David Harnasch / 18.09.2007 / 13:55 / 0 / Seite ausdrucken

Sein Berlin, ihr Bagdad

Lesen Sie Gabor Steingart bei SPIEGEL online und kommen Sie aus dem Staunen nicht mehr heraus:

“Nach den heute in Washington gültigen Erfolgskriterien wäre es wahrscheinlich das Beste gewesen, West-Berlin feierlich an die Sowjets zu übergeben. Gott sei Dank hießen die Vokabeln der damaligen Zeit nicht ‘Rückzug’ und ‘Zeitplan’, das wichtigste Wort damals hieß ‘Freiheit’ - und nicht ‘Exit-Strategie’.

Das heutige Bagdad und das damalige Berlin sind sich ähnlicher als viele glauben. Die Iraker besaßen noch nie eine demokratische Kultur, wird gemeinhin eingewandt. Hinter dem Präsidentenpalast führe der Weg schnurgerade zur nächsten Moschee. Da sei nichts mehr dazwischen, keine Zivilgesellschaft, keine Gewerkschaften, kein Parlament und keine freie Presse.
Wer so spricht, verklärt das Deutschland des Jahres 1945. Es gab bis zum Einmarsch der alliierten Armeen auch bei uns keine blühende demokratische Tradition. Adolf Hitler kam nicht durch Putsch, sondern durch Wahlen an die Macht, auch deshalb weil die Deutschen mit der noch flatterhaften, jungen Demokratie nicht viel anzufangen wussten. Zucht und Ordnung fand eine Mehrheit wichtiger als Rechtstaat und Parlament. Deutschland war eine Republik ohne Republikaner.

Der Irak aber sei doch ein wildes Sammelsurium von Volkstämmen und Religionsgemeinschaften, wird vorgebracht. Der Fanatismus sei in diesem Teil der Erde geradezu Teil des menschlichen Gen-Code, so lautet das hinter vorgehaltener Hand verabreichte Argument.

Widerspruch! Wenn der Fanatismus eine Brutstätte hatte, dann lag sie zwischen Berlin und München. Die Baath-Partei und ihre Anführer können es mit dem Führer in Berlin in keiner Disziplin aufnehmen. Die Deutschen verehrten Hitler, auch als das Morden schon begonnen hatte: ‘Führer befiehl, wir folgen’, skandierten sie auf den Straßen.”

Hier ist der ganze Text.

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