Vera Lengsfeld / 24.01.2024 / 11:00 / Foto: Imago / 75 / Seite ausdrucken

Zwischen Déjà-vu und Bellevue

Als die DDR schon in die Knie ging, rief die SED noch einmal zu Massendemonstrationen auf. Angeblich bestünde die Gefahr, dass Nazis die Macht übernehmen könnten.

In den letzten Wochen haben die Bauernproteste, die bundesweit zu Unternehmerprotesten wurden, der unbeliebtesten Regierung im demokratischen Deutschland seit 1949 arg zugesetzt. Trotz aller Versuche, die Protestierenden zu diffamieren, der Unterwanderung durch „Rechte“ und der angeblichen Gewalt zu bezichtigen, wurde die Ampel in den Umfragen immer schwächer und muss um ihre Wiederwahl fürchten. Nachdem auch der Versuch gescheitert ist, die Feigheit Habecks, die Fähre zu verlassen, weil draußen Menschen auf ihn warteten, die mit ihm reden wollten, in einem „Sturm“ auf diese Fähre umzudeuten, musste dringend ein Entlastungsangriff her. Der erwies sich schnell als von langer Hand vorbereitet. 

Es wurde ein privates Treffen von zwei Dutzend Leuten, das bereits im November stattgefunden hatte, schamlos zu einer Wannsee-Konferenz 2.0 aufgeblasen und mit einer Propaganda-Welle, die ihre Schwester aus der Covid-19-Zeit noch in den Schatten stellte, die Gefahr von „rechts“ beschworen. Politik und Leitmedien verbreiteten die Nachricht von angeblichen Deportationen, die von den kaum mehr als zwei Dutzend Privatleuten geplant seien, und bemühten sich, den Eindruck zu erwecken, als seien diese Deportationen in letzter Minute durch die aufmerksame Recherche der Plattform Correctiv, die u.a. von der Regierung finanziert wird, verhindert worden. Wieder einmal, so schien es, sei ein Anschlag auf den Staat abgewehrt worden. In dieser Hinsicht ähnelte das Szenario der Aktion gegen die Rollator-Reichsbürger, die übrigens noch immer in Untersuchungshaft sitzen, ohne dass ein Prozess in nächster Zeit zu erwarten wäre. 

Dabei ist ein Coup d´État von oben viel wahrscheinlicher. Das „Berliner Ensemble“, das einst dem RAF-Terroristen Christian Klar nach seiner Begnadigung ein Praktikum angeboten hatte, kündigte innerhalb von drei Tagen in Kooperation mit anderen Theatern eine „szenische Lesung“ der angeblichen Rechercheergebnisse von „Correctiv“ an. Gleichzeitig nahmen Kanzler Scholz und Außenministerin Baerbock, ausgerechnet an deren Jahrestag, die DDR-Tradition der Liebknecht-Luxemburg-Demonstrationen wieder auf, bei der das SED-Politbüro vornweg marschierte und alle hinterher mussten. Damals sollen mindestens eine halbe Million Menschen dem Aufruf der Partei gefolgt sein.

Um welchen Demokratiebegriff geht es hier?

Auf die Potsdamer Demo folgten weitere, in Berlin, München und anderen Städten. Unser Bundespräsident Steinmeier, mit Neigung zu gewaltverherrlichenden Hip-Hoppern wie K.I.Z. und Verehrung für Terroristen wie Jassir Arafat, ließ seine von der Verfassung geforderte Neutralität fallen, um sich per Video an die Seite der Demonstranten zu stellen. Sie stünden gegen Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus auf, wollten frei und friedlich zusammenleben, verteidigten das Grundgesetz gegen seine Feinde. Ähnliches tat Scholz. Die Demonstranten verteidigten Demokratie und Grundgesetz und seien die Stimme der Mehrheit, die endlich Gesicht zeige. Aber unter den Demonstranten waren zahlreiche gewaltbereite Antifanten, pro-palästinensische Antisemiten und Linksextremisten von „Extiction Rebellion“, die ausgewiesene Demokratiefeinde sind. Die Polizei spazierte tatenlos neben einem Transparent her, das die Tötung von AfD-Mitgliedern forderte. Das wirft die Frage auf, wer hier was gegen wen verteidigt. Um welchen Demokratiebegriff geht es hier? 

Bekanntlich hatte ein Teil des 1949 geteilten Deutschlands sogar „demokratisch“ im Namen. Es war eine Demokratie, in der die Partei bestimmte, was gesagt und getan werden durfte. Laut DDR-Verfassung konnte sogar jeder DDR-Insasse (Joachim Gauck) seine Meinung frei und öffentlich äußern, allerdings nur im Rahmen der staatlichen Vorgaben. Wer sich daran nicht hielt, war damals schon ein (vom Westen gesteuerter) Nazi. Die DDR hatte bereits den Deckmantel des „Antifaschismus“ benutzt, um von ihrer diktatorischen und desaströsen Politik abzulenken. Es gab Wahlen, aber die Wähler konnten sich nur für die „Kandidaten der Nationalen Front“ entscheiden, die aus unterschiedlichen Parteien mit gemeinsamen Zielen bestand. Zwar gab es Wahlkabinen, aber wer die benutzen wollte, musste aus der Reihe, die sich vor der Wahlurne gebildet hatte, ausscheren, um vor aller Augen die Wahlkabine am anderen Ende des Raumes zu benutzen. Wer das tat, bekam Schwierigkeiten, denn die SED akzeptierte keine abweichenden Stimmen.

Die heutigen Zustände, die im Zuge der Demonstrationen „gegen rechts“ deutlich wurden, ähneln fatal denen der DDR. Ministerpräsident Daniel Günther, der schon vor Jahren gemeint hat, die CDU müsse mit der SED-Linken Koalitionen eingehen, hat mit seinen jüngsten Äußerungen vorgeführt, wie nahe er der SED geistig steht: „Wir dürfen nicht tolerieren, dass Menschen eine solche Partei (AfD) wählen“. Im Klartext heißt das, die Wähler sollen ihr Kreuz gefälligst bei den Parteien machen, die verantwortlich dafür sind, dass die AfD so stark geworden ist. Statt vernünftiger Politik mit notwendiger Fehlerkultur sollen offenbar Zwangsmaßnahmen her. Wie hätte es Herr Günther gern? Die Wahl der bunten Einheitsfront, deren Flagge schwarz, rot gelb grün bereits für die Demos „gegen rechts“ entworfen wurde? Offene Urnen, statt Wahlkabinen? Entzug der Grundrechte für alle, die in Verdacht geraten sind, AfD zu wählen? Es läuft ja bereits eine massive Einschüchterung aller, die es wagen, nicht mit der Regierung übereinzustimmen. 

Zur Tötung von AfD-Politikern aufgerufen

Die Demonstranten für Menschlichkeit und Toleranz marschieren Seit' an Seit' mit linksextremistischen Demokratiefeinden, pro-palästinensischen Antisemiten, gewaltbereiten Antifanten, Fridays for Future und Extinction Rebellion, die zum Teil offen antisemitisch und extremistisch sind. Die Weltoffenen und Toleranten fordern die Ausgrenzung aller, die berechtigte Fragen zur unkontrollierten Masseneinwanderung, der zerstörerischen Energiewende und den katastrophalen Folgen der Corona-Politik haben, die mit jedem Tag und jeder wissenschaftlichen Studie offensichtlicher werden. Die verbale Gewalt, die von Rednern der Retter der Demokratie gegen Andersdenkende ausgeübt wird, ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten. Auf X wird von Demonstranten verkündet, die Demokratie müsse auch mit undemokratischen Mitteln verteidigt werden. Sie sei es wert. Da kann auch schnell aus der verbalen Gewalt Wirklichkeit werden, wenn sich Hunderte hinter einem Transparent versammelt haben, in dem zur Tötung von AfD-Politikern aufgerufen wurde. 

Die Organisatorin der Münchner Demo, die von Markus Söder eifrig als vorbildlicher Einsatz für Demokratie gelobt wurde, befürwortet die Veröffentlichung von Adressen missliebiger Andersdenkender, damit man ihre Häuser attackieren könne. Das sei „cool“. Auf der von Söder gelobhudelten Demo war die CSU übrigens unerwünscht. Selten hat sich Söder so blamiert, indem er den Kampf gegen seine Partei und Regierung feiert.  

Sie seien die Mehrheit, behaupten die Demonstranten. Das ist eine Legende. Sie sind die 31 Prozent, die mit der Politik der Ampel einverstanden sind, weil sie von dieser Politik profitieren. Die absolute Mehrheit der Bevölkerung, das sind 69 Prozent, lehnt die Ampel ab. Die kann nur nicht auf Knopfdruck auf die Straße gehen, denn sie besteht aus denjenigen, die unser Land am Laufen halten. 

Als die DDR schon in die Knie ging, rief die SED noch einmal zu Massendemonstrationen auf. Angeblich bestünde die Gefahr, dass Nazis die Macht übernehmen könnten. Anlass war die Schändung des Ehrenmals für die gefallenen sowjetischen Soldaten in Berlin-Treptow, das mit Graffiti besprüht wurde. Wochen später, nach dem Sturm auf die Stasizentrale in Berlin, wurden Sprühflaschen gefunden, und es verdichtete sich die Gewissheit, wer die Täter waren. Ihre Lüge von der angeblichen Gefahr von rechts hat die SED-Machthaber nicht gerettet. Wer ihre Methoden kopiert, dem wird es eher früher als später ebenso ergehen.

 

Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.

Foto: Imago

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Thomin Weller / 24.01.2024

DEXIT so schnell wie möglich. Partrick Breyer “Finaler #AIAct-Text geleakt: Die EU will permanente und flächendeckende #biometrischeMassenüberwachung in der Öffentlichkeit per Echtzeit-#Gesichtserkennung absegnen (#Artikel5) und schon bei Bagatelldelikten auf Überwachungsbänder anwenden (#Artikel29)!”. Und die Faschisten auf der Straße wollen das. Das heilige Reich vierter Nation.

Johannes Schuster / 24.01.2024

Ich habe einen kleinen Blog und der ist nicht bequem. Seit einiger Zeit sind ich und meine Frau mit “vernichtenden Wirkungen” von Verwaltungsentscheidungen konfrontiert. Auch das werte ich als einen Stasi Effekt. Die Unterlagen kann einsehen wer will. Seit ich das Wort “Vernichtung” 6 Mal in Beschlüssen gelesen habe ahne ich es. Das sind Stasi - Methoden. Die Unterlagen haben wir ins Ausland geschickt. Sicher ist sicher. Man hat, um es sinnig zu gestalten unsern Kindern die KV gleich mit gekappt. Es gibt für alles Beweise. Stasi 2.0 Operative Psychologie nannte man das damals. Ich mag die AfD nicht,sonderlich, aber dieser faschistoide Aufzug der Kollektivisten muß enden und sei es mit den Hundezüchtern der Blauen. Der Wahnsinn wird langsam persönlich.

Roland Magiera / 24.01.2024

Zuerst haben die Nazis bewusst intensiven Gebrauch von massenpsychologischen Methoden gemacht. Danach die DDR und und die Sozialisten im gegenwärtigen Deutschland. Die scheinen sich in der Gesellschaft ganz wohl zu fühlen, sonst würden sie mehr Anstand und Würde zeigen. Wem die rationalen Argumente ausgehen der beginnt zu schreien, eine Regierung hat dazu einfach nur andere Mittel als die Bürger, die in keiner Regierungspartei führend sind. Noch so eine Übereinstimmung, die Partei.

G. Männl / 24.01.2024

BR24 „ Im Regensburger Fürst-Anselm-Park nahe dem Bahnhof soll eine 27-Jährige in einem Gebüsch vergewaltigt worden sein. Wie das Polizeipräsidium Oberpfalz jetzt mitteilte, ereignete sich das Sexualdelikt am vergangenen Freitag (19.1.) gegen 14.15 Uhr nachmittags.“ Des Bürgers Realität sieht halt so aus! Selbst die Frau SPD OB ist über die jüngsten Entwicklungen in R entsetzt. Guten Morgen.

k.schmidt / 24.01.2024

Als “Beweis” für die “große Masse” auf regierungsgesponserten Demos bezahlt die AntiFa 60 Euro pro Mietdemonstrant. Wenn der Mietdemonstrant ein Schild malt, das zur Demo passt, mehr. Deren Anhänger bestehen meist aus ungelernten, arbeitslosen Drogenkonsumenten mit viel Zeit. Die Fotos der Staatsmedien von der “Masse” sind zudem bearbeitet und aus täuschender Perspektive. Sie geben jeden Tag andere, niedrigere Teilnehmerzahlen raus. Als “Beweis” für die Verworfenheit der dämonisierten und entmenschlichten politischen Konkurrenz tauchen Typen im Nazikostüm (Schauspieler des Verfassungsschutz?) als Provokateure auf. Die echten NazionalSOZIALISTEN haben einst den Reichstag angezündet, als “Beweis” für die Verworfenheit der dämonisierten Juden. Auf den gepimpten Demos der Sozialisten heute, werden im letzten Gefecht Juden von Hamas Fans von der Bühne geschmissen.  Olaf saß einst ruhig in der Elbphi, sah aus seinen Schweinsäuglein listig hin und her und spielte den Kunstkenner, während seine Buddies aus der Roten Flora mit Plünderungen, Brandstiftungen, Angriffe auf Hundertschaften Polizisten ganze Straßenzüge und Viertel Hamburgs zum Kriegsgebiet machten. Ich bin besorgt, was diese Truppe sich als nächstes für “Beweise” ausdenkt…wann deren Plakate “AfDler töten” in die Realität umgesetzt werden.

Friedrich Richter / 24.01.2024

@Frau Gabriele Klein: Die Leute in der DDR gingen wählen, weil sie sonst schikaniert wurden und ernsthaft in Bedrängnis geraten konnten, sofern es nicht gerade Arbeiter in quasi “systemrelevanten” Berufen waren, an die sich die Funktionsträger nicht herantrauten. Es ging nicht ums Wählen, zumal die Stimmzettel gar nicht so gestaltet waren, dass man darauf etwas hätte ankreuzen können. In diesem System, deren Repräsentanten kein Problem damit hatten, in einem Atemzug “Demokratie” und “Diktatur des Proletariats” für sich in Anspruch zu nehmen, gehörte mehr Mut dazu, nicht zu wählen, als es heute Mut erfordert, sich zur AFD zu bekennen. Aber die Unterschiede werden kleiner, und die Methoden ähneln sich immer mehr.

Lao Wei / 24.01.2024

Aktuell erleben wir, wie eine perfide Nomenklatura schamlos die „Demokratie“ pervertiert. Der Umbau Richtung Totalitarismus (Gulag?) schreitet „demokratisch“ voran. Schwarz vermummte Gesinnungsganoven rufen öffentlich zum Töten auf; die „demokratischen Apparatschiks“ laufen staunend nebenher. Als Zeitzeuge der Farbenlehre - rot + grün = braun - ist man versucht zu sagen: „Völker der Welt schaut auf dieses Land“ und findet die Antwort, wie dreiunddreißig passieren konnte. Die Rattenfänger sind unter uns!

Dr. R. Möller / 24.01.2024

Die kognitive Dissonanz der Achse-Autoren ist schon bewundernswert. Die Probleme richtig erkennen und benennen, sich dann aber in die Reihe der „Demokratischen Front“ einordnen und in den Chor der AFD Hetze einschließlich des Höckerituals einstimmen. Dann hofft man auf die Werteunion, obwohl man eigentlich weiß, das diese nur ein trojanisches Pferd ist. In der DDR konnte man ja schließlich auch CDU wählen und sich zu den Widerständlern einordnen. Das nenne ich mal Habeckmut.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com