Maxeiner & Miersch / 20.09.2014 / 09:50 / 4 / Seite ausdrucken

Die windradgerechte Fledermaus

Die oberschwäbische Kleinstadt Biberach an der Riß ist ein besonders Fledermaus-freundliches Städtchen. Die nächtlichen Flatterwesen sollen es gut haben in der ehemaligen freien Reichsstadt mit dem historischen Stadtkern. Und so entstanden an der neuen Nordwestumfahrung zwei Welt-Innovationen in Sachen Fledermaus-Komfort. Für knapp eine halbe Million Euro wurden zwei Fledermaus-Brücken über eine neue Ortsumfahrung gebaut. Nun pflegen die kleinen Flugsäuger Straßen nicht zu Fuß zu überqueren, sondern darüber hinwegzufliegen. Aber man kann ja nie wis-sen.

Die zuständigen Behörden entschieden sich im Interesse der Fledermaus-Sicherheit gegen solch kleinliche Einwände, um den Fledermäusen ein „effektives Querungs-angebot“ zu machen“. „Ergänzende Leitstrukturen“ wie Bäume, Hecken und Zäune sollen dafür sorgen, dass sie dieses auch annehmen. Überwachungskameras im Wert von 35 000 Euro sollen jetzt herausfinden wie die Brücke genutzt wird: Zu Fuß, im Tiefflug oder gar nicht. Tiefflug wäre ein echter Erfolg, warum, sicherheitshalber auch Fußgänger ausgesperrt werden, damit es nicht zu Kollisionen kommt.

Nun liegt Biberach nicht nur die Fledermaus, sondern neuerdings auch die Windkraft am Herzen. Besonders die örtliche SPD macht sich für deren Ausbau stark. „Die Entscheidung unserer grün-roten Landesregierung, den Weg für die Windenergie frei zu machen und somit endlich die Blockadehaltung der früheren Landesregierung zu knacken“, wird stürmisch begrüßt.

Biberach bleibt damit seiner Einschätzung treu, dass Fledermäuse überwiegend zu Fuß unterwegs sind. Andernorts haben die Tiere die Angewohnheit weiterhin umher-zuflattern und werden zu Tausenden von Windrädern geschreddert. In Untersuchun-gen ist daher von einem „betriebsbedingten Tötungsrisiko“ die Rede.

Fledermäuse sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt und dürfen nicht getötet werden. Droht ein Bauvorhaben gegen dieses Verbot zu versto-ßen, darf es nicht genehmigt werden. Gilt es eine Straße zu verhindern, ist das Ge-setz sehr willkommen, geht es um Windräder ist es nicht so beliebt. Um das Dilemma aufzulösen hilft daher nur eines: Der Fledermaus muss das Fliegen abgewöhnt wer-den. Wir empfehlen gut ausgeschilderte Fledermauswanderwege, auf denen die Tie-re um die Rotoren herum wandern können.

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Manfred Schmiermund / 21.09.2014

Die schwäb’sche Eisbahn wird Biberach jetzt auch wohl meiden müssen. Ähnlich der s. g. “Sauschwänzlebahn”, die darf ob der Sicherheit und der benötigten Ruhe der im Tunnel lebenden, schlafenden, laufenden Flattermäuse auch nicht mehr fahren.

Gerhard Sponsel Lemvig / 20.09.2014

Um die Lobbyisten “satt”  zu kriegen muß Mensch und Tier eben Opfer bringen. Für viele unbezahlbare Energiekosten und Millionen toter Fledermäuse sind der Preis dafür, dass das Klima in Deutschland nachhaltig so bleibt wie es ist und der Meeresspiegel nur bei Flut ansteigt. Die Verblödung der moraisch immer überlegegen Gutmenschen ist nicht nur auf Biberach an der Riß beschränkt. Das wollte ich noch schreiben. Aber man darf doch nicht pauschalieren.

Dirk Ahlbrecht / 20.09.2014

Das ganze, meine Herren, wird allerdings erst dann wirklich “rund” und vor allem “nachhaltig”, wenn auch die potenziellen Beute der Fledermäuse, also die Insekten, alsdann auf Schusters Rappen unterwegs ist. Oder man trainiert den Fledermäusen konsequenter Weise gleich eine vegane Ernährungsweise an. Ist, im Sinne unserer Öko-Freunde, eh besser für die Menschheit und die Umwelt.

Marita Schneider / 20.09.2014

Fledermauswanderwege sind eine super Idee, evtl. mit Jausenstationen, damit sie auch von den possierlichen Tierchen angenommen werden. So kommen sie dann den Windrädern nicht in die Quere.

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