Dushan Wegner, Gastautor / 19.03.2024 / 10:00 / Foto: Elvert Barnes / 55 / Seite ausdrucken

Trump, ARD und das Blutbad

Donald Trump warnte, dass der Import billiger Autos ein ökonomisches "Blutbad" anrichten werde – wenn er nicht gewählt wird und Strafzölle verhängen kann. Medien machen daraus die Androhung politischer Gewalt.

Erinnert ihr euch noch an das „Framing Manual“ der ARD? Ich schrieb im Essay dazu schon im Titel, dieses sei „hilflos, fehlerhaft und doch erschreckend“. Das „Framing-Manual“ der ARD kam handwerklich eher dürftig daher, so meine Einschätzung. Das eigentliche Problem an jenem Machwerk war die darin offenbarte zynische Absicht und weitgehende Moralbefreitheit der Staatsfunker. Das Wort „Frame“ bedeutet „Rahmen“. Durch die rhetorische „Rahmung“ eines Sachverhalts lässt sich formal die Wahrheit sagen, während man im Hörer ein Gefühl triggert, das dem Sprecher nützt, sich aber sehr von der üblichen emotionalen Reaktion auf einen solchen Sachverhalt unterscheidet.

Einen Angestellten zu entlassen, kann geframet werden als diesem Menschen „neue Chancen und Möglichkeit zu eröffnen“. Und wegen eines Skandals zurückzutreten, wird geframet als „mehr Zeit seiner Familie widmen“ zu wollen. Framing bedeutet in der Praxis, einen Sachverhalt in einen solchen Kontext zu setzen oder eine solche Interpretation nahezulegen, dass andere Gefühle als die üblicherweise zu erwarteten erzeugt werden. Das Framing Manual der ARD war 2019 ein Thema. Wir schreiben inzwischen das Jahr 2024. Und, so viel muss man den Staatsfunkern zugestehen, man hat offenbar dazugelernt in Sachen „Framing“.

Rahmenreduzierte Tatsachentreue

Ein zynisches Musterbeispiel für Framing im Dienst der Propaganda ist die aktuelle Berichterstattung der Tagesschau zu Trumps Verwendung des Wortes „Blutbad“ (original: „Bloodbath“). Die Schlagzeile lautet: „Trump irritiert mit 'Blutbad'-Äußerung“ (tagesschau.de, 17.3.2024). Im Intro heißt es dann: „Der Ton im US-Wahlkampf wird schärfer. Bei einem Auftritt von Ex-Präsident Trump in Ohio ging es eigentlich um Risiken für die US-Autoindustrie. Doch dann sprach der Republikaner plötzlich von einem 'Blutbad' – und sorgte für Irritationen.“

Bevor ich sage, worum genau es ging, lasst mich drei weitere Schlagzeilen zum selben Anlass nennen. sueddeutsche.de, 17.3.2024: „Trump: Wahlniederlage wird ein 'Blutbad' für das Land.“ t-online.de, 17.3.2024: „Trump prophezeit ‚Blutbad‘ bei Wahlniederlage.“ fr.de, 18.3.2024: „Donald Trump droht mit 'Blutbad' und dem Ende der US-Demokratie.“ Diese drei weiteren Schlagzeilen stammen von stramm und offen linken Publikationen. Und „links“ bedeutet heute auch „gelogen“. Dass Linke lügen, ist ärgerlich, aber intellektuell nicht besonders interessant.

Die Schlagzeile und das Intro der Staatsfunker ist in diesem Fall interessanter, weil sie durch Framing versuchen, gleichzeitig der Wahrheit nicht offen zu widersprechen und doch ein bestimmtes Gefühl im Leser zu erzeugen.

Lügen, ohne zu lügen

Was war tatsächlich passiert? Trump sprach am 16. März 2024 bei einem Wahlkampfauftritt über den Wettbewerb von amerikanischen und nicht-amerikanischen Autoherstellern. Er versprach, dass Autos, die in Mexiko produziert werden, beim Import in die USA mit 100 Prozent Strafzoll belegt werden, wenn er gewählt wird. Wenn er aber nicht gewählt wird, dann wird es ein „Blutbad“ werden.

Die Bedeutung ist offensichtlich: Wenn er nicht gewählt wird, wird die US-Autoindustrie noch stärker unter Importen aus Mexiko und China leiden, es wird also ein ökonomisches „Blutbad“ auf dem Arbeitsmarkt. Man kann das Original etwa bei c-span.org sehen, oder als Transkript etwa auf x.com.

Hätte Trump im Deutschen von einem „Gemetzel“ gesprochen, hätte man ihm Ähnliches vorgeworfen. Hätte er vor einem „Flächenbrand“ gewarnt, hätte man ihn wegen Feuer-Terror-Androhung verhaftet und angeklagt. Metaphern und Sprachbilder wörtlich nehmen und ihre übliche Bedeutung nicht zu kennen – wie tief wollen die „Guten“ denn noch sinken?

 

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht. Dieser Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog Dushanwegner.com als Video gibt es ihn hier

Hinweis der Redaktion: Das zur Illustration der deutschen Berichterstattung zu Trump von der Redaktion ausgewählte Bild oben zeigt ein Motiv eines Titelbildes des Spiegel von 2017. Beschwerden gegen den Titel wurden vom Presserat abgelehnt.

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Leserpost

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Robert Schleif / 19.03.2024

Es steht Journalisten und seriösen Medien nicht an, Partei in demokratischen Wahlkämpfen zu ergreifen – schon gar nicht einseitig, fanatisch, hetzerisch, lügnerisch und agitatorisch, und erst recht nicht, wenn es sich um Wahlkämpfe in anderen Ländern handelt.

R. Reiger / 19.03.2024

Interessant dabei ist, dass diejenigen, die das demokratische System so beschädigen, zu Demonstrationen für die Demokratie aufrufen ... .. .

Talman Rahmenschneider / 19.03.2024

Herrliches Bild! Trump wird hoffentlich klagen. Fake news.

Moritz Ramtal / 19.03.2024

Es funktioniert aber nun mal bei der Masse. Viel übler funde ich dagegen warum es die hiesige Journallie überhaupt macht. Wir wählen dort nicht und es ist nicht unser Staatsoberhaupt, sind die “Journalisten” durch ihre Weisungsempfägnis schon so tief drinn, das die das anders sehen?

Georg Dobler / 19.03.2024

Da nur eine Minderheit aufgrund privater Beziehungen oder geschäftlicher Reisen den amerikanischen Sprachgebrauch genauer kennt, kommen die Medien bei der Mehrheit wieder mal durch. Langsam frage ich mich, ob die Bezeichnung “Vierte Gewalt” zutrifft, denn Presse und Fernsehen kommen mir immer mehr wie die Erste Gewalt vor. Wer sie im Griff hat, siegt.

Thomas Szabó / 19.03.2024

Heute: Aufmacher GMX: “Trump sorgt mit Aussagen über Juden für Empörung”. Das Video dazu ist mit dramatischer Endzeit-Musik untermalt. Wenn man sich das Video antut, sich die Mühe macht den Sachverhalt selber nachzuprüfen, dann merkt man, dass das Gefühl welches durch den Aufmacher impliziert (geframt) wird falsch ist. Trump warnt die Juden davor die Demokraten zu wählen, da diese sich mit dem eliminatorischen Antisemitismus gemein machen. Trumps Formulierung ist zwar überspitzt aber seine Intention ist nicht antisemitisch, sondern pro-jüdisch, pro-Israel. ♦ Die einzigen Parteien die noch zwischen den Juden (in Israel, in der USA, in Europa) und dem Flut des islamischen Antisemitismus stehen sind die “bösen Republikaner, bösen Rechten, bösen Populisten, bösen Nazis”. Das linke Framing will uns krampfhaft das Gegenteil weis machen. Mangels Argumente operieren sie mit Emotionen, mit dumpfer Gefühlsduselei. Mit derselben Framing könnten Adolf Hitler & Mohammed Amin al-Husseini eine Wahlempfehlung abgeben: “Hitler & Husseini raten die Juden davon ab Donald Trump zu wählen! Walter Steinmeier schließt sich dem dramatischen Apell an und erhebt mahnend seinen linken Zeigefinger und warnt eindringlich vor dem grassierenden Antisemitismus!”

A. Ostrovsky / 19.03.2024

Es gibt nur eine Wahrheit, aber unzählige Dummheiten. Nur mit Hilfe der menschlichen Intelligenz kann man die eine Wahrheit erkennen. Den Dummen bleibt nur die Vielzahl der Dummheiten. Und wenn ein Dummer eine Dummheit gefunden hat, die er für die Wahrheit hält, wird er überschwänglich darüber reden. Und alle anderen Dummen haben zwar eine andere Dummheit gefunden, die sie für die Wahrheit halten, aber man hält das für Toleranz, wenn man den Informierten spielt und die Dummheit der Anderen bestätigt. Der Dumme kann sich nicht schlau stellen, nur informiert. Am Ende ist es aber egal, wenn man seine eigene Dummheit verleugnet und die Dummheit eines Anderen, eines Führers, bejubelt. Jede Dummheit ist so viel wert, wie die andere. Die schlauen sind einsam, die Dummen sind immer in der Meute.

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