Lila schreibt aus Israels Norden über das heutige Fest:
Was Freiheit angeht, ist das deutsche Gedächtnis recht kurz. Zweihundert kurze Jahre gemeinsamer Freiheits-Erlebnisse, alle bis auf den Mauerfall von Krieg, Gewalt und Enttäuschung überschattet. Wir singen zwar “Einigkeit und Recht und Freiheit”, aber die Freiheit landet auf dem dritten Platz, nicht wie bei den Franzosen auf dem ersten. Na ja, das mag Zufall sein, dem Rhythmus geschuldet.
Trotzdem würde ich die These wagen, daß der Topos Freiheit im deutschen Bewußtsein hinter anderen Themen zurücksteht, daß er nicht zu den zentralen Themen, zu den Kronjuwelen gehört. Jeder weiß, daß Freiheit wichtig ist, so wie Gesundheit, aber zentrale Werke der deutschen Kunst und Literatur widmen sich anderen Themen – der persönlichen Entwicklung, der Verwirklichung von Träumen, dem Versinken in Obsession, dem Abfall vom Glauben, der Liebe. Settembrini ist kein Deutscher. Die Liberalen sind eine kleine, feine Minderheit.
Bei den Juden ist die Sache anders. Pessach ist das Fest der Freiheit, das schon eine alte Tradition hatte, als Jesus ein junger Mann war. Die Geschichte von der Befreiung, die Verpflichtung, jedes Jahr zu Pessach bewußt die Befreiung mitzuerleben und sich persönlich frei zu fühlen – das ist ein sehr wichtiger Baustein der jüdischen Identität. Der kleine Clip mit den ach so jungen Soldaten unterstreicht das. Keiner brauchte ihnen zu sagen “und jetzt erzählt mal was vom Fest der Freiheit”, denn das Fest heißt so – Pessach, chag ha cherut, das Fest der Freiheit. Da kommt der Begriff ganz von alleine. Eine Umfrage unter jüdischen Israelis auf der Straße würde dasselbe Ergebnis bringen. Was bedeutet dir Pessach? Freiheit.
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