Anabel Schunke / 06.07.2021 / 12:00 / Foto: Achgut.com / 126 / Seite ausdrucken

Totalsperre ohne Grund – Du bist dann mal weg

Die Öffentlichkeit gewöhnt sich schulterzuckend daran, dass soziale Netzwerke willkürlich Meinungen zensieren und User aussperren. Die Autorin dieses Beitrags berichtet von ihrer Verbannung.

 

Als ich gestern morgen aufwachte und feststellte, dass sowohl mein Instagram- als auch mein Twitter-Account deaktiviert waren, kam mir spontan der Anfang von Kafkas „Der Prozess“ wieder in den Sinn. Denn ich fühlte mich ein bisschen wie Josef K., der gar nicht wusste, was er angestellt hatte: „Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne, dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ Nun gut, verhaftet wurde ich nicht. Aber ich bin weg. Und meine Leser können meine Social-Media-Seiten nicht mehr aufrufen. Und daher dieser Beitrag zur Information für meine Leser und zum Teilen, damit möglichst viele wissen, was da passiert. 

Vorab hatte mich Facebook schon für einen Monat gesperrt, weil ich mich gegen die Beleidigung eines Mannes auf meiner Seite zur Wehr gesetzt hatte.  Warum – nachdem eine Zeit lang halbwegs Ruhe war – das Sperren jetzt in dieser Intensität betrieben wird, weiß ich nicht. Ich bin wohl jedoch derzeit nicht die einzige, die diese Sperrorgie betrifft. 

Anders als bei Facebook, habe ich bei der zeitgleichen Deaktivierung von Twitter und Instagram zudem weder eine Begründung erhalten noch eine Angabe zum Sperrzeitraum. Von Instagram erhielt ich auf meine Support-Anfrage lediglich die Antwort, dass ich mit meinem Account wohl gegen die „Terms of Use“ verstoßen hätte und dieser deshalb deaktiviert worden sei. 

Eine Möglichkeit, daran etwas zu ändern, scheint es nicht zu geben. Wenn es nach Twitter und Instagram geht, sollen meine Accounts dauerhaft gelöscht bleiben. Eine Beschwerde bei Twitter blieb bis jetzt ohne Erfolg, und ein Einspruch gegen die Entscheidung von Instagram ist gar nicht erst möglich, da ich mich dafür anmelden müsste, was mir mittlerweile von Instagram verwehrt wird. 

Was eine solche Sperre bedeutet

Es ist schwer, Menschen, die die sozialen Medien nicht beruflich nutzen, zu erklären, was eine solche Sperre aus heiterem Himmel und ohne Grund für jemanden wie mich bedeutet. Mein Einkommen generiere ich im Wesentlichen über das, was ich auf meinen Social-Media-Kanälen täglich an Content für meine Leser liefere, die das mit Spenden fördern. Ohne diese Plattformen kein Inhalt, ohne Inhalt kein Einkommen. Eine dauerhafte Sperrung auf diesen Kanälen kommt damit einer Vernichtung meiner ökonomischen Existenz von heute auf morgen gleich. 

Für einen privaten Nutzer dieser Seiten mag es mitunter einfach sein, sich abzumelden und auf Telegram oder der neuen Trump-Plattform GETTR eine neue virtuelle Heimat unter Gleichgesinnten zu finden, aber für mich bedeutet das Ende des Austausches über die eigene Bubble hinweg zugleich das Ende jeder Sinnhaftigkeit der sozialen Medien.

Mein Ziel war es immer, über die Blase der politisch interessieren Konservativen und Liberalen hinweg, Menschen für die von mir vertretenen Inhalte und für Politik an sich zu begeistern. Ich schreibe und poste nicht, um Kollegen zu gefallen, sondern um im Rahmen meiner eigenen begrenzten Möglichkeiten den Fokus auf Themen zu richten, die mir wichtig erscheinen und dabei eben auch neue Leser zu gewinnen. Vor allem Instagram gab mir die Chance dazu, die vermeintlich verlorene Generation der 18- bis 30-Jährigen thematisch anzusprechen und aufzuzeigen, dass es mehr gibt als Links und Grün. Die wachsende Reichweite gab mir recht. 

All das aufzugeben, mich nicht mehr der Konfrontation in einem Raum zu stellen, auf dem viele verschiedene politische Ansichten vertreten werden und stattdessen nur noch meine Blase zu bedienen, kommt für mich einem Bankrott des demokratischen Diskurses und einem intellektuellen Inzest gleich, der mich sicherlich finanziell über Wasser halten würde, aber mir jedweden ideellen Wert meiner Arbeit und damit meine Motivation nimmt. Sicherlich wird der eine oder andere insistieren, dass man sich nicht in so hohem Maße abhängig von solchen Plattformen machen sollte und finanziell gesehen hat er damit sicherlich recht.

Ist ihnen bewusst, was sie anrichten?

Ab und zu frage ich mich auch, ob denjenigen, die gerne unliebsame Meinungen verschwinden lassen, tatsächlich bewusst ist, was sie damit anrichten. Ob man wirklich so wenig Weitblick besitzen kann, dass man nicht imstande ist, zu erkennen, dass man damit die endgültige Spaltung der Gesellschaft vorantreibt und eine Selbstradikalisierung bei vielen vorprogrammiert ist.

Der Zeitgeist entscheidet darüber, wer gerade am längeren Hebel sitzt. Wer heute über den einen richtet, indem er ihn cancelt, kann morgen schon selbst gecancelt werden. Genau aus dem Grund hat man einmal die Meinungsfreiheit und den liberalen Rechtsstaat erfunden. Aber von diesem Bewusstsein scheint nicht mehr viel übrig zu sein.

„Freiheit stirbt immer zentimeterweise“, zitierte Guido Westerwelle bei einer Rede einst Karl-Hermann Flach. Und genau deshalb empört sich niemand. Weil die Veränderungen schleichend kommen. Weil sie zunächst nur ein paar Leute wie mich betreffen. Und weil man da vielleicht noch sagt: „Die Schunke mochte ich eh noch nie.“ Aber Meinungsfreiheit ist nichts, was an persönliche Animositäten geknüpft ist. Sie ist vorhanden oder eben nicht.

Foto: Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Dr. Franz Reinartz / 06.07.2021

Es ist nun mal so, dass die Linke eine Klassengesellschaft anstrebt, wie sie vor der Aufklärung gang und gäbe war. Ich lese Ihre Beiträge, liebe Frau Schunke, sehr gerne und nehme sie als andere Stimme aus der vereinheitlichen Generation meiner Kinder wahr. Vor fast 40 Jahren habe ich noch mit links-grün sympathisiert. Meine damaligen Freunde und ich hätten nicht für möglich gehalten, dass sich die totalitären K-Gruppen so ausbreiten konnten. Meine ethisch-moralische Einstellung habe ich beibehalten, meine frühere politische “Heimat” hat sich mir entzogen. Mein Appell an Sie- werte Frau Schunke, schreiben Sie weiter! Auch auf DTs-Plattform. Aber besonders hier, da ich keine (a)sozialen Medien nutze.

Simone Büdeler / 06.07.2021

Verbannung? Nein, sie wurden geadelt. Der Ritterschlag des heutigen Journalismus. Wer noch nie gesperrt wurde, ist meist ein linientreuer, geradegerichteter, labernder Kopierer der Massenmedien. Bleiben Sie sich treu.

Heike Olmes / 06.07.2021

Das ist doch genau der Zweck der Übung , Frau Schunke, Sie psychisch und ökonomisch zu vernichten. Zerbrechen Sie sich bloß nicht den Kopf darüber, ob die wissen, was sie anrichten. Es interessiert sie keinen Schnatz. Diese ohnmächtige Wut und Fassungslosigkeit haben schon unzählige Menschen im Nazistaat gefühlt. Was mich besonders anwidert ist das Achselzucken und unsägliche ” Da kann man eben nichts machen” der Deutschen angesichts der unfaßbaren Tabu-und Gesetzesbrüche in vielen Bereichen. Ich wünsche Ihnen Kraft, Glück und Unterstützung.

Denise Meyer / 06.07.2021

Es tut mir so leid. Ich mag Sie, Ihren Mut, und Ihre Art, zu schreiben. Ich sehe immer, wie Sie - und andere- sich immer wieder in diese Netzwerke “einklagen” möchten. Das ist verständlich, Reichweite und Follower ist ein teures Gut. Ändern wird sich m.E. doch erst, wenn man aufhört, wie Kinder immer wieder zu den Eltern zu laufen, obwohl man missbraucht wird. Denn es liegt hier ein Missbrauch vor, nicht nur rechtlich. Man wird gepäppelt, man strengt sich an, und dann wird man wortlos abgestraft. Geht konsequent zu neuen Netzwerken, baut Eure Netze außerhalb dieser Strukturen, so lange Ihr es noch könnt. Wenn es Eure Stimmen nicht mehr auf YT und Co gibt, erst dann werden die Nutzer sie woanders ansehen. Das hat sich auf Gab gezeigt. Achgut, Tichy usw. sollten den Spieß umkehren und diese toxische Blase geplant verlassen, bevor man herausgeschmissen wird, und dann verhöhnt wird. Zudem gebt Ihr dort, und Eure Nutzer Daten preis, die Ihr nicht preisgeben möchtet. Warum wollt Ihr immer wieder zurück? Die Linke Blase dört hört Euch eh nicht zu. Gebt uns Alternativen. Die Netzwerke die nicht staatlich kontrolliert sind werden der Aufmerksamkeit folgen. Und ab einer geweissen Grenze wollen auch Twitter, FB und YT usw nicht mehr auf Klicks verzichten.

Michael Ledwinka / 06.07.2021

Ich fing vor etwa fünf Jahren an zu ‘zwitschern’. Die ersten Jahre war Twitter toll, es war lebendig, ein Austausch fand statt. Nach und nach verschwanden aber all die ‘Guten’. Sie wurden ersetzt durch immer frechere, dümmere, StammelKönige die unter dämlichen Hashtags wie NoAfD und FckNazis ihre teilweise linksradikalen Ansichten unter die Twitterrhinos brachten. Im Februar fing es an das ausnahmslos alle meine Tweets gemeldet wurden, ich war wohl auf eine Liste geraten. Mittlerweile bin ich seit einem Monat wohl dauerhaft gesperrt worden. Ich fühle mich hilflos, ausgeliefert und frustriert. Ich wünsche ihnen viel Glück Frau Schunke, ich denke wir ‘denkenden’ Menschen werden es in einer uns zunehmend feindlich gesinnten Welt brauchen

Elke Schmidt / 06.07.2021

Liebe Frau Schunke, ich lese Ihre Beiträge gern und bin, wie so oft, betroffen darüber, wie die Meinungsfreiheit nicht mehr für alle gilt und Zentimeter für Zentimeter kleiner dirigiert wird. Wenn ohne Urteil und Begründung die berufliche Grundlage zerstört wird, sollte man doch Anrecht auf Entschädigung haben. Vielleicht sagt Herr Steinhöfel mal etwas dazu.

Martin Landner / 06.07.2021

Trump Plattform GETTR? Wann? Wo? Wie? Warum weiß ich davon nichts? Wo finde ich die? Wo kann ich mich anmelden? Wieso schreibt ihr keinen Artikel dazu?

Hubert Geißler / 06.07.2021

Liebe Frau Schunke, Der Vorgang ist empörend, ich habe Ihre Artikel immer sdehr gerne gelesen. Hubert Geißler

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com