Vom woken Unglücklichsein

Neue Studie belegt: „Wokeness“ ist mit Depression, Unglücklichsein und Beklemmung verbunden. Verantwortung zu übernehmen, ist nicht „woke“ – macht aber zufriedener mit sich und dem Leben!

Zu meinen liebsten Meldungen gehören jene, die mit „laut einer Studie“ beginnen und dann etwas vermelden, was wir eigentlich alle schon immer wussten, das jetzt aber nun auch mit dem Stempel der wissenschaftlichen Erkenntnis verkündet werden kann. Eine solche aktuelle Meldung lautet: „Eine Studie finnischer Wissenschaftler hat festgestellt, dass ‚Woke‘ unglücklich sind.“

„Woke“, das bedeutet so viel wie „aufgewacht“, „wach“, „aufmerksam“ oder „wachsam“ (siehe Wikipedia). („Woke“ ist dasselbe Wort wie im englischen Satz „he just woke up“, „er ist gerade aufgewacht“. Es wird [woʊk] (etwa: „uouk“) ausgesprochen.) „Woke“ Zeitgenossen meinen, dass sie besonders sensibel gegenüber Ungerechtigkeit und Rassismus und Sexismus und anderen Arten von Diskriminierungen sind.

Und eigentlich ist es eine gute Sache, sensibel zu sein für Ungerechtigkeit, und dann auch für deren Behebung zu streiten, kein Zweifel! Das konkrete Problemchen an der „woken“ Bewegung ist, dass bei deren Blick in den Abgrund dieser in die „Woken“ zurückblickt.

In Regenbogenfarben geschmückt

Konzerne und Politiker stellten fest, dass sich mit der „woken“ Problematisierung gut von anderen moralischen Problemen und eiskalter Geschäftemacherei ablenken ließ. Wer sich als „woker“ Konzern in Regenbogenfarben schmückt (aber nur in Ländern, in denen Homosexuelle ohnehin nicht mehr diskriminiert werden, nicht in der arabischen Welt, klar), der kann mit „woke capitalism“ etwa davon ablenken, dass seine Produkte in Quasi-Sklavenarbeit hergestellt und mit absurden Gewinnmargen verhökert werden.

Doch auch für das „woke“ Individuum bieten sich gewisse Vorteile durch die dauernde Sensibilisierung gegenüber allen möglichen Ungerechtigkeiten. Da wären natürlich die wirtschaftlichen Vorteile: Einigen Individuen, die ansonsten nur wenige finanziell verwertbare Fähigkeiten haben, gelingt es, durch demonstrative „Wokeness“ irgendwo als bezahltes Wokeness-Pflästerchen mit Zeitvertrag unterzukommen.

Doch auch ganz ohne finanzielle Motive hat es Vorteile, „woke“ zu sein, nämlich psychologische Vorteile. Wer eine Ungerechtigkeit in eigener Sache ausmacht, könnte darin eine Rechtfertigung suchen, auch vor sich selbst, warum sein ausbleibender Erfolg nicht von ihm selbst zu verantworten ist. In entsprechenden Strukturen kann es zu Bevorzugung und geldwerten Vorteilen gehören, im Sinne der „wokeness“ sich als benachteiligt zu deklarieren.

Wie eine Sekte

(In der Kurzgeschichte „Lucy, ich und unser Eskimo-Baby“ habe ich letztes Jahr solche Strategien noch persifliert. In der Zwischenzeit wurde mir etwa aus Kanada berichtet, dass dort die Zugehörigkeit zu „geschützten Kategorien“ etwa an Universitäten grundsätzlich Einstellungsvoraussetzung ist. Das führt dazu, dass sich in manchen Kontexten quasi alle Bewerber etwa als „bisexuell“ oder „genderfluid“ einsortieren – weil sie sonst schlicht keine Chance auf eine Einstellung hätten. Und ja, es gibt Berater, die Jobsuchende vorab entsprechend beraten.)

Doch das Aufzeigen von Ungerechtigkeit in der Gesellschaft kann einem vorübergehend auch ein Gefühl von Autorität oder moralischer Besserstellung bescheren, für das man sonst Jahre oder Jahrzehnte an Arbeit und Disziplin investieren müsste. Wenn also demonstrative „Wokeness“ so viele praktische Vorteile hat und „Woke“ im Bewusstsein leben können, die Welt täglich besser zu machen – müssten „Woke“ dann nicht besonders glückliche und zufriedene Menschen sein?

Wer jemals „woke“ Menschen persönlich erlebt hat, der spürt, dass diese Menschen unzufrieden sind, gehetzt und unglücklich. „Wokeness“ wirkt wie eine jener Sekten, deren Jünger zwar unglücklich sind, sich aber überzeugt haben, dass sie schon noch glücklich würden, wenn sie nur genug weitere Jünger für ihre Sache rekrutieren.

Die unglücklichen Woken

Und nun haben Psychologen in Finnland in großen Studien ganz offiziell herausgefunden, was wir alle irgendwie wussten: „Wokeness“ macht unglücklich. Oder genauer: „Wokeness“ und Unglücklichsein gehen Hand in Hand. Bei wiley.com, 14.3.2024 finden sich die ausführlichen Ergebnisse der Studie, bei nypost.com, 17.3.2024 eine einfach gehaltene englischsprachige Zusammenfassung.

Für diese komplexe Studie wurden tausende Freiwillige zu klassischen „woken“ Thesen befragt. Und es wurde auch ihr Status bezüglich Glück, Depression und „Anxiety“ (etwa: Beklemmung, Ängstlichkeit) nach bewährten psychologischen Methoden festgestellt. Und siehe da: Die klarsten Ergebnisse ließen sich bei einer extrem „woken“ These ablesen, nämlich: „Wenn weiße Menschen durchschnittlich ein höheres Einkommen haben, dann liegt das an Rassismus.“

Die hohe Zustimmung zu dieser Frage ging erkennbar mit weniger Glücklichsein, mehr Anxiety und mehr Depression einher. (Ähnlich übrigens, wie wenn Befragte sich selbst als „woke“ kategorisierten.)

Soweit die Wissenschaft. Erlaubt mir bitte eine Deutung! Nicht zu viel Realismus

Der fehlende Realismus

Man könnte als „philosophische“ These vermuten, dass „woke“ Menschen die Welt eben realistischer sehen. Und dass, wer die Welt realistischer sieht, bisweilen schlechter drauf ist – wer wollte das bestreiten. Doch aus persönlicher Erfahrung wissen wir, dass „Woke“ sich nicht selten eine ganz eigene Welt erfinden, die wenig Entsprechung in der Realität findet (mit Dutzenden von Geschlechtern und so weiter). Das Unglücklichsein der „Woken“ liegt also nicht an zu viel Realismus. Es ist bekannt, dass sogenannte Agency (auf Deutsch etwa: „Handlungsfähigkeit“) ein wesentlicher Glücksfaktor ist.

Ein Mensch, der nicht das Gefühl hat, selbst Herr seines Schicksals zu sein, wird daran unglücklich werden. Freiheit bedeutet, mit seinen Handlungsmöglichkeiten zufrieden zu sein. Der linke Wettbewerb um den ärgsten Opferstatus setzt voraus, dass der Einzelne nicht für seinen Erfolg und Misserfolg verantwortlich, sondern grundsätzlich zuerst seiner jeweiligen Opferkategorie ausgeliefert ist.

Tatsächlich benachteiligte Individuen suchen und finden oft genug für sich einen Weg, Widerstände und Hindernisse zu überwinden. Auf diese Weise können tatsächlich benachteiligte Menschen sich frei und stark fühlen, oft freier und stärker als mancher, der mit dem berühmten „goldenen Löffel im Mund“ geboren wurde.

Übernehmt Verantwortung!

Der „woke“ Wettbewerb um die ärgere Benachteiligung hingegen bewirkt das Gegenteil: Statt Verantwortung zu übernehmen, suchen „Woke“ nach Ausreden, nach Opferkategorien. Im „woken Idealfall“ gehört ein Mensch gleich mehreren Opferkategorien an. Beispiel: lesbische, depressive Transgender-Person-of-Color. Das nennt man dann „Intersektionalität“.

Wer anderen die Verantwortung für seine eigenen Handlungen und Erfolge aufbürdet, wird darin nicht glücklich werden. Ein jeder Mensch ist irgendwie benachteiligt, und sei es zuletzt durch die „conditio humana“ – durch unsere Sterblichkeit. „Wokeness“ macht unglücklich, das wissen wir jetzt auch mit wissenschaftlicher Bestätigung. Ausredensuchen macht depressiv und ängstlich.

Für uns aber ist die Lehre aus der Geschichte: Seid nicht wie die „Woken“, die Linken, die Ausredensucher: Übernehmt Verantwortung, handelt selbst – und handelt mutig!

 

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht. Dieser Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog Dushanwegner.com.

Foto: Montage Achgut.com

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Leserpost

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J. Mueller / 25.03.2024

Es ist zu spät für mutiges Handeln. Wenn Sie das allein versuchen, werden Sie sofort über eins der vielen Denunziationsportale gemeldet. Sie werden gecancelt. Ihr Konto wird Ihnen weggeschossen. Sie werden gesperrt. Ihre Kunden und/oder Vorgesetzten werden informiert und mit Kontaktschuld überzogen. Haldenwang und Faeser werden auf Sie angesetzt, etc. Nein, handeln Sie lieber und verlassen Sie das Land, solange es noch keine Ausreisesteuer oder Pass-Sperren gibt.

Andrea Walter / 25.03.2024

Das deprimierende ist, dass “woke” sich nicht wirklich um Ungerechtigkeiten scheren. Gibt ja noch genug davon. Nehmen wir einmal Menschen mit einer Gehbehinderung. Die haben in Deutschland immer noch mit Hindernissen zu kämpfen. Fahrstühle der DB, die wochenlang außer Betrieb sind, Fußgängerampeln die zu kurz geschaltet sind, Gebäude die nicht zugänglich sind. Schon mal erlebt, dass unsere Dauerempörten sich dafür einsetzten? Unterschriften sammeln, sich mit der Stadtverwaltung anlegen. Ich nicht. Auch nicht für Frauenhäuser oder ähnliche Schutzräume. Interessiert die nicht. Klimawandel, bei denen ein ganz großes Thema. Doch wo sind die, wenn ein Wald aufgeforstet wird und im Sommer die Setzlinge Wasser brauchen? Bei uns haben “normale” Bürger das Wässern übernommen. Könnte noch hunderte Beispiele aufzählen.  Woke sind einfach nur dauerbeleidigt und pampig. Ermahnen jeden und nörgeln schlimmer als Alfred Tetzlaff.  Dazu bequem. Die mag eigentlich keiner. Das deprimiert auf Dauer.

Ruben Ballutschinski / 25.03.2024

Wokistan heult bestimmt auch gerade auf wegen der RKI Files. Aber die scheinen die Achse so gar nicht zu interessieren. Seltsam.

Lutz Liebezeit / 25.03.2024

Konzerne in Regenbogenfarben betreiben Greenwashing. Man könnte auch Wokewashing sagen, oder fair trade-washing. Die Veränderung ist nur äußerlich. In den Hallen sieht das genauso aus wie vor der Zeit. Die Woken sind wie die Frauen, die ständig Migräne haben, wenn sie ihren Willen nicht kriegen. Woke ist die moderne Begründung dafür, daß alles teurer wird. Der Gerechtigkeitsfimmel und die Gleichschalterei führen dazu, daß das Glück zwischen zwei Bretter eingeklemmt wird. Warum arbeiten, wenn letztendlich alle in denselben Wohnsilos leben? Eine Zeit ging die Behauptung “viral”, es würden ständig Neiddebatten geführt. Wenn “woke” keine Neiddebatte in neuen Farben ist, was ist das dann? Praktisch ist die Weltanschauung bloß spießige Überheblichkeit. Im Lateinischen spricht man von Arroganz. Das Internet ist voll mit sektiererischen Brüllaffen, die den Imperativ wählen: “aufgewacht!” Meiner Ansicht nach haben wir das mit einer Epidemie von Idioten zu tun. Und die sitzen in den Gremien der Parteien, der Presse und der Konzerne.

Ulrich Viebahn / 25.03.2024

Jeder Satz ein Volltreffer. Als 10 oder 12 oder 15 Thesen an jeden Institutsschaukasten kleben. Selbstklebefolie.

Lutz Herrmann / 25.03.2024

Eine Eigenauskunft per Fragebogen über eine subjektive Gefühlslage ist nicht gerade belastbar. Ein woker Zeitgenosse würde nie zugeben, dass es ihm mit seinen weißen Privilegien und seiner Weltbeglückungsideologie gut geht und er sich dabei sauwohl fühlt. Tut er aber tatsächlich doch. Also: Nonsensartikel über eine Nonsensstudie.

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