Schon während meiner Tanzkarriere waren meine Erfahrungen mit der deutschen Frauenzeitschrift, die als einzige ein Igitt in ihrem Namen trägt, nicht immer erfreulich. Alle Jahre wieder passierte es, dass ich etwa folgendes auf meinem Anrufbeantworter hörte:
Guten Tag, wir planen eine Reportage über Powerfrauen ab vierzig/ emanzipierte, voll integrierte, tief verschleierte Musliminnen/ Sport für Frauen mit Adipositas im Endstadium und würden in diesem Rahmen gern über Ihr Bauchtanzstudio berichten. Das wäre natürlich eine tolle kostenlose Werbung für Sie, daher rufen Sie bitte umgehend zurück unter der Nummer …“ Und schon hatte man eine Frau am Apparat, die in waschechtem hamburgisch verkündete „da weiß ich nix von”, aber die betreffende Redakteurin würde sich bestimmt noch mal melden. Da die Redakteurin nichts dergleichen tat, entblödete man sich nicht, es wieder zu versuchen, und bekam prompt die Auskunft, man hätte sich inzwischen sowieso schon anders entschieden. Wenn ich dann konterte „Danke, dass ich trotzdem hinter Ihnen her telefonieren durfte“, reagierte man wie alle kleinen Mädchen, wenn sie bei einer Unart ertappt werden:
Mit Schmollmund.
Auch deswegen habe ich mir vorgenommen, die Zeitschrift nicht mal mehr in akuten Notsituationen wie nach anderthalb Stunden im Wartezimmer anzufassen … kurz: Ich bin rückfällig geworden. Das letzte Mal. Den Rest gegeben haben mir nicht unbedingt die fehlenden magersüchtigen Models, die aus politisch korrekten Gründen durch magersüchtige Laienmodels ausgetauscht wurden, was wiederum die esssüchtigen Leserinnen so in Rage brachte, dass man jetzt in ästhetisch vertretbaren Abständen ein Moppelmode-Special editiert.
Eher war es die Sparte „Kreativität für Grenzdebile“ Teil 26: Wir bauen den Blagen eine Schultüte! Ich muss fairerweise einräumen, dass ich einer Generation angehöre, in der Selbstgeklebtes noch als totales Armutszeugnis galt. Auch in den bescheidensten Verhältnissen gab es für jedes Kind eine frisch gekaufte Schultüte. Meine war mit grünem Goldpapier bezogen und mit einer Oblate (mein erster Schultag!) beklebt, mein Bruder bekam dasselbe Modell in blau. Ihr Inhalt gestaltete sich identisch mit Äpfeln, Keksen, Orangen, Buntstiften und süßen Leckereien. Geschlechtsrollenstereotype spielten damals eine erhebliche Rolle und von Gender-Mainstreaming war weit und breit noch nichts zu sehen, aber das, was in der modernen Frauenzeitschrift getrieben wird, wäre nicht mal meiner Elterngeneration passiert:Beim Mädchenmodell dominiert Barbierosa, vom Spielzeughersteller Mattell erfunden und solange als genetisch fixierte Mädchenfarbe vermarktet, bis auch der Letzte glauben muss, Mädchenwelten wären schon im frühen vierzehnten Jahrhundert Barbierosa gewesen – gefüllt mit Barbierosa Haarspangen plus Barbierosa Pompons plus Barbierosa Schreibblock. Das Jungenmodell prompt in maskulinem Blau mit Digitalschrift, Roboter und technischem Spielzeug bestückt. Vorsicht Mädels – Barbierosa wirkt nachgewiesenermaßen verblödend!
Der Fortschritt findet dafür im Kleingedruckten statt: Die Mütter, die Papi rund um die Uhr dabei assistieren müssen, dass Geld für die zwei Nutella-Metallicfarbenen SUV’s und das Energiesparhaus im Grünen zusammenzuschuften, können sich schließlich nicht noch für die Kinder abmühen. Deshalb gibt’s Tüte und Inhalt auch schon per Online-Bestellung.
Das hat mir auch noch nicht ganz den Rest gegeben. Aber das hier: Die Vorstellung der „Freiheitskämpferin“ Juli Zeh als „eine der wichtigsten intellektuellen Stimmen Deutschlands“.
Danke für die Rosskur, liebe Brigitte. Sie hat angeschlagen.