Eran Yardeni
Zwei Mal hat Israel schon bewiesen, dass es Siedlungen nicht nur aufbauen, sondern auch abbauen kann. Das erste Mal am 21. April 1982, damals wurde als Folge des Friedensvertrages zwischen Israel und Ägypten die kleine Stadt Yamit im Nordosten der Sinai-Halbinsel niedergerissen. 23 Jahre später, im Rahmen des sogenannten „einseitigen Abkoppelungsplans“, baute Israel seine Siedlungen im Gazastreifen ab. Es stimmt natürlich, dass die Anzahl der Einwohner, die damals von dem politischen Kurswechsel betroffen waren, relativ klein war. In Yamit lebten 1982 nicht mehr als 3000 Siedler, im Gazastreifen ca. 8600. Im Westjordanland hingegen leben heute schon ca. 350000 Siedler und die Tendenz ist unübersehbar.
Es ist jetzt schon klar, dass das Abbauen der Siedlungen im Westjordanland gravierendere demografische und finanzielle Auswirkungen auf die israelische Gesellschaft und Wirtschaft haben wird, mit denen Israel noch keine Erfahrung gemacht hat. Genau darauf verlassen sich die Rechtsextremen in der israelischen Politik. Sie wollen Tatsachen schaffen, die man später nicht mehr rückgängig machen kann. Und das schaffen sie auch.
Ihnen zur Hilfe kommen paradoxerweise ausgerechnet die Palästinenser. Die Spaltung in dem palästinensischen politischen System, die Fortsetzung der Terrorpolitik und die Ablehnung der letzten beiden Friedensinitiativen von Barak und Olmert schwächten enorm die moralische Position der sogenannten Friedensstifter in Israel und derjenigen, die sich jemals bereit erklärten, mit Mahmud Abbas zu verhandeln um eine konstruktive Lösung zu finden. Der Zusammenbruch der politischen Linken in Israel ist mit dieser Entwicklung eng verbunden.
Abbas selbst, genau wie seine Partner in Europa, reagiert ziemlich hysterisch auf die Siedlungspolitik Israels. Anstatt weiter zu verhandeln, besteht er auf dem Baustopp der Siedlungen und zwar als Vorbedingung. Die Frage aber, wie viel Israel im Westjordanland baut, ist - sogar aus der palästinensischen Sicht - völlig unwichtig und belanglos. Wichtig ist nur die Frage, ob Israel sich bereit erklärt, diese Siedlungen im Rahmen eines Friedensvertrags auch abzubauen.
Warum Abbas diesen realpolitischen Kurs nicht nehmen will, ist nicht schwer zu verstehen. Die Siedlungspolitik Israels ist die beste Waffe der Palästinenser heute. Sie stärkt die Selbstdarstellung der Palästinenser als ewige Opfer des Nahost-Konflikts und schafft eine moralische Basis für die palästinensische Position in Europa. Dadurch kann Abbas die Verantwortung für sein eigenes Versagen der israelischen Regierung zuschieben. Warum aber diese den Schwarzen Peter aufnimmt, ist leider genau so unklar.
Es scheint, dass die israelischen Siedlungen nicht mehr als politische Herausforderung verstanden werden, die man unter bestimmten Umständen auch bewältigen kann, wie schon zwei Mal bewiesen wurde, sondern eher als metaphysische Voraussetzung zum Verständnis des Konflikts im Nahen-Osten. Als ob der Konflikt erst dann begonnen hätte, als die ersten israelischen Siedlungen im Westjordanland oder im Gazastreifen errichtet wurden.