerheilanstalten. Beide Zeitreihen sind seit dem Zweiten Weltkrieg angestiegen. Deshalb käme aber niemand auf die Idee, nun Apfelsinen aus Portugal zu verbieten. Genauso sind zwei Zeitreihen mit entgegengesetzten Trends immer automatisch hoch negativ korreliert, wie hier die Fläche an Regenwald und die Infektionsinzidenz.

Die Statistik kennt durchaus Verfahren, zwischen Korrelationen und Kausalitäten zu unterscheiden. In der Studie von Morand und Lajaunie sucht man diese allerdings vergebens.

Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer, die STAT-UP-Gründerin Katharina Schüller und RWI-Vizepräsident Thomas K. Bauer jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Alle „Unstatistiken“ finden Sie im Internet unter www.unstatistik.de und unter dem Twitter-Account @unstatistik.

 

Foto: pixabay

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Guido Wekemann / 28.04.2021

Wie sich doch die Zeiten ändern: Vor 50 Jahren bemerkte ein Krankenpflegeschüler, dem seine Stationsschwester auftrug, den Tee aus der großen Kanne in den Krankenzimmern auszuteilen, daß der Pfefferminztee krank mache. Woher er diese Kenntnis habe, wollte die Stationsleiterin wissen. Mit knitzem Gesichtsausdruck: „Die sind doch alle krank, die ihn hier trinken.“ Der Witz wurde verstanden. Über Korrelation und Kausalität hat der junge Pfleger in anderen Zusammenhängen erst viel später nachgedacht.

Wolf von Fichtenberg / 28.04.2021

Unstatistiken? Da überlegen „wir“ doch mal, denn wer lacht – oder zumindest schmunzelt – lebt gesünder. Also dann:>>> Wussten Sie, dass bei manchen Menschen der BMI den IQ übersteigt, zumeist wenn sie noch nie gearbeitet haben und sofort nach der Schule in die Politik einstiegen?—- Wussten Sie dass es statistisch gesehen am Tag heller ist als in der Nacht?—- Wussten Sie, dass statistisch mehr Wasser im Meer ist als im mehr?—- Wussten sie, statistisch gesehen, dass 100% aller Kanzlerinnen verlangten Wahlen für rückgängig zu machen, Kanzler diese Zahl jedoch nicht erreichten?—- Wussten sie, statistisch gesehen, dass Politiker korrupter sind als Hauskatzen?——Wussten Sie, dass die Achse heute bereits 84.000 Aufrufe zu verzeichnen hat, (Vergleich: die Grünen nur 29.000? (ww.wolframalpha.com)—Statistisch gesehen wird man eher zum Alkoholiker wenn man täglich Vodka trinkt statt Mineralwasser.——Statistisch gesehen…..Und hier folgt Ihre Statistik…——Unsinn? Ja, aber auch darin liegt Sinn. Oder wie es der Schriftsteller G.K. Chesterton* sagte: “Seit die Menschen nicht mehr an Gott glauben, glauben sie nicht an nichts, sie glauben allen möglichen Unsinn.“ Und der Fetisch ist die Statistik, füge ich hinzu.—- *Nachtrag: Ich wette das -  unstatistisch betrachtet - mehr Leser der Achse wissen wer das ist, als Gläubige der Massenmedien.  

Michael Lorenz / 28.04.2021

“Die Statistik kennt durchaus Verfahren ... ” - ja, aber diese würden ein unerwünschtes Ergebnis hervorbringen. Der Alarmismus, den man aus der Studie (bei mangelnden Kenntnissen solcher Verfahren) ableiten kann, ist doch hochwillkommen. Und so sind wir wieder bei Orwell: Unwissenheit ist Stärke!

Stanley Milgram / 28.04.2021

Je schneller sich Windräder drehen, desto mehr Wind ist. Also sind es doch große Ventilatoren?

Hartmut Josiger / 28.04.2021

Wer lange Briefmarken sammelt, lebt lange!

Torsten Hopp / 28.04.2021

Jede Statistik ist gut, die Schwachsinn unterstützt. Aber hier nur mal was Richtiges: Der Regenwald schwindet und ich werde immer älter. Ich fordere deshalb einen Lockdown für alle Holzfäller. Oder will keiner Leben retten, denn wenn das so weitergeht, werde ich sterben.

Edgar Timm / 28.04.2021

“Der Feminismus als Theorie und Weltanschauung entstand erstmals im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert…” (Wikipedia) “Der Temperaturanstieg seit der vorindustriellen Zeit bis zum Jahr 2017 betrug nach Angaben des Weltklimarates (IPCC) etwa 1 °C. 2020 und 2016 waren mit minimalen Temperaturunterschieden die beiden wärmsten Jahre seit Beginn der systematischen Messungen im Jahr 1880.” (Wikipedia) Daraus folgt, dass der Feminismus die Ursache für die Erderwärmung ist. qed

Ralf.Michael / 28.04.2021

HaHaHaHa, ich love the Nonsens. Ihr Artikel hat mich doch sehr erheitert. Korrelationen finde ich immer gut, ich glaube auch noch heute daran, dass man einer Kuh am Euter ansehen kann, wieviel die Butter in Frankfurt kostet. Ich erwarte aber für Heute noch weiteres an Erheiterungen… Nach der Corona Doppel-Mutation, ist anscheinend in Indien (Bengalen) eine Dreifach-Corona-Mutation festgestellt worden. Da kommt sicher umgehend eine weitere Entertainment-Einlage von unserem Lauterbacher Strolch (Mr.Panik) . Ich sehe schon bildlich die Schlagzeile…” Tödlicher Dreifach-Virus bedroht die SPD, Lauterbach erleidet akuten Kontrollverlust und springt im Drei-Eck ” ;o))  Schönen Tag noch.

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