Jordan B. Peterson versucht etwas sehr Schönes. Er versucht Menschen zum Nachdenken zu bringen. Er versucht Menschen dazu zu bewegen, sich der jedem innewohnenden Kraft bewusst zu werden. Der Kraft eigenständig zu denken und zu fühlen. Er möchte ihnen die Möglichkeit und Notwendigkeit des wahren Kennenlernens der eigenen Person näher bringen. Denn nur über diesen Weg findet jemand zu SELBSTbewusstsein. Und gesundes Selbstbewusstsein macht frei, macht immun. Es wappnet die Person davor, fremdes Denken und Fühlen übergestülpt zu bekommen. Es macht die Person kritisch und hilft, richtig von falsch zu unterscheiden. Dieser Prozess ist so alt wie die Menschheit. Deshalb kann man, will man ihn verstehen, nicht bei den -ismen beginnen. Es geht um das Leben schlechthin. Das Wissen der Menschen ist uralt und doch nie vollständig. Letztlich geht es immer um die gleichen Fragen. Man sollte deshalb nichts als nicht mehr zeitgemäß abtun, sondern im Gegenteil, neugierig sein. Peterson weiß das und er redet davon. Und er warnt davor, seine Lebenszeit ungenutzt zu lassen. Wir sind in Wirklichkeit nicht „weiter“ als die Menschen es vor 2000 Jahren waren. Die Grundsituation bleibt die gleiche. Das zu lösende Rätsel bleibt das gleiche. Darauf weist Peterson hin, auch wenn manchem seine Reden eigenartig vorkommen mögen. Auch er ist ein Sucher, er hat keine „Wahrheiten“ zu verkünden. Aber er weist auf die Notwendigkeit der Suche hin. Und er ist sich darüber bewusst, dass kein -ismus eine Antwort bereit hält.
Es ist ein wiederkehrendes Schema, dass man jedem Konservativen die Sehnsucht nach einem autoritären Führer unterstellt. Das geschieht aktuell mit der AfD und der neuen Rechten. Interessant, weil es in der AfD keinen autoritären Führer, sondern jede Menge Diskussionen und Streit und eine Doppelspitze gibt und außerdem die Forderung nach Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild. Klingt mir nicht so nach Führerpartei. Guckt man sich hingegen die politische Linke mit ihrer Sehnsucht nach Marx, Lenin, Mao und Fidel an, dann staunt man wieder einmal, wie diese Leute es schaffen, den Menschen immer wieder das Gegenteil von Wahrheit als wahr zu verkaufen. Na gut, die haben den Deutschlandfunk. Und ARD und ZDF und Vieles mehr. Noch.
Ich möchte nur auf einen Punkt eingehen: Einen Gott (welchen?) vorauszusetzen, ist schon eine Anmaßung. Natürlich darf Herr Peterson das tun, das gehört zur Toleranz, die man anderen Meinungen gegenüber aufbringen muss und die auch er genießen darf. Zur Toleranz gehört aber auch, dass ich in freier Gegenrede diese durch nichts bewiesene Behauptung in Frage stellen darf. Archetypen und Mythen durchziehen seit jeher die Menschheitsgeschichte und bestimmen immer noch unser aller Denken mehr oder weniger. Das ist aber nicht unbedingt positiv, sondern auch für Aberglauben und Denkfehler ursächlich. Erst die Wissenschaft und die damit verbundene Aufklärung brachten Licht in finsterste Mythen. Wissenschaft und skeptisches Denken, das nach Belegen sucht, sollten meiner Meinung nach das Korrektiv für allerlei magisch- mythische Vorstellungen sein. Die rühren doch aus der Frühzeit der Menschen, als die Menschheit noch in den Windeln lag und für viele Erscheinungen keinerlei andere als mythische Erklärungen hatte. Es ist nicht deshalb etwas richtig, weil es das schon seit “ewigen” Zeiten gibt. Dann wäre ja z. B. auch das Halten von Sklaven legitim. Die Menschheit schreitet voran, wenn auch im Zickzack-Kurs. Geärgert hat mich aber am meisten, dass Herr Peterson den Atheismus auch für einen Glauben hält. Damit zeigt er, dass er gar nicht begriffen hat, was “Atheismus” und kritisch-wissenschaftliches Denken bedeutet im Unterschied zum Glauben. Sicher, auch Atheisten wissen nicht, ob es nicht irgendwo im Universum etwas Gottähnliches gibt, insofern sind sie letztlich Agnostiker. Sie wenden sich aber GEGEN konkrete Religionen mit festgefügten, unhinterfragbaren Dogmen. Uns da ist der Unterschied: Atheismus/Agnostizismus hat keine Dogmen und ist offen für neue Erkenntnisse. Das ist ja gerade das Kriterium für wissenschaftliches Denken: Es ist IMMER vorläufig, neue Erkenntnisse werden althergebrachte umstürzen oder erweitern. Wissenschaft steht nicht still im Gegensatz zur Religion.
Deutschlandfunk und Deutschlandradio: aufgeregter Kleinmädchenjournalismus.
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