Annette Heinisch / 15.08.2020 / 06:05 / Foto: Pixabay / 74 / Seite ausdrucken

Weißrussland: Plant Putin das Ukraine-Szenario?

Am 9. August 2020 fanden in Weißrussland Wahlen statt. Nach offiziellen Mitteilungen der dortigen Staatsmedien entfielen auf den seit 1994 regierenden Amtsinhaber Lukaschenko 79 Prozent der Stimmen. Nach der Wahl kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten, die angebliche Wahlfälschungen anprangern und der Polizei. 

Dieses Szenario war im Vorfeld der Wahl erwartet worden. Der Verteidigungs-Blog defence-blog.com berichtete bereits am 3. August 2020, dass in der Vorwoche dutzende russische Söldner verhaftet worden seien, die vor den Wahlen das Land destabilisieren sollten. Diese würden für Wagner, dem bekanntesten russischen Unternehmen im Bereich Militärdienstleistungen, arbeiten. Gut 200 russische Söldner seien am 24. Juli 2020 in Minsk angekommen. Weißrussland verlegte daraufhin Truppen an die russische Grenze

Bereits am 4. August 2020 wurden 3.000 weißrussische Reservisten mobilisiert. In der Region Vitebsk, die an Russland angrenzt, mussten sich alle Reservisten unter 35 Jahren melden. Es wird befürchtet, dass sich das „Ukraine-Szenario“ wiederholt:

Offiziell befürchtet Minsk, dass Russland die Instabilität im Land ausnutzen und das ukrainische Szenario umsetzen könnte, um vor den Präsidentschaftswahlen im August einen Teil der Gebiete zu besetzen. Die US-Nachrichtenagentur CNBC zitierte Janusz Bugajksi vom Zentrum für Europäische Politikanalyse und berichtete, dass Putin „den Vorwand wachsender Unruhen in Belarus und der umstrittenen Präsidentschaftswahlen“ als Chance nutzen könnte, um angesichts der „drohenden Aussicht“ auf die Aufnahme von Belarus in Russland als nationaler Befreier aufzutreten

Im englischen Originaltext:

Official Minsk fears that Russia may take advantage of the instability in the country and carry out the Ukrainian scenario to occupy part of the territories ahead of August’s presidential election. U.S. news agency, CNBC, quoting Janusz Bugajksi of the Center for European Policy Analysis, reported that Putin could use “the pretext of growing unrest in Belarus and the disputed presidential elections” as a chance to act as national liberator with the “looming prospect” of the absorption of Belarus into Russia. 

Russische Kampfpanzer an der weißrussischen Grenze

Russland verlegte dann bereits letzte Woche mehr als 3.000 Soldaten sowie Militärausrüstung inklusive Kampfpanzer an die weißrussische Grenze. Damit erreichten die Spannungen eine nie zuvor dagewesene Intensität.

2014 annektierte Russland völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim. Vorausgegangen waren eine Krise in der Ukraine und verdeckte russische Interventionen, die neben der Annexion auch zu bis heute nicht befriedeten kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine führten. Dieser Krieg hat nach UNO-Angaben bisher etwa 13.000 Tote gefordert, mehr als 273.000 Menschen wurden vertrieben.

Der bereits 2013 verstorbene Autor Tom Clancy, der in Geheimdienstkreisen sehr gut vernetzt war, hatte in seinem letzten Buch „Command Authority“ praktisch den Ukraine-Krieg vorhergesagt. In diesem Buch schildert er die verdeckten Operationen der Russen, ihre Zersetzungstaktiken und Propagandamethoden. Die Pläne Russlands zur Destabilisierung des Westens und Erweiterung des eigenen Machtbereichs auch in territorialer Hinsicht sind seit langem bekannt. Konzepte des Westens, diesen Versuchen zu begegnen, sind nicht erkennbar. 

Foto: Pixabay

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Robert Jankowski / 15.08.2020

Während Putin und Erdogan vor unserer Haustür zündeln, tut unsere Regierung was?! Genau: aussitzen der Probleme, wie es schon die letzten 15 Jahre gut geklappt hat. Ein Satz von Angie Supportern der mir im Gedächtnis bleibt ist “Eigentlich macht sie es doch wirklich gut!” Auf die Nachfrage was das konkret sei kommt dann “Na regieren!” Das ist die intellektuelle Kapitulation!

Peter Holschke / 15.08.2020

Klar, bis Paris werden die russischen Panzer vorstoßen. Schade das Russen und Amerikaner so einiges trennt, denn beide wäre eine gute Kombination. Der Säufer Jelzin hat’s vermasselt. Für die Europäer war der Osten immer nur die Besenkammer, sowas rächt sich. Und klar, wenn man Revoluzzer unterstützt, welche ein riesen Reich in Blut tauchen, kommt 100 Jahre später sowas raus. Das Problem der Russen ist doch nicht, dass sie zu wenig Land haben, sondern für viel Player zuviel. Was Begehrlichkeiten weckt. Nur so kann man die Probleme und die legitimen Interessen der Russen verstehen.

Rolf Lindner / 15.08.2020

Allgemein ist bekannt, dass der Westen an der Destabilisierung der Lage in der Ukraine nicht unbeteiligt war. Wie sieht es beim gegenwärtigen Hype in westlichen Medien und Politikerkreisen die Lage in Weißrussland betreffend aus? Ich empfinde es als ekelhaft, wenn sich wieder einmal die heuchlerische deutsche politmediale Kumpanei zumindest verbal für Demokratie und Meinungsfreiheit in einem anderen Land einsetzt, obwohl sie im eigenen Land Musterbeispiele für den Abbau von Demokratie und Meinungsfreiheit am laufenden Band liefern. Wenn Lukaschenko der letzte Diktator Europas ist, bleibt zu hoffen, dass Merkel möglichst bald die letzte Diktatorin Europas war.

Gert Fiedler / 15.08.2020

Und plötzlich bekommt alles, was Merkel macht, Sinn.

Uwe Heinz / 15.08.2020

In der Ukraine wurde mit viel westlichen Dollars ein Staatschef weggeputscht, weil dieser kein Interesse hatte sich der EU anzunähern und lieber mit Rußland paktierte. Ein Verkehrsflugzeug wurde abgeschossen, das Land ist destabilisiert und die Krimbewohner entschieden sich mehrheitlich lieber zu Rußland zu gehören, als zur Ukraine. Das Referendum zur Sezession ist ein völkerrechtlicher Grundsatz, der jedem Volk zugestanden wird. So war es ja auch im Kosovo, das sich von Serbien abspaltete und ein Recht, das auch den Katalanen zustünde. Die Krim wurde übrigens durch Nikita Chruschtschow an seine Heimatrepublik Ukraine verschenkt und war vorher Teil von Rußland. Und jetzt zieht man Artikel raus, die vor genau diesem Szenario warnen. In meinen Ohren klingt das so, als ob der Dieb riefe: “Haltet den Dieb!“ Frau Heinisch, ich habe schon Besseres von Ihnen gelesen.

Arthur Sonnenschein / 15.08.2020

Der Frieden in Weissrussland oder der Ukraine ist nicht so wichtig. Solange in Deutschland die Zersetzung von den Parlamenten und dem Kanzleramt ausgeht, haben wir in Europa ganz andere Probleme.

J.G.R. Benthien / 15.08.2020

Danke, dass Sie den Begriff »Weissrussland« verwenden.

Hans-Peter Dollhopf / 15.08.2020

an kann sich das Lesen von Achgut-Artikeln sparen, falls nicht zeitgleich ein Contra-Artikel mit einer anderen Meinung veröffentlicht wird. Den ist Achgut nämlich den Fleischhauers und Pichards dieser Welt schuldig. Über einem Artikel steht “Pro” und über dem anderen “Contra”. So muss Achse!

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