Dushan Wegner, Gastautor / 19.12.2020 / 14:00 / Foto: Medvedev / 36 / Seite ausdrucken

Wenn unmögliche Forderungen in Erfüllung gehen

Stellen wir uns einen Kläffer vor, einen kleinen Hund – es ist ein bekanntes Bild, beinahe schon ein Klischee – und dieser Kläffer bellt und keift und reißt an der Leine. Der Feind, den das nervöse Hündchen derart furios anbellt, kann eine auf der Mauer dösende Katze sein, ein unschuldig vorbeifahrendes Auto oder auch mal der eigene Schatten. Die Wahl des angebellten Gegenstands ist in der beschriebenen Szene einigermaßen gleichgültig. Die Botschaft des an seiner Leine zerrenden, wild bellenden Kleinhundes ist ja: "Wäre ich hier nicht angebunden, ich würde dich in der Luft zerreißen! Ja, wäre ich nur nicht angebunden!"

Was würde das Hündchen aber wirklich tun, wenn die Leine einmal reißen sollte? Was würde das bellende Geschöpf wirklich anstellen, wenn man es laufen und angreifen ließe? Wie begeistert wird das Hündchen wirklich sein, wenn seiner Forderung gegen all seine Erwartungen nachgegeben wird? Nun, es wurde ausprobiert, und die Antwort ist wohlbekannt: Der losgelassene Kläffer wird fürchterlich erschrocken sein und sich ganz schnell hinter den Beinen seines Herrchens verstecken.

So viel Verstand, zu begreifen, dass sein eigenes Gebell nur Theater war, dass es stets davon ausging, das Geforderte könne gar nicht eintreten, so viel Einsicht weist selbst ein Kläffer auf. Jedoch, Einsicht in die Unsinnigkeit der eigenen Forderung ist durchaus nicht unter allen Säugetieren selbstverständlich – womit wir bei der Politik wären.

Ich höre heute manche politische Forderung, die weckt in mir den starken Verdacht, dass sie gar nicht ernst gemeint war. Wir kennen die neuen Rufe nach Sozialismus, nach dem sofortigen Ende des Kapitalismus und nach Enteignungen wie zu Zeiten des Sozialismus Stalinscher beziehungsweise Hitlerscher Prägung – getwittert von flaumbärtigen Jünglingen auf ihrem kapitalistischen iPhone (immerhin wurde dieses wohl in kommunistischer Handarbeit zusammengeschraubt). Ich glaube keine Sekunde, dass die linksgrünen Schwätzer ohne nennenswerten Realitätskontakt die Bedeutung ihrer Worte verstehen – umso gefährlicher können sie werden.

Konsequenzen schulterzuckend ignorieren

Manche Lockdown-Forderung fühlt sich für mich heute ähnlich wie die irren neuen Forderungen nach Sozialismus an. "Macht die Schulen dicht!", sagen sogenannte "Experten" mit fünfstelligem Einkommen, allein in ihren Villen am Stadtrand vor sich hin sinnierend. Die Konsequenz wird bald eine verlorene Corona-Generation sein – und Ansteckungen unter den babysittenden Großeltern.

"Macht die Geschäfte dicht!", fordern Politiker, deren Einkommen von Behörden und Konzernen überwiesen wird. Die Pleitewelle wird tödlich sein – und "tödlich" ist nicht nur eine Metapher für wirtschaftliche Bankrotte. Heute sind die Politiker ja (fast) alle "links", und sie scheinen sich ihren Wahlspruch vom rassistischen Massenmörder Che Guevara abgeschaut zu haben: "Seid realistisch, fordert das Unmögliche!"

Neu-Sozialisten wie auch Totaler-Lockdown-Forderer verstehen, so fürchte ich, die Bedeutung ihrer eigenen Worte nicht – als wären sie nie davon ausgegangen, dass es auch wirklich umgesetzt wird. Man fühlt sich stark in der Ankündigung, doch was es wirklich in praktischer Konsequenz bedeutet, das wird schulterzuckend ignoriert.

In jeder Regierungsform – nicht nur in der Demokratie, aber in jener besonders – spielen die Ankündigung und die Forderung einer Maßnahme eine sehr andere Rolle, als die Maßnahme selbst es spielen würde.

Manche Forderung basiert auf einer schlicht falschen oder offen gelogenen Prämisse (etwa auf jener, Frauen würden bei gleicher Qualifikation nur 71 Prozent des Männergehaltes verdienen), andere Forderungen bedenken nicht die Rahmenumstände und die absehbaren, unausweichlichen Konsequenzen (etwa die Forderung nach offenen Grenzen), und einige Forderungen sind derart dreist in ihrer Verachtung von Geschichte, Konsequenz und Menschlichkeit, dass ihr augenscheinlich mangelnder Ernst ihnen wie ein Argument-Schutzschild dient (etwa neue Forderungen nach Sozialismus).

Wenn das Hündchen sich losreißt

Was so komplett unsinnig ist, dass man kaum widersprechen kann oder will, steht eben unwidersprochen da. Und das kann zum Problem werden, wenn das Hündchen sich losreißt und nicht begreift, dass die tatsächliche Umsetzung im Desaster enden wird (und bei Politikern wird es zum millionenfachen Problem, wenn es Millionen von Menschen betrifft). Unser Problem ist, dass in den letzten Jahren manche irren Forderungen, die nie erfolgreich sein sollten, eben doch erfolgreich waren!

Ich frage mich, ob Sozialisten wie auch Lockdowner sich darin gefielen, besonders „tough“ zu wirken (und sich vielleicht darin als „Deutschlands nächste Supermerkel“ in Stellung bringen wollten), und im Moment des Aussprechens gar nicht auf dem Radar hatten, dass ihre Forderungen auch umgesetzt werden könnten. (Das würde die merkwürdigen Brüche in der Logik erklären, warum etwa ein Ladengeschäft mit Hygienekonzept schließen soll, aber U-Bahnen weiter als rollende Infektionsherde betrieben werden.)

Das Herrchen des bellenden Hündchens muss für das kläffende Tier mitdenken, und muss es festhalten, auch wenn dieses behauptet, losgelassen werden zu wollen. Mit Politikern, die Irres und Gefährliches fordern, als ob sicher wäre, dass es nie eintreten kann, liegt die Sache etwas anders. Die Geschichte lehrt uns die Wahrheit jener alten Weisheit: Wen die Götter strafen wollen, dem erfüllen sie seine Wünsche.

Hütet euch vor den Politikern, die nicht verstehen, was sie fordern – es könnte ihnen gewährt werden. Die Politiker der Merkel-Ära verstehen nicht, was sie fordern, verstehen die realen Konsequenzen nicht (und das nicht erst seit heute), und wahrscheinlich ist es ihnen reichlich egal. Uns als Bürgern bleibt wenig übrig, als unser Leben zu planen und immer zugleich zu berechnen, was die wahrscheinlichen Folgen derer Forderungen sind, und davon ausgehend wieder unsere eigenen Pläne anzupassen.

Denkt selbst, und denkt für die Politiker mit – die tun es ja nicht, und irgendwer muss es ja tun.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com.

 

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.

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Leserpost

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Herbert Priess / 19.12.2020

Ja die kleinen Kläffer. Am anderen Ende der Leine völlig überforderte Kläfferhalter die mit Mühe ihre kleinen Größenwahnsinnigen unter Kontrolle halten wollen. Der kleine Kläffer zerrt sein Herrchen/Frauchen hinter sich her, schnüffelt hier, setzt seine Marke dort und bestimmt wo es lang geht. Um bei ihrem Bild zu bleiben sollten wir, also der Souverän/Herrchen/Frauchen, den kleinen Kläffer unter Kontrolle halten aber mal wird er von Frauchen und mal von Herrchen an der Leine gehalten. Bei Frauchen darf er was er bei Herrchen eigentlich nicht dürfen sollte aber Herrchen hat kapituliert und um des lieben Friedens willen, er will keinen Ärger mit Frauchen, läßt er dem kleinen Kläffer seinen Willen. Momentan sind wir in der Frauchenphase ob das Herrchen irgendwann mal versucht seinen Willen(Erziehung) durch zu setzen, ist fraglich. Das Gleichniss gefällt mir und seit einiger Zeit hoffe ich, daß die Götter endlich tätig werden.

Gert Köppe / 19.12.2020

@Horst Jungsbluth: Und heute hängen diese CDU-Pfeifen der “Roten Zora”, einer FDJ-AgitPropse aus Honeckers Blockflöten-Orchester, förmlich am Rockzipfel, folgen ihr Speichel leckend und voller Inbrunst und können gar nicht genug von ihrem sozialistischen Ungeist bekommen. Diese CDU ist keinen Pfifferling mehr wert. Für Södolfs Vasallenhorde CSU gilt das Gleiche. Wenn der Franz Josef Strauß noch leben würde, dann hätte er eine treffende Bezeichnung für solche charakterlosen Kriecher: “Schmeißfliegen”.

Hjalmar Kreutzer / 19.12.2020

„Bleiben Sie zu Hause!“ Warum nicht wenigstens zeitweise aber konsequent den Wunsch erfüllen? Aber alle und nicht erst nach Feierabend! Alle haben Husten und Schnupfen und bleiben deshalb vom 21.12.2020 bis zum 10.01.2021 zu Hause. Auch Fahrer von Lieferfahrzeugen, Bussen, Zügen, Mitarbeiter von Supermärkten, Müllwerker, Krankenpflege, Feuerwehr, Polizei usw. Nur Regierungsmitglieder sind systemrelevant und dürfen zur „Arbeit“ antreten. Vorräte und Waffen haben hoffentlich alle gebunkert?

Gotthelm Fugge / 19.12.2020

@Wiebke Ruschewski ““Die Regierenden hingegen bauen Sch… am laufenden Band und andere haben den Schaden. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass ich durch mein Verhalten nennenswerten Druck auf die Politik ausüben kann. Man kann Unwillen zeigen. Immerhin. Aber deswegen wird wohl kaum irgendein Politiker von seiner Agenda abrücken. . . ““ Im Gegenteil, diese Politiker versuchen sich in der Außendarstellung bzgl. eines grandiosen Blödsinns noch zu überbieten. Trefflicher konnte man Zeitpunkt und SPD-Visions-Agenda im Kontext zur eh schon alles belastenden Pandemie nicht wählen: ““SPD-Migrationspolitiker wollen Familiennachzug ausweiten!““ Die “Migrationspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion“ wollen unbedingt und jetzt den Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Migranten ausbauen. Viel fragen sich, WER sind diese SPD-Migrationspolitiker, wer verbirgt sich dahinter? Hier die Reiter des fast vor Stolz strotzenden SPD-Migrations-Schlacht-Rosses: Sprecher/in: Dr. Lars Castellucci / Stellvertretende Sprecher/innen: Josip Juratovic, Aydan Özoğuz, Gülistan Yüksel / Mitglieder: Ulrike Bahr, Nezahat Baradari, Dr. Daniela De Ridderr, Karamba Diaby, Yasmin Fahimi, Angelika Glöckner, Kerstin Griese, Uli Grötsch, Cansel Kiziltepe, Dr. Bärbel Kofler, Daniela Kolbe, Sylvia Lehmann, Helge Lindh, Hilde Mattheis, Ulli Nissen, Sabine Poschmann, Florian Post, Mechthild Rawert, Susann Rüthrich, Ursula Schulte, Sonja Amalie Steffen, Bernd Westphal. Mir ergeht es ebenso - Ich kann NUR Unwillen zeigen. Hiermit - Immerhin.  Die aktuelle SPD-Bewertung: Es ist, als ob ein antiker Retro-Verein von Stellmachern versuchen würde, mit Hilfe ihrer antiquierten Holztechnik unbeirrt und beratungsresistent den Weltraum zu erobern. Aber eben mit dramatischen Spätfolgen. Für alle.

Gert Köppe / 19.12.2020

@Justin Theim:  ...........und bei unseren Polit-Nasen ist es Beides, Dummheit und Ignoranz.

bernd weber / 19.12.2020

“wenn unmögliche Forderungen in Erfüllung gehen” ... so ist das auch mit dem Ende des Atomstroms. Der Vorsitzende des Ethikrats fordert, wer impfen ablehnt soll nicht künstlich beatmet werden. Ergo - wer Atomstrom ablehnt muss Abends im Dunkeln sitzen.

Franz Schimmelpfennig / 19.12.2020

Es hat sicher auch damit zu tun, dass viele unserer Entscheider kinderlos sind - ihnen geht die Zukunft am A. vorbei. Ihnen fehlt ein wesentlicher Teil an Lebenserfahrung, den Eltern nun mal haben und der Wille, den Nachkommen eine bessere Welt zu hinterlassen…

Richard Kaufmann / 19.12.2020

“Ich glaube keine Sekunde, dass die linksgrünen Schwätzer ohne nennenswerten Realitätskontakt die Bedeutung ihrer Worte verstehen”. Diese Gehirnamputierten verstehen es schon, aber sie beziehen es immer auf die anderen. Was deins ist, ist auch mein, meins geht dich aber nichts an. So hat es auch der Schnorrer Karl Marx, geistiger Vater dieser Dummschwätzer, vorgeschrieben. Im Übrigen ist es deutsche Tradition, dass alles verboten werden muss, es sei denn, es ist ausdrücklich gestattet.

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