Peter Grimm / 04.06.2021 / 15:59 / Foto: Imago / 91 / Seite ausdrucken

Verlängertes Notstandsregime ohne Notstand?

Ob oder wie lange die politische Feststellung derepidemischen Lage von nationaler Tragweite", mit der seit mehr als einem Jahr legitimiert wird, die Bürger ihrer Bürgerrechte zu berauben, sachlich gerechtfertigt war, ist umstritten. Nicht umstritten dürfte sein, dass eine solche Notlage im Juni 2021 nicht besteht. Dennoch wollen die Bundeskanzlerin und die den Regierungskurs tragenden Fraktionen den Ausnahmezustand über den 30. Juni hinaus weiter verlängern. Und weil die Verbreitung von Corona-Erkrankungen gerade nicht als Fundament einer solchen Verlängerung taugen, suchen sich die Verlängerungs-Befürworter neue Begründungen.

Am Freitag, dem 4. Juni galten, aus offiziellen und amtlichen Zahlen errechnet, 0,1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland als SARS-CoV-2-positiv. An diesem Tag, gegen 12 Uhr mittags, fand sich auf verschiedenen Corona-Livetickern folgende Agenturmeldung:

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist trotz sinkender Infektionszahlen laut Regierungssprecher Steffen Seibert für eine Verlängerung der sogenannten ‚epidemischen Lage von nationaler Tragweite‘. Daran würden viele aktuelle Regelungen in der Pandemie hängen wie etwa die Impfverordnung oder Einreise-Restriktionen. Die Entscheidung darüber treffe aber der Bundestag, der dies nun erörtern müsse. Der Bundestag muss alle drei Monate über eine Verlängerung entscheiden.“

Das heißt doch, in Klartext übersetzt, nichts anderes als: Der Notstand muss auch ohne Notlage in Kraft bleiben, weil man sich sonst von liebgewonnenen Notstandsregeln verabschieden müsste. Auch wenn es keine Notlage gibt, die Impfverordnung, Notzulassungen nicht hinreichend geprüfter Impfstoffe oder ein strengeres Grenzregime begründen können, sollte der Notstand bleiben, damit dessen Regeln nicht außer Kraft gesetzt werden müssen und die Bürger als freie Menschen einfach wieder machen können, was sie wollen.

Natürlich kommt von den Ausnahmezustands-Liebhabern das Argument, dass ja ohne die Beibehaltung des Notstands die vorgeblich zu bekämpfende Notlage wieder eintreten könnte. Doch selbst wenn es so wäre, dürfte das keinen Ausnahmezustand legitimieren. Wenn es möglich wird, Bürger ihrer Bürgerrechte mittels Ausnahmezustand präventiv zu berauben, also weil sonst eventuell ein Notstand eintreten könnte, was sind dann die Grundrechte noch wert? Dann muss nur eine Gefahr behauptet werden und nicht mehr real vorhanden sein.

Überraschend war das Kanzlerinnen-Statement natürlich nicht. Schon ein paar Tage zuvor hatten sich die Regierungskoalitionen für die Verlängerung der „epidemischen Notlage von nationaler Tragweite“ auch ohne das Vorhandensein einer epidemischen Notlage entschieden. Das las sich in der deutschen Presse u.a. so:

„Politiker von SPD und Union haben sich für eine Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite als Grundlage zahlreicher Grundrechtseinschränkungen in der Pandemie über den Juni hinaus ausgesprochen. ‚Es ist unstrittig, dass wir die epidemische Lage noch einmal verlängern‘, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der ‚Welt‘. ‚Viele Verordnungen sind daran geknüpft, darunter solche, die die Sicherung der Krankenhauskapazitäten betreffen.‘

Es ist natürlich glaubhaft, dass sich regierende Politiker Sorgen darum machen, was aus den vielen Verordnungen wird, die am Ausnahmezustand hängen. Dass sie sich dabei um die Krankenhauskapazitäten sorgen, ist es weniger. Nach Medienberichten wurden im Corona-Jahr 2020 zwanzig Krankenhäuser geschlossen. Für das Jahr 2021 sei die Schließung von dreißig Krankenhäusern geplant. Da dürfte es regierenden Gesundheitspolitikern wohl kaum darum gehen, im Ausnahmezustand Krankenhauskapazitäten zu erhalten. Allerdings gibt es viele Geldflüsse, die am Ausnahmezustand hängen. Ein Beispiel ist die Test-Wirtschaft. Auch am Freitag erschien die Meldung, dass für Corona-Schnelltests und Abstriche bereits 563 Millionen Euro abgerechnet wurden. Ein Geschäft, dass es ohne Ausnahmezustand so nicht mehr gäbe. Auch die Maskenpflicht könnte vielerorts ohne die festgestellte „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ kaum aufrecht erhalten werden, was die Nachfrage und das Maskengeschäft dramatisch einbrechen lassen würde.

Und den etablierten Parteien gefällt es sicher auch, wenn die Möglichkeiten für Newcomer, in den Wahlkampf einzutreten, reduziert und auch das Demonstrationsrecht eingeschränkt bleibt. Jeder Ausnahmezustand hat Nutznießer – manche gewollt andere ungewollt. Aber, wenn es keine Notlage gibt, darf auch kein Notstand verhängt werden, auch wenn es einige, die sich im Notstand gut eingerichtet haben, hart treffen mag.

Foto: Imago

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Michael Guhlmann / 04.06.2021

@ Gerhard Bleckmann   Sie zitieren Frau Honecker mit “Die Saat ist gelegt”, und an anderer Stelle liest man das von ihr kolportierte “Ihr werdet euch noch wundern!” Gibt es noch mehr davon, und wo kann man das verifizieren? Vielleicht können Sie und alle, die dazu etwas beizutragen imstande sind,  das einmal bekanntmachen.

Werner Arning / 04.06.2021

Ob Notstand herrscht oder nicht, das ist eine Frage der Interpretation. Eine Frage der Auslegung. In Anbetracht der theoretischen Möglichkeit einer 4. Welle herrscht sogar unbedingter Notstand. Fragen Sie doch Herrn Lauterbach, ob da nicht potenzieller Notstand herrscht. In Anbetracht der CO2-Werte herrscht absoluter Notstand. Fragen Sie doch Greta oder Annalena. Also Notstand ist Usus. Meint doch auch Mutti. Zumindest bis zur Wahl. Zu wenig Betten? Quatsch. Das müssen wir so sagen. Warum macht ihr das also? Weil wir es können, du Arschgeige.

Martin Müller / 04.06.2021

Wenn jetzt noch der Haftbefehl auf Andersdenker kommt, dann ist die DDR 2.0 zu 100% da….

Michael Guhlmann / 04.06.2021

@ Wolfgang Lang   Vielen Dank für die Buchempfehlung! Durch solche Ratschläge hier in den Kommentaren bin ich schon zu “Nomenklatura” und “Hundeherz” gekommen.

Martin Müller / 04.06.2021

Beginnt jetzt eine neue Diktatur in Deutschland - moralisch von den Gutmenschen legitimiert? ...............Ich denke, das Ding wird nicht mehr enden, wird bei Klima, Migration etc. weiterlaufen….Schließlich darf man uns Deutschen jetzt offiziell sogar als rassistische Kartoffeln diffamieren…... Wird Artikel 20 des Grundgesetzes Abs. 4 jetzt für uns Bürger zur Pflicht?

lutzgerke / 04.06.2021

‚Es ist unstrittig, dass wir die epidemische Lüge noch einmal verlängern‘, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der ‚Welt‘. Wenn Merkel von der Werteunion spricht, meint sie den Geldwert. Was ist denn der Sinn der Pharmabranche? Die braucht Krankheiten, um Gewinne zu generieren. Wir sind im nackten Materialismus angekommen, da treffen sich alle Ideologen. Deshalb kann die Kultur weg. Der Mensch besteht für die Pharmabranche aus Haut, Knochen und einem Büschel Haare. Der kranke Mensch ist eine Ressource, die sich ausbeuten läßt wie die Erdölvorkommen. Daß die Impfstoffe Folgenschäden haben und das Immunsystem beschädigen oder ganz zerstören, ist ein willkommener Nebeneffekt. / “Die PCR-Technologie, die in Tests zum Nachweis von Viren verwendet wird, kann nicht zwischen Viren, die in der Lage sind, Zellen zu infizieren, und Viren, die vom Immunsystem inaktiviert wurden, unterscheiden, und daher können diese Tests nicht verwendet werden, um festzustellen, ob jemand infektiös ist oder nicht.” W.Wodarg

Stephan Jankowiak / 04.06.2021

Na und? Kümmert es zu mehr als 85% jemanden der Nachfahren des Volkes der Gestapo, SS, SA, Vernichtungslagerbetreiber und Mauermörder? Allein die Tatsache, daß wohl mehr als 45% dieser Typen grundlos auf immer und ewig Maulkorb, äh Maske tragen will, spricht doch für sich. Für wen soll ich da überhaupt einen Handschlag rühren. Rückzug ins Private, lecker Single Malt in der Hand und beide Mittelfinger emporgehoben in Richtung dieses Volkes.

Dieter Kief / 04.06.2021

Alex Jung - man kann von sich auf andere schließen - Frau Merkel, keiner will Sie hier mehr sehen - aber sehr politisch gedacht ist das nicht, will ich mal sagen. Ich kann es auch so sagen: Sie hat hohe Zustimmungswerte - verstehen Sie? - Das sind alles Leute, die die Lage zumindest ein wenig anders einschätzen als Sie, Alex Jung. - Verzeihen Sie, ich will Ihnen nicht zu nahe treten.

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