Roger Letsch / 15.04.2023 / 16:00 / Foto: Pixabay / 51 / Seite ausdrucken

Willkommen auf der Bounty!

Der wahnwitzige Atomausstieg erinnert mich an die Meuterei auf der Bounty: Habeck, Scholz, Lindner und die Leichtmatrosen der Energiewende sind die Meuterer gegen die Gesetze der Physik und der Ökonomie, und ab dem 16. April 2023 ist Deutschland dazu verdammt, energetisch zur einsamsten Insel der Welt zu werden.

In der Nacht von Heute Samstag auf Morgen Sonntag wird es so weit sein: Die letzten drei Kernkraftwerke Deutschlands gehen vom Netz. Endlich!, rufen die Aktivisten. Kein Problem, sagen die Politiker. Kein Strom mehr, sagen die Pessimisten und alle zusammen haben unrecht. Dass ich den Ausstieg aus der Kernenergie für eine blöde Idee halte, habe ich oft, lang und breit erläutert. Dass sich niemand ernsthaft wünschen kann, dass nun unmittelbar der Blackout kommt, ist auch klar. Und der wird sicher ausbleiben. Zumindest vorerst. Als Abschalttermin hat man ein Wochenende gewählt, was der Netzstabilität schon mal helfen dürfte. Die Jahreszeit der Dunkelflauten ist auch gerade überwunden – ironischerweise auch mit Hilfe der letzten drei AKWs im Streckbetrieb – und der seit Jahren anhaltende Trend sinkender Industrieproduktion und Standortverlagerungen helfen von der Bedarfsseite. Dass der Strom nun billiger wird, wie einige Politiker gerade behaupten, ist natürlich Unsinn.

Wir fangen die fehlende Leistung schließlich mit Kohle und Stromimporten auf, was allerdings nicht ausschließt, dass die Politik mit gedrucktem Geld einige kosmetische und sehr kurzfristige Preismaßnahmen beschließt, um den Anschein zu erwecken, die Abschaltungen würden tatsächlich etwas Positives bewirken. Die Verbraucher werden die Atomkraft schnell vergessen und die stattdessen importierte Kernenergie nur schulterzuckend zur Kenntnis nehmen. Die schlechte und uns so „wichtige“ CO2-Bilanz, die durch aus der Reserve geholte Kohlekraftwerke neue Höchststände erreicht, ebenso. Sie können die Entwicklung übrigens fast live verfolgen, liebe Leser. Installieren Sie einfach die kostenlose App „Electricity Maps“ auf Ihrem Smartphone und sehen Sie den Strommix, die Importe und Exporte in Echtzeit. Beobachten Sie die korrespondierenden Balken für Sonne, Wind, Gas und Kohle und denken Sie an die nächsten politischen Großbaustellen: Kohleausstieg und Gasausstieg schrumpfen die Angebotsseite, Sektorkopplung mit Mobilität und Wärmeerzeugung vergrößern die Nachfrageseite. Aber das wird schon gutgehen, das ist alles ausgerechnet.

Auf eine ziemlich schräge Art hat die Kernenergie in Deutschland Glück gehabt, als erste Energieform abgewickelt zu werden. Schlimmer wird es die Kohle treffen, denn deren Rückbau und Abschaltung wird nicht mehr wegzupuffern sein, schon weil die Errichtung neuer Kraftwerke in unseren Nachbarländern kaum Schritt halten kann mit der Vernichtung unseres Kraftwerksparks. Der Kohle wird man während der Rückzugsgefechte die Schuld an der Instabilität des Netzes in die Schuhe schieben. Ebenso an den Preisanstiegen und den „Verstopfungen der Netze“. Aber die Kohle wird es auch sein, die am Ende die Nagelprobe gewinnt, wenn nach der Abschaltung des letzten Kohlemeilers die Erneuerbaren gewogen und für zu leicht befunden werden. An die einst so zuverlässige Kernenergie wird man in Deutschland dann schon lange keinen Gedanken mehr verschwenden, die Entwicklung der Kernenergie ist weitergezogen und verschwendet ihrerseits keinen Gedanken mehr an Deutschland, wo einst die besten und sichersten Kraftwerke standen.

Meuterer gegen die Gesetze der Physik und der Ökonomie

Gerade werden die Feste vorbereitet, mit denen man den vollzogenen Mord an einer tragfähigen Zukunftstechnologie feiern möchte. Und Herolde wie Claudia Kemfert werden Reden halten, selbst wenn sie noch nicht installierte Leistung, Strommenge und Schwarzwälder Kirschtorte auseinanderhalten kann. In ihrem Buch „Schockwellen“ (die Hörprobe genügt völlig) vergleicht sie die fossilen Energien (wozu sie die Kernenergie ideologisch zählt) mit der mythologischen Wasserschlange Hydra, welcher Herkules mit Hilfe seines Neffen die Köpfe abschlägt. Iolaos brennt die blutenden Hälse aus, auf dass die Köpfe nicht nachwachsen. Dieses Bild haben wohl auch die Grünen im Kopf, die den enthaupteten Kernkraftwerken möglichst rasch mit Dekontaminierungen durch Säurespülungen der Rohrleitungen endgültig den Garaus machen wollen, auf das auch die Nachfolgeregierung der Ampel – durch Schaden klug geworden – die Kraftwerke nicht wieder in Betrieb nehmen könnte.

Der Hydra-Vergleich von Kemfert hinkt gewaltig, schon weil er unterschlägt, dass die Menschheit sich ohne Kohle, Öl, Gas und Uran nie so weit hätte entwickeln können. Die Kernenergie ist nicht Hydra, die man erschlagen muss, sondern eher der Klumpen Gold aus Grimms „Hans im Glück“, den wir gerade glückstaumelnd bis zum Schleifstein hinabtauschen. Die Geschichte ist der zur Parabel geronnene Erntefaktor, der schlechter und schlechter wird – und nur ein Deutscher ist in der Lage, solchen Abstieg auch noch zu feiern.

Vergessen wir also die Kemfert’sche Hydra, ich finde das Bild der „Bounty“ treffender. Aus Angst, einige Meuterer könnten es sich anders überlegen, verbrannte Fletcher Christian das Schiff, das sie alle auf die Insel Pitcairn gebracht hatte. Habeck, Scholz, Lindner und die Leichtmatrosen der Energiewende sind die Meuterer gegen die Gesetze der Physik und der Ökonomie, und ab dem 16. April 2023 ist Deutschland dazu verdammt, energetisch zur einsamsten Insel der Welt zu werden. Ich starre fassungslos auf das brennende Schiffswrack und sehe beim besten Willen nicht, was es da zu feiern gibt.

Nachtrag

Vermutlich fröstelt es Sie gerade, liebe Leser, obwohl sie eben in die Glut der ideologischen Freudenfeuer blicken. Deshalb zum Abschluss etwas Lustiges, einen Schenkelklopfer, einen Treppenwitz: Genau wie Windräder Strom verbrauchen, wenn sie keinen produzieren, gehen auch in den Kernkraftwerken nicht gleich alle Lichter aus. So ein KKW braucht eigentlich recht viel Strom für den Eigenbedarf, in erster Linie, um das Containment weiter zu sichern und die Kühlung der Abklingbecken zu gewährleisten – und zwar über Jahre! Natürlich gibt es Notstromaggregate, aber die sind eben nur für Notfälle gedacht. Kurz: Unsere Kernkraftwerke sind ab sofort darauf angewiesen, dass die Sonne scheint und der Wind weht. Daraus könnte man schlussfolgern, dass sie noch nie so unsicher waren wie nach ihrer Abschaltung. Wie gut, dass wir noch die Kohle haben, mit der wir nun das CO2 erzeugen können, das wir uns mit der Kernenergie hätten sparen können!

Foto: Pixabay

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Olaf Dietrich / 15.04.2023

Ja, diesen Schwachsinn zu kommentieren ist das Eine. Aber das Andere, das hat schon Kung Ze erkannt ist Hergott noch mal ein bisschen POSITIVITÄT zu verbreiten!! Schreiben Sie über neue Kleinreaktoren, Fusion etc. Irgendwas was einem MUT macht. Diese ewige Depressionerklärerei zwingt mich letzendlich auch die Achse NICHT mehr zu konsumieren!!

HaJo Wolf / 15.04.2023

Wie werden wir SCHNELLSTMÖGLICH und komplett diese ganze Riege von inkompetenten, korrupten, verlogenen Politikern los? JETZT. SOFORT. Wir werden von Verbrechern regiert/beherrscht, und das dumme Wahlvolk bemerkt es nicht mal! Also müssen, wie fast immer in der Geschichte, die wenigen Sehenden und Erkennenden dafür sorgen, dass die Wende zurück zur Vernunft kommt. Sonst ist das Land tatsächlich verloren.

T.Brecht / 15.04.2023

Mir als (noch) steuerzahlenden Handwerker graust es diesem Land ich möchte kein deutscher mehr sein bitte wer nimmt mich auf ?

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