Peter Grimm / 18.07.2023 / 13:00 / Foto: Pixabay / 16 / Seite ausdrucken

Corona und die deutschen Christen

Eine Aufarbeitung des Corona-Ausnahmezustands ist vielerorts nötig, auch in der Kirche. Heute gibt es dazu eine Disputation, und es erscheint ein zum Thema passendes Buch. 

Wie dringend nötig eine Aufarbeitung der mit einem Corona-Virus legitimierten Ausnahmezustands-Jahre ist, ist auf dieser Seite schon oft geschrieben worden. Sie kommt aber, höflich formuliert, nur äußerst schleppend voran. Im Moment halten es die meisten Deutschen noch für kommoder, gar nicht darüber zu sprechen, um nicht alte Konflikte aufbrechen zu lassen, bzw. an eigene Fehleinschätzungen oder eigene Mitverantwortung erinnert zu werden. Viele sind beschämt. Nicht, weil sie etwas taten, dessen sie sich schämen müssten, eher ist es die Scham eines Betrogenen, der sich dessen schämt, dass er sich hat betrügen lassen. Doch geht es jetzt darum?

Anlass für diese Zeilen sind zwei Ereignisse des heutigen Tages. Zum einen erscheint heute das Buch „Angst, Politik, Zivilcourage. Rückschau auf die Corona-Krise“, zum anderen findet heute Abend im Festsaal des Erfurter Rathauses die öffentliche Disputation „Kirche und Kultur nach Corona. Analyse, Debatte und Konsequenzen“ statt. Beides ist miteinander verwoben, nicht nur inhaltlich und durch wenig originelle Titel trotz brisanten Inhalts, sondern auch personell, denn Thomas Seidel ist einer der Herausgeber des Buches und als Vorstandsvorsitzender der Internationalen Martin Luther Stiftung auch einer der Veranstalter der Disputation. Aber warum sollte das Thema so brisant sein?

Wer der Kirche nicht so nahesteht, wird das vielleicht für ein Randthema der Corona-Aufarbeitung halten, aber das ist es mitnichten. Während das Führungspersonal der deutschen Kirchen unverdrossen und scheinbar unangefochten die vertraute Rolle als moralische Instanz spielt, wird vergessen, welch enormer Kulturbruch sich vor drei Jahren abgespielt hat.

Dass die Kirchen im christlich geprägten Europa selbst all ihre Gotteshäuser verschlossen, ihre Gläubigen aussperrten und dies mit einem angeblichen Notstand begründeten, obwohl gerade in Notstands-Zeiten auch kirchenfernere Menschen gern den Weg in die Kirche suchten, war ohne Beispiel. Für Christen, die sich die experimentellen sogenannte Corona-Impfstoffe nicht injizieren lassen wollten, kam es bekanntlich noch schlimmer. In etlichen Kirchen galt später die 2G-Regel, also nur „Geimpfte“ und „Genesene“ sollten das Haus des Herrn noch betreten dürfen. Es stand nicht mehr allen offen. Die Kirche unterwarf sich willig auch unsinnigen staatlichen Regeln, ja sie propagierte die Injektion eines unzureichend geprüften „Impfstoffs“ sogar noch als Akt der Nächstenliebe. 

Geschlossene Kirchen und Impf-Apartheid

Da gibt es also viel aufzuarbeiten und somit viel Stoff für diese Disputation. An dieser Stelle auch über die Kultur zu sprechen, ist mehr als nur eine publikumswirksame Ausweitung über den kirchlichen Rahmen hinaus, denn den Menschen, für die Theater, Konzertsäle, Opernhäuser, Museen und Ausstellungen lebensnotwendige Orte sind, ging es ja ähnlich wie gläubigen Christen mit ihren Kirchen. Zuerst waren sie zermürbend lange komplett geschlossen, später galt an jedem Einlass eine Art Impf-Apartheid. Ebenso wie viele Christen nach einer solchen Erfahrung ihren Kirchen den Rücken gekehrt haben, ist auch bei vielen einstigen Stammgästen von Theatern und Konzertsälen eine Distanz entstanden, nachdem sie wegen eines fehlenden Impfzertifikats an Orten, die selbstverständlich zu ihrem Leben gehörten, plötzlich keinen Einlass mehr fanden.

Zum Thema „Kirche und Kultur nach Corona. Analyse, Debatte und Konsequenzen“ müsste es eigentlich viele Gespräche und öffentliche Debatten geben, aber es ist eben wie auf den anderen Gebieten, bei denen eine Corona-Aufarbeitung nötig wäre, auch: Es gibt sie kaum. 

Veranstalter dieser Disputation ist, wie gesagt, die Internationale Martin Luther Stiftung (IMLS), die bereits im September 2020, nach dem ersten Lockdown und ohne zu ahnen, was noch kommen würde, zu einer Debatte über die Rolle der Kirche im Lockdown eingeladen hatte.

Jetzt, im Sommer 2023, gilt es, auf drei Jahre zurückzuschauen. Es diskutieren der Landesbischof Friedrich Kramer, die mdr-Journalistin und Fernsehautorin Christiane Cichy, die zu den Ersten gehörte, die in einem öffentlich-rechtlichen Sender über die Verschleierung des Ausmaßes an Impfschäden nach den Corona-Injektionen berichtete, die Schauspielerin Philine Conrad, der evangelische Theologe und Ethiker Prof. Dr. Rochus Leonhard und der bereits erwähnte Dr. Thomas A. Seidel, der IMLS-Vorstandsvorsitzende. 

Ein Arzt berichtet über Impfgeschädigte

Womit wir bei dem Buch sind, das heute erscheint. Eine Rezension wird hier noch folgen, aber vorab darf man dennoch darauf verweisen. „Angst, Politik, Zivilcourage. Rückschau auf die Corona-Krise“ bildet eine interessante Debatte ab, denn es ist eine Zusammenstellung der Beiträge auf einem Offenen Konvent der Evangelischen Bruderschaft St. Georgs-Orden vom Oktober 2022.

Es geht dabei weniger um theologische Beiträge. Besonders eindrücklich ist beispielsweise der Text des Berliner Arztes Erich Freisleben, der sich um Impfgeschädigte kümmert. Nachdem er darüber im März 2022 in einem Fernsehbeitrag der erwähnten Christiane Cichy berichtete, wurde seine Praxis von Hilfesuchenden überrannt. Auch die juristische Einordnung der Corona-Krise durch André Kruschke und die Erinnerungen der Lyrikerin und Erzählerin Kathrin Schmidt an das Verdrängte aus dem Corona-Ausnahmezustand fallen besonders ins Auge.

Die Beiträge sind ebenso vielfältig wie ihre Ansätze, ganz wie man es von einem solchen Konvent erwarten kann. Manchem möchte man zustimmen, anderem nicht, wie es halt in einer Debatte ist. Naturgemäß wird auch dem geneigten Leser nicht jeder Beitrag gefallen, aber entscheidend ist ja, dass es darin die unbedingt lesenswerten gibt.

Wie inhaltsreich und spannend die heutige Disputation verlaufen wird, lässt sich im Vorfeld naturgemäß noch nicht sagen. Sie lässt sich ja heute Abend im Livestream verfolgen. (Nähere Angaben zu Veranstaltung und Livestream hier.) Wen das Buch interessiert, auch ohne eine ausführlichere Rezension gelesen zu haben, der findet es hier.

Thomas A. Seidel / Sebastian Kleinschmidt (Hrsg.): Angst, Politik, Zivilcourage. Rückschau auf die Corona-Krise. ISBN 978-3-374-07463-1.
 

Foto: Pixabay

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Peter Woller / 18.07.2023

@Hans Buchner - Freikirchen sind frei von der Evangelischen Landeskirche und frei von den großen Kirchenverbänden. Frei eben.

P. F. Hilker / 18.07.2023

Schon in früheren Zeiten haben sich die Kirchen meistens immer dem Landesherrn unterworfen. Warum sollte es heute anders sein?

Dirk Jungnickel / 18.07.2023

Ich befürchte, die Kirchen fürchten eine Aufarbeitung der P l a n d e m i e wie der Teufel das Weihwasser (vor allem in kath. Kirchen) .

Thomas Schmied / 18.07.2023

Glaube, dass die abendländische Kultur ohne Kirchen und ihre christlichen Traditionen dem Zeitgeist und dem Islam nicht gewachsen sein wird. Europa ist nicht nur das Christentum, doch ohne das Christentum wird es zerfallen. Fürchte, dass dieser Zerfall das Ziel ist. Kirchenaustritte sind populär, doch vielleicht genau das, was sie erreichen wollen.

H. Krautner / 18.07.2023

Die christlichen Kirchen, oder besser die christlichen Religionskonzerne: Die Politiker sorgen dafür, dass sie Kirchensteuer kassieren können. Deshalb verhalten sich ihre Führer absolut politisch linientreu und zeigen stets gegenüber dem links-grünen politischen System mit großem Engagement vorauseilenden Gehorsam. Stets nach dem Motto: “Wes Brot ich ess, des Lied ich sing”.            Keine andere Branche hat so brutal und rücksichtslos und menschenunwürdig die von den Politikern ausgedachten Coronagängelungen umgesetzt, diese Religionskonzerne.          Noch nie war deutlicher zu erkennen, dass diese christlichen Religionskonzerne ihre Mitglieder u. Steuerzahler als Untertanen einstufen und behandeln.

Heinz Engels / 18.07.2023

Christliche Kirche? Was soll das sein? Die offizielle Amtskirche ist zur NGO verkommen, welche gar nicht schnell genug den Wendungen der Politik und einiger Gesellschaftsteile folgen kann. Von Gottvertrauen und Zuversicht keine Spur mehr.

Bernhard Ferdinand / 18.07.2023

BISTUM FULDA,  Auszug aus : „Anweisung für Geistliche, kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie im Bereich der kirchlichen Vereine und Verbände zur Bekämpfung des Coronavirus (Lesefassung nach der 5. Änderung vom 05.11. 2020). …….. Nr. 13. Die Spendung der regulären Krankenkommunion unterbleibt. Nr. 14. Gläubige können unabhängig von Alter oder Erkrankung die heilige Kommunion und die Krankensalbung empfangen, wenn sie von sich aus darum bitten, NICHT am Coronavirus erkrankt sind und NICHT unter Quarantäne stehen.“ Die Fulder Katholiken haben sterbenskranken positiv PCR Covid getesteten Menschen die „letzte Ölung“ verweigert, aus Angst vor dem „Virus“ - deutliches Gottvertrauen des amtl. Klerus, da waren die Märtyrer in Rom von anderem Kaliber! Erich Kästner hat‘s gewusst: Da hilft kein Zorn, da hilft kein Spott. Da hilft kein Weinen, hilft kein Beten. Die Nachricht stimmt! Der liebe Gott ist aus der Kirche ausgetreten.“

claus ruckgaber / 18.07.2023

der Staat möchte doch sein Verbrechen am Volk nicht aufarbeiten. Wieso sollte er. Die meisten Bürger in diesem Land finden es doch gut, das sie gegen den Virus geimpft worden sind. Auch die Menschen, die gegen die Maßnahmen auf die Straße gingen, wurden in den Städten behandelt wie ein Pack und als Nörgler und als Querdenker verunglimpft.

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